Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310185/21/Le/Mm

Linz, 28.12.2000

VwSen-310185/21/Le/Mm Linz, am 28. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dipl. Ing. M M, pA E E GmbH., I 66, 4600 W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K. R O, U 59-61, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.3.2000, GZ: MA 2-Pol-7006-1999, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Gewichtsangabe "7048 kg" ersetzt wird durch die Wendung "ca. 5220 kg" und nach der Abfallbezeichnung "Toluol" der Klammerausdruck "(Schlüsselnummer 55325)" eingefügt wird.
II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.000 S (entspricht 145,35 €) zu entrichten.
Rechtsgrundlage:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.
Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.3.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.b Z25 iVm §§ 35 und 35a Abfallwirtschaftsgesetz (im Folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.
Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als abfallrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 15 Abs.5 AWG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma E Entsorgungsbetriebe GesmbH. in W, I 66, zu vertreten, dass diese Firma im Rahmen der Notifizierung AT 000105 am 20.1.1999 7.048 kg Toluol zur K Recycling GesmbH in D verbracht hätte, obwohl der Notifizierungsbegleitschein auf Methylenchlorid gelautet hätte.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 21.3.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
In der ausführlichen Begründung dazu wurden wesentliche Verfahrensmängel zur Sachverhaltsermittlung und zur subjektiven Tatseite sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit behauptet.
3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.
Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und diese am 9.11. und 20.12.2000 auch tatsächlich durchgeführt. Daran nahmen der Berufungswerber, sein Rechtsvertreter Mag. H T, Frau Mag. M P als Vertreterin der Erstbehörde sowie Herr Ing. P S als Amtssachverständiger für Abfallchemie teil.
Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:
3.1. Mit Anzeige vom 12.2.1999 teilte das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie im Wege des Landeshauptmannes der Erstbehörde mit, dass die E Entsorgungsbetriebe GmbH. (im Folgenden kurz: E) verdächtig sei, eine Verbringung von Abfällen, die dem Notifizierungsbegleitschein nicht entsprochen habe, vorgenommen zu haben.
Daraufhin wurde das Strafverfahren mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15.3.1999 eingeleitet und nach Erstattung einer Stellungnahme des Beschuldigten das Straferkenntnis vom 14.4.1999 erlassen.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber unter anderem vor, dass der im Sachverhalt beschriebene Transport am 20.1.1999 (und nicht wie vorgeworfen am 21.1.1999) stattgefunden habe. Zum Beweis dafür legte der Berufungswerber mit seiner Stellungnahme vom 18.5.1999 die Kopie des Versand-/Begleitformulares zum Notifizierungsbegleitschein AT 000105, vor, in dem handschriftlich als tatsächliches Versanddatum der 20.1.1999 eingetragen ist. Diesem Formular ist weiters zu entnehmen, dass am 21.1.1999 eine Menge von 2.952 kg in Empfang genommen wurde; dies bestätigte Herr K von der Firma K Recycling GmbH, L (im Folgenden kurz: K).
Daraufhin gab die Erstbehörde mit Berufungsvorentscheidung vom 25.5.1999 der Berufung statt und behob den angefochtenen Bescheid vom 14.4.1999.
3.2. Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.5.1999 wurde sodann ein neuerliches Strafverfahren eingeleitet, das nunmehr die Verbringung vom 20.1.1999 zum Gegenstand hatte.
In seiner Stellungnahme vom 23.7.1999 legte der Berufungswerber den Prüfbericht des Zivilingenieurbüros Dr. H vom 28.6.1999 vor, aus dem hervorgeht, dass die von Herrn Ing. L am 21.6.1999 persönlich überbrachten zwei Lösemittelproben auftragsgemäß untersucht wurden. Bei der Probe eins wurde dabei ein Methylenchloridgehalt von 69,4% und ein Toluolgehalt von 24,6% und bei der Probe zwei ein Methylenchloridgehalt von 34,7% und ein Toluolgehalt von 56,2% (jeweils bezogen auf das Gewicht) festgestellt.
