Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510065/5/Br/Pe

Linz, 17.12.2002

VwSen-510065/5/Br/Pe Linz, am 17. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer (Vorsitzender Mag. Kisch, Berichter Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Fragner) über die Berufung der R S GMBH, vertreten durch die Rechtsanwälte H H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung (folglich genannt Behörde erster Instanz), am Inn vom 22. Oktober 2002, VerkR-340.376/10-2002-Vie/Hu, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 20 Abs.5 und § 22 Abs.4 KFG 1967

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 22. Oktober 2002 hat die Behörde erster Instanz die der Berufungswerberin auf Grund des Ansuchens vom 26.6.2002 per Bescheid vom 25. Juli 2002, ZI. VerkR-340.376/6-2002-Vie/Hu, gestützt auf §§ 20 Abs. 5, 22 Abs. 4 KFG erteilte Bewilligung zum Anbringen einer Warnleuchte mit blauem Licht sowie einer Vorrichtung zum Abgeben von aufeinanderfolgenden, verschieden hohen Tönen (Folgetonhorn) an zwei nach Marke, Type und Fahrgestell-Nr. näher bestimmten Kraftfahrzeugen, widerrufen.

Dies mit der exklusiven Begründung, weil 'nach § 20 Abs.5 lit.c. KFG "Blaulicht" nur bei Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften oder der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz angebracht werden dürften. Im Übrigen dürfte die Verwendung solcher Scheinwerfer und Warnleuchten nach § 20 Abs.5 lit.c. KFG nur für Fahrzeuge, die für den Rettungsdienst bestimmt seien, bewilligt werden, wenn deren Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestünden.'

Gemäß der Anfrage bei der Abteilung Sanitäts- und Veterinärrecht beim Amt der Oö. Landesregierung sei laut belangter Behörde am Tag der Bescheiderlassung mitgeteilt worden, dass bis zu diesem Datum von der Berufungswerberin ein Antrag auf Anerkennung als Rettungsorganisation im Sinne des § 4 Oö. Rettungsgesetz nicht eingebracht worden sei.

Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 25. Juli 2002 - gleiche Aktenzahl mit Subzahl 6 - wurde die genannte Bewilligung mit der Auflage(n) im Punkt 4, erteilt. Die Bewilligungsbehörde behielt sich "den jederzeitigen Widerruf dieser Bewilligung für den Fall vorbehielt, dass die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind."

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer nachfolgend durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter ausgeführten Berufung. Aus Gründen der detailliert rechtlich strukturierten Ausführung wird diese nachstehend im Volltext wiedergegeben.

"Wir erheben gegen den unserem Rechtsvertreter am 25.10.2002 zugestellten Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung vom 22.10.2002, VerkR-340.376/10-2002-Vie/Hu (vgl angeschlossene Kopie) nachstehende

Berufung

an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Der Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zur Gänze angefochten.

I.

Sachverhalt

WS betreibt in F (Deutschland) seit 1986 ein Gewerbe mit Mietwagen und Notfallrettungen (mit Krankenwagen), wobei ihm auch die Verwendung von "Blaulicht" und Tolgetonhorn" genehmigt ist. Er hat nunmehr in Österreich eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, deren Unternehmenszweck der Rettungstransport und die Krankenbeförderung im In- und Ausland ist, insbesondere im Grenzbereich Österreich-Deutschland; unter anderem sollen Rehabilitationspatienten von Linz in ein in Deutschland gelegenes Institut (Passau) transportiert und bei allfälligen Rückfällen nach Linz zurücktransportiert werden. Darüber hinaus ist an die Ausübung grenzüberschreitender Notfallrettung gedacht.

Die Gesellschaft ist unter der Firma R S GmbH unter der FN des Firmenbuchs beim LG eingetragen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21.6.2002, VerkGe01-302002, wurde uns, der Re S GmbH, die Bewilligung erteilt, eine Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit fünf Personenkraftwagen, beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderungen, auszuüben.

