Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530028/6/Kon/Ni

Linz, 16.10.2003

 

 VwSen-530028/6/Kon/Ni Linz, am 16. Oktober 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der B P GmbH, W N, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als Gewerbebehörde erster Instanz vom 17. Juni 2003, Ge20-7205-23-2003, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 359a GewO 1994 idF Verwaltungsreformgesetz 2001.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Im eingangs zitierten Betriebsanlagengenehmigungscheid wurden der B P GmbH (im Folgenden: Bw) unter Punkte 11-20 über Antrag des Arbeitsinspektorates Linz folgende, dem Arbeitnehmerschutz dienende, Auflagen vorgeschrieben:

 

 

"11. Der Kassenarbeitsplatz ist entweder auf einem Podest zu errichten oder der Fußboden im Bereich des Kassenarbeitsplatzes weist eine ausreichende Wärmedämmung auf. Diese ist dann als ausreichend anzusehen, wenn das verwendete Material eine Wärmeleitzahl von höchstens 0,6 W/m2hK aufweist.

Wird statt dessen eine Fußbodenheizung eingebaut, so muss eine Oberflächentemperatur von zumindest 18 Grad Celsius erreicht werden. Bei Verwendung eines Podests ist im Bereich des Zuganges zur Kasse durch geeignete Maßnahmen das Abrollen oder Abgleiten des Arbeitsstuhles von diesem zu verhindern.

Wird der Kassenarbeitsplatz nicht auf einem Podest errichtet, so dürfen Kabel und Kabeldurchführungen etc. keine Stolperstellen, Behinderungen oder Gefährdungen darstellen.

 

  1. Die Pulthöhe des Kassentisches muss, gemessen zwischen Pultoberkante und Kassenraumbodenniveau (Fußboden bzw. Podest) zwischen 88 und 92 cm betragen.
  2.  

  3. Um eine optimale Arbeitshaltung, Ausgleichsbewegungen und eine ergonomisch günstige Beinstellung zu gewährleisten, ist der Beinfreiraum für die erhöhte Sitzposition wie folgt zu gestalten:
  4.  

    Freiraumhöhe (Arbeitsflächenunterseite bis

    ergonomisch wirksame Fußstützenhöhe): mindestens 62 cm

     

    Freiraumtiefe im Bereich der Knie (direkt

    unter der Arbeitsflächenunterseite gemessen

    ab Arbeitsflächenvorderkante): mindestens 36 cm

     

    Freiraumtiefe im Bereich der Füße

    (gemessen 62 cm unter der Arbeitsflächen-

    Unterkante, ab Pultvorderkante): mindestens 60 cm

     

    Breite des Beinfreiraumes: mindestens 58 cm

     

    Nach einer Seite muss ein volles Herausschwenken mit dem Arbeitsstuhl ohne Hindernisse möglich sein.

     

  5. Dei freie unverstellte Fläche am Kassenarbeitsplatz (vor dem Scannerfeld bzw. der Geldlade) ist wie folgt zu gestalten:
  6. 120 x 60 cm, wenn der Arbeitsstuhl seitlich abgestellt werden kann

    oder

    80 x 120 cm, wenn der Arbeitsstuhl hinten abgestellt werden kann

    oder

    80 x 60 cm, wenn der Arbeitsstuhl in unmittelbarer Nähe untergeschoben werden kann.

     

  7. Der Kassenarbeitsplatz ist mit einem drehbaren Arbeitsstuhl mit verstellbarer Rückenlehne und verstellbarer Sitzflächenhöhe, ohne Armlehnen, auszustatten. Die Sitzflächenhöhe muss an die Pulthöhe angepasst werden können und ist dann als ausreichend anzusehen, wenn der Verstellbereich mindestens 10 cm beträgt.
  8. Übersteigt die maximal einstellbare Sitzflächehöhe 65 cm, so muss das fünfstrahlige Untergestell mit Gleitern statt Rollen und mit einer Aufstiegshilfe ausgestattet sein.

