Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105482/25/Br

Linz, 02.12.1998

VwSen-105482/25/Br Linz, am 2. Dezember 1998 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder sowie den Berichter Dr. Bleier und den Beisitzer Dr. Guschlbauer über die Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, vom 24. März 1998, Zl. VerkR96-861-1996-Br, nach den am 28. Juni 1998 und am 2. Dezember 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen und der Verkündung am 2. Dezember 1998 zu Recht erkannt: I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungs-strafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 2.400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wegen der Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 12.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Tagen verhängt, weil er am 2.3.1996 um 04.15 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der B 125 von Neumarkt i.M. kommend in Richtung Unterweitersdorf gelenkt und sich um 05.30 Uhr des genannten Tages auf dem GP Freistadt gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht trotz Vorliegens der hiefür erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen auf dessen Aufforderung geweigert habe, sich der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt zu unterziehen.

Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung im wesentlichen auf die Anzeige des Meldungslegers und dessen zeugenschaftliche Angaben anläßlich seiner Vernehmung am 30. April 1996. Sie ging dabei, gestützt auch auf ein eingeholtes amtsärztliches Gutachten, davon aus, daß der Berufungswerber die Beatmung des Alkomaten schuldhaft verweigert habe und das Nichtzustandekommen eines verwertbaren Meßergebnisses nicht gesundheitlich begründet gewesen sei. Die Erstbehörde ging von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in der Höhe von 15.000 S aus. Die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde strafmildernd gewertet.

2. In der dagegen fristgerecht durch seine Rechtsvertreter erhobenen Berufung rügt der Berufungswerber u.a. Verfahrensmängel im erstbehördlichen Verfahren, auf welche hier nicht gesondert einzugehen ist. Inhaltlich führt er im Ergebnis aus, daß im Verhalten des Berufungswerbers keine Verweigerung der Atemluftuntersuchung erblickt werden könne. Ferner beantragt der Berufungswerber die Vernehmung der einschreitenden Beamten im Rahmen der ausdrücklich begehrten Berufungsverhandlung, die Beischaffung des Eichscheines betreffend den Alkomaten, die Einholung eines technischen SV-Gutachtens im Hinblick auf einen allenfalls abgeknickten Blasschlauch, der das Nichtzustandekommen eines gültigen Meßergebnisses verursacht haben könnte und die Beischaffung der Bedienungsanleitung betreffend das Atemluftmeßgerät und auch seine persönliche Einvernahme. Abschließend wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, durch Vernehmung der Zeugen RevInsp. S (am 29. Juni 1998) und RevInsp. F (am 2. Dezember 1998) sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen. Beigeschafft wurden ferner der Eichschein (Beil.\1), das Überprüfungsprotokoll (Beil.\2) und das Alkotestverzeichnis hinsichtlich der Einsätze des hier verfahrensgegenständlichen Alkomaten ([Nr A 10 â€" 256] Beil.\3). Überdies wurden anläßlich der Berufungsverhandlung am 2. Dezember 1998 gutachterliche Stellungnahmen eingeholt bzw. Erörterungen mit dem beigezogenen technischen Amtssachverständigen, TOAR Ing. A, vorgenommen. Einer Erörterung unterzogen wurden auch die im Akt befindliche amtsärztliche Stellungnahme und der im Akt erliegende Befund des praktischen Arztes Dr. P.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

4.1. Zum Sachverhalt:

Beim Berufungswerber wurden seitens der einschreitenden Gendarmeriebeamten nach einem Verkehrsunfall um etwa 4.15 Uhr deutliche Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, insbesondere Alkoholgeruch aus dem Munde und gerötete Augenbindehäute festgestellt. Er wurde aus diesem Anlaß mittels Dienstkraftwagen zum GP Freistadt gebracht und dort einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt unterzogen. Das Gerät war ordnungsgemäß geeicht und funktionstüchtig. Vom Unfallszeitpunkt bis zum Beginn der Atemluft-untersuchung waren zumindest zwanzig Minuten verstrichen. Dem Berufungswerber wurde die Vornahme der Beatmung des Alkomaten erklärt. Im Verlaufe von vier Beatmungsversuchen während einer Zeitspanne von insgesamt elf Minuten, wurde wegen Vorbeiblasens am Mundstück kein einziges verwertbares Meßergebnis erzielt. Eine technische Störung des Gerätes lag nicht vor.

