Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550212/8/Wim/Sta

Linz, 31.05.2005

 

 

 VwSen-550212/8/Wim/Sta Linz, am 31. Mai 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

(schriftliche Ausfertigung des bereits am 12.5.2005 öffentlich verkündeten Bescheides)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der B T G, vertreten durch Rechtsanwälte P, V & P, R/I., auf Nachprüfung und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren "Wasserversorgungsanlage Buchkirchen, BA 02, Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten", zu Recht erkannt:

  1. Dem Nachprüfungsantrag vom 22. April 2005 wird Folge gegeben und die mit Telefax vom 15. April 2005 bekannt gegebene Entscheidung, den Zuschlag der Firma S erteilen zu wollen, für nichtig erklärt.
  2. Die Marktgemeinde Buchkirchen hat der Antragstellerin die entrichteten Gebühren in der Höhe von insgesamt 5.000 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 iVm
§§ 19, 21, 120 und 131 Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG), BGBl. II Nr. 99/2002 in der jeweils geltenden Fassung
zu II.: § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in der jeweils geltenden Fassung.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 22.4.2005 wurde von der B T mbH, der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gem.
§ 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz gestellt.

Begründend zum Nachprüfungsantrag wurde vorgebracht, dass die Antragstellerin ein ausschreibungsgemäßes Angebot und fünf ausschreibungskonforme alternative Ausführungsvorschläge abgegeben habe. Die Öffnung der Angebote erfolgte am 13.12.2004, 16.10 Uhr, und habe ergeben, dass das Alternativangebot Variante 3a der Antragstellerin die niedrigste Angebotssumme in Höhe von 879.928,02 Euro netto aufgewiesen habe, gefolgt vom Alternativangebot Variante 3 (888.329,44 Euro netto), Variante 2a (892.383,61 Euro netto) und Variante 2 (901.380,43 Euro netto). Erst danach sei das Angebot der Firma S mit der Angebotssumme von 945.494,57 Euro gefolgt. Im Hinblick auf dieses positive Angebotsergebnis habe die Auftraggeberin in ihrer Zuschlagsentscheidung vom 22.12.2004 der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Vergabe des gegenständlichen Auftrages an die Antragstellerin vorgesehen sei.

Mit Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 15.4.2005 habe die Auftraggeberin plötzlich mitgeteilt, dass die Vergabe des gegenständlichen Auftrages an die Firma S als Billigstbieter des Hauptangebotes vorgesehen sei. Begründet wurde diese Entscheidung mit dem Hinweis auf die Nichtzulässigkeit des Alternativangebotes gemäß einem Vergabevorschlag des Amtes der
Oö. Landesregierung vom 1.4.2005. Darin beurteilte das Amt der Landesregierung das zur Vergabe vorgeschlagene Alternativangebot 3 der Antragstellerin als nicht zulässige Alternative, da gemäß § 67 Abs.3 BVergG in den Angebotsbestimmungen keine Zuschlagskriterien formuliert seien.

Diese Begründung sei rechtlich unrichtig und beruhe auf einer unrichtigen Anwendung der Bestimmungen des BVergG. Dies deshalb, da die Marktgemeinde B öffentliche Auftraggeberin iSd § 7 Abs.1 BVergG sei. Gegenstand des Vergabeverfahrens sind Arbeiten für die Wasserversorgungsanlage B. Als Errichterin und Betreiberin der Wasserversorgungsanlage ist die Marktgemeinde B Sektorenauftraggeberin iSd der Bestimmungen des § 120 Abs.2 BVergG. Beim gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um ein Verfahren im Unterschwellenbereich zum Zwecke der Durchführung einer Sektorentätigkeit. Einschlägig sei demnach die Bestimmung des § 19 Abs.1 BVergG anzuwenden.