     

  9. Für die Einnahme der Sitzposition vor dem Scannerfeld ist eine rutsch- und kippsichere sowie höheverstellbare (der jeweiligen Sitzflächen bzw. Arbeitsflächenhöhe anpassbare) Fußstütze beizustellen, die eine Mindesttiefe von 35 cm und eine Mindestbreite von 45 cm aufweisen muss. Der Verstellbereich der Höhe der Fußauflage muss jedenfalls Bereich von 51 bis 65 cm, gemessen von der Arbeitsflächenunterkante weg, enthalten. Die Fußstützenneigung (in Richtung Zehenspitzen aufsteigen) muss im Bereich von 0 bis 20 Grad verstellbar sein.
  10. Weiters ist in die Fußstütze ein Fußschalter für das Förderband zu integrieren, es sei denn das Förderband wird mittels Lichtschranken gesteuert.

     

  11. Fest installierte horizontale Scanner müssen wie folgt positioniert sein:
  12. Bei einem System ohne vertikalem Scanner muss die Lesefeldmitte des horizontalen Scanners innerhalb des bevorzugten Greifraumes liegen, dies entspricht einer Distanz - gemessen von der Arbeitsflächenvorderkante weg - von maximal 29 cm.

     

    Wird ein Bi-Optical-Scanner verwendet, so muss der Lesebereich des horizontalen Scanners zumindest ab einer Tiefe von 25 cm (idealerweise 22 cm) beginnen, gemessen von der Arbeitsflächenvorderkante weg.

    Hinweis: Als Arbeitsflächenvorderkante gilt die Pult- oder aber auch die vorgelagerte Geldladenkante.

     

  13. Die Warenförderbänder sind so anzuordnen, dass die von den Kunden aufgelegte Ware in den, der entsprechenden Hand zugeordneten Greifraum (Tiefe: maximal 45 cm ab Arbeitsflächenvorderkante; Breite: im Mittel etwa 48 cm, maximal jedoch 55 cm; Definition im Erlass des ZAI, siehe abschließende Hinweise) befördert und von dort in Richtung Warenzellen bzw. Stau- oder Abstellflächen weitertransportiert wird. Nötigenfalls sind sogenannte Deflektoren (Abweiser) anzubringen.
  14. Falls ein Vorlaufband und ein Nachlaufband vorgesehen sind, ist deren Abstand möglichst klein zu halten. Der vertikale Abstand zwischen der ebenen Pultoberseite und der Oberseite der Förderbänder darf innerhalb des Greifraumes des Kassenpersonals 2 cm nicht überschreiten.

    Die Bandgeschwindigkeit ist so zu wählen, dass ein sicherer Transport der Ware (z.B. Vermeiden des Umkippens von Flaschen) gegeben ist.

     

  15. Durch entsprechende Gestaltung des Kassenarbeitsplatzes muss dem Kassenpersonal zu Kontrollzwecken ein vollständiger Einblick in die Einkaufswagen und -körbe möglich sein, ohne die Sitzposition verändern zu müssen (z.B. durch Spiegel oder andere Kontrolleinrichtungen).
  16.  

  17. Der Kassentisch hat im Anschluss an die Registrierung eine Stau- bzw. Abstellfläche von zumindest 0,25 m2 aufzuweisen.

Hinweis: Dieses Mindestmaß sollte bei sperrigen oder großen Waren entsprechend den gegebenen Verhältnissen vergrößert sein, damit der Warenfluss ohne Stress und ungünstige Warenmanipulation für das Kassenpersonal bewältigbar ist."

 

 

Die Bw hat gegen die Vorschreibung dieser Auflagenpunkte (11-20) rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung vorgebracht, dass auch das Kassenprojekt laut dem der Berufung beigeschlossenen arbeitshygienisch-ergonomischen Gutachten des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien, Abteilung für Arbeits- und Sozialhygiene, betreffend den Kassentischtyp der Firma B den Erfordernissen entspreche.

