Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105014/6/BR

Linz, 18.11.1997

VwSen-105014/6/BR Linz, am 18. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau Mag. M gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. September 1997, Zl: Cst. - 15.810/97, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, nach der am 18. November 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 800 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, auf Verlangen der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. Juli 1997, nicht binnen zwei Wochen Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Kraftfahrzeug in Linz, B abgestellt hat, sodaß es dort am 22. Februar 1997 um 21.50 Uhr gestanden ist.

2. Die Erstbehörde verweist in ihrer Begründung im Kern auf die von h. im Erkenntnis vom 30.6.1997, VwSen - 104719/2/Br - welches ebenfalls gegen die Berufungswerberin gerichtet war - dargelegte Rechtsauffassung, wonach der Berufungswerberin kein Recht auf eine "Entschlagung" (im Sinne einer Auskunftsverweigerung) zukomme. Bei der Strafzumessung wertete die Erstbehörde zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend. Die Erstbehörde ging von einem Einkommen der Berufungswerberin in der Höhe von 30.000 S aus. 2.1. Dagegen wandte sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht erhobenen Berufung. Inhaltlich führte sie wiederum im Ergebnis wie bereits im oben genannten Verfahren auf die "ständige Judikatur des VwGH" (Erk. v. 11.5.1973, ZVR 1974/111) aus, daß ein Verstoß nach § 103 Abs.2 KFG nur dann vorliege, wenn die Befragung des Zulassungsbesitzers außerhalb eines Strafverfahrens erfolge. Dies sei in diesem Verfahren nicht geschehen, jedenfalls sei es für sie nicht erkennbar gewesen, daß es sich um ein anderes Verfahren gehandelt haben soll. Ihr könne daher die Verweigerung nicht vorgeworfen werden. Abschließend wurde noch die Höhe der verhängten Strafe als unangemessen gerügt und die Verfahrenseinstellung beantragt. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner durch die ergänzenden Ausführungen des zur Berufungsverhandlung erschienenen Vertreters der Berufungswerberin.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da hier eine 3.000 S übersteigende Strafe verhängt wurde und die Berufungswerberin die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung ausdrücklich beantragte, wurde nunmehr auch eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung geführt (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Die Berufungswerberin verwies durch ihren Rechtsvertreter anläßlich der Berufungsverhandlung nochmals auf ihr Berufungsvorbringen. Zur Berufungsverhandlung erschien sie trotz einer auch ihr persönlich zugestellten Ladung und trotz ihres ausdrücklichen Antrages auf Durchführung einer Berufungsverhandlung nicht. Sie vermochte mit ihrer Verantwortung nicht zu überzeugen, daß sie etwa durch den Inhalt der Aufforderung im Hinblick auf das an sie behördlich gestellte Verlangen einen Rechtsnachteil erlitten hätte. Ihre schriftliche Antwort auf dieses Verlangen läßt vielmehr zweifelsfrei erkennen, daß sie nicht bereit war dem Verlangen der Behörde zu folgen. 5.1. Gegen die Berufungswerberin wurde wegen ihres in L, am 22.2.1997 um 21.50 Uhr, vorschriftswidrig abgestellten Fahrzeuges, vorerst (ohne Lenkererhebung) eine Strafverfügung wegen des StVO-Deliktes erlassen. Diese wurde von ihr beeinsprucht. Folglich wurde seitens der Erstbehörde eine Lenkererhebung durchzuführen, versucht. Eine förmliche Verfahrenseinstellung des StVO Deliktes erfolgte nicht, wobei dies als ein nachzuholendes Versehen der Erstbehörde erachtet wird. Die diesbezügliche Aufforderung vom 13. Mai 1997 lautete inhaltlich wie folgt: "Sehr geehrte Frau! Sie werden als Zulassungsbesitzerin des KFZ mit dem Kennzeichen gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 aufgefordert, der Behörde mittels des unteren Teils dieses Formulars binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses KFZ in Linz, B abgestellt hat, sodaß es dort am 22.2.1997 um 21.50 Uhr gestanden ist (Delikt: verboten gehalten)". Dieses Schreiben wurde in Vertretung des Behördenorgans, Mag. C, Kommissär, am 7. Juli 1997 durch Unterzeichnung genehmigt. 5.1. Auf diese Aufforderung reagierte die Berufungswerberin durch ihre Rechtsvertreter mit dem Schreiben vom 22. Juli 1997, worin sie den Zugang der Aufforderung mit 8. Juli 1997 bestätigte, dahingehend, daß sie von "ihrem Recht" Gebrauch mache, die erfragte Auskunft zu verweigern.

5.1.1. Daraufhin wurde der Berufungswerberin mit 7. August 1997 zu Hd. ihrer Rechtsvertreter eine Aufforderung zur Rechtfertigung unter Erhebung des Tatvorwufes gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zugestellt. 5.1.2. Auf diesen reagierte sie inhaltlich im Sinne ihrer Berufungsausführung und vermeinte im Ergebnis in diesem Fall zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet zu sein.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.2. Dazu sei ergänzend noch bemerkt, daß die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung auch der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK erachtete. Der Verfassungsgerichtshof hob das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welches dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, [Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art.90 Abs.2 B-VG, durch eine Strafsanktion ausgeübter Zwang zur Ablegung eines Geständnisses, VfSlg. 9950/1984, 10394/1985] jedoch durchaus kritisch hervor (siehe VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt - wie oben bereits dargetan - der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dabei kann die Rechtmäßigkeit nicht davon abhängen, ob die Erstbehörde etwa aus Gründen der Verwaltungsökonomie vorerst gleich ohne eine Lenkererhebung das Grunddelikt mit einer Strafverfügung zu verfolgen sucht und folglich - nach dem Einspruch - bei gleichbelassener Aktenzahl, ein (neues) Verfahren nach § 103 Abs.2 KFG einleitet.

