Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530266/9/Ga/Da

Linz, 12.04.2005

VwSen-530266/9/Ga/Da Linz, am 12. April 2005

DVR.0690392
 

 

 
 

B E S C H E I D
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VIII. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder, den Berichter Mag. Gallnbrunner und den Beisitzer Dr. Reichenberger über die Berufung der Frau Mag. M G in W vom 27. Dezember 2004, idF. des Schriftsatzes vom 1. März 2005, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Dezember 2004, UR-305529/22-2004-Jsi, betreffend die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer BIOGASANLAGE in Wels, entschieden:
Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 iVm § 67h Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Bescheid vom 14. Dezember 2004 wurde der L reg.Gen. m.b.H. in W, S, die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage auf näher bezeichnetem Grundstück, KG. W, nach Maßgabe eines Betriebsgenehmigungsvorbehaltes, der Beschreibung der Anlage, unter Zugrundelegung näher aufgelisteter Projektsunterlagen sowie mit verschiedenen Nebenbestimmungen erteilt.
 
Die mit dem Antrag auf Aufhebung dieses Bescheides erhobene Berufung hat die belangte Behörde am 2. Februar 2005 vorgelegt; sie hat keinen Widerspruch iSd § 67h AVG erhoben und keine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen erstattet.
 
Der für die Rechtsbeurteilung im Berufungsfall grundgelegte Sachverhalt war aus der Aktenlage - die belangte Behörde hat zugleich mit der Berufung den Verfahrensakt vorgelegt - sowie aus ergänzenden Erhebungen (§ 66 Abs.1 AVG) festzustellen. Danach ergibt sich Folgendes:
 
Der Berufungswerberin wurde im Wege ausdrücklicher, an ihre W Adresse gerichtet gewesener Ladung zur mündlichen Verhandlung am 8. November 2004 und durch Zulassung ihrer während der Verhandlung vorgetragenen Einwendung Parteistellung im Genehmigungsverfahren als Nachbarin zuerkannt. Mit ihrer durch ihren bevollmächtigten Vertreter in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendung machte sie (nur) geltend, es seien Geruchsbelästigungen zu befürchten ("Frau Mag. Mt G ist in der B wohnhaft und befürchtet durch die Errichtung der Biogasanlage eventuell auftretende Geruchsbelästigungen. Sie steht daher der Errichtung der Biogasanlage negativ gegenüber.")
Ebenso wie die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 8. November 2004 erfolgte auch die Zustellung des angefochtenen Genehmigungsbescheides gemäß dessen Zustellverfügung an die von der Berufungswerberin auch in ihren Berufungsschriftsätzen angegebene Adresse in W.
 
Die Berufung vom 27. Dezember 2004 hat folgenden Begründungswortlaut:
"Die Geruchsemissionen dieser Anlage können - wie auch im Bescheid angegeben - nicht quantifiziert und erst in einem Probebetrieb festgestellt werden. Offensichtlich kennt man den Prozeß nicht ausreichend, einen Prozeß bei welchem Gase wie CO/ Kohlenmonoxyd - in geringster Konzentration höchst giftig - und H2S/Schwefelwasserstoff - ebenfalls höchst giftig - entstehen. Diese Anlage stellt man in eine dicht bevölkerte Stadt in die Nähe von Wohnhäusern."

Die Berufungswerberin merkte im Berufungsschriftsatz auch an, sie sei "Eigentümerin der Liegenschaft W, S".
 
Aus den unterschiedlichen Adressangaben (Anschriften) der Berufungswerberin für W war - auch in Verbindung mit dem übrigen Akteninhalt - nicht eindeutig zu erkennen, an welcher der angegebenen Anschriften das für die Begründung der Parteistellung erforderliche räumliche Naheverhältnis zur Biogasanlage, und zwar als Voraussetzung für eine persönliche Gefährdung oder Belästigung der Berufungswerberin, gegeben sein konnte. Die daher vom UVS im kurzen Wege bei der Berufungswerberin selbst eingeholte Auskunft erbrachte folgende Klarstellung:
Die Berufungswerberin ist in W berufstätig, hat aber nach wie vor den Hauptwohnsitz in W, und zwar in der B 27 (in der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 8.11.2004 offenbar versehentlich als Nr. 37 angegeben); dort wohnt die Mutter der Berufungswerberin; sie selbst ist dort häufig, nahezu jedes Wochenende anwesend; die Entfernung zur Biogasanlage beträgt ca. 500 m Luftlinie.
Im Unterschied dazu grenzt das Liegenschaftseigentum der Berufungswerberin in W, S, direkt an das weitläufige Betriebsgelände der L an (Entfernung vom Blockheizkraftwerk der Biogasanlage ca. 160 m); das Liegenschaftseigentum ist jedoch verpachtet, die Pächter bewirtschaften dort ein Gasthaus; die Berufungswerberin hat an der Anschrift S keinen Aufenthalt, auch keinerlei bloß vorübergehenden Aufenthalt.
 