 

Es werde daher gegen sämtliche vom Arbeitsinspektorat beantragte Auflagenpunkte berufen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat den Berufungsschriftsatz samt beigeschlossenem vorangeführten Gutachten gemäß den einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes der Amtspartei Arbeitsinspektorat Linz in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

Das Arbeitsinspektorat Linz hat mit Schreiben vom 20.8.2003, Zl.: 051-501/8-9/03, eine Stellungnahme zu den Berufungsausführungen erstattet.

 

Diese Stellungnahme des Arbeitsinspektorates Linz wurde der Bw mit h. Schreiben vom 1.9.2003, VwSen-530028/4/Kon zur Kenntnis gebracht und ihr die Erstattung einer Gegenäußerung innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens freigestellt.

 

Von der Bw wurde jedoch bis dato keine Gegenäußerung zur Stellungnahme des AI erstattet.

 

 

Nach Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde und unter Bezugnahme auf die Ausführungen des arbeitshygienisch-ergonomischen Gutachtens auf die sich die vorliegende Berufung stützt, hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 93 Abs.2 ASchG sind in den in Abs.1 angeführten Genehmigungsverfahren die Belange des Arbeitnehmerschutzes zu berücksichtigen. Dem jeweiligen Genehmigungsantrag sind die in § 92 Abs.3 genannten Unterlagen anzuschließen. Die genannten Anlagen dürfen nur genehmigt werden, wenn sie den Arbeitnehmerschutzvorschriften entsprechen und zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden geeigneten Bedingungen und Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vermieden werden. Für die Vorschreibung von Auflagen ist § 92 Abs.2 letzter Satz anzuwenden.

 

§ 92 Abs.2 letzter Satz ASchG bestimmt, dass die Vorschreibung von Auflagen zur Konkretisierung oder Anpassung der in diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen vorgesehenen Anforderungen an die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls erforderlich ist.

 

Gemäß § 60 Abs.3 ASchG sind Arbeitvorgänge so zu gestalten, dass die Arbeit nach Möglichkeit ganz oder teilweise im Sitzen verrichtet werden kann.

 

Gemäß § 61 Abs.4 leg.cit. muss die freie unverstellte Fläche am Arbeitsplatz so bemessen sein, dass sich die Arbeitnehmer bei ihrer Tätigkeit ungehindert bewegen können. Ist dies aus arbeitsplatztechnischen Gründen nicht möglich, so muss den Arbeitnehmern erforderlichenfalls in der Nähe des Arbeitsplatzes eine andere ausreichend große Bewegungsfläche zur Verfügung stehen.

 

Gemäß § 48 Abs.4 AAV müssen Arbeitsvorgänge und Arbeitsverfahren so gestaltet sein, dass Arbeiten nach Möglichkeit auch im Sitzen durchgeführt werden können. Die ständige Durchführung von Arbeiten in Zwangshaltung insbesondere in stark gebückter Stellung muss möglichst vermieden werden. Um die Durchführung von Arbeiten in nicht körpergerechter Stellung zu vermeiden, sind erforderlichenfalls entsprechende Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel, wie Hebe- oder Absenkvorrichtung, zur Verfügung zu stellen.

 

Gemäß § 49 Abs.2a AAV müssen Arbeitssitze den menschlichen Körpermaßen angepasst sein; Arbeitssitze müssen eine solche Form und Höhe aufweisen, dass sie eine ungezwungene Körperhaltung zulassen und die Beine vom Körpergewicht entlasten. Beim Sitzen müssen die Füße auf den Fußboden oder auf eine Fußstütze aufgestellt werden können. Die Sitzfläche muss genügend groß sein und aus glattem Material bestehen; Bezüge müssen luftdurchlässig sein. Die Tiefe der Sitzfläche hat etwa 0,35 m bis 0,45 m zu betragen. Die Vorderkante der Sitzfläche muss abgerundet oder gepolstert sein, ohne dass dadurch die Tiefe der Sitzfläche verringert wird. Arbeitssitze müssen eine Rückenlehne habe, die so geformt ist, dass sie die Lendenwirbelsäule stützt; erforderlichenfalls müssen auch Fuß- und Armstützen vorhanden sein. Sitzfläche und Rückenlehne müssen notfalls verstellbar sein.

