Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550302/7/Kl/Pe

Linz, 19.12.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IX. Kammer (Vorsitzender Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzerin Mag. Michaela Bismaier) über den Nachprüfungsantrag der A T L F P-P, vertreten durch Rechtsanwälte Dres. S-B V M, im Vergabeverfahren der Oö. G- u S-AG, betreffend „Um- und Zubau des L F, Trockenbauarbeiten“, zu Recht erkannt:

 

  I.                   Dem Nachprüfungsantrag vom 27.10.2006 wird Folge gegeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 17.10.2006, den Zuschlag an die T I GmbH zu erteilen, für nichtig erklärt.

 

 II.                   Die Oö. G- und S-AG als Auftraggeberin wird verpflichtet, der Antragstellerin die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 10.000 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: §§ 1, 2, 3 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm §§ 19, 80 Abs.3 und 123 Abs.1 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG, BGBl. I Nr. 17/2006.

zu II.: § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG iVm § 74 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 27.10.2006, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 30.10.2006, wurde von der A T L F P-P, 1) P T GmbH, 2) P A GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühr begehrt.

 

Begründend wurde hiezu dargelegt, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich handle. Als anzuwendende Vergabeverfahrensart sei in der Einladung zur Angebotsabgabe ein offenes Verfahren gemäß BVergG 2002 angeführt worden. Die Antragstellerin habe sich am Verfahren beteiligt und rechtzeitig ein vollständiges und ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Die Angebotsöffnung sei am 25.9.2006 erfolgt.

Bei der Angebotsöffnung seien nachstehende Angebote verlesen worden, und zwar

1. T I GmbH, 769.613,17 Euro

2. A P–P, 1.084.787 Euro

3. A W-S-S, 1.085.080,12 Euro

4. Fa. H (hat nur Teilbereich angeboten), 511.293,89 Euro.

 

Am 17.10.2006 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Fa. T I GmbH, den Zuschlag erteilen zu wollen. Als Ende der Stillhaltefrist sei der 31.10.2006 bekannt gegeben worden.

 

Festzuhalten sei zunächst, dass materiell auf das gegenständliche Vergabeverfahren die Bestimmungen des BVergG 2006 zur Anwendung hätten kommen müssen und nicht wie in der Einladung zur Angebotsabgabe angeführt worden sei, das BVergG 2002.

 

Nach Zitierung der Bestimmungen der §§ 123 Abs.1 und 125 BVergG 2006 wurde von der Antragstellerin weiters ausgeführt, dass das Nettoangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin 30 % unter dem Angebotspreis der sonstigen Bieter gelegen sei.

Dies sei nicht erklärbar. Es sei kein Geheimnis, dass in der Baubranche, nicht zuletzt aufgrund des erheblichen Konkurrenzdrucks, äußerst knapp kalkuliert werde. Die Angebote der Antragstellerin und der A W-S-SC würden sich an äußerst knapp kalkulierten marktüblichen Preisen orientieren. Das Angebot der T I GmbH sei daher betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar. Der Angebotspreis könne unter keinen Umständen kostendeckend sein. Es sei daher zu unterstellen, dass der Anbieter entweder einen reinen Verdrängungswettbewerb anstrebe oder bewusst unterpreisig anbiete, um andere Mitbewerber aus dem Markt zu drängen oder aber, dass er beabsichtige, Billigsubunternehmer aus dem Osten einzusetzen, sodass die Lohnanteile entsprechend heruntergeschraubt werden können oder aber, dass die eingesetzten Materialien nicht den gesetzlichen und ausschreibungskonformen Anforderungen entsprechen.