Ferner haben unsere (in Zukunft einzusetzenden) Mitarbeiter, welche in Deutschland wohnhaft und nach den deutschen Vorschriften ausgebildete Rettungsassistenten sind, am 23.9.2002 beim Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen den Antrag auf Zulassung zur Berufsausübung bzw zur Tätigkeit als Notfallssanitäter gemäß § 18 Abs 5 SanitäterG gestellt. Darüber hinaus haben wir Mitarbeiter angestellt, die über der Befugnis eines Rettungs- bzw Notfallsanitäters verfügen.

Mit Eingabe vom 26.6.2002 stellen wir den Antrag auf Genehmigung der Montage und Verwendung von Scheinwerfern und Wamleuchten mit blauem Licht sowie vom Folgetonhorn auf unseren Rettungstransportfahrzeugen gemäß §§ 20 Abs 5 und 22 Abs 4 Kraftfahrzeuggesetz 1967 (KFG). Mit Bescheid vom 25.7.2002, VerkR-340.376/62002-Vie/Hu, erteilte uns der oberösterreichische Landeshauptmann die entsprechende Bewilligung für folgende Fahrzeuge:

Die Bewilligung erfolgte (ua) unter folgender Auflage:

"Die Behörde behält sich den jederzeitigen Widerruf der Bewilligung für jenen Fall vor, daß die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. "

Mit Bescheid vom 22.10.2002, bei unserem Rechtsvertreter eingelangt am 25.10.2002, widerruft der Landeshauptmann von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung die am 25.7.2002 erteilte Bewilligung (VerkR-340.376/6-2002-Vie/Hu).

Von der Absicht der zuständigen Behörde, die uns erteilte Bewilligung zum Anbringen eines Blaulichts und eines Folgetonhorns zu widerrufen, wurden wir bis zur Zustellung des Widerrufs nicht verständigt, geschweige denn zur Stellungnahme aufgefordert.

Kurz: Die belangte Behörde hat den unserem Antrag stattgebenden Bescheid widerrufen, ohne uns davor die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben.

Mittlerweile haben wir unsere Vorbereitungen für den operativen Betrieb des Rettungs- und Krankentransportunternehmens weitgehend abgeschlossen und konnten unsere Nützlichkeit für die Öffentlichkeit bei einem Einsatz zur Versorgung und Abtransport von Verkehrsopfern nachweisen.

Beweis: Verfahrensakten, noch vorzulegende Urkunden, Winfried Stadler als Partei, pA Beschwerdeführerin

II.

Begründung

A. Verletzung von Verfahrensvorschriften

  1. Die belangte Behörde hat uns nicht die Möglichkeit gegeben, zum Widerruf der erteilten Bewilligung gemäß §§ 20 Abs 5 und 22 Abs 4 KFG Stellung zu nehmen und hat uns auch sonst in keiner Weise in das Verfahren miteinbezogen. Vom Widerruf der erteilten Blaulichtbewilligung haben wir erst durch Zustellung des angefochtenen Bescheides Kenntnis erlangt.
  2. Entgegen dieser Vorgangsweise waren wir Partei und wären uns alle Parteienrechte einschließlich des Rechts auf Stellungnahme zugestanden.
  3. Dadurch, daß uns die belangte Behörde keine Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben hat, hatten wir keine Kenntnis vom Widerrufsverfahren. Die Verweigerung der Parteirechte ist eine wesentliche Verfahrensverletzung. Hätte uns die belangte Behörde die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben, hätten wir die Unrichtigkeit der Ansicht der Berufungsbehörde, insbesondere aber auch die Relevanz unseres Vorbringens darlegen können. Wir hätten vor allem die Notwendigkeit des "Blaulichts" für unser Einsatzgebiet darlegen können.