Aufgrund des Ausübens einer Sektorentätigkeit im Unterschwellenbereich gelangen nur wenige Bestimmungen des BVergG zur Anwendung. Den primären Maßstab für die Überprüfung des Vorgehens des öffentlichen Auftraggebers bilden daher die allgemeinen Grundsätze des § 21 Abs.1 BVergG (vgl. BVA 16 N-8/04-14).

Die in einem unterschwelligen Vergabeverfahren im Sektorenbereich Anwendung findenden Bestimmungen sind in § 19 Abs.1 BVergG abschließend aufgezählt. Keine Anwendung im gegenständlichen Vergabeverfahren findet demnach - was vom Amt der Oö. Landesregierung übersehen worden sei - die im Vergabevorschlag zur Begründung herangezogene Bestimmung des § 67 Abs.3 BVergG 2002. Die Begründung sei damit rechtlich unrichtig.

Da sich die bekämpfte Zuschlagsentscheidung vom 15.4.2005 auf diese Begründung des Amtes der Oö. Landesregierung vom 1.4.2005 gestützt habe, basiere die Zuschlagsentscheidung sohin auf einer unrichtigen Anwendung des BVergG und sei daher mit Rechtswidrigkeit behaftet. Eine rechtswidrige Zuschlagsentscheidung würde eine hierauf ergangene Zuschlagserteilung mit Nichtigkeit belasten.

Die Antragstellerin sei daher in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Anwendung der Bestimmungen des BVergG, auf ordnungsgemäße Bewertung und Wahl der Angebote sowie auf Nichtausscheiden eines ausschreibungskonformen Angebots für den Zuschlag verletzt.

Dem Angebotsergebnis folgend handle es sich bei den Alternativangeboten der Antragstellerin Variante 3a, 3, 2a und 2, um die Angebote mit dem niedrigsten Preis iSd § 131 Abs.1 Z2 BVergG. Da diese von der Antragstellerin gelegten Alternativangebote auch gleichwertig mit dem Hauptangebot der Antragstellerin sowie dem Hauptangebot der Firma S sind, handle es sich bei den Alternativangeboten Varianten 3a, 3, 2a und 2 der Antragstellerin auch um die technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebote iSd des § 131 Abs.1 Z1 BVergG. Die (unstrittige) Gleichwertigkeit der gelegten Alternativangebote erhelle sich schon alleine daraus, dass die Auftraggeberin ursprünglich auch entschied, dem Alternativangebot der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Einzig die unrichtige Begründung im Vergabevorschlag des Amtes der Oö. Landesregierung vom 1.4.2005, der ebenfalls die Gleichwertigkeit der Alternativangebote der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen habe, ließ die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin aus bloß formellen Erwägungen ändern.

Es sei daher bei richtiger Anwendung der Bestimmungen des BVergG dem Alternativangebot Variante 3a (oder Variante 3, 2a oder 2) sowohl unter dem Gesichtspunkt des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes als auch unter dem Gesichtspunkt des Angebotes mit dem niedrigsten Preis gegenüber den Angeboten der Mitbieter, insbesondere dem Angebot der Firma S, der Vorzug zu geben und der Zuschlag zu erteilen gewesen.

Überdies sei der Vergabevorschlag des Amtes der Oö. Landesregierung vom 1.4.2005 auch deshalb nicht nachvollziehbar, da die Auftraggeberin in ihren Ausschreibungsunterlagen unter Punkt B 3 Alternativangebote sogar ausdrücklich für zulässig erklärt habe. Es könne nicht rechtens sein, dass die Auftraggeberin einerseits im Angebotsschreiben die Legung von Alternativangeboten ausdrücklich zulässt, andererseits die Zuschlagsentscheidung damit begründet, dass keine Alternativangebote zulässig seien.

Die Antragstellerin sei daher auch in ihrem Recht auf Nichtdiskriminierung verletzt.