Der Berufungswerberin vermag daher in ihrer Rechtsauffassung im Hinblick auf das ihr unter den gegebenen Umständen zukommenden Verweigerungsrecht zur Auskunftserteilung nicht gefolgt werden. Die von ihr in diesem Zusammenhang zit. Judikatur läßt ein Recht auf Verweigerung dieser Auskunft nicht erkennen. Das von der Berufungswerberin erwähnte Erkenntnis stellt fest, daß bloß dann nicht gegen die Auskunftspflicht verstoßen wird, wenn ein Beschuldigter nicht auf Verlangen der Behörde, sondern nur anläßlich einer Rechtfertigung (gemeint im Verfahren gegen das Grunddelikt [StVO-Delikt]), allenfalls auch wahrheitswidrig dartut, er habe das Fahrzeug nicht gelenkt (VwGH 11.5.1973, 867/72). Hier konnte die Berufungswerberin keine Zweifel über den Gegenstand des Verfahrens gegen sie haben. In diesem Verfahren tat dies der Berufungswerber anläßlich einer Rechtfertigung in einem anderen Verfahren, welche die Behörde folglich - ohne - (anders als hier) eine förmliche Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers gestellt zu haben, zu Unrecht als Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG qualifizierte. Die Berufungswerberin verkennt offenbar noch immer den Inhalt dieses Judikates und scheint die Ausführungen des ihr zwischenzeitig zugestellten h., die gleiche Rechtssituation betreffenden Erkenntnisses, nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Auch mit der Einleitung eines "neuen Verfahrens" nach dem KFG unter Beibehaltung der alten Aktenzahl des StVO-Verfahrens begründet keine Rechtswidrigkeit des hier verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens. Selbst die unterbliebene Einstellung durch Aktenvermerk läßt eine inhaltliche Beschwerde der Berufungswerberin nicht erkennen. Jedenfalls berechtigte sie dieser Umstand nicht zur Auskunftsverweigerung. Ebenfalls vermag sie mit der Rüge der Formulierung des an sie gestellten Auskunftsverlangens keine Rechtwidrigkeit der Erstbehörde darzutun. Diese Formulierung entspricht der gesetzlichen Intention, welche im Falle eines abgestellten Fahrzeuges eine andere Formulierung der Anfrage indiziert. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, daß die Frage im allgemeinen Verständnis vielleicht etwas ungewöhnlich anmutend lautet: "Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug .... in... abgestellt hat, sodaß es dort am ... um ... gestanden ist!" Es muß gerade von einem rechtskundigen Menschen erwartet werden, daß er den Sinn eines so formulierten Begehrens zu erkennen vermag. 7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein(e) Fahrzeuglenker(in), welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Zur Frage der Schuld war hier von der absichtlichen Verweigerung des behördlichen Verlangens und somit von einem hohen Verschuldensgrad auszugehen. Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann beim Vorliegen weder strafmildernder noch straferschwerender Umstände in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von unter 15% keine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden. Insbesondere ist hier der Erstbehörde durchaus zu folgen, wenn sie die von ihr verhängte Strafhöhe auf den Grund der Spezialprävention stützte. Dabei ist insbesondere auf das doch beträchtlich über dem Durchschnitt liegende Einkommen der Berufungswerberin auszugehen gewesen. Eine geringere Strafe würde hier die Erreichung des Strafzwecks fraglich erscheinen lassen. Die zum Zeitpunkt dieser Tatbegehung bereits anhängig - aber noch nicht rechtskräftig - gewesenen zwei einschlägigen Verfahren waren wohl als straferschwerend nicht heranzuziehen. Dennoch war aus den oben bezeichneten Gründen die verhängte Geldstrafe gerechtfertigt.

7.1.1. Die Behörde ist ferner bei der Strafzumessung nicht gehalten auf jene Strafdrohung Rücksicht zu nehmen, welche hinsichtlich jener Verwaltungsübertretung besteht, die Anlaß für das Auskunftsverlangen war (VwGH 22.2.1989, Zl. 89/02/0005 mit Hinweis auf VwGH 9.11.1984, 04/02B/0029). Daher vermag die Berufungswerberin keine Rechtswidrigkeit bei der Strafzumessung darin darzutun, wenn sie abermals auf das ursprünglich nur mit 500 S bestrafte Grunddelikt hinwies.

8. Der Erstbehörde darf bei dieser sich bietenden Gelegenheit empfohlen werden in derartigen Fällen aus Gründen der Rechtsklarheit das im vorhinein - ohne Lenkerauskunft - eingeleitete Verfahren wegen der Übertretung der StVO auch tatsächlich einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Aktenzahl, Verweigerungsrecht, Einstellung, StVO-Delikt

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