B. Eingriff in gewährtes Recht auf Anbringen einer Warnleuchte mit blauem

Licht und eines Folgetonhorns

  1. Der Bescheid vom 25.7.2002, VerkR-340.376/6-2002-Vie/Hu, mit dem das Anbringen einer Warnleuchte mit blauem Licht sowie eines Folgetonhorns an zwei Kraftfahrzeugen bewilligt wurde, ist in Rechtskraft erwachsen und nur unter den Voraussetzungen des § 68 AVG bzw der Bescheidauflage widerrufbar. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ihr Vorliegen war nicht einmal Gegenstand eines behördlichen Verfahrens.
  2. Die im Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage des jederzeitigen Widerrufs der Bewilligung ist lediglich für jenen Fall vorgesehen, daß die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. An den für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen, welche zum Zeitpunkt der Erteilung (am 25.7.2002) offensichtlich gegeben waren, hat sich bis zum Jetzigen Zeitpunkt nichts geändert. Wir erfüll(t)en sowohl zum Zeitpunkt der Bewilligung als auch zum jetzigen Zeitpunkt sämtliche für die Erteilung der Blaulichtbewilligung notwendigen Voraussetzungen: Wir betreiben ein Rettungs- und Krankentransportunternehmen, das immer wieder zu Notfällen gerufen wird oder das Notfallpatienten transportiert. Daß wir weder eine nach dem Kraftfahrliniengesetz anerkannte Rettungsorganisation sind noch eine von der Landesregierung anerkannte waren, war der Behörde bereits bei Erteilung der "Blaulichtkonzession" bekannt. Zu Recht hat sie diesem Umstand keine Bedeutung geschenkt. Nichts anderes gilt heute, ca 3 Monate nach Erteilung des Konzessionsbescheids.

    Im Gegenteil: Wir haben einen Großteil der Vorbereitungsmaßnahmen mittlerweile abgeschlossen und konnten durch unseren Einsatz bei der Versorgung und dem Transport von schwerverletzten Verkehrsopfern unsere Bedeutung für die Gesellschaft dokumentieren. Wieso jetzt plötzlich die Blaulichtkonzession widerrufen wird, ist unerklärlich.
  3. Das Verhalten der belangten Behörde widerspricht im höchsten Maße dem Gedanken der Rechtssicherheit. Dem Widerruf steht unser Vertrauensschutz entgegen. Im Vertrauen auf den Bestand der Konzessionsbewilligung in Verbindung mit der "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung" haben wir sämtliche Vorkehrungen getroffen, die für die Ausübung des uns bewilligten Gewerbes notwendig sind. Entsprechend der erteilten Bewilligungen haben wir die sehr kostenintensive Ausstattung und Ausrüstung, insbesondere die hiezu notwendigen Kraftfahrzeuge angeschafft.

Des weiteren haben wir im Vertrauen auf die erteilten Bewilligungen beim Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen die Antragstellung für die Zulassung zur Berufsausübung bzw zur Tätigkeit als Notfallssanitäter gemäß § 18 Abs 5 Sanitätergesetz für unsere Mitarbeiter durch unseren Rechtsvertreter veranlaßt.

Der nunmehrige grundlose - jedenfalls durch uns nicht verursachte - Widerruf der Blaulichtkonzession greift in unser berechtigtes Vertrauen auf das Recht zur Führung eines Blaulichts und Folgetonhorns ein und frustriert unsere im Hinblick darauf getätigten Aufwendungen.

C. Inhaltliche Rechtswidrigkeit

  1. Die zuständige Behörde begründet den Widerruf im wesentlichen damit, daß die Verwendung der Fahrzeuge, für welche vorerst die Blaulichtbewilligung erteilt wurde, mangels unserer Anerkennung als Rettungsorganisation iSd § 4 Rettungsgesetz nicht im öffentlichen Interesse gelegen ist.
  2. Mit Bescheid vom 21.6.2002, VerkGE01-30-2002, wurde uns die Bewilligung erteilt, uneingeschränkt Rettungstransporte und Krankenbeförderungen durchzuführen. Dem bei Ausübung des Gewerbes zu berücksichtigenden Gelegenheitsverkehrsgesetz ist nicht zu entnehmen, daß das Rettungsgesetz 1988 hierbei zu beachten ist.

