Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-440000/5/Schi/Ka

Linz, 14.02.1995

VwSen-440000/5/Schi/Ka Linz, am 14. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des P S, vertreten durch RA Dr. H K, wegen Verletzung subjektiver Rechte nach dem SPG durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers aus Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 87, 88 und 89 sowie § 65 und § 77 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl.Nr. 566/1991; Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 und § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.

51/1991.

Begründung:

1.1. Mit Schriftsatz vom 7.2.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 9.2.1995, wurde 1.) Beschwerde erhoben wegen Verletzung des Rechtes auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen (§ 87 SPG) und gleichzeitig 2.) ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Begründend wurde dazu ausgeführt:

"I. (Sachverhalt) Der Beschwerdeführer hat sich, gemeinsam mit seiner Ehegattin, am Abend des 24.12.1994 in der Wohnung der ehelichen Tochter E R, aufgehalten. Man wollte zusammen mit den mj. Enkelkindern das Weihnachtsfest feiern und setzte sich die Familie nach der Bescherung zum Abendmahl. Dabei anwesend war auch der Schwiegersohn des Beschwerdeführers, Herr A R, und ist hinsichtlich dieser Person vorauszuschicken, daß er seit einigen Jahren unter einem Alkoholproblem - möglicherweise auch einem weitergehenden Suchtgiftproblem - leidet.

Auch an diesem Heiligen Abend befand sich der Schwiegersohn in einem sichtlich "benebelten" Zustand und nörgelte er laufend an seiner Gattin herum. In der Folge entwickelte sich ein immer heftiger werdender Disput zwischen den Eheleuten und versuchte schließlich A R tätlich gegen seine Gattin vorzugehen. Auch hiezu ist zu bemerken, daß es bereits in der Vergangenheit mehrmals zu körperlichen Übergriffen des Schwiegersohnes gegen die Tochter des Beschwerdeführers gekommen ist.

Um den ausartenden Streit zu schlichten stellte sich der Beschwerdeführer schützend vor seine Tochter und kam es in der Folge zu einer Rangelei zwischen ihm und dem Schwiegersohn Armin Rothmüller.

Anzuführen sei noch, daß der Schwiegersohn A R nach dieser Auseinandersetzung vorerst die eheliche Wohnung verließ, jedoch nach einiger Zeit wieder dorthin zurückkehrte. Er brach dabei erneut einen Streit mit seiner Gattin vom Zaun, schlug diese und bedrohte sie auch damit, sie vom Balkon zu werfen. Von der zu Hilfe gerufenen Gendarmerie wurde er deshalb auch in Untersuchungshaft genommen.

BEWEIS: Einvernahme des Beschwerdeführers, sowie dessen Gattin R S, zeugenschaftliche Einvernahme von Frau E R.

Mit Bescheid der BH Linz-Land vom 25.1.1995, Sich20-6-1-1995-fu, dem Beschwerdeführer zugestellt am 26.1.1995, wurde diesem nunmehr mitgeteilt, daß er 1.) verpflichtet sei, an den zu erkennungsdienstlichen Behandlung erforderlichen Handlungen mitzuwirken; 2.) und er weiters aufgrund dieser Verpflichtung aufgefordert am 14.2.1995 um 8.00 Uhr am Gendarmerieposten Leonding, 4060 Leonding, Ortsplatz 3 als Beteiligter zur Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung zu erscheinen.

Wenn der Beschwerdeführer diese Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht befolgen würde, sei damit zu rechnen, daß die zwangsweise Vorführung veranlaßt würde.

In der Begründung des gegenständlichen Bescheides wurde angeführt, daß aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen, welche einen Tatbestand nach dem Strafgesetzbuch verwirklichen, zu befürchten sei, daß er weitere gefährliche Angriffe begehen könnte, "zumal in einem statistisch nicht unerheblichen Maße einmal straffällig gewordene Personen neuerlich, wenn auch in anderen Sparten der Kriminalität, auffällig werden".

Die Sicherheitsbehörden seien damit ermächtigt, den Beschwerdeführer, erkennungsdienstlich zu behandeln.

II. (Bescherdepunkte und Anträge):

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist unter Zugrundelegung des angeführten Sachverhalte kein Fall gegeben, wonach für den Beschwerdeführer eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der auferlegten erkennungsdienstlichen Behandlung besteht und stellt sich damit diese sicherheitspolizeiliche Maßnahme als gesetzwidrig dar.

