Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521314/2/Sch/Hu

Linz, 12.06.2006

 

 

 

VwSen-521314/2/Sch/Hu Linz, am 12. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn D D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, vom 10.5.2006 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 24.4.2006, VerkR21-126-2004/EF-Wg/Rei, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung auf zehn Monate herabgesetzt wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9.3.2006, VerkR21-126-2004/EF-Mg/Rei, wurde Herrn D D, B, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, R, W, gemäß §§ 24 und 25 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F für die Dauer 18 Monaten - gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides - entzogen. Gleichzeitig wurde festgelegt, dass ihm bis Ablauf der Entzugsdauer keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf. Es wurde angeordnet, dass der Berufungswerber vor Ablauf der Entzugszeit ein von der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Eferding erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG beizubringen habe. Dagegen hat der Berufungswerber mit Schreiben vom 23.3.2006 das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht. Die belangte Behörde hat daraufhin mit Bescheid vom 24.4.2006, VerkR21-126-2004/EF-Wg/Rei, den oa Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigt sowie einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie gemäß § 28 Abs.1 FSG den Antrag auf Ausfolgung der Lenkberechtigung als unbegründet abgewiesen.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber im Hinblick auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Form eines Einzelmitgliedes (§ 67a Abs.1 zweiter Satz AVG) gegeben. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Dem Bescheid liegt der Umstand zugrunde, dass der Berufungswerber mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 25.1.2006, 10 Hv 72/05f, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden ist. Das Gericht hat als erwiesen angenommen, dass er den bestehenden Vorschriften zuwider in P und andernorts

1. im Zeitraum von Juli 2003 bis Ende April 2004 in wiederholten Angriffen verschiedene Suchtgifte wie Ecstasy-Tabletten und Cannabisprodukte erworben, besessen und zum Teil anderen überlassen hat und

2. im November 2003 den abgesondert Verfolgten R D dazu bestimmt hat (§ 12, 2. Fall StGB), für ihn Suchtgift in zumindest 1-fach großer Menge (§ 28 Abs.6), nämlich ca. 750 Stück Ecstasy-Tabletten (zumindest 30 Gramm MDA "Reinsubstanz"), von Deutschland aus- und nach Österreich einzuführen und hiedurch

zu 1. die Vergehen nach § 27 Abs.1, 1. 2. und 6. Deliktsfall SMG und

zu 2. das Verbrechen nach § 28 Abs.2, 2. und 3. Deliktsfall SMG iVm § 12 2. Fall StGB begangen hat.

 

Die bezughabende Gendarmerieanzeige ist der Erstbehörde lt. entsprechendem Vermerk am 1.7.2004 zugegangen. Sie hat diese Tatsache nicht zu einer Verfügung im Hinblick auf eine allfällige mangelnde Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers zum Anlass genommen, sondern diesen vielmehr einer amtsärztlichen Untersuchung im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen unterzogen. In der Folge ist der mit 13.10.2004 datierte Entziehungsbescheid erlassen worden, mit welchem dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für Klassen C1, C, E zu C1 und E zu C wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen wurde.

Nachdem der Behörde das erwähnte Gerichtsurteil zugegangen war, wurde vorerst ein Mandatsbescheid zur Entziehung der Lenkberechtigung für die verbleibenden Klassen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 18 Monaten erlassen, in der Folge der nunmehr der verfahrensgegenständliche Entziehungsbescheid.

Der Berufungswerber führte in seinem Rechtsmittel noch weitere behördliche Verfügungen im Hinblick auf seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kfz an, hiefür finden sich im vorgelegten Akt der Erstbehörde allerdings keine Unterlagen. Letztlich ist diese Frage aber ohnedies nicht von Entscheidungsrelevanz, da es gegenständlich nicht um die Frage der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers geht, sondern um jene der Verkehrszuverlässigkeit.

Dem Berufungswerber kann nicht widersprochen werden, wenn er ausführt, dass der Behörde seit Einlagen der Gendarmerieanzeige vom 21.6.2004, das war lt. entsprechendem Vermerk auf der Anzeige der 1.7.2004, Umstände bekannt waren, die Zweifel an der Verkehrszuverlässigkeit des Berufungswerbers begründen konnten. Sie hat aber offenkundig den Ausgang des Gerichtsverfahrens abgewartet. Tatsache ist jedenfalls, dass zwischen Beendigung der strafbaren Handlungen bezüglich Faktum 2., nämlich dem Verbrechen nach § 28 Abs.2 zweiter und dritter Deliktsfall SMG, also, wie im Gerichtsurteil ausgeführt, dem Monat November 2003, bis zur Erlassung des Mandatsbescheides (zugestellt am 14.3.2006) ein Zeitraum von etwa zweieinhalb Jahren vergangen ist. Faktum 1. des Gerichtsurteils (Beendigung des strafbaren Verhaltens im April 2004) bildet keine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z12 FSG.