    Zum Rettungsgesetz ist auszuführen, daß dieses ausschließlich für den örtlichen Hilfs- und Rettungsdiens Geltung hat, wobei die Durchführung von Kranken- und Rettungstransporten aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen unberührt bleibt. Insbesondere wird durch das Rettungsgesetz der gewerbliche Betrieb von Krankentransport und Rettungsdiensten nicht berührt (§ 1 Abs 4 Rettungsgesetz).

    In den Anwendungsbereich des Rettungsgesetzes fallen einzig Hilfs- und Rettungsdienstleistungen durch Gemeinden und die Auslagerungen dieser Aufgaben auf Rettungs- und Krankentransportunternehmen. Die als Aufgaben des örtlichen Hilfs- und Rettungsdienstes aufgezählten Tätigkeiten sind den anerkannten Rettungsorganisationen jedoch nicht exklusiv vorbehalten. Das Rettungsgesetz zählt lediglich die Aufgaben auf, die von Gemeinden sicherzustellen sind. Daneben ist es aber jeder anderen Person möglich, unter Berücksichtigung aller sonstigen Rechtsvorschriften Hilfs- und Rettungsdienste zu leisten bzw zu betreiben; insbesondere auf gewerblicher Basis. Eine Anerkennung als Rettungsorganisation gemäß dem Rettungsgesetz ist nur dann notwendig, wenn ein Kranken- und Rettungstransportunternehmen von einer Gemeinde gemäß dem Rettungsgesetz mit dem örtlichen Hilfs- und Rettungsdienst beauftragt werden soll. Wenn Kranken- und Rettungstransportunternehmen jedoch nicht den örtlichen Hilfs- und Rettungsdienst betreiben, bedürfen sie nicht der Anerkennung als Rettungsorganisation gemäß § 4 Rettungsgesetz. Kurz: Das Rettungsgesetz regelt nicht abschließend die Voraussetzungen eines Rettungsunternehmens. Rettungsunternehmen können auch außerhalb des Rettungsgesetz bestehen.

    Diese Auffassung bestätigen auch die Strafbestimmungen des Rettungsgesetzes, wonach die Ausübung des Rettungstransport- und Krankenbeförderungsgewerbes ohne Anerkennung als Rettungsorganisation nach § 4 Rettungsgesetz nicht strafbar ist.

    Auch bei verfassungskonformer Auslegung kann das Rettungsgesetz nur im Sinne der obigen Ausführungen ausgelegt werden. Zur ausschließlichen Regelung des Gewerbes "Krankentransport und Rettungsdienste" ist der Bund zuständig (Art 10 Z 8, Z 9 und Z 12 B-VG). Ferner steht das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG) einer Auslegung entgegen, wonach bloß gemeinnützig tätige Rettungsorganisationen (§ 4 Abs 2 Z 2 Rettungsgesetz) zur Krankenbeförderung und zum Rettungsdienst im Land Oberösterreich berechtigt sind.
  3. Wenn aber das Rettungsgesetz das Rettungswesen in Oberösterreich nicht ausschließlich regelt, dh Rettungsunternehmen auch außerhalb des Rettungsgesetz bestehen, kann das bloße Fehlen einer nach dem Rettungsgesetz vorgesehenen Anerkennung durch die Landesregierung, nicht zum Widerruf einer Blaulichtkonzession führen. Genau dies trifft auf uns zu:

    Wir beabsichtigen vorerst lediglich die Durchführung des überregionalen und grenzüberschreitenden Krankentransport- und Rettungsdienstes, weshalb für uns (zumindest solange wir nicht auch lokales Rettungswesen betreiben wollen) nicht die Notwendigkeit besteht, die Anerkennung als Rettungsorganisation zu beantragen. An der Notwendigkeit einer Warnleuchte mit blauem Licht sowie einer Vorrichtung zum Abgeben von Folgetönen ändert unser Tätigkeitsbereich freilich nichts. Auch wir haben immer wieder Notfallpatienten zu transportieren oder werden zu Notfällen gerufen. Bei diesen Transporten erfordert der Stand der Medizin den möglichst raschen Transport der Patienten (nach einer Erstversorgung) in das Krankenhaus, was unstrittig sein sollte.
  4. Die Bewilligung zur Anbringung von "Blaulicht" sowie eines "Folgetonhorns" ist - abgesehen von den Fahrzeugen des Rettungsdienstes in Besitz von Gebietskörperschaften oder der österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz - zu erteilen, wenn die Verwendung der Fahrzeuge im öffentlichen Interesse gelegen ist, dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und die Fahrzeuge (ua) zur Verwendung für den Rettungsdienst bestimmt sind (vgl § 20 Abs 5 lit c und § 22 Abs 4 KFG).

    Demgemäß ist zu prüfen, ob die Fahrzeuge für den Rettungsdienst bestimmt sind, ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen.

    Die belangte Behörde widerrief die "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung", weil sie das Vorliegen öffentlichen Interesses an der Verwendung der Fahrzeuge verneinte. Dem Argument der Behörde, öffentliches Interesse sei mangels Anerkennung der Berufungswerberin als Rettungsorganisation zu verneinen, fehlt es an der gesetzlichen Deckung. Von einer Anerkennung nach Landesvorschriften ist dem KFG nichts zu entnehmen. Darüber hinaus sei nochmals erwähnt, daß das Rettungsgesetz ausschließlich das Gemeinde-Rettungswesen regelt und uns als regionales bzw überregionales Rettungsunternehmen nicht erfaßt.

    Wie bereits im Antrag für die "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung" ausgeführt, ist die Erteilung derselben im öffentlichen Interesse gelegen, nämlich dem Interesse an der Rettung von Menschen und dem Schutz ihrer Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit.

    Der von uns beabsichtigte überregionale Betrieb eines Rettungsdienstes im Grenzbereich Österreich-Deutschland erfordert auch das rasche Eintreffen am Ort eines Unfalls bzw eines medizinischen Notfalls. Voraussetzung für das rechtzeitige Eintreffen und den raschen Abtransport von Verletzten ist die Möglichkeit, im öffentlichen Straßenverkehr ungehindert voranzukommen. Das beantragte "Blaulicht" und das beantragte "Folgetonhorn" ermöglichen und erleichtern dies. Unfallsopfer in lebensbedrohenden Zuständen bedürfen der schnellstmöglichen Versorgung in einem Krankenhaus. Aus diesem Grund wäre ein Transport von einer Unfallstelle in ein Krankenhaus - wozu die Berufungswerberin laut Gewerbebewilligung berechtigt ist - ohne "Blaulicht" und "Folgetonhorn" und sohin nicht auf dem schnellsten Wege unverantwortlich.

    Im übrigen kann auch während eines "gewöhnlichen Krankentransportes" ein Notfall eintreten, der einen raschen und ungehinderten Transport in das nächstgelegene Krankenhaus notwendig macht. In diesen Fällen ist es ebenfalls unumgänglich (und entspricht es der gebotenen Sorgfalt), sich mittels "Blaulicht" und "Folgetonhorn" freie Fahrt zu verschaffen.