Weiters wurden Kopien der internen Laborberichte der E vorgelegt, aus denen unter anderem hervorgeht, dass bei der Untersuchung der "Mischprobe der von A angelieferten Gesamtpartie" ein Chlorgehalt von 28% und bei der Untersuchung der "von K abgewiesenen reimportierten Ware" ein Chlorgehalt von 14% festgestellt worden war.
Die Erstbehörde holte weiters Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft beim Amt der Oö. Landesregierung, Unterabteilung Abfallwirtschaft, ein.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 6.3.2000 wurde der Berufungswerber wegen der angelasteten Verwaltungsübertretung bestraft.
Der Bestrafte erhob dagegen rechtzeitig Berufung, welche mit dem gesamten Verwaltungsakt an den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt wurde.
3.3. Als Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat steht im Wesentlichen folgender Sachverhalt fest:
Bereits im November/Dezember 1997 schloss die E mit der Firma K einen Vertrag über die Verwertung von Methylenchlorid. Dieses Methylenchlorid war der E von der Fa. A. A S AG, Zweigniederlassung A (im Folgenden kurz: A) zur Entsorgung angeboten worden.
Die E suchte beim Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie um die Zustimmung zur Verbringung von 60.000 kg gefährlichen Abfällen der Schlüsselnummer 55206 (Methylenchlorid) an, die mit Bescheid vom 15.6.1998 auch tatsächlich erteilt wurde. Der Bundesminister bezog sich in seinem Bescheid auf den Notifizierungsbogen AT 000105.
Am 3.9.1998 übernahm die E von der A 8.320 kg Methylenchlorid der Schlüsselnummer 55206, welche nach Angaben des Berufungswerbers zunächst in UN-geprüfte Gebinde umgefüllt und sodann im Gefahrgutlager der Spedition E in Wels zwischengelagert wurden.
Der Berufungswerber gab an, nach der Umfüllung Proben gezogen zu haben und zwar von jedem Gebinde eine, insgesamt also etwa 20 bis 30 Proben. Die Proben wären zunächst augenscheinlich untersucht und dann mit dem Beilsteintest beprobt worden. Daraufhin wären alle Proben mengenproportional zu einer Mischprobe vereint und diese auf Chlor nach der Methode Schöniger untersucht worden. Dabei hätte der Berufungswerber festgestellt, dass die Probe zwei Phasen aufwies: die untere Phase, die ca. 2/3 ausmachte, war hoch chloriert, die obere Phase mit etwa 1/3 war weniger chloriert.
Aus der mit der Stellungnahme vom 23.7.1999 in Kopie vorgelegten internen Laboranalyse der E ergibt sich, dass bei der "Mischprobe" ein Chlorgehalt von 28% festgestellt wurde.
Der Amtssachverständige führte dazu aus, dass dies einem Gehalt an Methylenchlorid in Höhe von 34% entspricht.
(Daraus hätte der Berufungswerber bereits erkennen müssen, dass in diesem als Methylenchlorid bezeichneten Abfall auch andere Stoffe enthalten sein mussten.)
Am 20.1.1999 kam es dennoch zur Verbringung von 8.320 kg der als "Methylenchlorid" bezeichneten Abfälle zur Firma K nach D.
Dort wurde am 21.1.1999 eine Eingangskontrolle durchgeführt und festgestellt, dass lediglich 2.952 kg der Abfälle recyclingfähig waren. Diese Menge wurde von der Firma K behalten und der Rest an E zurückgesandt.
Zu diesem Zweck setzte sich die zuständige Bezirksregierung Arnsberg am 22.1.1999 mit dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie in Wien in Verbindung. Aus dem Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg vom 22.1.1999 geht hervor, dass es sich bei einer Teilmenge von 7.048 kg um Toluol gehandelt hätte, weshalb der Abfallerzeuger E aufgefordert werden möge, die Notifizierung für die Rückführung dieser Charge zu veranlassen.
