Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-520783/2/Zo/Sta

Linz, 04.01.2005

 

 

 VwSen-520783/2/Zo/Sta Linz, am 4. Jänner 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R E, vertreten durch Rechtsanwälte K & N, H, vom 6.12.2004, gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 23.11.2004, VerkR-0301/5878/1992, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid
behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG. §§ 7 Abs.1 und Abs.3 Z3 sowie Abs.4 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber die am 12.11.1992 von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, C, E+B, C1+E, C+E und F mangels Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab dem Eintritt der Vollstreckbarkeit dieses Bescheides, entzogen. Weiters wurde der Berufungswerber verpflichtet, seinen Führerschein nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Bescheides abzuliefern. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt.

Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass der Berufungswerber am 6.6.2004 um 15.58 Uhr auf der A10 bei km 21,350 in Fahrtrichtung Salzburg als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich einen Abstand von 9 m bei einer Geschwindigkeit von 119 km/h (das entspricht 0,28 Sekunden) eingehalten habe. Er habe dadurch mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begangen. Aus diesem Grund sei der Berufungswerber nicht mehr als verkehrsunzuverlässig anzusehen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass er wegen des gegenständlichen Vorfalles zwar rechtskräftig bestraft wurde, die Behörde aber den maßgeblichen Sachverhalt selbst zu erforschen habe, weil sie an das Straferkenntnis nicht gebunden sei. Der zu geringe Sicherheitsabstand habe sich nur deshalb ergeben, weil das vor ihm fahrende Fahrzeug - offensichtlich bei Erkennen der Abstandsmessung - für ihn völlig überraschend eine starke Bremsung durchgeführt habe, sodass es ihm zum Zeitpunkt der Messung unmöglich gewesen sei, einen größeren Tiefenabstand einzuhalten. Diesbezüglich beantragte er die Einvernahme seiner Beifahrerin als Zeugin. Aus den im Akt befindlichen Lichtbildern sei weder der Verkehrsfluss noch die Länge der Beobachtungsstrecke, die gefahrene Geschwindigkeit sowie die plötzliche Geschwindigkeitsverminderung des vorausfahrenden Fahrzeuges nachvollziehbar. Auch das verwendete Messgerät und dessen Eichung sei nicht klar. Der Berufungswerber hatte deshalb die Vorlage des Videobandes über die gesamte Beobachtungsstrecke beantragt. Diesem Beweisantrag sei die Erstinstanz aber nicht nachgekommen. Die Abstandsermittlung sowie der Abzug von 2,7 m und auch die Geschwindigkeitsmessung sei nicht nachvollziehbar. Es hätten daher auch die Verwendungsbestimmungen und Messprotokolle des verwendeten Abstandsmessgerätes VKS 3.0 VIDIT - System beigeschafft werden müssen. Die Erstinstanz habe nicht angegeben, welchen Tiefenabstand er zumindest hätte einhalten müssen und es fehlen Feststellungen zum Verkehrsaufkommen.

 

Die Wertung der Erstinstanz, wonach sein Verhalten wegen der auf Autobahnen hohen Fahrgeschwindigkeiten außerordentlich gefährlich gewesen sei, sei nicht richtig, weil er die auf der Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit ohnedies nicht überschritten habe. Er sei bisher völlig unbescholten und habe nach diesem Vorfall keinerlei Verkehrsübertretungen begangen, weshalb bei richtiger Berücksichtigung dieser Umstände davon auszugehen sei, dass nach nunmehr ca. 5 1/2 Monaten keine die Verkehrszuverlässigkeit ausschließende Sinnesart vorliegen würde.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Da sich bereits aus diesem ergibt, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

4.2. Der Berufungswerber lenkte am 6.6.2004 um 15.48 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Kuchl auf der A10 bei Strkm 21,350 in Fahrtrichtung Salzburg. Dabei hielt er bei einer Geschwindigkeit von 119 km/h vom nächsten vor ihm fahrenden Kraftfahrzeug einen Abstand von 9 m, das entspricht 0,28 Sekunden, ein. Er wurde wegen dieses Vorfalles mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 4.10.2004 bestraft, wobei ihm zur Last gelegt wurde, dass er diese Verwaltungsübertretung mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen habe.

