Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150450/12/Lg/Hue

Linz, 12.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 10. Oktober 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des W T, D-94 R, H, vertreten durch Rechtsanwälte P & K, D-94 R, B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 5. Mai 2006, Zl. BauR96-45-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen RE zu vertreten habe, dass er am 9. Juli 2005 um 10.35 Uhr die mautpflichtige A I im Bereich des Grenzüberganges S bei ABKm 75 in Fahrtrichtung Deutschland benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die Kontrolle am Grenzübergang um 13.35 Uhr und nicht wie im Bescheid angegeben 10.35 Uhr gewesen sei. Dies könnten zwei namentlich genannte Zeugen bestätigen. Einem als Beilage zu dieser Berufung angeschlossenen Schreiben an die belangte Behörde ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass auch der namentlich genannte Vereinsmitverantwortliche bestätigen könne, dass der Wandertag am Tattag eine Stunde vorher begonnen habe. Da die Kontrollpunkte für diesen Wandertag erst ab 12.00 Uhr besetzt gewesen seien, hätte erst ab diesem Zeitpunkt auf die Startkarte aufgedrückt werden können. Dem Bw sei nicht bewusst gewesen, dass für diese kurze Autobahnfahrt zur A Richtung P Mautpflicht bestehe, noch dazu gebe es am Kreisverkehr der B zur Auffahrt keinen Hinweis. Der Bw könne nicht verstehen, wenn er jährlich nach S, F und S fahre, von K 3 km bis zur Abfahrt K Süd keine Mautpflicht bestehe. Als Beilage angeschlossen ist ein Terminplan vom Wanderprogramm 2006.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 9. Juli 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf und die Lenkerdaten. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

Nach Strafverfügung vom 15. Juli 2005 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung und ergänzte, dass eine "Abzock-Falle" vorliege und dies dem EU-Integrationsgedanken zuwiderlaufe. Die unverhältnismäßig hohe Geldstrafe entspreche nahezu dem Monatseinkommen des Bw. Auch sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Der Beilage sind Kopien des Einladungsschreibens zum Wandertag und ein Einkommensnachweis angeschlossen.

 

Einer E-Mail der A vom 13. April 2006 ist zu entnehmen, dass der Meldungsleger am Tattag von 5.00 Uhr bis 15.00 Uhr Dienst versehen habe. Auf dieser E-Mail befindet sich ein undatierter und ohne Namenszeichen versehener Aktenvermerk der belangten Behörde. Aus diesem geht hervor, dass laut Auskunft des Mautaufsichtsorgans G der Mautstelle B bei Dienstbeginn um 9.30 Uhr bei einer Fahrtzeit von etwa 1,5 Stunden mit einem frühesten Eintreffen in S um ca. 11.15 Uhr zu rechnen sei.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung sagte der als Zeuge einvernommene Meldungsleger aus, dass er die Anzeige am Tattag erst um 19.00 Uhr verfasst habe. Auf Vorhalt einer E-Mail der A vom 13. April 2006, aus der hervorgeht, dass der Meldungsleger am Tattag von 5.00 Uhr bis 15.00 Uhr Dienst versehen habe, gab der Meldungsleger an, dass dies ein eindeutiges Zeichen dafür sei, dass er als Oberösterreicher am Tattag auch mit einem oberösterreichischen Kollegen Dienst versehen habe (im Gegensatz zu anderen Tagen, an denen er mit einem steirischen Kollegen versehen habe). In so einem Fall treffe man sich am V und es wäre unter diesen Umständen nicht möglich gewesen, die gegenständliche Kontrolle bereits um 10.35 Uhr durchzuführen. Genauer gesagt, es hänge davon ab, wann der steirische Kollege und der Zeuge am konkreten Tag Dienst gehabt hätte. Zum undatierten Aktenvermerk der Erstbehörde, wonach das Mautaufsichtsorgan G die Auskunft erteilt hätte, dass bei Dienstbeginn um 9.30 Uhr an der Mautstelle B mit einem frühesten Eintreffen in S um ca. 11.15 Uhr zu rechen sei, äußerte sich der Meldungsleger dahingehend, dass dies eine abstrakte Auskunft sei, die rechnerisch richtig sei. Er könne sich an den gegenständlichen Tattag nicht mehr erinnern und könne deshalb auch nicht sagen, wann konkret Dienstbeginn gewesen sei. Aus dem vorgehaltenen A-Schreiben vom 13. April 2006 ergebe sich eindeutig, dass mit einem oberösterreichischen Kollegen Dienst versehen worden sei und deshalb das Fahrtdauerargument von G im konkreten Fall nicht greife. Aus diesem Schreiben ergebe sich ganz eindeutig, dass bei einem Dienstbeginn um 5.00 Uhr es sehr wohl möglich gewesen sei, bereits um 10.30 Uhr in S zu sein. Bezüglich der Zeitlogik würden deshalb keine Probleme mit der Anzeige auftauchen. Ob ein Irrtum bestehe in der in der Anzeige angegebenen Tatzeit könne aus der Erinnerung heraus nicht mehr gesagt werden. Es könne durchaus sein, dass auch noch um 13.35 Uhr Kontrollen durchgeführt worden seien. Wenn am Tattag tatsächlich um 15.00 Uhr Dienstschluss gewesen sei, hätte er um etwa 14.15 Uhr in S die Kontrolltätigkeit beendet.

