Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530038/3/Ga/He

Linz, 28.11.2003

 

 

 VwSen-530038/3/Ga/He Linz, am 28. November 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VIII. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder, den Berichter Mag. Gallnbrunner und den Beisitzer Dr. Reichenberger über die (erst am 29.9.2003 vorgelegte) Berufung der S, vertreten durch Ing. D F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. August 2003, AZ. UR300007/208-2003, betreffend die Feststellung der Dauer der Einbringung von Abfällen in eine Deponie, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben; der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entsprechend dem Antrag der Berufungswerberin wird festgestellt, dass der Zeitraum für die Einbringung von Abfällen in die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 21. Jänner 1985, Wa-316/12-1984/Do, wasserrechtlich bewilligte Deponie der S in Entsprechung des Punktes 52. des zitierten Bescheides mit Auffüllung des im Projekt vorgesehenen Deponievolumens endet.

Rechtsgrundlage: § 66h Abs.1 AVG; § 67a Abs.1 dritter Satz AVG iVm § 38 Abs.8 AWG 2002.

Entscheidungsgründe:
Der S wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 21. Jänner 1985, Zl. Wa-316/12-1984/Do, die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Mülldeponie auf näher angegebenen Grundstücken der KG. G, einschließlich der damit verbundenen Wasserbenutzung sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen unter nachstehenden Bedingungen, Befristungen und Auflagen erteilt. Diese Bewilligung mit sämtlichen Auflagen liegt rechtskräftig vor.
Auflage Nr. 52 dieses Bescheides lautet: "Die Bewilligung zur Benützung des Müllablagerungsplatzes wird bis zur Auffüllung des im Projekt vorgesehenen Deponievolumens erteilt."
Im Hinblick auf die Neuregelung des abfallrechtlichen Genehmigungsverfahrens für Behandlungsanlagen durch das AWG 2002 (mit ausdrücklichen Bestimmungen für Deponiegenehmigungen, unter anderem auch Regelungen über die Dauer des Einbringungszeitraumes für Abfälle; aber auch Regelungen zur Überleitung bestehender Anlagen in das Regime des neuen AWG-Anlagenrechtes) sah sich die S veranlasst, ihre Auffassung über die Benützungsdauer der in Rede stehenden Deponie (nämlich: gestützt auf die vorerwähnte Auflage 52, bis zur Auffüllung des Deponievolumens) in einem Schreiben vom 24. März 2003 an die "Landesregierung" zur Kenntnis zu bringen und gleichzeitig um die Bestätigung der Rechtsansicht zu ersuchen. Der eigentlich angesprochene Landeshauptmann ließ in seinem Antwortschreiben vom 11. April 2003 erkennen, dass er die Rechtsauffassung der S nicht teilt und, dass aus dem Umstand, wonach die Deponie nunmehr als Anlage gemäß § 37 AWG 2002 zu qualifizieren sei, sich die Neuregelung des Einbringungszeitraumes auch für diese Anlage ergäbe, dahin nämlich, dass nur ein Zeitraum von 20 Jahre als genehmigt anzunehmen sei.
Daraufhin beantragte die S die bescheidförmige Feststellung ihrer auf die zit. Auflage gestützte Auffassung wonach die im zugrunde liegenden Bewilligungsbescheid durch Auflage geregelte Einbringungsdauer (bis zur Auffüllung) unverändert gelte.
Mit dem eingangs bezeichneten Bescheid vom 7. August 2003 stellte der Landeshauptmann konträr zu diesem Feststellungsbegehren jedoch fest, dass "der Zeitraum für die Einbringung von Abfällen, in die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 21.1.1985, Wa-316/12-1984, wasserrechtlich bewilligte Deponie der S mit 27.2.2005 endet"; er stützte dieses Ergebnis auf § 48 Abs.1 dritter Satz AWG 2002; dieser Bescheid ist an die S gerichtet.
Gegen diesen Feststellungsbescheid richtet sich mit näherer Begründung die vorliegende, von der S (durch den Bürgermeister) und den Reinhaltungsverband (RHV) S und U (durch den Obmann) gefertigte Berufung. Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Feststellung, dass "der Zeitraum für die Einbringung von Abfällen, in die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 21.01.1985, Wa-316/12-1984, wasserrechtlich bewilligte Deponie der S in Entsprechung des Punktes 52. des zitierten Bescheides mit Auffüllung des im Projekt vorgesehenen Deponievolumens endet.
 