Mit gesondertem Schriftsatz vom 1. März 2005 an den UVS stellte die Berufungswerberin ausdrücklich klar, dass die von ihrem bevollmächtigten Vertreter in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2004 erhobene Einwendung nicht auf ihren Wohnsitz in W, B, sondern auf ihr Liegenschaftseigentum in W, S, bezogen war. Diese Klarstellung hat folgenden Wortlaut:
"Die Behörde hat mir am 2.11.2004 die Verständigung zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 8.11.2004 betreffend gegenständliche Biogasanlage zukommen lassen.
Die Verhandlung war so knapp angesetzt, sodaß ich ohne meine beruflichen Aufgaben zu verletzen, nicht selbst an der Verhandlung teilnehmen konnte. Die von mir gewählte Vertretung hat in ihrer Stellungnahme in keinem Fall die Geruchsbelästigung in W, B gemeint, sondern die in W, S.
Es macht für mich keinen Sinn, die Geruchs- und Gesundheitsgefährdung in W, B zu messen. Mich interessieren die Auswirkungen auf mein Liegenschaftseigentum in W, S und nicht auf die Adresse W, B.
Nur als Bürger mit dem Hauptwohnsitz W, B wäre ich auch nicht als Beteiligter über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung informiert worden."
 

Zur Erhebung von Rechtsmitteln sind nur die Parteien (§ 8 AVG) legitimiert (vgl. statt vieler zB. Walter/Thienel, MSA Verwaltungsverfahrensgesetze16 [2004], FN 2 zu § 63 AVG). Daher war, weil die Parteistellung von Beteiligten in jedem Verfahrensstadium, insbesondere auch im Berufungsverfahren vor dem UVS zu überprüfen ist, vor Eingang in die Sache zu klären, ob der Einschreiterin in diesem konkreten Verfahren vor dem Tribunal überhaupt (noch) Parteistellung - und damit Rechtsmittellegitimation - zukommt. Für die Erwägung in dieser Frage wird der oben wiedergegebene Sachverhalt als maßgebend festgestellt.
 
Vorliegend ist die Parteistellung von Gesetzes wegen ua den 'Nachbarn' (zu einer zu errichtenden Abfallbehandlungsanlage) zuerkannt (§ 42 Abs.1 Z3 AWG 2002). Als ‚Nachbarn' definiert das AWG 2002 im § 2 Abs.6 Z5 (im hier belangvollen Umfang) Personen, die durch die Errichtung, den Bestand, den Betrieb oder eine Änderung einer Behandlungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Nicht als Nachbarn gelten Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Behandlungsanlage aufhalten und die nicht Eigentümer oder dinglich berechtigt sind. (...)
Damit ist der Nachbarbegriff des AWG 2002 inhaltsgleich mit jenem der Gewerbeordnung (vgl. § 75 Abs.2 GewO 1994; zustimmend auch: W. List in Hauer/ List/Nußbaumer/Schmelz, AWG 2002, 40 u. 282). Die hiezu entwickelte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist nach Auffassung des UVS auf den Nachbarbegriff des AWG 2002 anwendbar.
Die mündliche Verhandlung am 8. November 2004, zu der die Berufungswerberin unter der (von ihr selbst auf ihren vorerwähnten Schriftsätzen verwendeten) Anschrift in W als Beteiligte geladen worden war, ist, wie aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde hervorgeht, dem Gesetz entsprechend (§ 42 Abs.1 AVG; § 41 AWG 2002) kundgemacht worden. Daraus aber folgte für die zugezogen gewesenen Beteiligten die rechtliche Konsequenz, dass für das hier gegenständliche Genehmigungsverfahren die Präklusionswirkungen des § 42 Abs.1 AVG schlagend wurden: Auch die Berufungswerberin konnte demgemäß förmliche Parteistellung nur nach Maßgabe ihrer während der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendung erhalten.
 

Diese (oben wiedergegebene) Einwendung bezog sich durch die in unmissverständlicher Formulierung abgegebene Erklärung des bevollmächtigten Vertreters der Berufungswerberin zweifelsfrei nur auf ihren Hauptwohnsitz in der B in W, wo sie zwar regelmäßig vorübergehend aufhältig ist, der sich allerdings rund 500 Meter entfernt von der Emissionsquelle befindet.
 