Das Beweisergebnis stützt sich insbesondere auf die schlüssigen, sowie inhaltlich widerspruchsfreien Angaben der zeugenschaftlich einvernommenen Revierinspektoren S und F, sowie auf das im Meßstreifen zum Ausdruck gelangte Meßergebnis und die diesbezüglichen sachverständigen Äußerungen von Ing. A im Rahmen der Berufungsverhandlung am. Die Gendarmeriebeamten legten in schlüssiger und auch nach dem Eindruck ihres persönlichen Auftretens überzeugender Weise die wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome dar und ferner, daß der Berufungswerber offenkundig bemüht war, keinen Luftstrom in das "Röhrchen" (Schlauch) zu bringen, indem er das Mundstück nicht mit den Lippen umschloß, sondern, es im Mund haltend, an diesem vorbeiblies.

Wenn der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung das Nichtzustandekommen auf einen Gerätedefekt in Folge eines abgeknickten Schlauches zurückzuführen versuchte, so konnten hiefür keinerlei konkreten Anhaltspunkte gefunden werden. Der Sachverständige Ing. A legte überzeugend dar, daß ein solcher Defekt nur bei relativ großer Gewalteinwirkung auf den Schlauch möglich wäre. Eine Demonstration seines damaligen Verhaltens an dem beigeschafften Alkomaten durch den Berufungswerber selbst widerlegte das Vorbringen eines abgeknickten Schlauches: Um den Schlauch zu knicken, hätte der Alkomat vom Tisch gezogen werden müssen, was aber nicht der Fall war.

Auch das vom Berufungswerber "zwischen den Beatmungsvorgängen" wahrzunehmen geglaubte Ausschalten des Gerätes durch den Gendarmeriebeamten erwies sich laut Sachverständigem aus technischer Sicht für den am Meßstreifen ausgewiesenen Zeitraum (von 05.19 bis 05.30 Uhr) als unmöglich. Die Zeitspeicherung würde nämlich im Falle des während einer Untersuchungssequenz erfolgten Ausschaltens des Alkomaten verloren gehen. Auch an den dieser Amtshandlung folgenden Tagen war laut beigeschafftem Alkotestverzeichnis des GP Freistadt die Funktionstüchtigkeit dieses Alkomaten offenkundig gegeben. Ferner ist der Zeitraum während dessen die Amtshandlung am Alkomaten lief ein Indiz dafür, daß, wie von den Gendarmeriebeamten bestätigt, dem Berufungswerber vier Blasversuche und nicht, wie von ihm behauptet, bloß zwei eingeräumt wurden. Im Hinblick auf den Umstand, daß der Berufungswerber bei der Amtshandlung jeglichen Hinweis auf einen (erst später behaupteten) gesundheitlichen Mangel (bzw. auf eine nervositätsbedingte Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Beatmung) machte und auch den Beamten keinerlei solche Anzeichen auffielen, muß das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers als Schutzbehauptung qualifiziert werden. Es ist allgemein und aus zahlreichen amtsärztlichen Gutachten bekannt, daß die für die Beatmung erforderlichen Mindestanforderung (1,5 l Atemluft bei einem drei Sekunden anhaltendem Luftstrom) von jedem Menschen erbracht werden kann, der nicht ins Auge springende Anzeichen extremer, ja geradezu lebensbedrohender Atemnot aufweist. Derlei Defizite sind beim Berufungswerber auch deshalb nicht anzunehmen, weil er nach eigener Aussage damals seine Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung (Schiausflug) am selben Tag vorbereitete. Der vom Berufungswerber selbst nachgereichte "Lungenfunktionstest" von Dr. P vom 26.4.1996 bestätigt, daß beim Berufungswerber "keine Einschränkung der Atemfunktion" gegeben ist; zur diffusen Relativierung des Befundes durch den Hinweis auf Nasenpolypen hat die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Freistadt das Nötige gesagt.

