Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520651/5/Bi/Be

Linz, 28.10.2004

 

 

 VwSen-520651/5/Bi/Be Linz, am 28. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, vertreten durch RA Dr. R O, vom 6. Juli 2004 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 17. Juni 2004, VerkR21-50-2004, wegen Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung der Lenkberechtigung behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Lenkberechtigung der Klasse B des Berufungswerbers (Bw) vom 5. Juni 2004, VerkR20-2217-2002/VB, gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG iVm § 13 Abs.1 FSG-GV auf 1 Jahr befristet.

Der Bescheid wurde am 22. Juni 2004 dem Bw zugestellt.

2. Gegen die Befristung wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.
Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Behörde gehe davon aus, dass er, nachdem sich Dr. G als nicht zuständig erklärt habe, nach Linz in das Wagner-Jauregg-Krankenhaus nach dem Unterbringungsgesetz eingeliefert wurde. Da im angefochtenen Bescheid als auch im "Gutachten" der Amtsärztin



Dr. A jedoch jegliche Zeitangaben fehlten, werde dies insofern ergänzt, als dies am 22. Dezember 2003 war. Die Behörde gehe außerdem davon aus, dass lt. Diagnose des Oberarztes keine Selbstmordgefährdung vorgelegen habe und auch keine Anzeichen, dass er Alkoholiker sei. Richtig sei aber, dass er nach einigen Stunden wieder entlassen wurde. Vorgelegt wird dazu eine Bestätigung der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg vom 30. Dezember 2003 über eine Pflege(sonder)-gebührenrechnung bezüglich eines Aufenthalts von "22.12.2003 bis 22.12.2003".

Diese Ergebnisse seien - auch von der zuständigen Amtsärztin - unberücksichtigt geblieben, obwohl fachärztlich weder eine Eigen- noch eine Fremdgefährdung diagnostiziert werden konnte. Die Amtsärztin führe lediglich aus, dass aufgrund der Mitteilung des GP Mondsee ersichtlich sei, dass er an einer psychischen Erkrankung leide, die sich in permanenten Selbstmorddrohungen und Aggressionstendenzen äußere. Er bestreite aber, dass die Beamten des GP Mondsee über die nötige Qualifikation verfügen, um eine derartige Diagnose abgeben zu können. Lägen die genannten psychischen Krankheitsbilder tatsächlich vor, hätten die Fachärzte des WJ-Krankenhauses grob fahrlässig gehandelt, indem sie einen suizidgefährdeten Alkoholiker aus der Krankenanstalt entlassen hätten und somit eine Haftung für Eigen- und Fremdgefährdung auf sich genommen hätten. Die Amtsärztin habe nicht begründet, warum sie den Gendarmeriebeamten geglaubt habe. Sie habe sich auch an gesetzliche Bestimmungen nicht gehalten, indem sie nur aus der Mitteilung des GP Mondsee eine Suizidgefährdung und eingeschränkte Fahrtauglichkeit abgeleitet habe. Die Gendarmerieprotokolle befänden sich auch nicht im Akt, sodass inhaltlich dazu keine Stellungnahme erfolgen könne.

Das "Gutachten" der Amtsärztin sei daher nicht nachvollziehbar. Sie habe auch angenommen, dass ein Alkoholproblem vorliegen "dürfte". Diese Annahme sei medizinisch nicht belegt. Die amtsärztliche Untersuchung gemäß § 8 FSG am
11. Februar 2004 habe auch nur 10 Minuten gedauert und Blutdruck- und Gewichtsmessungen beinhaltet. Wie die Amtsärztin daraus Rückschlüsse auf seine psychische Situation ziehen könne, bleibe unbegründet.

