Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103801/2/Br

Linz, 26.06.1996

VwSen-103801/2/Br Linz, am 26. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn H R, M, betreffend den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.

Juni 1996, Zl.: VerkR96-1910-1996, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber an Verfahrenskosten 100 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem Bescheid vom 5. Juni 1996 dem gegen das Strafausmaß gerichteten Einspruch gegen die Strafverfügung vom 2. April 1996 keine Folge gegeben. In dieser Strafverfügung wurde über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 19 km/h) eine Geldstrafe im Ausmaß von 500 S im Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Verfahrenskosten wurden keine auferlegt.

2. In der Begründung des hier angefochtenen Bescheides führte die Erstbehörde aus, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder die Ursache für schwere Verkehrsunfälle seien. Die vom Berufungswerber dargelegten Umstände (gemeint die angebliche Verfolgung eines Diebes) hat die Erstbehörde für eine Strafherabsetzung nicht geeignet befunden.

2.1. Der Berufungswerber führte in seiner Berufungsschrift, welche offenbar irrtümlich mit 12. "07" 1996 (richtig wäre wohl 12.06.) datiert wurde, aus, daß er seine wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage eines Rentennachweises belegt hätte. Bei einer Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 19 km/h auf einer leeren Autobahn handle es sich um eine Lapalie. Er sei nicht in der Lage die Strafe in der Höhe von 500 S zu bezahlen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Zumal sich die Berufung bloß gegen das Strafausmaß richtete und ein gesonderter Antrag auf die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

5. Zur Strafbemessung wird erwogen:

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

5.2. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von nur 500 S auch trotz der glaubhaft vorliegenden ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers, selbst bei dem zuzuerkennenden und zuerkannten strafmildernden Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, objektiv nicht entgegengetreten werden kann. Ein nicht bloß geringer Tatunwert derartiger Übertretungen liegt insbesondere darin, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche wenn auch in aller Regel sich nicht konkret auswirkend Gefahrenpotenzierung und somit (abstrakt) eine erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Der Anhalteweg wäre hier etwa unter Annahme einer Vollbremsung (7,5 m/sek/2 Verzögerungskomponente) auch bei dieser Geschwindigkeitsüberschreitung um 33 Meter länger gewesen. Dies bedeutet, daß an jener Stelle wo ein mit 130 km/h fahrendes Fahrzeug bereits zum Stillstand gelangt, ein mit der Ausgangsgeschwindigkeit von 149 km/h fahrendes Fahrzeug noch mit etwas über 80 km/h in Bewegung ist.

Schließlich darf im Straßenverkehr jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn sie demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen - mit welchen eben nicht gerechnet werden muß - zu nicht mehr kontrollierbaren Konstellationen kommen kann. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wäre diese Schutznorm eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt in diesen Fällen eben in der Schutznormverletzung begründet.

Eine Bestrafung ist daher insbesondere aus spezialpräventiven Gründen indiziert. Die Erstbehörde hat sich bei der Strafzumessung zweifellos innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes bewegt und hier eine als äußerst niedrig zu bezeichnende Strafe verhängt. Es ist daher unerfindlich, daß der Berufungswerber hier ein Absehen von der Strafe anzuregen können glaubt. Damit müßte jede Geschwindigkeitsüberschreitung, welche in aller Regel mit keiner konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer verbunden sind, straffrei bleiben. Er verkennt dabei offenbar auch, daß ungünstige wirtschaftliche Verhältnisse bzw. Vermögenslosigkeit nicht von einer Bestrafung befreien kann. Auf den gesetzlichen Strafrahmen bis zu 10.000 S wird in diesem Zusammenhang noch gesondert hingewiesen. Im übrigen ist den erstbehördlichen Ausführungen im Ergebnis vollinhaltlich beizutreten gewesen. Im Falle einer tatsächlichen Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wäre die Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen.

Zuletzt sei auch noch darauf hingewiesen, daß eine allfällig tatsächlich erfolgte Verfolgung eines Diebes, eine Übertretung einer dem Schutz der Verkehrsteilnehmer dienende Vorschrift weder rechtfertigt noch entschuldigt. Die Veranstaltung einer privaten Verfolgungsjagd mit einem Pkw ist an sich mehr als bedenklich, zumal ein in der Konsequenz zu erwartender Anhalteversuch wohl zu unkalkulierbaren Gefahrensituationen führen könnte.

Die Erstbehörde hat Verfahrenskosten im Ausmaß von 10% der verhängten Strafe - offenbar im Sinne der auch von h.

gepflogenen Spruchpraxis - nicht auferlegt. Diese Rechtsansicht wurde jedoch durch den Verwaltungsgerichtshof als nicht haltbar erachtet (VwGH 94/02/0256 v. 23. 9.1994).

Demnach wäre auch eine Erledigung nach § 49 Abs.2 VStG als Straferkenntnis anzusehen und demnach gemäß § 64 Abs.1 VStG der Kostenbeitrag aufzuerlegen. Hier steht dem jedoch das Verschlechterungsverbot im Berufungsverfahren entgegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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