Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521054/2/Bi/Be

Linz, 11.08.2005

 

 

 

VwSen-521054/2/Bi/Be Linz, am 11. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, vertreten durch RA Dr. K W, vom 7. Juli 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juni 2005, VerkR2-588-2005, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Linz-Land am 28. Jänner 1993, VerkR-1202/342/1993, für die Klassen A und B erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3 und 3 Abs.2 FSG für den Zeitraum von drei Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung, entzogen und ausgesprochen, dass vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung ausgestellt werden dürfe.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 23. Juni 2005.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, nach der neuen Rechtslage liege ein Verhalten, das geeignet sei, besonders gefährliche Verhältnisse hervorzurufen, erst dann vor, wenn der Sicherheitsabstand beim Hintereinanderfahren eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten habe. 0,21 Sekunden stellten nach der neuen Rechtslage kein besonders gefährliches Verhältnis dar, weshalb die Behörde bei richtiger Anwendung des Rechtsgrundsatzes, dass "neuere Gesetze älteren Gesetzen vorgehen", vom Entzug Abstand nehmen hätte müssen.

Sollte eine falsche Rechtsansicht vertreten werden, liege zumindest ein erheblicher Milderungsgrund vor und wäre die Entziehungsdauer erheblich herabzusetzen. Der Bw sei auf sein Auto beruflich angewiesen, weil er Geschäftsführer einer GmbH mit Sitz in Kopfing sei. Er lege täglich ca 160 km zurück und benutze sein Auto auch bei Dienstreisen. Auch der gegenständliche Verstoß sei aus rein beruflichen Gründen erfolgt, weil er einen wichtigen Termin wahrzunehmen und Angst gehabt habe, sich zu verspäten. Die lange Entziehungsdauer würde nicht nur ihm, sondern auch der GmbH schweren Schaden bereiten. In eventu bestehe ein außerordentlicher Milderungsgrund dahingehend, die Entzugsdauer in angemessenen Zeitabschnitten für einen nicht durchgehenden Zeitraum von drei Monaten vorzuschreiben.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw am 13. August 2004 um 15.33 Uhr als Lenker des Pkw auf der A25 bei km 17, FR Linz, bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 109 km/h, dh nach Abzug 103 km/h, einen Abstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeug von 5-6 m eingehalten habe, was einem errechneten Abstand von 0,21 Sekunden entspreche. Aus der Anzeige ergibt sich weiters, dass die Geschwindigkeit mittels im Dienstfahrzeug BG- eingebauter ProViDa-Anlage gemessen wurde, wobei aber der Abstand nicht gemessen, sondern offenbar beim Nachfahren durch den Beamten des LGK, Verkehrsabteilung Linz, geschätzt wurde. Das das angezeigte Fahrverhalten des Bw wiedergebende Foto wurde der Anzeige beigelegt.

Der Bw wurde mit - in Rechtskraft erwachsener - Strafverfügung der BH Linz-Land vom 7. Jänner 2005 ua wegen Übertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 bestraft, wobei das geschilderte Verhalten angelastet wurde.

Mit Schreiben der Erstinstanz - das Verfahren wurde von der örtlich zuständigen BPD Wels an die Erstinstanz als Wohnsitzbehörde des Bw abgetreten - vom 12. Mai 2005 wurde dem Bw die Einleitung eines Lenkberechtigungs-Entziehungsverfahrens mit beabsichtigter Entziehungsdauer von drei Monaten wegen Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes auf Autobahnen am 13. August 2004 zur Kenntnis gebracht, worauf dieser die Stellungnahme vom 10. Juni 2005 erstattete.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 30a Abs.2 Z5 FSG in der Fassung der 7. FSG-Novelle, BGBl.I Nr.15/2005, sind Übertretungen nach § 18 Abs.1 StVO, sofern die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde und der zeitliche Abstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hat, im Rahmen des Vormerksystems (§ 30a Abs.1 leg.cit.) vorzumerken.

Gemäß § 7 Abs.3 Z3 FSG in der Fassung BGBl.I Nr.15/2005 gilt als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde.

Diese gesetzliche Regelung trat mit 1. Juli 2005 in Kraft.

Im gegenständlichen Fall wurde das Entziehungsverfahren bereits im Mai 2005, also zu einer Zeit, in der diese Novelle noch nicht in Geltung stand, anhängig. Allerdings zeigt die Regelung in der 7. FSG-Novelle, dass die bisherige Praxis der Führerscheinbehörden, schon bei Sicherheitsabständen unter 0,3 Sekunden Entziehungsverfahren einzuleiten, dem offenkundigen Willen des Gesetzgebers, der erstmals konkret relevante Werte vorgegeben hat, zuwiderläuft (vgl VwSen-520956; VwSen-520904).

Der im gegenständlichen Fall zugrundegelegte Abstand von 0,21 Sekunden stellt nach der 7. FSG-Novelle keine bestimmte Tatsache mehr dar. Allerdings liegt auch das Kriterium "sofern ... die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde" iSd § 7 Abs.3 Z3 FSG nicht vor, weil im gegenständlichen Fall keine "Abstandsmessung" mit einem technischen Messgerät (zB VKS 3.0) stattfand, sondern eine Aufzeichnung mittels ProViDa, dh das Dienstfahrzeug verfügte über eine zusammen mit dem Tachometer geeichte Geschwindigkeitsmessanlage, die eine (nach Toleranzabzug laut Verwendungsbestimmungen) verwertbare tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 103 km/h ergab. Eine mit bloßem Auge erfolgte Abstandsschätzung - laut Anzeige "5-6 m"; daraus wurde eine Zeitdauer von 0,21 Sekunden "errechnet" - ist einer "Feststellung der Übertretung mit technischen Messgeräten" nicht gleichzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

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