Der Landeshauptmann (als vor dem Tribunal belangte Behörde) hat die Berufung ohne Widerspruch iS des § 67h Abs.1 AVG und ohne Gegenäußerung zu den Berufungsgründen vorgelegt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat ist vorliegend zur Entscheidung in der Sache - das ist die Frage, ob der Inhalt des Feststellungsbescheides rechtmäßig ist oder nicht - zuständig. Er hat über die Berufung nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Adressat des angefochtenen Feststellungsbescheides ist allein die S. Für die Richtigkeit dieses Umstandes spricht, dass es im Berufungsfall um die Feststellung strittiger Rechte aus dem zugrunde liegenden wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1985 geht; auch zu diesem Bescheid ist die S Adressat: Ihr wird die Bewilligung zur Errichtung und zum Betreiben der Deponie erteilt.
Vor diesem Hintergrund kommt der S Berufungslegitimation als Parteirecht gegen den vorliegenden Feststellungsbescheid zu. Die S vertreten durch den Bürgermeister, hat die Berufung auch gefertigt. Partei im Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist daher (neben der belangten Behörde) nur die S, nicht auch der oben erwähnte Reinhaltungsverband (vertreten durch den Obmann), der die Berufung mitunterzeichnete.
 
Die sachliche Zuständigkeit des Landeshauptmannes zur Erlassung des angefochtenen Bescheides ist unstrittig. Ebenso unstrittig ist, dass im Berufungsfall ein zwischen Deponiebetreiberin und Anlagenbehörde kontroversiell beurteiltes, mit hinreichend begründetem Feststellungsinteresse der S als Verfahrenspartei unterlegtem und daher der bescheidförmigen Feststellung zugängliches Parteirecht vorliegt.
Davon offensichtlich ausgehend, erläutert die belangte Behörde zwar zunächst, in abstrakter Weise, die Zulässigkeit amtswegiger Feststellung von Rechten und Rechtsverhältnissen, lässt aber in der weiteren Begründung erkennen, dass sie sich vorliegend aufgrund eines Antrages zur Erlassung des Feststellungsbescheides veranlasst gesehen hatte und sieht - zutreffend - das Parteiinteresse darin gelegen, bei "ungeklärter" Rechtslage nicht der Gefahr einer Bestrafung ausgesetzt zu sein und daher den Feststellungsbescheid als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung in Händen zu halten.
 
Allerdings sah sich die belangte Behörde außer Stande, dem Parteiantrag inhaltlich zu folgen, ohne dies, wie es geboten gewesen wäre, im Bescheidspruch als 'Abweisung' des Antrages unmittelbar auszudrücken. Im Interesse der raschen Entscheidung in der Sache selbst bewertet der Unabhängige Verwaltungssenat die den Antrag nicht explizit erledigende spruchgemäße Feststellung eines zum Parteiinteresse konträren Einbringungszeitraumes als wenigstens konkludente Abweisung des Parteiantrages.
 
Zutreffend jedoch hat die belangte Behörde ihrer Rechtsbeurteilung zugrunde gelegt, dass die vorliegend involvierte Mülldeponie (in der Gesamtheit ihrer Ausstattung, somit auch hinsichtlich des eigentlichen "Müllablagerungsplatzes") gemäß dem Übergangsregime für Altanlagen nun als eine nach dem AWG 2002 genehmigte Deponie gilt (§ 37 iVm § 77 Abs.2 AWG 2002). Damit aber gelten auch sämtliche Festlegungen über den Betrieb der Deponie, verstanden als Einbringung von Abfällen - in der Diktion der zit. Nebenbestimmung Nr. 52: "Benützung des Müllablagerungsplatzes zur Auffüllung" - als übergeleitet.
 
Folgende Vorschriften sind für die rechtliche Beurteilung in der Sache maßgeblich:
Gemäß der - als Befristung formulierten - Nebenbestimmung zum zit. wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 21. Jänner 1985, Zl. Wa-316/12-1984/Do, wurde die Bewilligung zur Benützung des Müllablagerungsplatzes "bis zur Auffüllung des im Projekt vorgesehenen Deponievolumens erteilt".
 
Gemäß § 48 Abs.1 AWG 2002 (auszugsweise) darf die Einbringung von Abfällen in eine Deponie jeweils nur für einen Zeitraum von 20 Jahren genehmigt werden, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzerer Zeiträume festlegt. Unterbleibt im Genehmigungsbescheid eine Bestimmung des Einbringungszeitraums, dann gilt ein Zeitraum von 20 Jahren ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides als festgelegt. Bei Deponien, die am 1. Juli 1996 nach § 29 Abs.1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG 1990) genehmigt "oder wasserrechtlich bewilligt waren, endet der Einbringungszeitraum, sofern die Genehmigung nicht anderes normiert, 20 Jahre ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides, nicht aber vor dem 1. Jänner 2004" (Hervorhebung durch das Tribunal).
 