Herr Ing. L von der Firma E stellte daraufhin am 22.1.1999 den Notifizierungsbogen AT 001886 aus. In der Bezeichnung des Abfalls vermerkte er "entzündbarer, flüssiger Stoff, giftig, Gemisch aus Methylenchlorid und Toluen" und verwendete die Schlüsselnummer 55220. Die vorgesehene Gesamtmenge wurde mit ca. 7.000 kg (entsprechend der Bezeichnung im Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg) angegeben.
Zur Menge des reimportierten Abfalles:
Im Versand-/Begleitformular zum Notifizierungsbogen AT 000105 wurde die tatsächliche Menge der exportierten Abfälle mit 10.000 kg angegeben.
Tatsächlich aber hat die E von der A (laut Begleitschein Nr. 5033489) lediglich 8.320 kg dieses Abfalls übernommen. Selbst dann, wenn durch Umfüllen dieses Abfalls in UN-geprüfte Fässer das Bruttogewicht angestiegen wäre, ist eine tatsächliche Menge von 10.000 kg rechnerisch nicht erklärbar, weil laut Berechnung des Amtssachverständigen dadurch eine Gewichtserhöhung von maximal 300 kg eingetreten wäre.
Der Berufungswerber erklärte die Mengenangabe von 10.000 kg so, dass ursprünglich vorgesehen gewesen wäre, die Abfalltransporte nicht unter 10.000 kg durchzuführen. Tatsächlich aber wäre die Teillieferung von 8.320 kg die einzige derartige Abfalllieferung gewesen, weitere Lieferungen wären nicht mehr gekommen und auch nicht mehr in Aussicht gestellt worden. Es könnte daher sein, dass Herr Kurt H ein Circa-Gewicht eingetragen habe.
Es ist anzunehmen, dass die Firma K lediglich den übernommenen Teil der Abfälle verwogen hat und die dabei festgestellte Summe von 2.952 kg von 10.000 kg abgezogen hat, den zurückgesandten Teil der Abfälle jedoch nicht abgewogen hat.
Tatsächlich aber wurden, wie dem Begleitschein Nr. 4966204 entnommen werden kann, am 8.6.1999 5.220 kg Lösemittelgemisch, halogenhältig, mit der Schlüsselnummer 55220 von der A an die Entsorgungsbetriebe S, W, übergeben. In den Bemerkungen auf diesem Begleitschein wurde auf das Vormuster 075/99, Gemisch aus Methylenchlorid und Toluen sowie auf die Notifizierung AT 001886 vom 22.1.1999 hingewiesen.
Es ist daher davon auszugehen, dass lediglich diese Menge von ca. 5.220 kg reimportiert wurde.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.
Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).
4.2. Die maßgebliche Rechtslage nach dem AWG stellt sich wie folgt dar:
"§ 35 (1) Wer eine gemäß EG-VerbringungsV notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen oder Altölen aus Österreich durchzuführen beabsichtigt, hat dies dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie zu notifizieren (§ 35a). ....
Nach § 35a Abs.1 AWG erfolgt die Notifizierung mit Hilfe des Notifizierungsbegleitscheines. ....
Gemäß § 36 Abs.3 AWG darf die Bewilligung zur Verbringung von Abfällen oder Altölen gemäß Abs.1 aus Österreich, sofern sie gefährliche Abfälle oder Altöle betreffen,
  1. nur Inhabern einer Erlaubnis gemäß § 15 ... erteilt werden.

Die Firma E ist Inhaberin einer Erlaubnis gemäß § 15 AWG; zur Tatzeit war der nunmehrige Berufungswerber gemäß § 15 Abs.5 AWG bestellter abfallrechtlicher Geschäftsführer der E.
Die formalen Voraussetzungen für die Übernahme der gegenständlichen gefährlichen Abfälle zum Export nach Deutschland sowie die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für die ordnungsgemäße Durchführung des Exportes waren somit gegeben.
