Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104967/2/BR

Linz, 09.10.1997

VwSen-104967/2/BR Linz, am 9. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 15. September 1997, Zl: VerkR96-4645-1997 Sö, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht: I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 120 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 600 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie es als Zulassungsbesitzerin (Fahrzeughalterin) des Pkw´s mit dem Kennzeichen unterlassen habe, der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems auf deren schriftliches Verlangen vom 2. Mai 1997 Auskunft darüber zu geben, von wem dieses Fahrzeug an einer zeitlich und örtlich bezeichneten Stelle in Österreich gelenkt wurde. 2. Die Erstbehörde vertrat in ihrer Begründung im Kern die Rechtsauffassung, daß das die gegenständliche Anfrage auslösende Delikt (Geschwindigkeitsüberschreitung) in Österreich begangen worden sei und damit die österreichischen Verwaltungs- u. Verfahrensvorschriften anzuwenden wären. Das Recht der Auskunftsverweigerung trete gegenüber dem Recht der Behörde diese Auskunft zu verlangen zurück. Damit ist die Erstbehörde im Ergebnis im Recht! 2.1. Die Berufungswerberin bestreitet die Nichtbekanntgabe nicht und weist in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung darauf hin, daß der Fahrer in ihrer Verwandtschaft zu finden sei und sie von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch mache. Mit diesem Vorbringen vermag die Berufungswerberin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses nicht darzutun! 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war nicht erforderlich.

5. Die Berufungswerberin wurde mit Schreiben der Erstbehörde vom 2. Mai 1997 um Bekanntgabe aufgefordert, wer am 20. Jänner 1997 um 16.37 Uhr den von ihr gehaltenen Pkw auf der A9 bei Autobahnkilometer 10,600 in Richtung Kirchdorf a.d. Krems und somit in Österreich gelenkt habe. Dieser Aufforderung war auch ein Hinweis auf die Strafbarkeit der diesbezüglichen Verweigerung der Auskunftserteilung oder der Erteilung einer unrichtigen Auskunft angeschlossen. Dieses Schreiben wurde der Berufungswerberin am 16. Mai 1997 zugestellt. In dem daraufhin von der Berufungswerberin der Behörde übermittelten Schreiben vermeint sie, daß sie nach so langer Zeit nicht mehr feststellen könne wer das Fahrzeug damals in Österreich gelenkt habe. Sie sei jedenfalls nicht in Österreich gewesen. Es wurde nichts vorgebracht, daß etwa die Verwendung des Kraftfahrzeuges ohne Einverständnis der Berufungswerberin geschehen wäre. 5.1. Diese Angaben sind einerseits schon deshalb nicht glaubhaft, weil es nicht der Lebenserfahrung entspricht, daß man nach vier Monaten nicht mehr feststellen soll können, wem man sein Fahrzeug für eine Auslandsfahrt überlassen hat. Dies kommt umso mehr in der Ausführung der Berufungswerberin zum Ausdruck, wenn diese nunmehr meint, der Lenker sei in ihrer Verwandtschaft zu finden und sie berufe sich daher auf das Auskunftsverweigerungsrecht. Damit besteht kein Zweifel, daß hier die Auskunft einfach nicht erteilt werden wollte. 6. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: "Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück." Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des (österreichischen) Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den dadurch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses [VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.]. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch außerösterreichische) einbezogen werden können. Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben - nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER - zum Tatbestand gehörende - ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) - nicht der Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern - als Tatort gilt - der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl.93/03/0156). Die von der Berufungswerberin geübte Verweigerung ist sohin als im Inland begangen zu erachten. Im Lichte dieser nunmehrigen Rechtsprechung liegt daher die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem österreichischen Zulassungsbesitzer in aller Regel vom Inland aus geschieht oder zu geschehen haben wird. Schließlich kann der Intention des § 103 Abs.2 KFG in diesem Zusammenhang auch keine andere Bedeutung zugedacht werden, als ein nach dem deutschen Kraftfahrrecht eingetragener Fahrzeughalter einem Zulassungsbesitzer iSd § 37 Abs.2 KFG gleichzustellen ist. Wenn die Berufungswerberin sich scheinbar an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden erachtet und sich scheinbar auf "grundgesetzliche Bedenken" gemäß der deutschen Verfassung beruft, bezieht sie sich damit offenbar auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip). Dabei übersieht sie jedoch, daß sich der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich Verhalten, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut richten, erstrecken kann (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges, für welches die Berufungswerberin Verantwortung trägt im Bundesgebiet der Republik Österreich. Die Verwendung des Fahrzeuges in Österreich erfolgte im Wissen bzw vom Willen der Berufungswerberin getragen. Die Bindung an eine österreichische Gesetzesbestimmung ergibt sich aus dem Ingerenzprinzip, welches durch die Verwendung dieses Fahrzeuges in Österreich ausgelöst wurde. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung erfordert - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88), andererseits impliziert das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, einen ausreichenden inländischen Anknüpfungsgrund (vgl. VfSlg. 9183/91 - Erk. v. 1. Juli 1981, B 521/80, 47/81). Die Berufungswerberin vermag daher mit ihrem Vorbringen und der darin zum Ausdruck gelangenden Rechtsansicht, welche sich auf die deutsche Rechtslage zu beziehen scheint, dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten. Auch die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt im Ergebnis die oben dargelegte Rechtansicht (VwGH 28.2.1997, 96/02/0508 u.a.). 6.1. Ebenfalls konnte sie sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung (zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann selbst beim zuzuerkennenden Milderungsgrund der Unbescholtenheit und der fiktiven Annahme eines bloß durchschnittlichen Einkommens in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von nur zwei Prozent keinesfalls eine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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