Zum Interesse am Vertragsabschluss führt die Antragstellerin weiters aus, dass sie ein evidentes Interesse am Vertragsabschluss habe und einen Gewinn von
35.000 Euro lukrieren könne. Darüber hinaus könne bei Auftragsdurchführung die gegebene Auslastung die Geschäftsgemeinkosten abdecken. Zudem würde der Auftrag ein Referenzprojekt für die Antragstellerin darstellen.

Als Schaden wurden die aufgewendeten Kosten der Ausschreibung von ca.
5.000 Euro, der Entgang aus der fehlenden Deckung der Geschäftsgemeinkosten infolge geringer Auslastung in Höhe von ca. 80.000 Euro (9% von ca. 890.000 Euro), ein Gewinnentgang in Höhe von ca. 35.000 Euro (4% von ca. 890.000 Euro) sohin ein Gesamtschaden von ca. 120.000 Euro sowie der Ersatz der Pauschalgebühr im Ausmaß von 5.000 Euro, geltend gemacht.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde Buchkirchen als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom 26.4.2005 wurden von der Marktgemeinde B die entsprechenden Unterlagen vorgelegt und neben der Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes vorgebracht, dass sich aus Sicht der Gemeinde die Frage erhebe, ob in diesem Fall von einem Sektorenauftrag ausgegangen werden könne und dass für die Gemeinde beide Vergabevorschläge grundsätzlich möglich erscheinen. Weiters wurde ersucht, das Land Oberösterreich, Abteilung Wasserwirtschaft, Grund- und Trinkwasserwirtschaft, in das Verfahren einzubeziehen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.5.2005, in der auch ein Vertreter des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft, als Auskunftsperson befragt wurde.

 

Darin wurden die Vergabeunterlagen insbesondere die Bekanntmachung des Vergabeverfahrens in der Amtlichen Linzer Zeitung und die Angebotsunterlagen näher erörtert und auch die Vorgehensweise beim Land Oberösterreich zur Vergabeangelegenheit besprochen.

 

Von der Antragstellerin wurde in der Verhandlung noch zusätzlich vorgebracht:

"Wie bereits schriftlich vorgebracht, übt die Auftraggeberin eine Sektorentätigkeit aus, weshalb die Bestimmung des § 19 BVergG zwingend zur Anwendung kommt, unabhängig davon, ob im Angebotsschreiben erwähnt ist, dass die Auftraggeberin eine Sektorentätigkeit im Sinne des § 120 Abs.2 BVergG ausübt oder nicht.

Selbst im Vollanwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes insbesondere der Bestimmung des § 67 BVergG, ist nicht vorgesehen, dass in den Ausschreibungsunterlagen dezidiert anzuführen ist, ob eine Auftraggeberin Sektorentätigkeit ausübt oder nicht. Dies ergibt sich auf Grund des Gegenstandes des Bauvorhabens bzw. Vergabeverfahrens ex lege aus dem Gesetz, ob eine Sektorentätigkeit vorliegt oder nicht. Die Auftraggeberin hat daher zu Unrecht die Bestimmung des § 67, die in Sektorenverfahren im Unterschwellenbereich nicht Anwendung findet, zur Anwendung gebracht, weshalb die Alternativangebote der Antragstellerin zu Unrecht ausgeschieden wurden und nicht das billigste bzw. günstigste Alternativangebot 3 der Antragstellerin für die Zuschlagserteilung vorgesehen wurde.

Nur für den Fall, dass der Unabhängige Verwaltungssenat - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - von einer Anwendbarkeit des § 67 ausgeht, ist darauf zu verweisen, dass in diesem Fall die Zuschlagsentscheidung ebenfalls wegen Nichtigkeit aufzuheben wäre, da in diesem Fall es gegen die Grundsätze des Transparenzgebotes und der Gleichbehandlung verstoßen würde, wenn in den Ausschreibungsunterlagen bzw. in der Bekanntmachung keine Festlegung dahingehend getroffen wird, ob nach dem "Billigstbieterprinzip" oder "Bestbieterprinzip" der Zuschlag erteilt würde.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass im Angebotsschreiben zwingend Zuschlagskriterien fehlen, so ist dem entgegen zu halten, dass einerseits der Preis als Zuschlagskriterium aus dem Angebotsschreiben ersichtlich ist, andererseits die Antragstellerin sowohl nach dem Bestbieterprinzip als auch nach dem Billigstbieterprinzip den Zuschlag erhalten muss, weshalb ein mögliches Fehlen von Zuschlagskriterien nicht kausal für die Zuschlagsentscheidung bzw. Zuschlagserteilung wäre."