4.3. Zur Tatzeit:
Bei der zweiten Berufungsverhandlung am 20.12.2000 legte der Rechtsvertreter des Berufungswerbers Belege der Firma G. E Spedition GmbH. in W vor zum Beweis dafür, dass der Export tatsächlich schon am 19.1.1999 stattgefunden hätte.
Im ersten Strafverfahren hatte der Berufungswerber gegen den Tatvorwurf, dass der Export am 21.1.1999 stattgefunden hätte, eine Kopie des Versand-/Begleitformulars zum Notifizierungsbogen AT000105 vorgelegt, wonach die Abfälle tatsächlich am 20.1.1999 versendet wurden.
Im Hinblick darauf, dass in diesem Notifizierungsbogen das tatsächliche Versanddatum mit 20.1.1999 angegeben, die Übernahme durch die Firma K mit 21.1.1999 bestätigt worden war und bereits am 22.1.1999 der Schriftverkehr (am Telefaxweg) zwischen der Bezirksregierung Arnsberg und dem Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie stattgefunden und auch am 22.1.1999 der Notifizierungsbogen AT001886 ausgestellt worden war, wird bei der weiteren Beurteilung der Angelegenheit davon ausgegangen, dass der Abfalltransport tatsächlich am 20.1.1999 durchgeführt wurde.
Die von der Spedition G. E, W, ausgestellten Belege dürften daher auf einen Datumsfehler zurückzuführen sein.
4.4. Zur Menge:
Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren steht fest, dass die Firma E von der A insgesamt 8.320 kg (einschließlich der Gebinde) an gefährlichen Abfällen übernommen hat. Auch wenn diese flüssigen Abfälle in andere, UN-geprüfte Fässer umgefüllt wurden, ist eine Gewichtserhöhung auf 10.000 kg nicht erklärbar.
Hinsichtlich der im Notifizierungsbogen AT000105 angegebenen tatsächlichen Menge von 10.000 kg ist somit der Verantwortung des Berufungswerbers zu folgen, wonach in der Vereinbarung zwischen E und Kruse Teillieferungen von jeweils mindestens 10.000 kg vorgesehen waren, weshalb der (handelsrechtliche) Geschäftsführer der E, Herr K H eben einen Circa-Wert von 10.000 kg eingetragen hat.
Der Berufungswerber als abfallrechtlicher Geschäftsführer hat sich um die Ausstellung dieses Notifizierungsbegleitscheines bzw. um eine Kontrolle der Eintragungen in diesen anscheinend nicht gekümmert.
Bei der Empfangnahme der flüssigen Abfälle verwog offensichtlich die Firma Kruse lediglich die übernommenen Abfälle und stellte dabei ein Gewicht von 2.952 kg fest. Der nicht angenommene Teil der Abfälle wurde anscheinend nicht gewogen, sondern wurde das Gewicht rechnerisch ermittelt durch die Subtraktion von 2.952 kg von den 10.000 kg laut Notifizierungsbogen.
Tatsächlich gelangten diese Abfälle wieder zurück zum Gefahrgutlager der Firma G. E SGmbH. in W, von wo aus sie am 8.6.1999 von der A an die E transportiert wurden. Laut dem Begleitschein Nr. 4966204 wurde jedoch lediglich eine Menge von 5.220 kg (ursprünglicher Eintrag: 5.380 kg) zur Behandlung übergeben.
Wenn man nun den Wert von 5.220 kg (bzw. 5.380 kg) zum Gewicht der von K übernommenen Abfälle in der Menge von 2.952 kg addiert, so ergibt dies in etwa den Wert der ursprünglich übernommenen Abfallmenge von 8.320 kg.
Es ist daher bei der weiteren Beurteilung der Sache davon auszugehen, dass nicht, wie im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angegeben, 7.048 kg Toluol verbracht wurden, sondern lediglich ca. 5.220 kg.
Dies war im Spruch des Straferkenntnisses entsprechend zu korrigieren.