    Wie in der Sachverhaltsdarstellung bereits festgehalten wurde, beabsichtigen wir vor allem österreichische Rehabilitationspatienten in ein deutsches Institut in Passau zu transportieren. Während dieses Transportes ist jederzeit mit Akutfällen zu rechnen. Die Berufungswerberin müßte sich beim Transport dieser Patienten ohne "Blaulicht- und Folgetonhornausstattung" wohl den Vorwurf der Unverantwortlichkeit gefallen lassen. Ein Transport ohne "Blaulicht und Folgetonhornausstattung" ist sowohl den Patienten als auch der Berufungswerberi schlichtweg unzumutbar. Bei Eintritt eines Notfalles muß es der Berufungswerberin möglich sein, auf dem schnellsten Wege ein Krankenhaus und damit umfassende ärztliche Versorgung für den Patienten zu erreichen.
  5. Die erstinstanzlichen Entscheidung greift in unser verfassungsrechtlich gewährleistete Erwerbsfreiheit nach Art 6 StGG ein:

    Nach der erteilten Gewerbebewilligung sind wir zum Betrieb des Mietwagen-Gewerbes beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderungen berechtigt. Wenn uns keine "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung" erteilt würde, wäre es insbesondere unverantwortlich Unfallspatienten (Notfälle) zu transportieren. Wir müßten daher im Bewußtsein unserer Verantwortung für die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit unserer Patienten unsere gewerbliche Tätigkeit -entgegen der erteilten Gewerbebewilligung - auf die Durchführung von Krankenbeförderungen beschränken. Das ist offensichtlich auch Absicht der Behörde, doch übersieht diese hiebei, daß sie dadurch einen unzulässigen unmittelbaren Eingriff in unser Grundrecht der Erwerbsfreiheit vornimmt.
  6. Vor allem schränkt der Widerruf der "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung" bzw deren Nichtbewilligung die Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit in sachlich nicht gerechtfertigter Weise ein (vgl Art 43 ff und 49 ff EGV).

    Die Dienstleistungsfreiheit verkörpert das Verbot der Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs. Erhalten wir nicht die "Blaulicht- und Folgetonhornbewilligung", ist es uns angesichts unserer Verantwortung gegenüber den Patienten unmöglich, unsere Dienstleistungen in Deutschland anzubieten bzw zu erbringen. Ohne "Blaulicht- und Folgetonhornausstattung" können wir keine Krankentransporte über weite Strecken durchführen. Ebenso wird dadurch verhindert, daß in Deutschland unsere Dienstleistungen in Anspruch genommen werden. Somit hat das Vorgehen der belangten Behörde eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zur Folge und vereitelt die Verwirklichung den gemeinsamen Binnenmarktes iSd EGV (welcher im übrigen Anwendungsvorrang genießt).

    Dasselbe gilt für die Niederlassungsfreiheit. Die Niederlassungsfreiheit berechtigt (natürliche und juristische) Personen, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als ihrem eigenen einer dauernden selbständigen Tätigkeit zu den gleichen Bedingungen wie Inländer nachzugehen. Die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit der Berufungswerberin besteht darin, daß einem deutschen Unternehmer, der in Österreich ein Gewerbe betreiben will und auch die diesbezügliche Gewerbebewilligung erhalten hat, durch die Nichtbewilligung des "Blaulichts" und des Folgetonhorns" faktisch die Ausübung dieses Gewerbes unmöglich gemacht wird. Während es anderen Rettungsorganisationen möglich ist, Rettungstransporte uneingeschränkt vorzunehmen, werden wir daran eindeutig gehindert.

Wir stellen daher den

Antrag,

der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Oberösterreich möge

(a) den angefochtenen Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in 1. Instanz vom 22.10. 2002, VerkR340.376/10-2002-Vie/Hu, ersatzlos aufheben; und

(b) sofern unser Vorbringen nicht als bescheinigt angenommen wird, eine mündliche Verhandlung durchführen.

R S GmbH"

3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte gemäß § 67a Abs.2 AVG durch eine Kammer zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Beischaffung der von der Berufungswerberin beim Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen für einige ihrer Mitarbeiter gestellten Anträge auf Anerkennung diverser Qualifikationen als Notfallssanitäter. Die mit dieser Antragstellung geführte Korrespondenz wurde seitens der Rechtsvertreter der Berufungswerberin übermittelt.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat wie folgt erwogen:

5.1. Es steht fest, dass über den Antrag der Berufungswerberin vom 4.4.2002, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 21. Juni 2002, Zl VerkGe01-30-2002, die Bewilligung erteilt wurde, "am Standort, eine Konzession für das Mietwagen-Gewerbe mit fünf Personenkraftwagen, beschränkt auf Rettungstransporte und Krankenbeförderung auszuüben".