Einerseits wurden nämlich bereits anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdefürhers vor dem GPK Leonding am 6.1.1995 sämtliche relevante personenbezogene Daten erhoben und auch ein entsprechendes Personalblatt mit sämtlichen für die Personsfeststellung gemäß § 64 Abs.5 SPG erforderlichen erkennungsdienstlichen Daten abgefaßt.

Insoweit ist im vorliegenden bekämpften Bescheid nicht entnehmbar, inwiefern eine weitere erkennungsdienstliche Behandlung zur Ermittlung personenbezogener Daten, und damit eine Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers, gesetzlich notwendig ist.

Auch finden sich im gegenständlich bekämpften Bescheid keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem GPK Leonding am 6.1.1995 erhobenen Daten nicht der Richtigkeit entsprechen würde und gerade deshalb weitere erkennungsdienstliche Maßnahmen zur Personsfeststellung notwendig seien.

Nach der im gegenständlich bekämpften Bescheid zitierten Rechtsgrundlage des § 65 Abs.1 SPG ist ausschließlich die erkennungsdienstliche Behandlung von kriminalpolizeilich Auffälligen mit Rückfallgefährlichkeit vorgesehen, wobei sich dies zudem nur auf die sicherheitspolizeilich relevanten Fälle beschränkt. Daß diese gesetzlich geforderten Voraussetzungen im gegenständlichen Fall vorliegen, kann der Bescheidbegründung keineswegs entnommen werden.

Im Gegenteil muß die Anführung, daß gerade der Beschwerdeführer weitere gefährliche Angriffe begehen könnte, "zumal in einem statistisch nicht unerheblichen Maße einmal straffällig gewordene Personen neuerlich, wenn auch in anderen Sparten der Kriminalität, auffällig werden" als reine Scheinbegründung ohne Tatsachensubstrat für den gegenständlich zu beurteilenden Fall gewertet werden.

Die gesetzlich geforderte Prognose der Rückfallgefährlichkeit kann sich wohl nicht an statistischen Größen orientieren, sondern wohl nur ausschließlich an der von sicherheitspolizeilichen Maßnahmen betroffenen Person selbst.

Im übrigen wären erkennungsdienstliche Maßnahmen auch nur bei Vorliegen einer bestehenden allgemeinen Gefahr erforderlich, was bei Würdigung aller Gesamtumstände im vorliegenden Fall (vorausgegange schwerwiegende Provokationen des Schwiegersohnes, Dazwischengehen des Beschwerdeführers im Interesse des Schutzes seiner Tochter, vorgelegene schwere geistige und körperliche Beeinträchtigung des "Opfers", "Begehung" im Familienkreis) nicht verwirklicht ist.

Des weiteren ist es nicht Zweck der Bestimmung des § 65 SPG, jeden eines geringfügigen Deliktes verdächtigen erkennungsdienstlich zu behandeln. Insbesondere wenn der "Tatvorwurf" eine bisher unbescholtene, gereifte Person betrifft, die in ihrem bisherigen Sozialverhalten niemals durch Aggressionstendenzen aufgefallen ist und demgemäß kaum "Rückfallgefährlichkeit" besteht.

Bei Betrachtung aller vorliegenden Umstände würde demgemäß die dem Beschwerdefürher bescheidmäßig auferlegte Verpflichtung auch dem in § 29 SPG verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - im besonderen unter Beachtung der angedrohten zwangsweisen Vorführung verletzen.

Da der Beschwerdeführer durch den vorliegenden Bescheid insbesondere in seinem Recht auf Gesetzmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen nach § 87 SPG verletzt wird, wird die B E S C H W E R D E an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben und gestellt die A N T R Ä G E :

1.) Der Bescheid der BH Linz-Land vom 25.1.1995, Sich20-6-1995-fu, zugestellt am 26.1.1995, möge für rechtswidrig erklärt werden.

2.) Weiters möge erkannt werden, daß der Bund (Bundesministerium für Inneres) schuldig ist, den Beschwerdeführer die durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandene Kosten im verzeichneten Ausmaß zu Handen des ausgewiesenen Vertreters binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwange zu ersetzen.

Zur Wahrung der rechtsstaatlichen Prinzipien sowie zur Hintanhaltung jeglicher dem Beschwerdeführer drohenden wenn auch noch so geringfügigen - Nachteile die mit einer zwangsweisen Durchsetzung der im gegenständlichen bekämpften Bescheid auferlegten Verpflichtung verbunden wäre, wird zudem ausdrücklich b e a n t r a g t , daß der Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Oberösterreich dieser Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen möge.