 

Die Auftraggeberin wäre aufgrund des eklatanten Preisunterschiedes verpflichtet gewesen, eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. Im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung hätte sich die Auftraggeberin nicht nur auf allfällige eigene Erfahrungswerte und allfällige lapidare Erklärungen des Anbieters verlassen dürfen, sondern wäre die Kalkulation des Anbieters unter Heranziehung der einschlägigen Normen zu hinterfragen und zu prüfen gewesen. Es wäre der marktübliche Preis zu erheben und allfällige Zertifikate und Einkaufsbedingungen bezüglich der angebotenen Materialien anzufordern gewesen. Die vertiefte Angebotsprüfung hätte aufgezeigt, dass das Angebot der Fa. T I GmbH betriebswirtschaftlich nicht erklärbar gewesen sei. Zudem hätte die vertiefte Angebotsprüfung auch ergeben, dass die T I GmbH gar nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aufweise, derartige Aufträge auszuführen. Das Unternehmen verfüge laut KSV-Auskunft lediglich über zwölf Monteure und habe im Jahr 2005 einen Jahresumsatz von ca. 2.400.000 Euro erzielt. Es bestehe also auch ein erhebliches Missverhältnis zwischen dem Jahresumsatz und dem gegenständlichen Auftragsvolumen. Hätte die Auftraggeberin entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen, hätte sie zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass das Angebot der Billigstbieterin keine angemessenen Preise aufweise und die finanzielle, wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit des Unternehmens und allfällig namhaft gemachten Subunternehmern nicht gegeben sei. Auch wäre festzustellen gewesen, dass die angebotenen Materialien nicht den Ausschreibungsbedingungen entsprechen würden. Das Angebot wäre daher auszuscheiden bzw. festzustellen gewesen, dass es sich beim billigstbietenden Unternehmen nicht um den Bestbieter gehandelt habe. In der Folge wäre die Antragstellerin als Bestbieterin mit einem Angebotspreis von 1.084.787 Euro hervorgegangen.

 

Die bekämpfte Zuschlagsentscheidung verstoße gegen die einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen und erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf richtige Anwendung der vergaberechtlichen Bestimmungen verletzt.

Weiters bringt die Antragstellerin vor, dass ihr ein Schaden in Form des entgangenen Gewinns aus dem gegenständlichen Bauauftrag in Höhe von ca. 39.887,01 Euro sowie frustrierte Kosten der Angebotserstellung in Höhe von ca. 2.500 Euro erwachsen seien. Da sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren mit einem gültigen Angebot beteiligt habe, ergebe sich daraus ein Interesse am Vertragsabschluss.

 

Mit Telefax vom 20.10.2006 sei die Auftraggeberin von der Antragstellerin dahingehend verständigt worden, dass beabsichtigt sei, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten. Darin sei die Auftraggeberin unter Hinweis auf die vorhandenen Rechtsverletzungen aufgefordert worden, die Zuschlagsentscheidung zu revidieren. Mit Fax vom 25.10.2006 habe die Auftraggeberin eine Stellungnahme des prüfenden Architekten H W & P, freie Architekten aus S, übermittelt. Darin sei ausgeführt worden, dass sich die Preise, wenn auch knapp kalkuliert, im marktüblichen Rahmen bewegen und sich die wesentlichen Preisdifferenzen im Bereich der zugekauften Materialien, also Zargen und Türblattelemente ergeben haben, die vermutlich auf unterschiedliche Lieferantenkonditionen basieren. Die Position Zargen und Türblattelemente nehme im Angebot der Antragstellerin einen Preisanteil von rund 475.000 Euro ein. Im Sinne der Stellungnahme, dass sich die wesentliche Preisdifferenz aus dieser Position ergeben habe, müsse dies bedeuten, dass die Fa. T I GmbH diese Position um mehr als die Hälfte billiger angeboten habe, was durch keinerlei technische, kaufmännische und sachliche Erklärung zu rechtfertigen sei. Ob hier tatsächlich ausschreibungskonforme Zargen und Türblattelemente angeboten worden seien, wäre wiederum durch eine vertiefte Angebotsprüfung zu klären gewesen. In diesem Zusammenhang werde auf die besonderen Anforderungen (ÖNORM-gerechte Schall- und Brandschutzwerte, ÜA-Kennzeichnung bei Türen) hinsichtlich der Verwendung von Zargen und Türen in Krankenhäusern verwiesen.

Soweit vom prüfenden Architektenteam weiters angeführt worden sei, dass die Fa. T I GmbH in D über fünf Zweigstellen und in Ö über eine Zweigstelle verfüge, liege offensichtlich ein gravierender Irrtum vor, zumal es sich bei der Fa. T I GmbH um ein rein ö Unternehmen handelt, welches in D keine Zweigstellen unterhalte. Offensichtlich seien hier zwei Unternehmen vermengt worden.