 

Mit Ladungsbescheid vom 18.10.2004 wurde der Berufungswerber über die Einleitung des Führerscheinsentzugsverfahrens informiert. Nach Gewährung von Akteneinsicht und Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme erstattete der Berufungswerber am 22.11.2004 ein Vorbringen, welches im Wesentlichen mit dem Berufungsvorbringen übereinstimmt. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, welcher dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers am 24.11.2004 zugestellt wurde. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde nicht aberkannt.

 

Der Berufungswerber war bis zu diesem Vorfall verkehrsrechtlich unbescholten und hat auch seither keine weiteren Verkehrsübertretungen begangen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5. 1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

5.2. Entgegen den Ausführungen des Berufungswerbers ist die Führerscheinbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an den Spruch eines rechtskräftigen Straferkenntnisses gebunden. Es ist daher erwiesen, dass der Berufungswerber mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO 1960 verstoßen hat, weil er bei einer Geschwindigkeit von 119 km/h lediglich einen zeitlichen Abstand von 0,28 Sekunden eingehalten hat. Er hat damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z3 FSG zu verantworten.

 

Dieses Verhalten ist gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen, wobei einerseits die Verwerflichkeit und die Gefährlichkeit der Verhältnisse, andererseits die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit zu berücksichtigen sind. Die Erstinstanz hat die Gefährlichkeit dieser massiven Unterschreitung des Sicherheitsabstandes bei der auf einer Autobahn eingehaltenen hohen Fahrgeschwindigkeit zutreffend als hoch gewertet. Sie hat auch die bisherige Unbescholtenheit und den Umstand, dass der Berufungswerber seit diesem Vorfall keine weiteren Verwaltungsübertretungen begangen hat, berücksichtigt. Der Zeitraum dieses Wohlverhaltens betrug zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung ca. 5 1/2 Monate. Da der Führerscheinentzug aber mit der Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht wirksam geworden ist, ist für die Berufungsentscheidung zu beurteilen, ob der Berufungswerber derzeit noch als verkehrsunzuverlässig anzusehen ist und diese Verkehrsunzuverlässigkeit noch 3 Monate fortdauern wird. Die Entziehung der Lenkberechtigung wäre nach der Rechtssprechung des VwGH nur dann rechtmäßig, wenn der Berufungswerber - gerechnet vom jetzigen Zeitpunkt - noch 3 Monate verkehrsunzuverlässig wäre. Dies würde bedeuten, dass wegen des Vorfalles vom 6.6.2004 eine Verkehrsunzuverlässigkeit von insgesamt ca. 10 Monaten angenommen werden müsste. Das Fahrverhalten des Berufungswerbers war zwar rücksichtslos und ist sicherlich auch als objektiv gefährlich einzuschätzen, ein derart hohes Maß an Gefährlichkeit und Rücksichtslosigkeit liegt im gegenständlichen Fall aber nicht vor. Ob der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch als verkehrsunzuverlässig anzusehen war, braucht nicht erörtert werden, weil eben die Entziehung der Lenkberechtigung in diesem Fall mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch nicht tatsächlich wirksam geworden ist.

 

Der Vollständigkeit halber ist noch anzuführen, dass eine analoge Anwendung des § 26 Abs.7 FSG nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht in Betracht kommt, weil der Gesetzgeber bei den bestimmten Tatsachen gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG (besonders gefährliche Verhältnisse oder besondere Rücksichtslosigkeit) eben nicht angeordnet hat, dass vor Erlassung des Entzugsbescheides das erstinstanzliche Strafverfahren abgeschlossen werden muss. Dies ist nur bei den in § 26 Abs.3 und Abs.4 ausdrücklich angeführten Fällen angeordnet. Nur in diesen Fällen hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass zwischen der Verwirklichung der bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG und der Entziehung der Lenkberechtigung ein relativ langer Zeitraum verstreichen darf. In allen anderen Fällen ist dieser Zeitraum bei der Wertung des § 7 Abs.4 FSG zu berücksichtigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Z ö b l

 
 

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