Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550133/8/Kl/Pe

Linz, 26.02.2004

 

 

 VwSen-550133/8/Kl/Pe Linz, am 26. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IV. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzerin: Mag. Bismaier) über den Antrag der G. + M. K GmbH, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend die Vergabe von Hygienepapier durch die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG (Krankenhaus Gmunden) zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber Oö. Gesundheits- und Spitals-AG die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 18.4.2004 untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl.Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 18.2.2004, ergänzt durch einen rechtzeitig eingelangten Verbesserungsschriftsatz vom 24.2.2004, wurde von der G. + M. K GmbH, der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 2.2.2004 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung zu untersagen, gestellt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach Verlängerung der Zuschlagsfrist bis 30.4.2004 der Auftraggeber mit Verständigungsschreiben vom 2.2.2004, per Post der Antragstellerin zugestellt am 4.2.2004, die Zuschlagsentscheidung dahingehend mitgeteilt hat, dass nach Ablauf der Stillhaltefrist beabsichtigt ist, den Firmen S GmbH (Positionen A, B, C, D, E, F, H, I) und M M GmbH (Position G) den Zuschlag zu erteilten. Diese Entscheidung ist rechtswidrig, weil die Firma S für die Position G nur ein Teilangebot bezüglich Subpositionen G1 bis G6, nicht aber für G7 und G8 gelegt hat, was jedoch gemäß Punkt 10 der allgemeinen Vorbemerkungen zur Ausschreibung nicht möglich war, wonach zumindest eine gesamte Position angeboten werden muss. Sie hätte daher ausgeschieden werden müssen. Die Firma M legte bezüglich der gesamten Position G ein Angebot mit einem Gesamtpreis von 19.257,85 Euro. Dieser Preis macht rund ein Sechstel des Hauptangebotes der Antragstellerin von insgesamt 116.941,19 Euro aus. Aufgrund der langjährigen Markterfahrung der Antragstellerin ist ein Angebot zu so einem niedrigen Preis nicht möglich. Es hätte gemäß § 93 Abs.3 Z1 BVergG eine vertiefte Angebotsprüfung stattfinden und gemäß § 93 Abs.4 BVergG auch die Nachvollziehbarkeit der Preise geprüft werden müssen sowie das Angebot wegen eines nicht plausiblen Preises ausgeschieden werden müssen. Es wäre daher bei rechtmäßigem Vergabeverfahren der Antragstellerin in Bezug auf die Position G der Zuschlag zu erteilen gewesen.

Auch das Zuschlagskriterium Qualität, das gemäß der Ausschreibung mit 30 % bemessen wurde, ist nicht nachvollziehbar bewertet worden. Auch hinsichtlich der Positionen A bis F und H bis I ist das Angebot der Antragstellerin jedenfalls geringer als jenes der Firma S. Bei der Angebotseröffnung wurde nur der Gesamtangebotspreis der Firma S offengelegt. Aufgrund des insgesamt niedrigeren Angebotspreises der Antragstellerin muss sie in einzelnen Positionen Bestbieterin sein, wobei aber nicht nachvollziehbar ist, in welchen Positionen die Antragstellerin Bestbieterin war. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung nicht auf dem in § 100 Abs.1 BVergG geforderten Weg erfolgt ist. Auch wurde ein Schaden bezüglich der Position G in Höhe von 4.700 Euro beziffert. Hinsichtlich der anderen Positionen wird eine Schadenshöhe zwischen 15.000 Euro und 25.000 Euro angegeben.

 

Der Auftrag wurde im offenen Verfahren im Oberschwellenwertbereich ausgeschrieben. Als Auftraggeber wurde die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG genannt. Die Antragstellerin fühlt sich im Recht auf vergabekonforme Zuschlagserteilung, auf vergaberechtskonforme Angebotsbewertung und auf vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung verletzt. Die Pauschalgebühr wurde entrichtet, der öffentliche Auftraggeber von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG (GESPAG) als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 20.2.2004 wurde eine Stellungnahme zum Antrag dahingehend abgegeben, dass eine Veranlassung zu einer vertieften Angebotsprüfung gemäß § 93 BVergG aufgrund der Erfahrungen der Auftraggeberin nicht gegeben war. Die Produkte der Firma K im Hauptangebot wurden hinsichtlich der Qualität mit Bestnote 1 bewertet. Die Gesamtsumme des Hauptangebotes der Antragstellerin ist weit über der Gesamtsumme des Hauptangebotes der Bestbieterin S gelegen. Ein Alternativangebot der Firma K wurde als fehlerhaft und unbrauchbar ausgeschieden. Zur Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung wurde angeführt, dass diese mit eingeschriebenem Brief versendet wurde und von der Antragstellerin erhalten wurde, weshalb der Mangel geheilt ist.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG als Rechtsträgerin des Landeskrankenhauses Gmunden steht in hundertprozentigem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentlicher Auftraggeber iSd § 1 Abs.2 Z4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz. Als vergebende Stelle iSd § 20 Z36 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG tritt das Landeskrankenhaus Gmunden auf. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von mind. 200.000 Euro bei Lieferaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z2 BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher sowohl dem Bundesvergabegesetz als auch dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz.

Gemäß § 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftrageber bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antagstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicher Weise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S.172f.).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

Die Antragstellerin verweist daher in ihrer Eingabe auf den Eintritt eines Schadens bei Fortführung des Vergabeverfahrens, weil zumindest in Bezug auf einige Positionen der Zuschlag rechtswidrig erteilt werden würde, wobei aufgrund der verkürzten Bekanntgabe bei der Angebotseröffnung eine konkrete Schadenshöhe zu einzelnen Positionen nicht beziffert werden kann. Um aber diese drohenden Schädigungen zu verhindern, sei die Untersagung des Zuschlages notwendig und geeignet.

 

Demgegenüber trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. auch BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinaus gehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen den Auftraggeber eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus wird auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen verwiesen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Als Begründung für ein Abstandnehmen von einer Zuschlagsaussetzung würde dies eine einstweilige Verfügung in einem Vergabeverfahren fast immer verhindern und dieses Rechtsschutzinstrumentarium gänzlich ausschalten. Da kein darüber hinaus gehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz.

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 16,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Konrath

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