Diese Korrektur stellt eine geringfügige Einschränkung des Tatvorwurfes dar, weshalb sie auch von der Berufungsbehörde vorgenommen werden konnte.
4.5. Zur Bezeichnung als "Toluol" (Schlüsselnummer 55325):
Bei der Übergabe an E bezeichnete die A die Abfälle als "Methylenchlorid" mit der Schlüsselnummer 55206. Unter dieser Bezeichnung wurde von der E beim Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie um die Exportbewilligung nach Deutschland angesucht. Im Notifizierungsbogen Nr. AT 000105 wurde der Abfall ebenfalls als "Methylenchlorid (Dichlormethan)" sowie als "nicht verbrauchte abgelaufene Chemikalie" benannt.
Unbestritten ist, dass die flüssigen Abfälle in mehreren Gebinden von der A an E geliefert, dort zum Teil umgefüllt und in drei Containern plus 24 Fässern (laut Angabe des Berufungswerbers) von E an K geliefert wurden. Dort wurden 2.952 kg als recyclingfähig behalten, der Rest wurde zurückgesandt.
Diese reimportierten Abfälle wurden von der Bezirksregierung Arnsberg als "Toluol" bezeichnet, von der E im Notifizierungsbegleitschein AT 001886 als "entzündbarer flüssiger Stoff, giftig, Gemisch aus Methylenchlorid und Toluen" (Schlüsselnummer 55220).
Aktenkundig ist eine Untersuchung der exportierten Abfälle durch die Firma K nur hinsichtlich der übernommenen, nicht aber hinsichtlich der abgewiesenen Abfälle. Allerdings ist davon auszugehen, dass eine solche genaue Untersuchung stattgefunden hat, weil bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, dass bei diesem Abfall Toluol dabei war; wohl deshalb wurden im Schreiben der Bezirksregierung Arnsberg an das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie die Abfälle als "Toluol" bezeichnet.
Diese Bezeichnung wäre sicherlich nicht verwendet worden, wenn nicht Toluol der Hauptbestandteil der zurückgesandten Abfälle gewesen wäre.
Zu betonen ist an dieser Stelle nochmals ausdrücklich, dass die Abfälle in einer Vielzahl von Gebinden abgefüllt waren, weshalb die verschiedenen Container und Fässer durchaus unterschiedliche Inhalte haben konnten.
Als die gegenständlichen Abfälle nach dem Reimport ins Gefahrgutlager der Spedition E nach W zurückkamen, entnahm ein Vertreter der Firma E Proben der Abfälle, die jedoch erst am 21.6.1999 von Herrn Ing. L an das Zivilingenieurbüro Dr. H überbracht und dort "auftragsgemäß" untersucht wurden.
Die Proben wurden somit nicht vom Gutachter selbst gezogen, weshalb mit dem Prüfbericht des Zivilingenieurbüros H nicht feststeht, ob die untersuchten Proben tatsächlich von den reimportierten Abfällen stammten. Diese Art der Probenziehung und ihre Beweiskraft wäre somit vergleichbar mit dem Sachverhalt, in dem ein alkoholisierter Lenker selbst seine (möglicherweise aber auch eine andere!) Blutprobe zur Untersuchung (Bestimmung des Blutalkoholgehaltes) in die Untersuchungsanstalt bringen würde.
Diesem Prüfbericht kann daher nur bedingt Glaubwürdigkeit zugemessen werden, wobei darüber hinaus anzumerken ist, dass die verfahrensgegenständlichen Abfälle bereits am 8.6.1999, also noch vor der Analyse durch Dr. H, an die E zur Behandlung übergeben worden waren.
Bemerkenswert ist aber immerhin, dass eine der beiden von Dr. H untersuchten Proben einen Toluolgehalt von 56,2 Gewichtsprozent aufwies.