Wels, am 7.2.1995/3/g P E S schi1
An Aufwandsersatz wird geltend gemacht:

Schriftsatzaufwand für Beschwerde S 8.333,-Barauslagen " 120,-S u m m e S 8.453,--" 2. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat über h.

Aufforderung vom 10.2.1995 mit Schreiben vom 13.2.1995, Sich20-6-1-1995-Fu, den bezughabenden Verwaltungsakt dem O.ö. Verwaltungssenat übermittelt.

Mit Datum vom 25.1.1995, Sich20-6-1-1995-Fu, hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gegen den Beschwerdeführer (Bf) folgenden Bescheid am 26.1.1995 erlassen, zugestellt am 27.1.1995:

"B e s c h e i d :

Vom Gendarmerieposten Leonding wurden Sie am 21.1.1995 unter GZ P-4269/94/Eh, wegen Verdacht des Vergehens nach §§ 83 und 107 StGB zum Nachteil vom R A A der Staatsanwaltschaft Linz zur Anzeige gebracht.

Im Rahmen der Erhebungen wurden Sie von Beamten des Gendarmeriepostens Leonding formlos aufgefordert sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung zustellen. Dieser Aufforderung sind Sie jedoch nicht nachgekommen. Aufgrund dessen ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Organ der mittelbaren Bundesverwalt in I. Instanz folgender S p r u c h :

I. Sie sind verpflichtet, an den zur erkennungsdienstlichen Behandlung Ihrerseits erforderlichen Handlungen mitzuwirken.

II. Aufgrund dieser Verpflichtung werden Sie aufgefordert, am 14. Februar 1995, um 08.00 Uhr am Gendarmerieposten Leonding, 4060 Leonding, Ortsplatz 3, als Beteiligter zur Durchführung Ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung zu erscheinen.

Es ist notwendig, daß Sie hiezu persönlich kommen. Wenn Sie aus wichtigen Gründen - z.B.: Krankheit, Gebrechlichkeit oder Urlaubsreise - nicht kommen können, teilen Sie dies der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntnerstr. 16, 4020 Linz, sowie dem Gendarmerieposten Leonding, 4060 Leonding, Ortsplatz 3, sofort mit, damit wir allenfalls den Termin verschieben können.

Wenn Sie diese Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, z.B. Krankheit, nicht befolgen, müssen Sie damit rechnen, daß Ihre zwangsweise Vorführung veranlaßt wird.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 77 iVm § 65 Abs.1 und 4 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl.Nr. 566/1991 (im folgenden: SPG) zu II: § 19 AVG, BGBl.Nr. 51/1991
B e g r ü n d u n g :

zu I:

Gemäß § 65 Abs.1 SPG sind die Sicherheitsbehörden ermächtigt, Menschen, die in Verdacht stehen, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, erkennenungsdienstlich zu behandeln.

Unter dem Begriff "gefährliche Angriff" ist gemäß § 16 Abs.2 Z1 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung eines Tatbestandes einer nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl.Nr. 60/1974 strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen wird, zu verstehen.

Laut Anzeige des Gendarmeriepostens Leonding vom 21.1.1995, GZ-P-4269/94/Eh, sind Sie dringend verdächtigt, am 24.12.1994 gegen 20.30 Uhr in der Wohnung in Leonding, Karigelstr. 3/3/8, Ihren Schwiegersohn, Armin Rothmüller, geschlagen zu haben, wodurch dieser Abschürfungen an der linken Wangenseite, sowie Prellungen im Bereich des Brustkorbs und im Gesicht erlitten hat. Weiters sind Sie verdächtigt, mit einem Bierglas gegen Ihrern Schwiegersohn gezielt zu haben und diesen, falls er aufstehen sollte, mit dem Umbringen bedroht zu haben. Sie sind somit verdächtigt, vergehen nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl.Nr. 60/1974, begangen zu haben, und zwar das Vergehen der Körperverletzung und der gefährlichen Drohung.

Aufgrund der von Ihnen begangenen strafbaren Handlungen, welche einen Tatbestand nach dem Strafgesetzbuch verwirklichen, ist zu befürchten, daß Sie weitere gefährliche Angriffe begehen könnten, zumal in einem statistisch nicht unerheblichem Maße einer straffällig gewordene Person neuerlich, wenn auch in anderen Sparten der Kriminalität, auffällig werden.

Somit sind die Sicherheitsbehörden (auf Bezirksverwaltungsbehörde und Bundespolizeidirektionen) ermächtigt, Sie erkennungsdienstlich zu behandeln.

Wer erkennungsdienstlich zu behandeln ist, hat gemäß § 65 Abs.4 SPG an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken.