 

Die einvernommen Zeugin E K sagt aus, dass ihr der Bw vom Sehen aus bekannt sei, da sie das Wandern als Hobby betreiben würden. Sie und der Bw seien am Tattag in getrennten PKWs nach S und zurück gefahren. Die Rückfahrt und somit auch die Kontrolle der sowohl Zeugin (bzw. ihres Gatten) als auch des Bw habe etwa zwischen 13.30 und 14.00 Uhr stattgefunden. Sie sei sich sicher, dass zu dieser Zeit auch der Bw kontrolliert worden sei, da sie sich anschließend mit dem Bw darüber unterhalten habe. Die Einreise nach Österreich sei etwa um 11.00 Uhr erfolgt. Es könne nicht sein, dass der Bw am Vormittag und die Zeugin erst am Nachmittag kontrolliert worden sei. Auch das Kfz der Zeugin sei vom Mautaufsichtsorgan beanstandet worden und sie habe die Strafe anstandslos bezahlt. Frau K sei sich wegen des Datums sicher, da die Wanderung in S nur einmal jährlich stattfinde.

 

Auch der weiters einvernommene Zeuge J K sagte aus, dass eine Kontrolle des Bw etwa zeitgleich mit seiner Kontrolle stattgefunden und bei beiden Kfz eine gültige Mautvignette gefehlt habe. Diese Kontrollen hätten keinesfalls um 10.35 Uhr stattgefunden; es wäre möglich, dass diese um 13.35 Uhr oder sogar noch später stattgefunden hätten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Der Einwand des Bw, dass der Zeitpunkt der Kontrolle durch ein Mautaufsichtsorgan einen vom Tatvorwurf unterschiedlichen Tatzeitpunkt angibt, wurde durch die Zeugenaussagen von E und J K erhärtet. Gleichzeitig konnte der ebenfalls als Zeuge einvernommene Meldungsleger einen Irrtum in der Uhrzeitangabe in der Anzeige nicht ausschließen. Fraglich erscheint, welche rechtlichen Folgen sich an eine solche Diskrepanz knüpfen. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzugs wird man davon auszugehen haben, dass die Uhrzeit im Tatvorwurf eines Strafbescheides eine zeitliche Deckung mit der Uhrzeit der Kontrolle durch das Mautaufsichtsorgan finden muss. Da somit die im Spruch des angefochtenen Bescheides (und in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung) angegebene Tatzeit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Bei diesem Ergebnis konnten die weiteren Vorbringen des Bw unerörtert bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

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