Vom abfallchemischen Amtssachverständigen wurde anlässlich der mündlichen Verhandlung am 20.12.2000 unter Hinweis auf die Festsetzungsverordnung und die geltende ÖNORM S2100 ausgeführt, dass bei Lösemittelgemischen bereits eine Konzentration eines Stoffes von mehr als 50 Prozent eine Zuordnung des gesamten Gemisches zu diesem Stoff erlauben würde (wenngleich er selbst die Zuordnung zur Bezeichnung "Lösemittelgemisch halogenhältig" mit der Schlüsselnummer 55220 bevorzugen würde).
Das bedeutet, dass dann, wenn in der reimportierten Menge von 5.220 kg mehr als 50 Prozent Toluol enthalten waren, die Bezeichnung als "Toluol" mit der Schlüsselnummer 55325 gerechtfertigt ist. Dass die Bezeichnung als "Toluol" unter diesen Voraussetzungen bei den gegenständlichen Abfällen als zutreffend angesehen werden kann, ergibt sich vor allem aus der von der Bezirksregierung Arnsberg dafür gewählten Bezeichnung als "Toluol", subsidiär aber auch aus der von Dr. Heinl untersuchten Probe Nr. 2.
4.6. Zum Verschulden:
Nach § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.
Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.
Dies aus folgenden Gründen:
Als abfallrechtlichen Geschäftsführer der Firma E traf den Berufungswerber die aus § 15 Abs.5 AWG resultierende Verpflichtung, alle Rechtsvorschriften betreffend die Sammlung und Weitergabe gefährlicher Abfälle einzuhalten. Dazu gehört zunächst einmal, sich davon zu überzeugen, ob die vom Übergeber getroffene Abfalldeklaration und Mengenangabe den Tatsachen entspricht. Für allfällige Korrekturen sind gemäß der Abfallnachweisverordnung entsprechende Korrekturzeilen im Begleitschein vorgesehen.
Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber zwar eine Eingangskontrolle durchgeführt, doch war diese nicht ausreichend:
Er hat zwar festgestellt, dass einzelne Gebinde mangelhaft waren und er hat deren Umfüllung in UN-geprüfte Gebinde veranlasst (und somit einer im Gefahrgutbeförderungsgesetz bzw. ADR begründeten Verpflichtung entsprochen), er hat jedoch in chemischer Hinsicht keine ausreichende Überprüfung der Abfallbezeichnung durchgeführt.
In seiner ersten Berufung (gegen das Straferkenntnis vom 14.4.1999) hatte der Berufungswerber noch vorgebracht, "das angelieferte Material in den Containern stichprobenweise (und zwar organoleptisch, visuell und nach der Beilsteinmethode) geprüft (zu haben), ohne Toluolverunreinigungen festzustellen".
Erst in einer späteren Stellungnahme (im zweiten Strafverfahren) wurde vorgebracht, dass anlässlich der Umfüllarbeiten Proben genommen und diese zu mehreren Mischmustern zwecks Chloranalyse vereinigt worden waren. Diese Durchschnittsmuster wären anschließend nach "Schöniger" auf Chlorgehalt untersucht worden.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 9.11.2000 erklärte der Berufungswerber, nach der Umfüllung von jedem Gebinde eine Probe gezogen zu haben, insgesamt etwa 20 bis 30 Proben. Diese Proben wären zunächst augenscheinlich untersucht und sodann mit einem Beilsteintest beprobt worden; dann wären alle Proben mengenproportional zu einer Mischprobe vereint worden, die nach der Methode "Schöniger" auf Chlor untersucht worden wäre. Die Probe hätte zwei Phasen aufgewiesen, wobei die untere, die etwa 2/3 ausgemacht hätte hochchloriert und die obere Phase mit etwa 1/3 weniger chloriert gewesen wäre. In der Stellungnahme vom 23.7.1999 an die Erstbehörde hatte der Berufungswerber auch eine Kopie des internen Laborberichtes vorgelegt. Die dort festgehaltenen 28 % Chlorgehalt waren beim Schönigertest festgestellt worden.
Der beigezogene Amtssachverständige errechnete daraus, dass ein Chlorgehalt von 28 % einem Methylenchloridgehalt von 34 % entspricht.
