Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105546/5/BR

Linz, 23.06.1998

VwSen-105546/5/BR Linz, am 23. Juni 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. B gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. April 1998, Zl.: VerkR96-4570-1998, wegen der Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24 und § 51 Abs.1 § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 140 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 700 S und für den Nichteinbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 23.12.1997 um 15.25 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Hausruck-Bundesstraße 143 in Richtung U gelenkt und dabei auf Höhe des Hauses U die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde ausgeführt, daß die behauptete ärztliche Hilfeleistung um 16.00 Uhr des 23.12.1997, nichts mit der h. Geschwindigkeitsüberschreitung um 15.25 Uhr zu tun haben konnte. Zur Festsetzung der Geldstrafe vermeinte die Erstbehörde, daß diese tatschuldangemessen sei und auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers entspreche. Geschwindigkeitsüberschreitungen seien immer der Grund für Verkehrsunfälle und zählten daher zu den besonders schweren Verstößen im Straßenverkehr. Den Rechtfertigungsgrund des Berufungswerbers des Zusammenhanges mit einer verkehrsunfallsbedingten ärztlichen Hilfeleistung ließ die Erstbehörde nicht gelten, weil sich der Unfall erst nach dieser Tatbegehung zugetragen habe und daher mit diesem Unfall nicht in Zusammenhang stehen habe können. Mit dieser Begründung ist die Erstbehörde grundsätzlich im Recht.

2. Der Berufungswerber führt in seiner mit dem Schreiben vom 29.4.1998 fristgerecht dagegen erhobenen Berufung, ohne auf den offenkundigen Widerspruch einzugehen, im Ergebnis aus, daß er bei diesem Unfall sehr wohl erste Hilfe geleistet habe. Wohl räumt der Berufungswerber ein, daß er die exakte Uhrzeit nicht mehr in Erinnerung habe.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war mangels Tatsachenbestreitung nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96-4570-1998 und der Durchführung ergänzender Erhebungen des bezogenen Unfallszeitpunktes. Daraus ergibt sich im Zusammenhang mit den ergänzend geführten Erhebungen und der Gewährung des diesbezüglichen Parteiengehörs der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt in schlüssiger Weise.

5. Der Berufungswerber bestreitet auch in der Berufung nicht die Tatbegehung an sich, sondern versucht diese mit einem unfallsbedingten ärztlichen Einsatz zu rechtfertigen. Unerfindlich ist jedoch, daß er hier die Zeitabfolge nicht zur Kenntnis zu nehmen scheint. Es ist nämlich auszuschließen, daß diese Fahrt um 15.35 Uhr (Tatzeit) mit der glaubhaft geleisteten ärztlichen Hilfe anläßlich des Unfalles an der Kreuzung B 143 mit der W nach 16.00 Uhr zu tun haben sollte. Wenn der Berufungswerber dies beharrlich zu behaupten scheint, so kann dies unter Berücksichtigung der logischen Denkgesetze wohl nur als untauglicher Versuch einer Schutzbehauptung qualifiziert werden. Diesbezüglich äußert er sich zu dem ihm gewährten Parteiengehör, welches ihm mit h. Schreiben vom 9. Juni 1998 (zugestellt am 15. Juni 1997 per RSb) gewährt wurde, dahingehend, daß er zwischenzeitig die Strafverfügung (gemeint wohl das Straferkenntnis) einbezahlt habe. Dabei wird dies vom Berufungswerber am 18. Juni 1998 auf der Rückseite des h. Schreibens vom 9. Juni 1998 handschriftlich vermerkt. Selbst eine konkludente Zurückziehung der Berufung kann aus diesem Schreiben nicht abgeleitet werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Vorweg wird festgestellt, daß es sich bei einer Fahrgeschwindigkeit im Ortsgebiet von 71 km/h nicht mehr um eine bloß geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitung handelt. Immerhin ist dieser Fahrgeschwindigkeit bereits eine Meßfehlertoleranz von 3 km/h in Abzug gebracht, sodaß davon auszugehen ist, daß die Tachoanzeige an 75 km/h herangereicht haben muß, und ferner davon auszugehen ist, daß der Berufungswerber diese Fahrgeschwindigkeit eher bewußt in Kauf genommen hat und daher von der Schuldform des Vorsatzes auszugehen ist. Zutreffend wies die Erstbehörde auch darauf hin, daß das Schnellfahren eine erhebliche Gefahrenpotenzierung zum Inhalt hat bzw. häufig die Ursache schwerer Unfälle ist. Es ist daher diesem Fehlverhalten mit doch spürbaren Strafen zu begegnen (vgl. auch VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

6.1.1. Diese Gefahrenpotenzierung gründet empirisch darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Fahrgeschwindigkeit der Anhalteweg um über 21 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 30,11 Meter beträgt, liegt dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei 51,6 Meter. Jene Stelle wo bei der Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zum Stillstand gelangt, wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit etwa 60 km/h durchfahren (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß es mit diesen sich kraß verändernden Weg-Zeit-Paramtern im Ortsgebiet zu erheblichen Gefahrenpotenzierungen kommt. Diesem Ergebnis liegt - wie schon dargetan - zugunsten des Berufungswerbers schon die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze von 3 km/h zu Grunde. Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren Konstellationen kommen kann, selbst wenn diese vom Schnellfahrer nicht unmittelbar herbeigeführt wurden. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet.

6.2. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.3. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe in Höhe von 700 S als gering bemessen zu qualifizieren ist, wo doch davon ausgegangen werden kann, daß das Einkommen des Berufungswerbers als Arzt eher erheblich über dem statistischen Durchschnitt liegt.

Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf Autobahnen im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtshof bereits im Jahre 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S als durchaus angemessen erachtet, selbst wenn mit einer derartigen Fahrgeschwindigkeit sonst keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind (VwGH 91/03/0014, 13.2.1991).

6.3. Der Berufung war demnach der Erfolg zu versagen. Die Kosten für das Berufungsverfahren sind gesetzlich bedingt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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