Zu Recht rückt die belangte Behörde den konditionalen Zusatz im dritten Satz des § 48 Abs.1 AWG 2002 "sofern die Genehmigung nicht anderes normiert" in den Mittelpunkt ihrer Rechtsbeurteilung und interpretiert diese Bestimmung als Ausnahme von der generellen Festlegung einer Höchstdauer von 20 Jahren für die Einbringung von Abfällen in eine Deponie, allerdings dahin, dass die Ausnahme nur Unterschreitungen der generellen Höchstdauer eröffne. Sie bewertet die Ausnahme als "problematische Bestimmung im System" deswegen, weil aufgrund der "klar ersichtlichen Absicht des Gesetzgebers" nur die Auslegung zulässig sei, dass auch für am 1. Juli 1996 wasserrechtlich bewilligt gewesene Deponien eine maximale Einbringungsdauer von 20 Jahren zulässig sei, selbst wenn nach dem ursprünglichen Genehmigungsbescheid ein längerer Zeitraum bzw. eine Auffüllung bis zum dem im Projekt vorgesehenen Deponievolumen vorgesehen ist.
 
Diese Auslegung teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht. Der vermeintlich "klar ersichtlichen Absicht des Gesetzgebers" in der Sichtweise der belangten Behörde steht der klare Wortlaut der in Rede stehenden Ausnahmeregelung entgegen. Danach ist das Andere im Genehmigungsbescheid, zu dessen Gunsten von der generellen Festlegung abgewichen werden kann, eindeutig und in dieser Eindeutigkeit gänzlich neutral umschrieben und nimmt eben deswegen eine Unterschreitung und eine Überschreitung der generellen Höchstdauer der Einbringung in Kauf.
 
Die vom angefochtenen Bescheid ins Treffen geführte "Absicht des Gesetzgebers" lässt sich auch aus den bzgl. Gesetzesmaterialien (RV zum AWG 2002, 984 Blg.NR XXI. GP, RV zur AWG-Novelle Deponien, 178 Bgl.NR XXI. GP; RV zur WRG-Novelle Deponien, 400 Bgl.NR. XX. GP) nicht untermauern. Sie geben über den Willen des historischen Gesetzgebers zu der konkreten Bestimmung keine Erläuterung, jedenfalls keine, die das Ergebnis des angefochtenen Bescheides stützen könnte. Davon abgesehen hätte die Sinnes-Interpretation gegenüber dem, wie hier, klaren Wortlaut der Bestimmung zurück zu treten. Dasselbe gilt für die von der belangten Behörde bemühte logisch-systematische Auslegung. Warum sich aus dem Zusammenhang der Sätze und Satzteile eine "problematische Bestimmung" ergeben soll, ist unerfindlich. Wollte der Landeshauptmann damit eine von ihm gesehene abfallwirtschaftspolitische Problematik ansprechen, so wäre ihm entgegen zu halten, dass es darauf für die hier anzustellende Rechtsbeurteilung nicht ankommt.
Der eigentümlichen Bedeutung der Worte des in Rede stehenden Zusatzes ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber andere, d.h. von der Festlegung auf den 20-Jahre-Zeitraum (ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides) abweichende Normierungen jenes Zeitraumes (in den übergeleiteten Genehmigungsbescheiden) zulässt. Damit sind auch Regelungen erfasst, die - direkt oder indirekt - eine Erstreckung des Regelzeitraumes bewirken und eben dadurch "anderes" normieren. Die zit. Nebenbestimmung Nr. 52, mit gleichfalls eindeutigem Wortlaut, ist eine solche andere, den Regelzeitraum indirekt (nach Maßgabe des Zeitpunktes der Erschöpfung des bewilligten [konkreten] Deponievolumens) erweiternde Norm.
Dem Gesetzgeber des AWG 2002 ist zugute zu halten, dass ihm die Existenz derartiger Nebenbestimmungen in Altbestand-Genehmigungen bekannt war. Daraus, dass er deren Unbeachtlichkeit dennoch nicht angeordnet hatte, kann nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates abgeleitet werden, dass er die (auslaufende) Weitergeltung derartiger Normierungen als keine (ins Gewicht fallende) Beeinträchtigung für die Zielsetzungen der Neuregelung der Abfallwirtschaft gewertet hat.
 
Erweist sich aber aus allen diesen Gründen, dass die angefochtene bescheidförmige Feststellung eine rechtswidrige Verkürzung des für die S aus der in Rede stehenden Nebenbestimmung Nr. 52 erfließenden Rechtes bewirkt, so war der Feststellungsbescheid aufzuheben und gleichzeitig das strittige Recht iS des Antrages der Berufungswerberin vom 2. Juni 2003 festzustellen.
 
Gebührenerinnerung für die Berufungswerberin
: In diesem Tribunalverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 € angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei (vgl. auch den Gebührenhinweis in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides!).
 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.
 

 

 

Dr. Langeder

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