Letztlich wirkte das Auftreten des Berufungswerbers im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht überzeugend. Vor allem den Beatmungsvorgang erklärte er umständlich und zögerlich. Er hinterließ den Eindruck, daß er sich Schutzbehauptungen zurechtgelegt hatte, deren Aufrechterhaltung ihm aber nicht leicht fiel.

Es konnte daher in seiner der gesamten Verantwortung des Berufungswerbers, es sei ihm ein Nichtzustandekommen eines verwertbaren Meßergebnisses nicht vorzuwerfen, nicht gefolgt werden. 4.2. In rechtlicher Hinsicht: Nach § 5 Abs.2 StVO (i.d.F. der 19. Novelle) sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Die Sanktion bei Mißachtung der Verpflichtung dieser Personen sich der Untersuchung zu unterziehen, ist im § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 normiert. Die Untersuchung ist grundsätzlich mittels Alkomat vorzunehmen.

Im Sinne dieser Bestimmungen genügt bereits die bloße Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung für die Berechtigung eines Straßenaufsichtsorganes, einen Betroffenen aufzufordern, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Ein starker Geruch nach Alkohol aus dem Mund ist daher ein ausreichender Grund zur Annahme einer derartigen Vermutung. Damit ist die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Atemluftprobe durch das Organ der Straßenaufsicht gegeben gewesen (VwGH 28.11.1975/192/75, ZVR 1976/247). Für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung iSd § 5 Abs.2 StVO kommt es nicht auf die Menge des vom Fahrzeuglenker konsumierten Alkohols an (VwGH 23.1.1991, 90/03/0256). Jedes Verhalten des Betroffenen, das die Vornahme des Tests an dem vom Organ der Straßenaufsicht bestimmten Ort verhindert, stellt eine Verweigerung dar (VwGH 26.1.1983, 82/03/0070 = ZfVB 1983/6/2755). Das strafbare Verhalten bei einer Übertretung nach § 99 Abs.1 lit.b in Verbindung mit § 5 Abs.2 StVO 1960 ist die Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl eine rechtmäßige Aufforderung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 ergangen ist. Rechtmäßig ist eine solche Aufforderung u.a. unter der Voraussetzung, daß vermutet werden kann, daß sich die betreffende Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet und in diesem Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen oder diesbezügliche Versuche angestellt hat (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 21. März 1990, Zl. 89/02/0193, VwGH 19.10.1994, Zl.93/03/0136 u.v.a.). 4.3. Im Lichte dieser Rechtslage war der oben geschilderte Sachverhalt wie im Spruch zu beurteilen.

4.4. Zur Strafzumessung:

Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

Im Hinblick auf einen bis zu 50.000 S reichenden Strafrahmen ist ausgehend von einem doch gut durchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers (18.000 S monatlich netto) die mit 12.000 S bemessene Geldstrafe noch als niedrig bemessen anzusehen und jedenfalls notwendig, um dem Berufungswerber den Tatunwert seines Fehlverhaltens zu verdeutlichen (vgl. VwGH 5.11.1987, 87/18/0111). Hinsichtlich der Schuld ist zu bemerken, daß von einer absichtlichen Verhinderung eines verwertbaren Meßergebnisses auszugehen ist, wobei das Motiv dafür aus der Sicht des Betroffenen begreiflich sein mag, vom Schutzzweck der betreffenden Rechtsnorm her jedoch keinesfalls mildernd wirkt. Die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers war als strafmildernd zu werten. Abschließend sei festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 VStG hier nicht vorliegen, da die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen (VwGH 24.5.1989, 89/03/0048 = ZfVB 1990/2/231).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 26.04.2002, Zl.: 1999/02/0212-8

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