Die Stellungnahme enthalte keinerlei Hinweis darauf, dass tatsächlich eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen wurde. Augenscheinlich habe man sich mit einer oberflächlichen Prüfung begnügt. Aus der Stellungnahme der prüfenden Architekten ergebe sich auch, dass offensichtlich ein bestimmtes Naheverhältnis zum d Unternehmen T M bestehe, unter dessen Einflussbereich das ö Unternehmen T I GmbH stehe.

 

Dieser Antrag wurde gemäß einem Verbesserungsauftrag fristgerecht ergänzt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G- u S-AG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt und die Vergabeunterlagen angefordert. Mit Schreiben vom 6.11.2006 wurde von der Auftraggeberin mitgeteilt, dass mit der Durchführung und Abwicklung des Vergabeverfahrens die Architekten H W & P sowie der Projektsteuerer Dr. S & P G GesmbH beauftragt wurden, weshalb eine Stellungnahme dieser Firmen sowie auch die angeforderten Nachprüfungsunterlagen übermittelt werden. Es wurde um die Abweisung der Anträge ersucht.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Einsichtnahme in die von der Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen, insbesondere öffentliche Bekanntmachung, Protokoll über die Angebotseröffnung, Ausschreibungsunterlagen, Angebotsunterlagen, Prüfprotokoll, Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Verständigung sämtlicher Bieter und Schriftverkehr mit der Antragstellerin.

 

4. Mit Bescheid des Oö. Verwaltungssenates vom 2.11.2006, VwSen-550301/5/Bm/Rd/Sta, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 30.12.2006 untersagt.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung kann entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist (§ 12 Abs.2 Z2 Oö. VNPG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Die Oö. G- u S-AG als Rechtsträgerin der Landeskrankenhäuser steht in 100 %igem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentliche Auftraggeberin.

 

Gemäß Art.14b Abs.3 B-VG ist in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber die Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Die Bestimmungen des 4. Teils (Rechtsschutz) des BVergG 2006 sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. VNPG.

Materiellrechtlich hingegen unterliegt das gegenständliche Vergabeverfahren den Vorschriften des BVergG 2006. Das Bauvorhaben wurde im Oberschwellenbereich ausgeschrieben und gelten daher die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich.

 

Gemäß § 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1.      zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2.      zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftragebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Nach § 3 Abs.1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG 2002 (vgl. § 345 Abs.3 Z5 BVergG 2006) ist die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Der verbesserte Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 17.10.2006 und ist rechtzeitig und zulässig.

 

5.2. Nach § 13 Oö. VNPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie,

1.        im Widerspruch zu den Bestimmungen des BVergG und der hiezu erlassenen Verordnungen steht und

2.        für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 BVergG 2006 sind Vergabeverfahren nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

 

Gemäß § 80 Abs.3 BVergG 2006 ist in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder – sofern der Qualitätsstandard der Leistung in der Bekanntmachung und in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert ist – dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll. Soll der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt werden, so hat der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen alle Zuschlagskriterien, deren Verwendung er vorsieht, im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben.

 

Gemäß § 123 Abs.1 BVergG 2006 hat die Prüfung der Angebote in technisch und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen.

 

5.3. In der Veröffentlichung zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 23.8.2006 wurde das Vorhaben als Bauauftrag im offenen Verfahren ausgeschrieben und in Punkt IV. Punkt 2. „Zuschlagskriterien“ „B das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der in den Unterlagen genannten Kriterien“ bekannt gemacht. In den Angebotsunterlagen wird im Angebotsschreibung unter Punkt 15. hinsichtlich der Zuschlagskriterien auf das Leistungsverzeichnis hingewiesen. Das Leistungsverzeichnis weist keine Bestimmungen über Zuschlagskriterien auf.