Ihnen wurde von Beamten des Gendarmeriepostens Leonding bereits mitgeteilt, daß die im Dienste der Strafjustiz geführten Erhebungen, welche zur Anzeigenerstattung an die Staatsanwaltschaft geführt haben, Ihre Mitwirkungspflicht gemäß § 65 Abs.4 SPG begründen und Sie wurden in diesem Zusammenhang bereits formlos aufgefordert Ihrer Verpflichtung nachzukommen.

Zumal Sie der formlosen Aufforderung ohne Angabe von Gründen keine Folge leisteten, war spruchgemäß zu entscheiden und Ihnen im Sinne des § 77 Abs.2 SPG die Verpflichtung an den zur erkennungsdienstlichen Behandlung erforderlichen Handlung mitzuwirken, bescheidmäßig aufzuerlegen.

zu II:

Gemäß § 77 Abs.4 Sicherheitspolizeigesetz kann ein Bescheid gemäß § 77 Abs.2 Sicherheitspolizeigesetz, wenn dieser aufgrund einer Anzeige an die Staatsanwaltschaft erlassen wurde, mit einer Ladung (§ 19 AVG) zur erkennungsdienstlichen Behandlung verbunden werden.

Laut § 19 Abs.1 AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

Gemäß § 19 Abs.3 leg.cit. hat, wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden.

Aus den bereits angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist gemäß § 77 Abs.2 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl.Nr. 566/1991, iVm § 19 Abs.4 AVG eine Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gemäß § 73 Abs.1 SPG sind erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 ermittelt wurden, von Amts wegen zu löschen, 1) wenn der Betroffene das 80. Lebensjahr vollendet hat und seit der letzten erkennungsdienstlichen Behandlung fünf Jahre verstrichen sind; 2) wenn die Taten von einer gemäß § 65 Abs.1 vorgenommenen erkennungsdienstlichen Behandlung eines strafunmündigen stammen und seither drei Jahre verstrichen sind, ohne daß es neuerlich zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung gekommen wäre; 3) wenn seit dem Tod des Betroffenen fünf Jahre verstrichen sind; 4) wenn gegen den Betroffenen kein Verdacht mehr besteht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, es sei denn, weiteres Verarbeiten wäre deshalb erforderlich, weil aufgrund konkreter Umstände zu befürchten ist, der Betroffene werde gefährliche Angriffe begehen; Gemäß § 74 Abs.1 SPG sind erkennungsdienstliche Daten, die gemäß § 65 Abs.1 ermittelt wurden, sofern nicht die Voraussetzungen des § 73 vorliegen, auf Antrag der Betroffenen zu löschen, wenn der Verdacht der für Ihre Verarbeitung maßgeblich ist, schließlich nicht bestätigt werden konnte oder wenn die Tat nicht rechtswidrig war.

Für den Bezirkshauptmann:

Dr. B

Ergeht weiters an:

den Gendarmerieposten Leonding, zu Hd. Insp. E, zur Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung, Sollte S P seiner Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommen, wird ersucht, dies umgehend anher mitzuteilen, um bei Vorliegen der Voraussetzungen die zwangsweise Vorführung veranlassen zu können." 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in die Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, daß der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint ist und daß die Beschwerde ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen ist. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Die vorliegende Beschwerde wurde ausdrücklich auf das Sicherheitspolizeigesetz gestützt.

Gemäß § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Nach § 67c Abs.3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.

Gemäß § 67d Abs.1 AVG ist dann, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Gemäß § 87 SPG hat jedermann Anspruch darauf, daß ihm gegenüber sicherheitspolizeiliche Maßnahmen nur in den Fällen und der Art ausgeübt werden, die dieses Bundesgesetz vorsieht.

Nach § 88 Abs.1 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG).

Zufolge Abs.2 dieses Paragraphen erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist.

4.2. Aus den zitierten §§ 88 Abs.2 SPG ergibt sich bereits, daß die Beschwerde gegen den Bescheid der BH Linz-Land vom 25.1.1995, Sich20-6-1-1995-Fu, womit der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, am 14.2.1995 um 8.00 Uhr am GP Leonding als Beteiligter zur Durchführung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zu erscheinen, unzulässig war.

In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, daß gemäß § 65 Abs.1 SPG die Sicherheitsbehörden ermächtigt sind, Menschen, die in Verdacht stehen, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, erkennungsdienstlich zu behandeln. Zufolge Abs.4 dieses Paragraphen hat an den dafür erforderlichen Handlungen mitzuwirken, wer erkennungsdienstlich zu behandeln ist.