Ihm würde vorgehalten, dass ihm schon zweimal der Führerschein entzogen worden sei; er habe aber sämtliche Auflagen erfüllt und ihm sei der Führerschein unbefristet wieder ausgehändigt worden. Untersuchungen, die Rückschlüsse auf seinen psychischen Zustand zulassen (zB den Baumtest nach Koch), habe die Amtsärztin nicht gemacht. Dass ihre 10minütige Untersuchung und die Beurteilung seines Gesundheitszustandes durch Gendarmeriebeamte objektiv und nachvollziehbar im Sinne des § 8 FSG seien, bezweifle er ebenso wie die fachliche Kompetenz und jedenfalls die Unbefangenheit der Amtsärztin Dr. I A. Beantragt wird die Aussprache deren Befangenheit und im Berufungsverfahren die Beiziehung eines Sachverständigen, der über die nötige Fachkompetenz verfüge, die Beiziehung der Untersuchungsergebnisse des WJ-KH und die Auswertungen des Bluttests, sowie Aufhebung des angefochtenen Bescheides.



4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG durch eine Amtsärztin der Landessanitätsdirektion.

Aus dem von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt lässt sich ersehen, dass die do. Amtsärztin Dr. I A mit Schreiben an die Abteilung III der Erstinstanz vom 19. Jänner 2004 mitteilte, dass laut GP Mondsee der Bw an einer psychischen Erkrankung leide, die sich in permanenten Selbstmorddrohungen und Aggressionstendenzen äußere. Es sei sogar die Einlieferung in das WJ-KH mittels Parere erforderlich gewesen. Aufgrund dieses Tatbestandes sei die geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr voll gegeben und es werde um entsprechende Veranlassung ersucht.

Auf das daraufhin erfolgte Ersuchen um Gutachtenserstellung, ob der Bw geistig und körperlich geeignet scheine, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken, wurde am
11. Februar 2004 mit dem Bw eine ärztliche Untersuchung nach § 8 FSG durchgeführt. Festgestellt wurde im Rahmen des Anamnese, dass der 1. FS-Entzug im Februar 2001 und der nächste mit 1,46 %o im September 2002 stattgefunden habe und im Dezember 2003 eine Einweisung ins WJ-KH erfolgt sei. Das Befund-Formular weist die dort vorgegebenen Untersuchungen aus, außerdem klinischer Gesamteindruck "? höchst aufgeregt, Situationshypertonie" und Anmerkungen "Manisch? parfümierte Fahne?" Laut Gutachten vom 20. Februar 2004, San20-12704-2004, war der Bw gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse B, befristet geeignet auf 1 Jahr - ohne Nachuntersuchung und ohne Auflagen. Als Begründung ist angeführt "Kontrolle des psych. Befindens bei Zustand nach Aufenthalt nach dem UBG, Kontrolle des RR, Zustand nach wiederholten Alkoholdelikten".

Daraufhin wurde der Bw zur Erstinstanz geladen und wurde ihm dort am 23. März 2004 die Absicht der Befristung der Lenkberechtigung zur Kenntnis gebracht, mit der er sich in keinster Weise einverstanden erklärte. Er habe in der Weihnachtszeit wohl ab und zu etwas getrunken, aber nicht in dem von der Gendarmerie angegebenen Ausmaß. Vor einem Jahr habe sich ein Kollege das Leben genommen. Seine Ex-Freundin habe ihn ständig besucht und er habe sie dann nicht mehr in die Wohnung gelassen, worauf diese vielleicht vermutet habe, er werde sich etwas antun. Sie habe seine Eltern verständigt, die wiederum den Arzt verständigt hätten. Plötzlich sei mitten in der Nacht die Polizei vor seiner Wohnungstür gestanden und hätte ihn mitgenommen zu Dr. G. Da sich dieser für unzuständig erklärt habe, hätten sie ihn ins WJ-KH gebracht. Dort habe ihn der Oberarzt untersucht und nach einer Nacht in der geschlossenen Anstalt sei er entlassen worden. Ihm sei Blut abgenommen worden. Er sei weder unter Medikamenteneinfluss gestanden noch habe er Drogen konsumiert gehabt. Dass er etwas getrunken hatte, habe er auch selbst gewusst. Er sei laut Diagnose des Oberarztes weder selbstmordgefährdet noch Alkoholiker und auch seine Blutwerte seien in Ordnung. Warum seine Lenkbe



rechtigung befristet werde, sei unerklärlich. Er vermute einen Bosheitsakt der Gendarmerie Mondsee.