 

Sowohl der EuGH (z.B. RS C-448/01 vom 4.12.2003) als auch der Verfassungsgerichtshof (vgl. Erkenntnis vom 12.3.2003, B2233/00-8) haben in ständiger Judikatur erkannt, dass bei der Wahl des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes für den Zuschlag die Zuschlagskriterien und die Gewichtung dieser Kriterien im Vorhinein bekannt gegeben werden müssen. Dies ergibt sich aus dem Transparenzgebot. Ohne Bekanntgabe der Zuschlagskriterien ist eine Gleichbehandlung aller Bieter nicht gewährleistet. So spricht der Verfassungsgerichtshof in B1908/00-12 vom 25.11.2002 auch aus, dass ohne Gewichtung eine Chance auf Zuschlagserteilung nicht feststellbar ist.

 

Auch der Oö. Verwaltungssenat hat in seiner ständigen Judikatur die Nichtfestlegung des Zuschlagsprinzips sowie auch die mangelhafte Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung als Verletzung der Vergabegrundsätze gemäß § 19 BVergG 2006 erkannt. Diese Grundsätze gelten während des gesamten Vergabeverfahrens. Ohne Festlegung der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung ist es daher auch dem Unabhängigen Verwaltungssenat – unbeschadet einer Nichtanfechtung und daher Bestandskraft der Ausschreibungsunterlagen – nicht möglich festzustellen, ob bei der Prüfung der Angebote und der Auswahl eines Angebotes für den Zuschlag sämtliche Vergabegrundsätze, insbesondere auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter, eingehalten wurden. Es liegt daher eine Rechtsverletzung der Bestimmungen des BVergG 2006 vor und ist sie auch von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Die bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung vom 17.10.2006 kann daher vom Oö. Verwaltungssenat nicht auf die Einhaltung der Vergabegrundsätze überprüft werden und war dies auch von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Vielmehr stellt das Fehlen sämtlicher Zuschlagskriterien einen zwingenden Widerrufsgrund dar. Dies war spruchgemäß festzustellen.

 

5.4. Im Hinblick auf die weiteren Beschwerdepunkte, insbesondere auf die Geltendmachung nichterklärbarer niedriger Angebotspreise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der daraus resultierenden Pflicht zu einer vertieften Angebotsprüfung, ist die Bestimmung des § 125 Abs.3 BVergG 2006 heranzuziehen, wonach der Auftraggeber aufklären und vertieft prüfen muss, wenn u.a. ein Angebot einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweist. Nach den vorgelegten Vergabeunterlagen, insbesondere Niederschrift über die Angebotsprüfung vom 10.10.2006 ist ersichtlich, dass neben der Herstellung eines Preisspiegels eine vertiefte Prüfung im Sinn einer Aufklärung nicht stattgefunden hat. Die Erstellung allein eines Preisspiegels genügt diesen Anforderungen nicht. Dem weiteren Schriftverkehr ist zwar zu entnehmen, dass die präsumtive Bestbieterin teilweise knapp kalkuliert hat und die Angebotspreise „vermutlich auf den unterschiedlichen Lieferantenkonditionen basieren“, eine diesbezügliche Aufklärung wurde hingegen nicht verlangt und es wurden die Kalkulationen nicht weiters überprüft. Da eine vertiefte Angebotsprüfung verpflichtend vorgesehen ist, stellt auch dies einen Verstoß dar, der auf das Ergebnis des Vergabeverfahrens von Einfluss sein kann. Auf die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, zB. Zl. 2003/04/2181 vom 29.3.2006, wird hingewiesen.

 

Es steht daher auch aus diesem Blickwinkel die angefochtene Zuschlagsentscheidung in Widerspruch zu den Bestimmungen des BVergG 2006. Die Zuschlagsentscheidung vom 17.10.2006 war daher für nichtig zu erklären.

 

6. Nach § 74 Abs.2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Es war daher der Antragstellerin der Ersatz der entrichteten Gebühren für die einstweilige Verfügung und die Nichtigerklärung in der Höhe von jeweils 5.000 Euro zuzusprechen und die Auftraggeberin zum Kostenersatz zu verpflichten.

 

7. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 45,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Steiner

 

Beschlagwortung:

keine Zuschlagskriterien, keine Gewichtung, Gleichbehandlungsgrundsatz

 

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