Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521261/12/Sch/Hu

Linz, 06.07.2006

 

 

 

VwSen-521261/12/Sch/Hu Linz, am 6. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn E H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. W L, vom 9.3.2006 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24.2.2006, VerkR20-2255-2004, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.4.2006, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oa Bescheid wurde Herrn E H, F, U, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. W L, H, R, gemäß §§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3 sowie 7 Abs.3 Z5 Führerscheingesetz (FSG) die von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 30.12.1991, VerkR-0301-5508/1991 für die Gruppe B, und am 17.7.1992, VerkR-0301-5527/1992 für die Gruppen C1, C, B+E, C1+E, C+E und F erteilte Lenkberechtigung (Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 15.10.2004) mangels Verkehrszuverlässigkeit für die Zeit von 6 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Zustellung des vorerst ergangenen Mandatsbescheides (17.1.2006), das ist bis einschließlich 17.7.2006, entzogen und gemäß § 24 Abs.3 iVm § 8 FSG angeordnet, sich vor Ablauf der Entziehungszeit einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Weiters wurde ihm gemäß § 30 Abs.1 Z1 FSG das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung, die nicht von einem EWR-Staat ausgestellt wurde, auf die Dauer des Entzugs der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Dem Bescheid liegt der Sachverhalt zugrunde, dass der Berufungswerber am 13.11.2005 um 01.55 Uhr als Lenker eines Pkw einen Verkehrsunfall verursacht hat, bei dem mehrere Personen - auch er selbst - verletzt wurden. Sodann hat sich der Berufungswerber von der Unfallstelle entfernt und konnte von der Polizei nicht einvernommen werden. Erst gegen 10.50 Uhr des Vorfallstages hat sich der Berufungswerber dann zur zuständigen Polizeidienststelle begeben.

 

Vom Berufungswerber wurde sein Verhalten damit begründet, dass er nach dem Verkehrsunfall aufgrund einer erlittenen Kopfverletzung nicht mehr diskretions- und dispositionsfähig gewesen sei. Es könne ihm daher der Umstand, dass er es unterlassen hätte, nach einem durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges selbst verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt worden ist, nicht die erforderliche Hilfe geleistet zu haben, nicht zur Last gelegt werden. Zum anderen sei seine Hilfeleistung auch gar nicht mehr erforderlich gewesen, da die Rettung schon von anderen am Unfallsort anwesenden Personen verständigt worden sei.

 

Die Erstbehörde hat zur Frage der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit des Berufungswerbers nach dem Verkehrsunfall ein amtsärztliches Gutachten eingeholt, welches zusammenfassend lautet:

"Es finden sich im übermittelten Verfahrensakt keine Hinweise auf eine Einschränkung der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit des Beschuldigten. Laut Krankenhausbefund lag ein Schädel-Hirn-Trauma Grad I vor. Die Feststellung eines Schädel-Hirn-Traumas Grad I kann als Routinediagnose gewertet werden, da sich bis auf die blutende Wunde am Kopf keine weiteren Befunde finden, die eine schwere Gehirnerschütterung beschreiben. Insbesondere fehlt laut Aktenunterlagen die als Voraussetzung für die Diagnosestellung einer Gehirnerschütterung erforderliche Bewusstlosigkeit. Auch ein Erbrechen wird im Verfahrensakt nicht beschrieben.

Der Untersuchte führte nach dem Aussteigen aus seinem Fahrzeug nach dem Verkehrsunfall ein offenbar geordnetes Gespräch mit den übrigen Unfallbeteiligten, indem er erklärte, dass keine Polizei gerufen werden sollte und er den Unfall privat geregelt haben möchte. Sein Verhalten, dass er - nachdem er erfahren hatte, dass die Polizei verständigt worden war - das WC des Gasthauses P aufsuchen wollte, um sich dort das Gesicht zu waschen, er aber daraufhin dieses Gasthaus durch die Hintertür verließ und zu Fuß querfeldein eine Wegstrecke von ca. 1,5 km zurücklegte, lässt auf ein zielgerichtetes Verhalten zur Vermeidung nachteiliger Rechtsfolgen aufgrund vermutlicher erheblicher Alkoholisierung schließen."

 

Dieses Gutachten ist entgegen des Berufungswerbers als schlüssig anzusehen und konnte daher von der Erstbehörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

4. Anlässlich der oben erwähnten Berufungsverhandlung ist der zweitbeteiligte Unfalllenker zeugenschaftlich einvernommen worden. Dieser hat dabei Nachstehendes ausgesagt:

"Ich war zum Vorfallszeitpunkt als Lenker meines Pkw unterwegs von St. Martin in Richtung Ulrichsberg. Wir waren insgesamt zu dritt im Fahrzeug. Ich bremste in der Ortschaft Stollnberg mein Fahrzeug ab, da ich dort sah, dass ein anderer Fahrzeuglenker gerade in die Straße einbiegen wollte. Der Lenker wollte vom Gasthaus P wegfahren, er blieb in der Folge nochmals stehen. Ich rechnete damit, dass mich der Lenker bemerkt hätte und wollte vorbeifahren. In diesem Moment setzte aber dieser wiederum seine Fahrt fort und es kam zu einem Zusammenstoß. Mein Beifahrer E erlitt zwei angeknackste Rippen und brach sich das Brustbein bei dem Anstoß. Ich erlitt ein Schleudertrauma. Die Mitfahrerin S erlitt eine Verletzung im Lungenbereich. Geblutet haben wir drei aber nicht. Durch den Anstoß kam ich zum Stillstand. In Bezug auf den Zweitbeteiligten ist zu sagen, dass es für mich einen Moment lang so aussah, als ob dieser weiterfahren wolle. In der Folge kamen Gäste aus dem Wirtshaus und hielten den zweitbeteiligten Lenker an. Dieser war nämlich nach dem Anstoß mit seinem Fahrzeug noch einige Meter gefahren. Meine zwei Mitfahrer und ich stiegen in der Folge aus dem Fahrzeug aus. Die Mitfahrerin klagte über Schmerzen. Meine Schmerzen stellten sich erst später ein. Auch bei meinem Mitfahrer E stellten sich die Schmerzen später ein.

 

Der zweitbeteiligte Unfalllenker, wie ich später erfuhr Herr H, war mir damals nicht bekannt. Herr H stieg in der Folge aus seinem Fahrzeug aus und fragte die Gäste aus dem Wirtshaus, wo ich denn sei. Diese wiesen sogleich auf meine Person. Ich sprach in der Folge mit Herrn H. Dieser fragte mich, ob wir dies ohne Polizei regeln könnte. Ich verneinte dieses Ansinnen. Herr H blutete am Kopf und war anscheinend betrunken. Herr H wackelte beim Gehen und redete nicht ordentlich. Auch andere Gäste des Wirtshauses sagten, dass H beim Verlassen des Gasthauses kaum noch gehen habe können. Dieser Wortwechsel mit H in Bezug auf den Wunsch, die Angelegenheit ohne Polizei zu regeln, war das einzige Gespräch mit ihm nach dem Unfall. Auf meine Reaktion hin stand H da und schaute. Er probierte, ob er mich doch noch überreden könne. Er sagte sinngemäß neuerlich, wir sollten die Sache ohne Polizei regeln. Auch das wiederholte Ansinnen habe ich verneint. H dürfte mitbekommen haben, dass andere Gäste die Polizei angerufen hatten. Er sagte daraufhin, er müsse aufs Klo des Gasthauses gehen, um sich das Blut herabzuwischen. Der Inhalt des Gesprächs mit H war immer nur dahingehend, dass die Polizei nicht verständigt werden sollte. Nicht geredet wurde über die Unfallfolgen. Wir sahen, dass H tatsächlich in das Gasthaus hineinging. Herr H erschien allerdings nicht mehr an der Unfallstelle. Wir waren längere Zeit an der Unfallstelle, dann kam die Rettung. Wir wurden alle drei ins Krankenhaus transportiert.

 

Zu den Verletzungen des Herrn H ist zu sagen, dass dieser am Kopf blutete. Glaublich war die rechte Gesichtshälfte mit Blut bedeckt. Ich hatte den Eindruck, dass er mich gesehen hat. Ich glaube schon, dass H mitbekam, dass in der Folge die Polizei herbeigerufen worden ist. Mein Mitfahrer E und ich konnten das Krankenhaus nach der Versorgung wieder verlassen, S blieb dort. In der Folge begaben wir uns zur Polizei und wurde dort ein Protokoll aufgenommen."

 

Aufgrund dieser glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussage steht für die Berufungsbehörde außer Zweifel, dass es dem Berufungswerber offenkundig darum ging, sich so schnell wie möglich von der Unfallstelle zu entfernen. Sein ursprünglicher Versuch, sogleich mit dem Auto weiter zu fahren, ist von einschreitenden Zeugen vereitelt worden. Hierauf hat er sich nach dem vom Zeugen geschilderten Gespräch darauf verlegt, unter einem Vorwand durch die Räumlichkeiten des Gasthauses zu verschwinden. Es ging ihm also nach der hier gegebenen Sachlage ganz offenkundig darum, sich selbst vor Eintreffen der Polizeiorgane vom Unfallsort zu entfernen, um die bei ihm mit größter Wahrscheinlichkeit vorgelegene Alkoholbeeinträchtigung zu verschleiern. Damit verbunden ist naturgemäß auch die Folge, dass er auch nicht die geringsten Anstalten gemacht hat, seiner Hilfeleistungspflicht nachzukommen, vielmehr hat er durch sein Verhalten seine völlige Gleichgültigkeit dokumentiert, ob den unfallbeteiligten weiteren Personen Hilfe geleistet wird oder nicht. Angesichts der Schwere des Verkehrsunfalles und einer über Schmerzen klagenden Beifahrerin des Zweitbeteiligten hätte er sich initiativ in Richtung einer wohl notwendigen Hilfeleistung erkundigen müssen und auf eine solche durch - wenn nicht selbst hinreichend in der Lage oder diese nicht ausreichen könnte - Verständigung der Rettung (zumindest durch Herantreten an die übrigen Anwesenden in diese Richtung) hinwirken müssen. Dass von den an der Unfallstelle anwesenden Personen die Rettung verständigt wurde, lag völlig außerhalb irgendeiner Aktivität des Berufungswerbers selbst, er hat das offenkundig weder initiiert noch nachgefragt, ob eine solche Verständigung durch eine dritte Person erfolgt. Es kann somit auch nicht angehen, dass er sich nun im Verfahren den Umstand, dass hier Dritte in diesem Sinne eingeschritten sind, selbst zugute hält. An der Tatbildmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers kann daher kein Zweifel bestehen.