Dies gestützt auf § 3 Abs.1 Z2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, BGBl. Nr. 112/1996 und § 39 Abs.2 GewO 1994.

Gleichzeitig wurde Herr WHS, in F, deutscher Staatsangehöriger, zum gewerberechtlichen Geschäftsführer bestellt.

Mit einem Schreiben vom 16. Juli 2002 teilte die Behörde erster Instanz der Berufungswerberin bezugnehmend auf die o.a. Bewilligung schließlich mit, dass "bei der Ausübung der (obgenannten) von der Behörde erteilten Bewilligung auch die sanitätsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jene des Oö. Rettungsgesetzes 1988, LGBl. Nr. 27/1998 idF LGBl. Nr. 90/2001, von Bedeutung seien.

Demnach dürften im Rahmen der erteilten Konzession nur gewöhnliche Krankentransporte (Sitztransporte) ohne Blaulicht und auf keinen Fall qualifizierte (liegende) Kranken- und Rettungstransporte durchgeführt werden.

Für diesen allgemeinen örtlichen Hilfs- und Rettungsdienst im Sinne des § 1 Abs.2 Z1 und 2 des Oö. Rettungsgesetzes 1988 wäre eine mit Bescheid der Landesregierung auszusprechende Anerkennung als Rettungsorganisation im Sinne des § 4 erforderlich. Diese Anerkennung dürfe nur erteilt werden, wenn alle Voraussetzungen des Oö. Rettungsgesetz lückenlos erfüllt sind.

Abschließend wurde in diesem nicht als Bescheid bezeichneten Schreiben der Antragstellerin (hier Berufungswerberin) "dringend nahe gelegt, diese Bestimmungen im Rahmen ihrer Gewerbeausübung zu beachten." Scheinbar war dieses Schreiben von der Behörde erster Instanz als Ergänzung des Bescheides gedacht. Nach Übermittlung ergänzender Unterlagen mit Schreiben vom 10.7.2002 mit dem Ersuchen um positive Erledigung wurde die nunmehr widerrufene Bewilligung erteilt.

5.2. Der § 4 Oö. RettungsG verbietet dem Berufungswerber nicht die Ausübung jeder Rettungstätigkeit in dem hier im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding umschriebenen Umfang, selbst wenn die Berufungswerberin nicht gemäß § 4 Abs.1 Oö. RettungsG als Rettungsorganisation anerkannt ist.

Die Gemeinden sind zwar verhalten, sich bei Besorgung der ihnen nach § 1 Abs.2 Oö. RettungsG obliegenden Pflichtaufgaben ausschließlich der von ihnen (nach erfolgter Anerkennung) in Vertrag genommenen ("beliehenen") Rettungsorganisationen zu bedienen, dieses Gesetz verbietet aber keiner Rettungsorganisation, ihre satzungsgemäße Tätigkeit - wo immer - auszuüben (vgl. VfSlg 12320). Eine andere Auslegung würde iSd Judikatur dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterlegen.

Der § 4 Abs.5 leg.cit. schließt lediglich aus, dass eine - wenngleich kraft Gesetzes oder durch Bescheid anerkannte - Rettungsorganisation, mit der aber (noch) kein entsprechender Vertrag (§ 2 Abs.2 leg.cit.) abgeschlossen wurde, in der Eigenschaft als von der Gemeinde "beliehene" Organisation (mit den sich aus dieser Eigenschaft ergebenden Rechten und Pflichten) die der Gemeinde gemäß § 1 Abs.2 iVm § 2 Abs.1 leg.cit. obliegenden Aufgaben besorgt. Von einer Rettungsorganisation erbrachte Leistungen des Hilfs- und Rettungsdienstes werden vom Gesetz mithin dann überhaupt nicht berührt, wenn sie nicht für eine Gemeinde erfolgen.