Gemäß § 77 Abs.1 SPG hat die Behörde einen Menschen, den sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu unterziehen hat, unter Bekanntgabe des maßgeblichen Grundes formlos hiezu aufzufordern. Kommt nach Abs.2 dieses Paragraphen der Betroffene der Aufforderung gemäß Abs.1 nicht nach, so ist ihm die Verpflichtung gemäß § 65 Abs.4 bescheidmäßig aufzuerlegen; dagegen ist eine Berufung nicht zulässig.

Gemäß § 78 SPG kann die erkennungsdienstliche Behandlung, soweit es tatsächlich möglich ist, durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden.

Da gemäß § 77 Abs.2 SPG gegen den angefochtenen Bescheid eine Berufung nicht zulässig ist, ist dieser Bescheid endgültig und erwächst mit seiner Erlassung in Rechtskraft.

Gegen diesen Bescheid ist unmittelbar Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zulässig, nicht aber eine Beschwerde nach dem Sicherheitspolizeigesetz an den unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. Hauer-Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Eisenstadt 1993, Anm.7 zu § 77 SPG).

5. Im übrigen war noch hilfsweise zu prüfen, ob die gegenständlich bekämpfte "Maßnahme" nicht ganz allgemein als Gegenstand einer auf Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG gestützten Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Betracht kommen könnte.

5.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Die behauptete Rechtsverletzung muß zumindest möglich sein.

Sie kann sich im Hinblick auf die Vermeidung von Rechtsschutzlücken nicht nur auf die Verletzung einfachgesetzlicher Rechte, sondern auch auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beziehen (vgl näher Mayer, in Walter [Hrsg], Verfassungsänderungen 1988 [1989], 99; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. A [1991], Rz 548/21; dieselben, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. A [1992], Rz 927/12). Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine umfassende Kompetenz zur Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts. Er ist nicht an die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe gebunden (vgl Walter/Mayer, Verwaltungverfahrensrecht, 5. A, Rz 548/22 und 548/24).

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985; VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

Auch Zwangsmaßnahmen sind kein tauglicher Beschwerdegegenstand, wenn sie im Verwaltungsverfahren bekämpft werden können (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und VwSlg 9.439 A/1977). Die Maßnahmenbeschwerde ist nämlich bloß ein subsidiärer Rechtsbehelf, mit dem Rechtsschutzlücken geschlossen werden (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74). Der Begriff der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt hat durch die B-VG-Novelle 1988, die gemäß Art 129a Abs.1 Z2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern für zuständig erklärt hat, keine Änderung erfahren (vgl etwa VfGH 28.2.1994, B 1281/93-9; VwGH 14.4.1993, 93/18/0108).

5.2. Es zeigt sich somit, daß die Anfechtung des Bescheides der BH Linz-Land vom 25.1.1995 auch unter diesem Blickwinkel unzulässig war, weil die Erlassung des gegenständlichen Bescheides gemäß § 77 SPG iVm § 19 AVG, verbunden mit der Androhung, daß bei Nichterfüllung der im Spruch angeführten Pflicht die zwangsweise Vorführung veranlaßt werden würde, zum einen gesetzlich begründet ist und zum anderen kein tauglicher Beschwerdegegenstand vorliegt. Denn unverzichtbares Inhaltsmerkmal eines Verwaltungsaktes in der Erscheinungsform eines "Befehls", dh der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt, ist der Umstand, daß dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (vgl. VfSlg 10848/1986, 11.878/1988). Von einem unmittelbaren Befolgungsanspruch bzw einer unverzüglich einsetzenden physischen Sanktion bei Nichtbefolgung kann im gegenständlichen Fall keinesfalls gesprochen werden.

Es war daher die Beschwerde insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

II. Da weder das Sicherheitspolizeigesetz noch das AVG und die eingangs zitierten Bestimmungen des B-VG die Möglichkeit einer aufschiebenden Wirkung kennen, war auch der Antrag auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen. Im übrigen wäre eine aufschiebende Wirkung hinsichtlich einer Beschwerde, die unzulässig ist, schon aus logischen Gründen nicht möglich.

III. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 79a AVG zugunsten der für den Bund eingeschrittenen Behörde (Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), war nicht zu treffen, weil die gegenständliche Beschwerde schon ohne weiteres Verfahren und damit ohne notwendigen Kostenaufwand der belangten Behörde zurückgewiesen werden konnte. Dem Beschwerdeführer waren mangels erfolgreicher Beschwerde selbstverständlich keine Kosten zuzusprechen bzw war sein Kostenersatzantrag ebenso als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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