Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550235/4/Kü/Rd/Hu

Linz, 23.09.2005

 

 

 

VwSen-550235/4/Kü/Rd/Hu Linz, am 23. September 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der S Baugesellschaft mbH, L, vertreten durch Rechtsanwälte G L T & Partner, E, L, vom 16.9.2005 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde Gallspach betreffend die "Errichtung einer Naturbadeteichanlage" zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Marktgemeinde Gallspach die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 19. Oktober 2005, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe (per Fax außerhalb der Amtsstunden) vom 16.9.2005, beim Unabhängigen Verwaltungssenat daher eingelangt am 19.9.2005, wurde von der S Baugesellschaft mbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Zudem wurde die Zuerkennung der geleisteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass das gegenständliche Vergabeverfahren im nicht offenen Verfahren mit Bekanntmachung im Unterschwellenbereich ausgeschrieben wurde. Es werde die - zugunsten der Firma B L GmbH - getroffene Zuschlagsentscheidung vom 1.9.2005 - bei der Antragstellerin eingelangt am 2.9.2005 - angefochten. Die Antragstellerin sei zur Erbringung der gegenständlichen Leistung befugt, leistungsfähig und zuverlässig.

 

Sowohl die Fa. B L GmbH als auch die Antragstellerin seien aufgrund des gestellten Teilnahmeantrages zur Teilnahme an der Ausschreibung zugelassen und zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert worden. Von beiden sei ein Angebot gelegt worden. Am 26.8.2005 sei die Angebotsöffnung erfolgt, wobei die Fa. B L GmbH - nach dem Billigstbieterprinzip - Erst- und die Antragstellerin Zweitgereihte gewesen sei. Mittels Vergabeempfehlung der W & W B- und F OEG vom 31.8.2005 sei die Auftragsvergabe an die Fa. B L GmbH empfohlen worden.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung verletzt, zumal sie ein rechtsgültiges Angebot abgegeben habe und bei Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen, das Angebot der Fa. B L GmbH auszuscheiden gewesen wäre.

Als Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit würden einerseits das unvollständige Angebot, konkret das Fehlen der Kalkulationsblätter K2, K3, K4 und K7 sowie das Fehlen einer gültigen firmenmäßigen Fertigung des Angebotes, und andererseits das Unterschreiten der Mindestanforderungen durch die Fa. B L GmbH angeführt. Konkret habe die Fa. B L GmbH nicht das Personal, um die Vorgaben der ÖNORM S 2076-1 einzuhalten, könne selbst mangels eigenen Labors keine Materialprüfungen durchführen und sei lediglich im Besitz der Gewerbeberechtigungen "Gärtner" und "Handelsgewerbe", welche zur Abwicklung des gegenständlichen Auftrages nicht ausreichend seien. Die fehlende Leistungsbefugnis sei auch nicht durch die Namhaftmachung eines Subunternehmers subsituiert worden. Weiter verfüge die B L GmbH auch nicht über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

 

Die Antragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, und zwar um einen entsprechenden Gewinn zu erwirtschaften und die Auslastung des Unternehmens zu gewährleisten. Der Schaden für den entgangenen Gewinn sei mit ca. 54.000 Euro zu beziffern, ebenso sei der Verlust eines Referenzprojektes anzuführen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen in Pkt I. ihres Schriftsatzes. Es drohe ihr eine Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden könne. Zudem würden keinerlei öffentliche Interessen der Auftraggeberin wesentlich beeinträchtigt oder auch nur verletzt werden. Geringe zeitliche Verzögerungen bei der Bauausführung würden in der Natur des vergaberechtlichen Rechtsschutzes liegen und dadurch kein überwiegendes öffentliches Interesse begründen.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde Gallspach als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Am 21.9.2005 gab die Auftraggeberin telefonisch bekannt, dass von der Abgabe einer Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung Abstand genommen wird.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Die Marktgemeinde Gallspach ist öffentliche Auftraggeberin im Sinn des § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw des § 1 Abs.2 Z1 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5,923.000 Euro bei Bauaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z3 BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG und sind somit die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und erfüllt auch die Voraussetzungen nach § 6 Oö. VNPG.

 

Da der gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verbunden wurde, liegt ein das Nachprüfungsverfahren einleitender Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vor, sodass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 11 Oö. VNPG zulässig ist, zumal es sich bei der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin auch um eine gesondert anfechtbare Entscheidung iSd § 3 Oö. VNPG iVm § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG handelt.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9). Es hat daher die Antragstellerin glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

 

Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten sind bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5 Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

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