Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520355/2/Zo/Pe

Linz, 21.10.2003

 

 

 VwSen-520355/2/Zo/Pe Linz, am 21. Oktober 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des KG, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 18.7.2003, VerkR20-519-2001, wegen Entziehung der Lenkberechtigung sowie des Ausspruches, dass ihm für eine bestimmte Zeit keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf sowie Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe teilweise Folge gegeben, dass der Spruch wie folgt zu lauten hat:

 

"Dem Berufungswerber darf für einen Zeitraum von acht Monaten, gerechnet ab 9.4.2004, das ist bis 9.12.2004, keine Lenkberechtigung erteilt werden."

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67a AVG, §§ 7 Abs.1, 7 Abs.3 Z7 und 7 Abs.4 sowie §§ 24 Abs.1 und 25 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Dem Berufungswerber wurde erstmalig für den Zeitraum von Dezember 1995 bis Mai 1996 die Lenkberechtigung wegen eines schweren gewerbsmäßigen Diebstahles entzogen. Vom Jänner 2001 bis April 2001 wurde ihm wiederum die Lenkberechtigung wegen eines schweren gewerbsmäßigen Diebstahles entzogen und mit Bescheid vom 7.1.2003, VerkR20-519-2001, wurde ihm die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von zwölf Monaten wiederum wegen zahlreicher Diebstähle in der Zeit von März 2002 bis 21.9.2002 entzogen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass der Berufungswerber die jeweiligen Tatorte unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges aufsuchte. Am 7.2.2003 lenkte der Berufungswerber trotz der entzogenen Lenkberechtigung neuerlich einen Pkw, weshalb die Entzugsdauer um drei Monate verlängert wurde. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.7.2003, VerkR20-519-2001, hat die Bezirkshauptfrau von Rohrbach dem Berufungswerber seine Lenkberechtigung für die Klassen A und B entzogen und ausgesprochen, dass ihm für die Zeit von 18 Monaten, gerechnet ab 9.4.2004 bis einschließlich 9.10.2005 keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Dabei handelt es sich um einen sogenannten "Anschlussentzug", weil aufgrund des vorherigen Entzugsbescheides dem Berufungswerber am 9.4.2004 die Lenkberechtigung wieder erteilt hätte werden können. Dieses Verbot, eine neue Lenkberechtigung zu erteilen, wird damit begründet, dass der Berufungswerber am 11.6.2003 um ca. 23.00 Uhr einen Lieferwagen, Kennzeichen, nach Drautendorf lenkte, obwohl ihm die Lenkberechtigung entzogen worden war. Er stellte das Kraftfahrzeug im Bereich des Bahnhofes ab und ging zu Fuß mit dem nötigen Werkzeug zu einer etwa 150 m entfernten Firma, wo er über einen ca. 150 cm bis 170 cm hohen Zaun kletterte. Im Firmenareal begann er mit dem Zerlegen eines Seitensektionaltores und hatte beim Eintreffen der Gendarmerie bereits die Laufschienen und die dazugehörigen Rollen abmontiert und im Lieferwagen deponiert. Er wollte das Sektionaltor stehlen. Aufgrund dieser Vorfälle verlängerte die belangte Behörde die "Entziehungszeit" um 18 Monate.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und diese damit begründet, dass er wegen einer psychischen Störung nur beschränkt schuldfähig sei.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gemäß § 67a Abs.1 zweiter Satz AVG wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und ist auch nicht erforderlich, weil sich der Sachverhalt zur Gänze aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Aufgrund des Akteninhaltes, insbesondere der vom Berufungswerber vor der Gendarmerie abgelegten Geständnisse ist erwiesen, dass dieser am 11.6.2003 gegen 23.00 Uhr den Lieferwagen in die Nähe des Firmenareals der Firma ND GmbH lenkte, dort über einen ca. 150 cm bis 170 cm hohen Zaun kletterte und im Firmenareal mit dem Zerlegen eines Seitensektionaltores begann. Beim Eintreffen der Gendarmerie hatte er bereits die Laufschienen und die dazugehörigen Rollen abmontiert und im Lieferwagen deponiert. Der Berufungswerber wollte auch den Rest des Tores stehlen. Der Berufungswerber führte diese Fahrt durch, obwohl ihm die Lenkberechtigung rechtskräftig entzogen worden war. Bereits von Anfang März 2002 bis 21.9.2002 hat der Berufungswerber in verschiedenen Filialen der Firma L, im E in, im MM und im MM zahlreiche Diebstähle mit einem Sachschaden von ca. 2.500 Euro begangen. Diese Diebstähle führte er in sogenannten "Diebestouren" durch, indem er an einem Tag mehrere Geschäfte unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges aufsuchte und die Diebstähle begangen hat. Weiters hat der Berufungswerber am 7.2.2003 den Pkw gelenkt, obwohl ihm die Lenkberechtigung entzogen worden war.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

(Z7a) ein Kraftfahrzeug lenkt, trotz entzogener Lenkberechtigung oder bestehenden Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder

(Z9 - 12) bestimmte gerichtlich strafbare Handlungen begeht.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Die vom Berufungswerber begangenen Diebstähle sind in der beispielsweisen Aufzählung des § 7 Abs.3 FSG nicht ausdrücklich angeführt. Dennoch können auch diese nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verlust der Verkehrszuverlässigkeit führen, wenn derartige strafbare Handlungen nach der Intensität und Schwere den im Führerscheingesetz ausdrücklich genannten gerichtlich strafbaren Handlungen gleichwertig sind. Das ist hier wegen der wiederholten Begehung der Diebstähle über einen längeren Zeitraum der Fall, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der Berufungswerber für die Begehung dieser gerichtlich strafbaren Handlungen ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Bei der letzten Fahrt war ihm überdies die Lenkberechtigung bereits rechtskräftig entzogen gewesen.

 

Im Rahmen der gemäß § 7 Abs.4 FSG vorzunehmenden Wertung dieser Handlungen ist zu berücksichtigen, dass dem Berufungswerber die bisherigen behördlichen Maßnahmen - genauso wenig wie die gerichtlichen Verurteilungen - offenbar nicht davon abgehalten haben, wiederum unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges einen Diebstahl zu begehen. Dies ist als besonders verwerflich anzusehen. Das Wohlverhalten seit dem letzten Vorfall am 11.6.2003 ist noch zu kurz, um an dieser Beurteilung etwas zu ändern. Der Berufungswerber ist daher derzeit nicht als verkehrszuverlässig anzusehen.

 

Die vom Berufungswerber geltend gemachte beschränkte Schuldfähigkeit wegen einer psychischen Störung kann daran nichts ändern. Einerseits handelt es sich nicht um ein Strafverfahren, sodass die Frage der subjektiven Schuldfähigkeit nicht von entscheidender Bedeutung ist. Die Verkehrszuverlässigkeit ist ein charakterlicher Begriff, an diesem ändert sich durch eine eventuelle psychische Störung nichts. Andererseits hat der Berufungswerber die angebliche psychische Störung nur pauschal behauptet, ohne sie durch entsprechende Gutachten zu belegen.

 

Letztlich ist auch Folgendes zu berücksichtigen:

 

Sollte der Berufungswerber tatsächlich wegen einer psychischen Störung geradezu unter einem inneren Zwang stehen, immer wieder Diebstähle zu begehen bzw. ein Kraftfahrzeug trotz entzogener Lenkberechtigung zu lenken, so bestehen erhebliche Zweifel, ob der Berufungswerber iSd § 13 FSG-GV überhaupt gesundheitlich geeignet ist, Kraftfahrzeuge zu lenken. Dies wäre - sollte der Berufungswerber ein entsprechendes Gutachten doch noch vorlegen - von der Erstinstanz in einem gesonderten Verfahren zu überprüfen.

 

Hinsichtlich der Dauer des Verbotes, eine neue Lenkberechtigung zu erteilen, wird wie folgt erwogen:

 

Obwohl der Berufungswerber nur den zuletzt erlassenen Bescheid vom 18.7.2003 angefochten hat, ist wegen der zeitlichen Überschneidung der Vorfälle der gesamte Sachverhalt zu berücksichtigen, welcher letztlich zu einem zeitlich ununterbrochenen Führerscheinentzug geführt hat. Demnach hat der Berufungswerber zwischen März und September 2002 zahlreiche Diebstähle unter Verwendung seines Kraftfahrzeuges begangen, am 7.2.2003 wurde er bei einer Schwarzfahrt betreten. Am 11.6.2003 hat er neuerlich versucht, einen Diebstahl zu begehen, wobei er trotz der entzogenen Lenkberechtigung mit einem Kraftfahrzeug zum Tatort gefahren ist. Diese Vorfälle haben zu einem zeitlich ununterbrochenen "Führerscheinentzug" für die Dauer von 7.1.2003 bis zum 9.10.2005, also für ca. 33 Monate bzw. für ca. 28 Monate nach dem letzten Vorfall geführt. Dies erscheint selbst unter Berücksichtigung der massiv negativen Vorgeschichte des Berufungswerbers überhöht. Nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des unabhängigen Verwaltungssenates reicht ein Zeitraum von ca. 18 Monaten nach dem letzten Vorfall aus, damit der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt. Demnach konnte im angefochtenen Bescheid die Zeit, für welche dem Berufungswerber keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf auf acht Monate reduziert werden. Sollte sich der Berufungswerber bis dahin wohlverhalten, so ist seine Verkehrszuverlässigkeit wieder gegeben. Der Berufungswerber ist aber nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei einem neuerlichen einschlägigen Verstoß die Erstbehörde in einem neuen Verfahren die "Entzugsdauer" entsprechend zu verlängern hat.

 

Die Spruchkorrektur war erforderlich, weil der Berufungswerber derzeit nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist. Diese konnte ihm daher nicht entzogen werden, sondern es war lediglich festzulegen, bis wann dem Berufungswerber keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung erfolgte zu Recht.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Mag. Z ö b l

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