Mit Blick darauf erweist sich daher der offenkundig ausschließlich wegen der zwischenzeitig noch nicht erfolgten Anerkennung als Rettungsorganisation im Sinne des § 4 Oö. Rettungsgesetz ausgesprochene Widerruf, der am 25. Juli 2002, AZ: VerkR-340.376/6-Vie/Hu, erteilten Berechtigung, als rechtswidrig.

5.2.1. Gemäß § 20 Abs.5 KFG 1967 dürfen Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei nicht unter Abs.1 lit.d fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zur Verwendung bestimmt sind:

  1. ausschließlich oder vorwiegend für Feuerwehren,
  2. für den öffentlichen Hilfsdienst,
  3. für den Rettungsdienst,
  4. für den ärztlichen Bereitschaftsdienst von Gebietskörperschaften, Ärztekammern oder Sozialversicherungsträgern,
  5. für die Leistung dringender ärztlicher Hilfe durch Ärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Arzt besetzter Rettungsdienst und kein ärztlicher Bereitschaftsdienst gemäß lit.d zur Verfügung stehen; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Ärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen oder
  6. für die Leistung dringender Hilfsdienste im Zusammenwirken mit Feuerwehren oder öffentlichen Hilfsdiensten bei Verkehrsunfällen, an denen Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter beteiligt sind;
  7. für die Erbringung dringender tierärztlicher Hilfe durch Tierärzte in verkehrsreichen Gebieten, in denen kein mit einem Tierarzt besetzter Rettungsdienst zur Verfügung steht; vor der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung ist eine Stellungnahme der Tierärztekammer zur Frage der Notwendigkeit der Erteilung dieser Bewilligung einzuholen.

Ob eine Subsumierung des vorliegenden Falles unter die gesetzliche Bestimmung des § 20 Abs.5 vorzunehmen war, ist mangels erkennbarer Änderung im Sachverhalt seit Erlassung des Bewilligungsbescheides im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu beurteilen.

Gänzlich entbehrt es der gegenständlichen Aktenlage an Anhaltspunkten dafür, worin sich seit der Erteilung der Bewilligung, wobei die Voraussetzungen mit der von der Bezirkshauptmannschaft Schärding erteilten Konzession offenbar als gegeben erachtet wurden, geändert hätte. Diese Änderung stützt sich auf die vermeintliche Nichterfüllung lt. Punkt 4. der Bescheidauflage, welcher jedoch lediglich besagt, dass "die für die Erteilung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind."

Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich an dieser Stelle zur Feststellung veranlasst, dass im Rahmen dieses Verfahrens lediglich die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des ausgesprochenen Widerrufs Verfahrenssache ist. Für einen über diese Sachlage allenfalls hinausgehenden Entscheidungsbedarf - etwa in Richtung der ursprünglich vorgelegenen Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung an sich - besteht laut Aktenlage für die Berufungsinstanz keine Entscheidungsbefugnis.

Ob neue Tatsachen, vorliegen aufgrund derer die für die Erteilung der ursprünglichen Bewilligung angenommenen Voraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben sind und die eine Bindungswirkung an die ursprüngliche Entscheidung durchbrechen könnten, müsste im Rahmen eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens festgestellt werden.

Ein solches Ermittlungsverfahren, welches auf eine Änderung des Sachverhaltes dahingehend schließen lassen könnte, dass über eine "neue Sache" - d.h. Umstände die zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht vorlagen - entschieden worden wäre, ist jedenfalls im hier angefochtenen Bescheid nicht zu erblicken (vgl Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Aufl. S 229 ff).

Ohne auf die über den Gegenstand dieser Berufungsentscheidung hinausgehenden Rechtsausführungen der Berufungswerberin einzugehen, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

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