 

Die Berufungsbehörde hält es zudem auch für hinreichend erwiesen, dass er nach dem Verkehrsunfall sehr wohl diskretions- und dispositionsfähig war. Unabhängig von dem oben erwähnten Sachverständigengutachten sprechen auch die Schilderungen des Zeugen bei der Berufungsverhandlung eindeutig dafür. Der Wille des Berufungswerbers, dass seine Alkoholisierung nicht aufkommen sollte und sein zielgerichtetes Verhalten, sich offenkundig durch Benützung eines "Fluchtweges" über das Lokal zu entfernen, lassen keinen anderen Schluss zu. Betrachtet man das Verhalten des Berufungswerbers aus seiner Interessenslage heraus, hatte er auch allen Grund, vor Eintreffen der Polizei von der Unfallstelle zu verschwinden. Ein im Rahmen des anhängigen Gerichtsverfahrens eingeholtes Sachverständigengutachten kommt zu einem Alkoholisierungsgrad des Berufungswerbers zum Unfallszeitpunkt von 1,07 %o. Dieses Gutachten stützt im Übrigen auch nicht die behauptete Diskretions- und Dispositionsunfähigkeit des Berufungswerbers, heißt es dort doch lediglich, eine Gehirnerschütterung mit Erinnerungslücken sei nicht auszuschließen. Insgesamt werden die Verletzungen des Berufungswerbers vom Gutachter als leicht bezeichnet.

Die Annahme mangelnder Zurechnungsfähigkeit erfordert demgegenüber wesentlich konkretere Grundlagen (vgl. VwGH 29.6.1998, 98/03/0051). Zudem war dem Berufungswerber nach der Aktenlage in den Jahren 1997 und 1999 jeweils die Lenkberechtigung für 6 bzw. 14 Monate wegen gravierender Alkoholdelikte entzogen worden. Es drohte also zwangsläufig eine weitere, wohl noch längere Entziehung der Lenkberechtigung.

 

Zum gegenständlichen Entziehungsbescheid ist zu bemerken, dass hier das Unterlassen der Hilfeleistung nach dem Verkehrsunfall die bestimmte Tatsache dargestellt hat, da die Frage der Alkoholbeeinträchtigung erst durch entsprechenden Gerichtsentscheid zu beurteilen sein wird. Das Verhalten des Berufungswerbers rechtfertigt im Verein mit der Wertung der gesetzten Tatsache im Sinne des § 7 Abs.4 FSG die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten. Die Wertungskriterien dieser Bestimmung sind die Verwerflichkeit der Tat, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit.

 

Dem Berufungswerber ist in diesem Zusammenhang besonders anzulasten, dass er seinem Ziel, sich so schnell wie möglich von der Unfallstelle zu entfernen, die ihn treffenden Pflichten nach dem Verkehrsunfall völlig untergeordnet hat. Eine solche Einstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten schließt die Verkehrszuverlässigkeit über das gesetzliche Mindestmaß von drei Monaten hinaus aus. Im gegenständlichen Fall ist es nur dem Zufall zu verdanken, dass an der Unfallstelle auch noch andere Personen anwesend waren, die die Pflichten des Berufungswerbers übernommen haben. Ohne hier ins Spekulative abzugleiten, muss angenommen werden, dass der Berufungswerber mit größter Wahrscheinlichkeit bei Nichtvorhandensein solcher weiterer Personen sogleich die Flucht angetreten hätte.

 

Schließlich kommt noch dazu, dass dem Berufungswerber bereits zweimal die Lenkberechtigung entzogen werden musste, er also offenkundig nicht in der Lage oder willens ist, die wesentlichsten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 einzuhalten.

 

Die Vorschreibung einer amtsärztlichen Untersuchung ist in § 24 Abs.3 FSG begründet. Die oben dargelegten Umstände des Falles im Verein mit der Vorgeschichte des Berufungswerbers rechtfertigen Bedenken an seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kfz.

 

Der Berufung konnte sohin kein Erfolg beschieden sein.

 

Die von der Erstbehörde verfügte Ausschließung der aufschiebenden Wirkung der Berufung hat ihre Grundlage in § 64 Abs.2 AVG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

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