4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem maßgeblichen Sachverhalt aus:

Die Wasserversorgungsanlage B wird ausschließlich durch die Marktgemeinde errichtet und betrieben.

Mit Bekanntmachung der Marktgemeinde B vom 5.11.2004 in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 23, wurden die Erd-, Baumeister- und Rohrverlegungsarbeiten für die Wasserversorgungsanlage, Bauabschnitt 02, im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. In dieser Bekanntmachung finden sich keinerlei Ausführungen über das Zuschlagsprinzip geschweige denn über konkrete Zuschlagskriterien.

Die gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen bezeichnet mit "Angebotsschreiben für Bauleistungen Version: 3. November 2003" erhalten unter Punkt B 3 die Bestimmung, dass Alternativangebote nur neben einem ausschreibungsgemäßen Angebot zulässig sind. Punkt B 6 lautet: "Der Zuschlag wird schriftlich erteilt." Sonstige nähere Regelungen über die Zuschlagserteilung und dabei anzuwendende Prinzipien oder Kriterien scheinen in den Ausschreibungsunterlagen nicht auf.

Am 22.12.2004 hat die Auftraggeberin in ihrer Zuschlagsentscheidung der Antragstellering mitgeteilt, dass die Vergabe des gegenständlichen Auftrages an die Antragstellerin vorgesehen sei. Mit Zuschlagsentscheidung vom 15.4.2005 hat die Auftraggeberin mitgeteilt, dass die Vergabe des gegenständlichen Auftrages nunmehr an die Firma S als Billigstbieter des Hauptangebotes vorgesehen sei unter Hinweis auf einen Vergabevorschlag des Amtes der Oö. Landesregierung, nach dem das Alternativangebot der Antragstellerin nicht zulässig sei, da gemäß
§ 67 Abs.3 BVergG in den Angebotsbestimmungen zum Leistungsverzeichnis keine Zuschlagskriterien formuliert seien.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen und auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten mündlichen Verhandlung. Sie wurden von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat dazu erwogen:

Nach § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

  1. in Widerspruch zu den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes und der hiezu erlassenen Verordnungen steht und
  2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Gemäß § 120 Abs.1 BVergG gelten, soweit von diesem Bundesgesetz erfasste Auftraggeber eine Tätigkeit im Sinne des Abs.2 ausüben - unbeschadet der §§ 18 und 19 - ausschließlich die §§ 21, 22, 30, 37, 41, 42, 79 Abs.2 und 4, 81 bis 85, 104, 105, 116 bis 118 sowie die Bestimmungen des 5. Hauptstückes sowie die Vorschriften auf die in diesem Hauptstück verwiesen wird.

Das 5. Hauptstück steht unter der Überschrift: "Besondere Bestimmungen für Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung", der allgemein und auch in der Folge als Sektorenbereich bezeichnet wird.

Gemäß 120 Abs.2 Z1 lit. a BVergG ist eine Tätigkeit im Sinne des Abs.1 die Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Erzeugung, Beförderung oder der Verteilung von Trinkwasser oder die Versorgung dieser Netze mit Trinkwasser.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 BVergG sind Gemeinden öffentliche Auftraggeber.

Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um die Vergabe von Erd-, Baumeister- und Rohrverlegungsarbeiten für die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage, Bauabschnitt 02, im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich.