Eine iS der Judikatur vollständige, dh jedenfalls: hinreichend auch begründete Berufung kann von der Partei noch nach der Berufungsfrist, bis zur Entscheidung durch die Berufungsbehörde geändert (konkretisiert, eingeschränkt oder zurückgenommen, nicht aber ausgeweitet) werden.
Mit ihrem Schriftsatz vom 1. März 2005 hat die Berufungswerberin den örtlichen Bezugspunkt ihrer Nachbarschaft, für den sie ihr Parteirecht gewahrt haben will, in eindeutiger Weise auf die Anschrift S geändert. Für die in dieser Anschrift begründete örtliche Nahebeziehung zur Biogasanlage hatte die Berufungswerberin Parteistellung im Genehmigungsverfahren jedoch nicht erhalten. Diese nachträglich vorgenommene Änderung könnte zufolge ihrer (den ursprünglichen Ortbezug dezidiert verneinenden) Ausdrücklichkeit nicht etwa als bloß ergänzendes oder konkretisierendes Vorbringen innerhalb des Rahmens, der für die Berufung von der am 8. November 2004 in der mündlichen Verhandlung erhobenen Einwendung gezogen worden war, gedeutet werden. Anders nämlich als dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1994, 93/04/0039, zugrunde gelegen, nimmt die Berufungswerberin mit dem Änderungsschriftsatz nicht etwa (bloß) auf eine für ihren Wohnsitz in der B präkludierte Einwendung (zB. hinsichtlich Lärm oder Staub) Bezug. Vielmehr weitete sie ihre Berufung als solche unzulässig aus (unter gleichzeitiger Zurücknahme ihrer ursprünglichen, auf eine andere Nachbarschaft bezogen gewesene Berufung).
Hatte aber die Einschreiterin schon aus diesen Gründen ihre Parteistellung für die Anschrift S in W nicht erhalten, so war ihre darauf bezogene Berufung vom 27. Dezember 2004 in der Fassung des Schriftsatzes vom 1. März 2005 mangels Prozesslegitimation zurückzuweisen.
 
Zu einem anderen (als zurückweisenden) Ergebnis käme die Rechtsbeurteilung im Berufungsfall selbst dann nicht, wenn die Einschreiterin die Einwendung mit dem Bezugspunkt Anschrift S rechtzeitig, das heißt schon in der Verhandlung am 8. November 2004 erhoben hätte. Diesfalls wäre die Frage nach der Parteistellung daran zu prüfen gewesen, ob zum einen die Einschreiterin als Nachbarin am angegebenen Ort persönlich gefährdet oder belästigt hätte sein können und zum anderen, ob die Rechte der Einschreiterin als Liegenschaftseigentümerin hätten gefährdet sein können. Beides wäre im Berufungsfall zu verneinen:

- So steht fest, dass die persönliche Gefährdung/Belästigung der Einschreiterin an der Anschrift S durch die gegenständliche Behandlungsanlage im Sinne des Nachbarbegriffs nicht möglich ist, weil sie sich dort nicht, auch nicht bloß vorübergehend aufhält (vgl. VwGH 25.2.1997, 96/04/0239).
- Die Begründung der nachbarschaftlichen Parteistellung aus dem Titel Eigentumsgefährdung hätte ein konkretes Vorbringen zur Voraussetzung gehabt, mit dem geltend gemacht wird, dass durch die Biogasanlage das Liegenschaftseigentum über eine bloße Minderung des Verkehrswertes hinaus (vgl. § 43 Abs.1 Z4 AWG 2002) in seiner Substanz, wozu auch der Verlust der Verwertbarkeit zählt, bedroht ist (vgl.ua. VwGH 11.11.1998, 96/04/0135; 21.11.2001, 98/04/0075). Auch in dieser Hinsicht hat die Einschreiterin - mangels Erhebung geeigneter qualifizierter Einwendungen - daher keine Parteirechte erworben.
 
War es aus allen diesen Gründen dem UVS verwehrt, auf die mit der Berufung behauptete Geruchsbelästigung/Gesundheitsgefährdung inhaltlich einzugehen, so war wie im Spruch zu verfügen.
 
(Über den vom UVS aus verfahrensökonomischen Gründen noch zum ursprünglich belangvoll gewesenen Wohnsitz der Berufungswerberin in der B vorsichtshalber in Auftrag gegebenen Sachverständigenbeweis auf dem Gebiet der medizinischen Wissenschaft zur Frage der Gesundheitsgefährdung bestimmter gasförmiger Einwirkungen war nicht mehr zu erwägen; zur Information der Verfahrensparteien sei jedoch erwähnt, dass das dem UVS hierüber am 4.4.2005 vorgelegte Gutachten nur ein Ergebnis im Irrelevanzbereich beinhaltet hatte).
 
Gebührenerinnerung für die Berufungswerberin:
In diesem Tribunalverfahren sind Stempelgebühren in Höhe von Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. L a n g e d e r

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