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur zu § 7 Abs.4 FSG sehr wesentlich auf das Wertungskriterium ab, welcher Zeitraum seit Beendigung des strafbaren Verhaltens vergangen ist (vgl. etwa VwGH 30.5.2001, 99/11/0228, 21.2.2006, 2004/11/0129 ua). Addiert man sohin zu den seit Beendigung des strafbaren Verhaltens - zumindest hinsichtlich Faktum 2. des Gerichtsurteils - verstrichenen Zeitraum auch noch die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, würde sich in Summe eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers im Ausmaß von etwa vier Jahren ergeben. Auch wenn die Berufungsbehörde nicht verkennt, dass dem Wohlverhalten in der Zeit, in dem ein Strafverfahren oder ein Entziehungsverfahren anhängig ist, nur untergeordnete Bedeutung zukommt (VwGH 20.3.2001, 99/11/0074 ua), so kann daraus wohl nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Zeit faktisch gar nicht zählen würde.

Die Berufungsbehörde vermag die Ansicht der Erstbehörde nicht zu teilen, dass beim Berufungswerber für einen derartig langen Zeitraum die Prognose gerechtfertigt wäre, er würde iSd § 7 Abs.1 Z2 FSG aufgrund seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass das Landesgericht Ried im Innkreis keine Notwendigkeit gesehen hat, eine unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängen, also davon ausgeht, dass der Berufungswerber auch in Freiheit künftighin nicht mehr einschlägig in Erscheinung treten wird. Diese Frage spielt zwar keine entscheidende Rolle, soll aber auch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass das Inverkehrsetzen von Suchtmitteln typischerweise durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen wesentlich erleichtert wird und der Verwaltungsgerichtshof bei derartigen Delikten regelmäßig auch die Entziehung der Lenkberechtigung über die gesetzliche Mindestdauer hinaus für rechtens erachtet, zu beurteilen bleibt letztlich aber naturgemäß der Einzelfall.

Versucht man sich an der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu orientieren, die in letzter Zeit zumindest bei Gerichtsdelikten den Eindruck erweckt, dass sie an Strenge zu verlieren scheint, so muss bei der Erstellung der Zukunftsprognose im Zusammenhang mit der Frage der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit einer Person wohl noch mehr Augenmerk auf den Zeitraum gerichtet werden, der seit Beendigung des strafbaren Verhaltens vergangen ist. Gerade das obzitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.2.2006 scheint eindeutig in diese Richtung zu gehen, auch die Nichteinrechnung von Haftzeiten stellt keineswegs mehr eine Selbstverständlichkeit dar.. Bei der Vollziehung wird, um dieser Judikatur gerecht zu werden, wohl vermehrt darauf Bedacht zunehmen sein, der Entziehung der Lenkberechtigung jeglichen Anschein einer "Zusatzstrafe" zu nehmen.

 

Im gegenständlichen Fall ist der Berufungswerber - zumindest nach der zur Verfügung stehenden Aktenlage - seit Beendigung des strafbaren Verhaltens nicht mehr in Erscheinung getreten. Gleichgültig, ob man nun nur das hier primär entscheidende Faktum 2. des Gerichtsurteils (November 2003) berücksichtigt oder auch das Ende der weiteren Straftaten mit April 2004 mitberücksichtigt, ist seit Erlassung des Mandatsbescheides ein geraumer Zeitraum verstrichen. Der Oö. Verwaltungssenat verkennt nicht, dass sich naturgemäß Zukunftsprognosen nur an allgemeinen Rastern orientieren und nie einer bestimmten Person gänzlich gerecht werden können. Mit der nunmehr verfügten Entziehungszeit von zehn Monaten scheint der Berufungsbehörde aber die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Rechtsmittelwerbers sowohl nach oben als auch nach unten als hinreichend begründbar prognostiziert.

 

Die Ausschließung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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