Dr. Anschober hat mit Schreiben vom 16. April 2004 bestätigt, dass der Bw nach dem Unterbringungsgesetz in die Landesnervenklinik Wagner-Jauregg eingeliefert worden sei. Er habe massive Suizidideen geäußert, sei äußerst aggressiv gewesen. Zusätzlich dürfte ein Alkoholproblem vorliegen. Eine amtsärztliche Begutachtung erscheine nach diesem Vorfall auf jeden Fall gerechtfertigt.

Daraufhin erging der angefochtene Bescheid, in dem aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahren als erwiesen angenommen wurde, dass Umstände vorlägen, die im Interesse der Verkehrssicherheit eine Befristung der Lenkberechtigung und die damit verbundene amtsärztliche Nachuntersuchung zwingend notwendig erscheinen ließen.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wurde das amtsärztliche Gutachten der Amtsärztin Dr. Eva Wimbauer vom 20. Oktober 2004, San-233977/1-2004/Wim, eingeholt, in dem diese auf der Grundlage einer Untersuchung des Bw gemäß § 8 FSG ausführte: "Laut psychiatrischer Stellungnahme vom Herrn Univ.Prof. Dr. W L vom 12. Oktober 2004 zum Gesundheitszustand und der Fahrtauglichkeit des Bw kann in Übereinstimmung mit einem eigenen Vorgutachten vom 25. April 2001 festgestellt werden, dass beim Bw keine neurologischen oder psychiatrischen Auffälligkeiten bestehen. Es kann mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit rekonstruiert werden, dass er nie psychisch krank oder suizidgefährdet war. Der ggst Vorfall im Dezember 2003 entwickelte sich aus einem Streit mit der ehemaligen Lebensgefährtin, der Verdacht einer allfälligen Suizidalität war sicher eine Missinterpretation. Aus psychiatrischer Sicht besteht keine Veranlassung zu einer befristeten Erteilung des Führerscheins."

Die Amtsärztin gelangt zum Ergebnis, dass der Bw gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges der Klasse B geeignet ist und stützt sich dabei auf die psychiatrische Stellungnahme vom 12. Oktober 2004. Außerdem hat die Untersuchung des Bw am 20. September 2004 keine Auffälligkeiten ergeben.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht
mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Z1 die Lenkberechtigung zu entziehen oder Z2 die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß
§ 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

Gemäß § 3 Abs.1 Z1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt. Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

Gemäß § 8 Abs.3 Z1 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet". Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten "geeignet" für die Klassen zu lauten.

Auf der Grundlage des vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens Dris W in Verbindung mit der vom Bw erbrachten psychiatrischen Stellungnahme Dris. L ergibt sich keine sachliche Rechtfertigung für die Befristung einer Lenkberechtigung.

Dass der Bw seinen Blutdruck schon aus Vorsorgeüberlegungen regelmäßig ärztlich kontrollieren lässt, darf vorausgesetzt werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass er offensichtlich bei der amtsärztlichen Untersuchung bei Dr. A wie auch bei Dr. Wimbauer verständlicherweise sehr aufgeregt war, was sich auch darin zeigt, dass die 2. Messung bei Dr. Wimbauer niedrigere Werte ergeben hat.

Grundsätzlich ist aber eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bei keinem Besitzer einer Lenkberechtigung von vornherein auszuschließen; allein darauf den Ausspruch einer Befristung zu stützten, wäre rechtswidrig. Die Befristung war daher aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger


Beschlagwortung:
keine Grundlage gemäß § 8 FSG für Befristung der Lenkberechtigung - Aufhebung
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