Die Zuordnung zum Sektorenbereich erfolgt auf Grund objektiver Kriterien nach der Tätigkeit des Auftraggebers und der Art des Vorhabens. Der Umstand, ob die Sektorenbestimmungen oder die sonstigen, in der Regel sogar strengeren, Vergabebestimmungen für öffentliche Aufträge für das Vergabeverfahren anzuwenden sind, ist nicht durch den Auftraggeber disponierbar. Sektorenauftraggeber ist jeder Unternehmer, der solche öffentlichen Versorgungsnetze bereit stellt (d.h. Maßnahmen zur Schaffung der Infrastruktur setzt), betreibt oder in solche Netze einspeist.

Die Marktgemeinde B ist ex lege eine öffentliche Auftraggeberin. Da sie eine Wasserversorgungsanlage errichtet und betreibt und die konkrete Ausschreibung auch zur Netzerweiterung erfolgen sollte, gelten daher für die konkrete Vergabe die Bestimmungen des 5. Hauptstückes für den sogenannten Sektorenbereich und die darin vorgesehenen Sonderregelungen des Bundesvergabegesetzes.

Im § 120 Abs.1 BVergG ist die Bestimmung des § 67 ausdrücklich nicht aufgezählt.

§ 19 Abs.1 Bundesvergabegesetz lautet:

Bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich, die zum Zweck der Durchführung einer im § 120 Abs.2 beschriebenen Tätigkeit im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung vergeben werden, haben die im § 7 genannten Auftraggeber, sofern nicht die Ausnahmetatbestände des § 121 Abs.1 und 2 erfüllt sind oder Abs.3 bis 5 nicht anderes vorsieht, allein die Bestimmungen des 1., 5. und 6. Teiles sowie die §§ 21, 22, 23, 44, 74, 128 Abs.1 bis 3 und 6, 131 Abs.1 und 132 anzuwenden. Die Leistungen sind in einem der in § 23 genannten Vergabeverfahren zu vergeben, für die Durchführung von Wettbewerben gelten die Bestimmungen des zweiten Hauptstückes des vierten Teiles.

Auch in dieser Bestimmung ist der § 67 ausdrücklich nicht vorgesehen.

Für das konkrete Sektorenvergabeverfahren, waren daher die Vorgaben des § 67 BVergG über den Inhalt der Ausschreibungsunterlagen und im Speziellen auch die Regelungen des Abs.3 über die Zuschlagserteilung nicht anwendbar. Damit kann auch eine Nichtberücksichtigung eines Angebotes zulässiger Weise nicht darauf gestützt werden.

Gemäß der Sonderbestimmung für den Sektorenbereich im § 131 Abs.1 BVergG ist unbeschadet anderer Rechtsvorschriften über die Vergütung bestimmter Dienstleistungen der Zuschlag

  1. entweder dem technisch oder wirtschaftlich günstigsten Angebot gemäß den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien (= "Bestbieterprinzip") oder
  2. dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen (= "Billigstbieterprinzip").

Soll der Auftrag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot gemäß Abs.1 Z1 erteilt werden, so hat nach Abs.2 dieser Bestimmung der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

Auch für Sektorenvergaben sieht somit der § 131 BVergG grundsätzlich die Anwendung eines der beiden Zuschlagsprinzipien (Bestbieter- bzw. Billigstbieterprinzip) vor. Bei der Wahl des Bestbieterprinzips ist überdies die Angabe von Zuschlagskriterien zwingend vorgesehen. Selbst wenn es für Sektorenauftraggeber grundsätzlich eine freie Wahlmöglichkeit zwischen den beiden Prinzipien gibt, muss sich auch der Sektorenauftraggeber für das eine oder andere Prinzip entscheiden. Eine entsprechende Festlegung hat entweder in der öffentlichen Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen zu erfolgen. Dabei sind auch Sektorenauftraggeber an die einmal getroffene Wahl gebunden. Ein Wechsel im Laufe eines Vergabeverfahrens ist unzulässig.