 

In Ansehung der zitierten Gesetzesstellen ist der Bw entgegen zu halten, dass auch anhand des von ihr beigebrachten Gutachtens des Instituts für Umwelthygiene der Universität Wien der Kassentischtyp "B" Plan Nr. 62200020 (CEFRA, Imola, Italien) im Sinne der zitierten Gesetzesstellen nicht ausreichend den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleistet. Im erwähnten Gutachten (Punkt 5 Beurteilung) wird nämlich die arbeitshygienisch-ergonomische Eignung dieses Kassentischtyps nur unter der Bedingung als gegeben erachtet, dass die Tätigkeit in der Kassa nur kurzzeitig und unterbrochen durch andere Tätigkeiten erfolgt und dass ein geeigneter Sessel sowie eine Fußstütze vorhanden sind. Im Gutachten wird auch in Bezug auf die beantragten Auflagen des Arbeitsinspektorates eingeräumt, dass Arbeitssysteme, die für unterschiedliche Körperhaltungen ausgelegt sind, immer - im Vergleich zu den nur für eine Körperhaltung konzipierten - für die jeweilige Position weniger günstig sind. Das Gutachten geht jedoch davon aus, dass dieser Nachteil durch die Ermöglichung des Positionswechsel (die Kassiererin ist auch Regalbetreuerin und sitzt nicht immer in der Kasse) bei weitem aufgewogen werde.

 

Aufzuzeigen ist weiters, dass im Gutachten unter Punkt 4 (Beinraum) festgehalten ist, dass der Beinraum den ergonomischen Anforderungen für die Arbeit im Stehen entspricht, für eine Arbeit im Sitzen jedoch bei länger ununterbrochener Tätigkeit nicht die ausreichende Tiefe aufweise. Nachteilige Wirkungen könnten (aber) deshalb ausgeschlossen werden, da nach Beobachtungen, die ununterbrochene Tätigkeit in der Kasse selten länger als 5 Minute dauere. Den Mitarbeitern solle daher empfohlen werden, wenn wegen des Kundenstromes abzusehen sei, dass sie längere Zeit die Kasse nicht verlassen könnten, abwechselnd sitzend und stehend zu arbeiten. Weiters ist festgehalten, dass bei einer Drehung zur Tastatur der Beinraum durch den Bon-Drucker eingeschränkt sei. Dadurch komme es - wenngleich in zeitlich geringem Ausmaß - zu Verwindungen des Oberkörpers.

 

In Bezug auf die Kassenraumfläche ist im Gutachten festgehalten, dass das Arbeiten im Stehen, solange der Sessel in der Kassenbox stehe, erschwert sei. Auch sei durch die geringe Tiefe des Kassenraumes das Auf- und Absteigen erschwert.

 

Vom Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz ergibt sich daher zusammenfassend, dass der verfahrensgegenständliche Kassentisch durchaus Mängel aufweist und seine ergonomische Eignung gutächtlich nur unter der Bedingung für gegeben erachtet wird, dass die Arbeitnehmer/innen der Bw (Sitzkassiererinnen) nur kurzzeitig Tätigkeiten an der Kasse durchführen und immer wieder abwechselnd andere Arbeiten wie z.B. Regalbetreuung etc. vornehmen.

 

Da dieser abwechselnde Einsatz der Arbeitnehmer/innen der Bw laut dem von ihr eingereichten Projekt nicht vorgesehen ist einerseits und keinesfalls ausgeschlossen werden kann, dass die Arbeitnehmer/innen längere Zeit hindurch am Kassentisch eingesetzt sind andererseits, ist die Einhaltung des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer/innen durch den von der Bw vorgesehenen Kassentisch nicht gewährleistet. Dies ist nur bei Einhaltung der unter Punkt 11 - 20 vorgeschriebenen Auflagen der Fall, deren Vorschreibung somit zu bestätigen war.

 

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 21,60 Euro angefallen, welche mittels beiliegendem Zahlschein zu entrichten sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Konrath

 
 

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