Daraus folgt aber zwingend, dass bei einem derart niedrigen Gehalt an Methylenchlorid die Deklaration des gesamten Abfalls als Methylenchlorid offenkundig nicht richtig war.
Es ist dem Berufungswerber vorzuwerfen, nach diesem internen Laborergebnis nicht sofort weitere Erkundigungen über andere Beimischungen zu den von der A angelieferten Abfällen eingeholt bzw. genauere Analysen zur Feststellung der Zusammensetzung dieser Abfälle in Auftrag gegeben zu haben. Die bei einem Methylenchloridanteil von lediglich 34 % verwendete Bezeichnung des Abfalls als Methylenchlorid stellt einen Widerspruch zur Festsetzungsverordnung und zur ÖNORM S 2100 dar. In der als fachlichen Grundlage geltenden ÖNORM S 2100 ist für Lösemittelgemische eine Fußnote enthalten, die Folgendes aussagt:
"Da Lösemittel häufig mehrere Komponenten aufweisen, muss die Zuordnung nach der jeweiligen mengenmäßig überwiegenden Hauptkomponente erfolgen."
Dies bedeutet, dass dem Berufungswerber bereits nach seinem eigenen Test hätte auffallen müssen, dass nicht genügend Methylenchlorid im übernommenen Abfall ist, um die Bezeichnung des gesamten Abfalls als "Methylenchlorid" zu rechtfertigen. Es ist ihm vorzuwerfen, diesbezüglich keine näheren Untersuchungen angestellt zu haben.
Die genaueren Untersuchungen wurden offensichtlich von der Empfängerfirma K durchgeführt und dabei wurde festgestellt, dass ein Teil der Lieferung zwar verwertbares Methylenchlorid enthielt, der übrige Teil aber (nicht verwertbares) Toluol.
Es ist dem Berufungswerber daher als Verschulden vorzuwerfen, dass er trotz einer internen Laboranalyse, die eine offensichtliche Falschdeklaration durch die Anlieferfirma ergeben hatte, dennoch den Abfall unter der Bezeichnung "Methylenchlorid" in den Export brachte.
In Wahrheit war in etwa zwei Drittel der Fässer mehr Toluol als Methylenchlorid, obwohl im Notifizierungsbegleitschein der gesamte Abfall als "Methylenchlorid" und "nicht verbrauchte abgelaufene Chemikalie" bezeichnet worden war.
(In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass laut Aussage des Amtssachverständigen Toluol zwar als Stabilisator in einer Konzentration von max. 1% dem Methylenchlorid beigefügt ist, dass Toluol aber kein Abbauprodukt von Methylenchlorid ist, sodass der prozentuelle Toluolanteil durch Überlagerung nicht ansteigen kann.)
Der abfallrechtliche Geschäftsführer ist für die richtige Deklaration verantwortlich; der Berufungswerber konnte sich somit nicht mit dem Hinweis exkulpieren, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer K H den Notifizierungsbegleitschein falsch ausgefüllt hätte.
4.7. Zur Strafbemessung:
Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.
Dabei war gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG von einem Strafrahmen von 5.000 S bis 100.000 S auszugehen.
Die geringfügige Reduzierung der transportierten Abfallmenge konnte eine Verringerung der Strafe nicht bewirken, weil bei der Verbringung von gefährlichen Abfällen der Menge im Vergleich zur chemisch richtigen Bezeichnung laut Festsetzungsverordnung im Notifizierungsbegleitschein lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Ausschlaggebend ist die chemisch richtige Bezeichnung der Abfälle, die aber im vorliegenden Fall falsch war. Im Übrigen stellte sich auch die Mengenbezeichnung als falsch heraus, weil tatsächlich nicht 7.048 kg, sondern ca. 5.220 kg Abfälle nicht der Notifizierung entsprochen hatten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;
VwGH vom 20.09.2001, Zl.: 2001/07/0036-7

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