Gemäß § 19 BVergG ist ausdrücklich auch § 21 BVergG auf Sektorenvergaben anzuwenden.

§ 21 regelt allgemeine Grundsätze und Prinzipien denen Vergaben entsprechen müssen. Nach § 21 Abs.1 sind Aufträge über Leistungen nach den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs unter Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter zu vergeben. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung auch das sogenannte "Transparenzgebot", da ansonsten nicht geprüft werden könnte, ob er beachtet ist (siehe dazu Hahnl, BVergG, E.2. zu § 21 und die dort zitierte Judikatur). Dies bedeutet, dass für alle Bieter ersichtlich sein muss, nach welchen Vorgaben die Vergabe und insbesondere die Zuschlagsentscheidung erfolgen wird.

In den gesamten relevanten Vergabeunterlagen, insbesondere auch nicht in der Bekanntmachung und im konkreten Angebotsschreiben, ist keine Festlegung des zur Anwendung gelangenden Zuschlagsprinzips erfolgt. Dies und zusätzlich der Umstand, dass zwar Alternativangebote ausdrücklich für zulässig erklärt wurden, jedoch auch keine Zuschlagskriterien angegeben waren, machen eine inhaltliche nachprüfende Kontrolle der Zuschlagsentscheidung unmöglich. Dass sich die Auftraggeberin dabei eines gebräuchlichen Musterformulars bedient hat, in dem Ausführungen zum Zuschlagsprinzip nicht enthalten waren, ist für die Beurteilung nicht relevant.

Es liegt damit ein massiver Verstoß gegen § 21 BVergG insbesondere gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das daraus erfließende Transparenzgebot vor, der trotz Nichtbekämpfung der Ausschreibung auf das Nachprüfungsverfahren durchschlägt und in diesem relevant sein muss.

In diesem Sinne leidet der Vergabevorgang daher an einem wesentlichen Mangel gemäß § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, da ein Widerspruch zu Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes vorliegt (im Konkreten zu §§ 21 und 131), der für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist, und daher zur Nichtigerklärung führen musste.

Auch in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 17.1.2005, Zl. 10N-130/04-19, veröffentlicht in der Zeitschrift für Vergaberecht und Beschaffungspraxis (ZVB 2005/04, Seite 109 ff) wurde eine Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt, in der zwar das Zuschlagsprinzip angegeben war, jedoch in sich widersprüchliche Zuschlagskriterien dafür ausreichten, diesen Zuschlagsvorgang für nichtig zu erklären. Dies muss umso mehr bei einem völligen Fehlen des Zuschlagsprinzips, wie im gegenständlichen Fall, gelten.

Dieser derart gravierende Mangel bedroht auch jede andere Zuschlagsentscheidung an einen weiteren Bieter im konkreten Vergabeverfahren mit Nichtigkeit. Um dem zu entgehen, wird ein Widerruf im Sinne des § 105 BVergG und eine Neuausschreibung, die dem Bundesvergabegesetz entspricht, zweckmäßig sein.

Da bereits die dargelegten Umstände eindeutig zur Nichtigerklärung führen mussten, erübrigt sich ein Eingehen auf ein weiteres Vorbringen der Verfahrensparteien.

6. Gemäß § 18 Abs.4 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat die, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren. Entsprechend dem Antrag der Antragstellerin war gem. § 74 Abs.2 zweiter Satz AVG der Antragsgegnerin daher der Gebührenersatz aufzuerlegen. Näheres dazu ist ausgeführt in der Begründung zu Spruchpunkt II im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 26. August 2004, VwSen-550157/7 (auch abrufbar im Internet über http://www.ooe.gv.at/uvs).

7. Im Verfahren sind für den Antragsteller Stempelgebühren in der Höhe von
67,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 
Beschlagwortung: Fehlen von Zuschlagsprinzip und Zuschlagskriterien.

 

 

 

Dr. Wimmer

 
 

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