Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106393/31/Kü/Hu

Linz, 22.11.2005

 

 

 

VwSen-106393/31/Kü/Hu Linz, am 22. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn B M, geb. ..., S, H, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, gegen das Strafausmaß in Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7.5.1999, VerkR96-1643-1999, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22. November 2005 einschließlich Verkündung des Erkenntnisses zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Geldstrafe auf 581 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafe.

Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Der Berufungswerber hat somit zu entrichten:

  • Geldstrafe............................................................................................581,00 Euro

  • Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz.....................................................58,10 Euro

639,10 Euro

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt.....................................................................7 Tage.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960

§ 20 VStG

§§ 64 und 65 VStG

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis - angeführt wird nur Punkt 1), da nur dieser mittels Berufung bekämpft wurde - auszugsweise wie folgt erlassen:

"Sie lenkten am 21.03.1999 um 02.26 Uhr den PKW, Marke Peugeot 406, Kennzeichen BR-....., im Gemeindegebiet H., Bezirk B., auf dem Güterweg M., von H. kommend auf die L..... bis zur Anhaltung auf der Kreuzung des Güterweges M. mit der L.... und haben sich hiebei aufgrund des bei Ihnen gemessenen Atemluftalkoholgehaltes von 0,85 mg/l in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden;

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 5 Abs.1 StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß § 99 Abs.1 a StVO 1960 Geldstrafe von: S 16.000,--

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von: 14 Tagen

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen: S 1.600,--

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

(je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten,.... ) beträgt daher: S 17.600,--"

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 26.5.1999 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

Der UVS hat mit Erkenntnis vom 18.6.1999, VwSen-106393/3, die Berufung gegen das oben angeführte Straferkenntnis als unbegründet abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde vom VwGH mit Erkenntnis vom 26.4.2002, Zl. 99/02/0197 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der (Rechtsvertreter des) Bw hat mit Äußerung vom 20.6.2002 u.a. ausgeführt:

"Festgehalten wird, dass ich meine Berufung in der Schuldfrage zurückziehe, diese bezieht sich nur mehr auf die Frage der Strafbemessung."

Der UVS hat daraufhin mit Erkenntnis vom 8.8.2002, VwSen-106393/14, der Berufung teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 650 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Tage herabgesetzt.

Dieser Bescheid wurde vom VwGH mit Erkenntnis vom 15.4.2005, Zl. 2003/02/0029

wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Zur Strafbarkeitsverjährung nach § 31 Abs.3 VStG ist auszuführen:

Sind seit dem Zeitpunkt der Tat drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist nicht einzurechnen.

Die Zeit des Verfahrens vor dem VwGH läuft vom Einlangen der Beschwerde beim Gerichtshof bis zum Einlangen des Erkenntnisses bei der belangten Behörde; siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2.Auflage, E 101 zu § 31 VStG (Seite 597f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

Im vorliegenden Fall errechnen sich diese Verfahrenszeiten vor dem VwGH wie folgt:

erstes Verfahren (Zl. 99/02/0197):

Einlangen der Beschwerde beim VwGH: 19.7.1999

Einlangen VwGH-Erkenntnis beim UVS: 6.6.2002

ca. 2 Jahre + 10,5 Monate

zweites Verfahren (Zl. 2003/02/0029):

Einlangen der Beschwerde beim VwGH: 14.10.2002

Einlangen VwGH-Erkenntnis beim UVS: 2. 5.2005

ca. 2 Jahre + 6,5 Monate

Insgesamt somit: ca. 5 Jahre + 5 Monate

Die Tatzeit war am 31.3.1999 - somit bislang verstrichen: ca. 6 Jahre+ 8 Monate

abzüglich Verfahren vor dem VwGH: ca. 5 Jahre+ 5 Monate

ca. 1 Jahr + 3 Monate

Seit dem Tag der Tat ist daher - abzüglich der Verfahrensdauer vor dem VwGH - ein Zeitraum von ca. 1Jahr + 3 Monate vergangen, sodass die Strafbarkeitsverjährung iSd § 31 Abs.3 VStG noch nicht eingetreten ist.

Gemäß § 51 Abs.7 VStG wird dem UVS zur Erlassung einer Berufungsentscheidung eine Frist von 15 Monaten eingeräumt. In gleicher Weise wird zur Erlassung des Ersatzbescheides neuerlich eine Frist von 15 Monaten ab Zustellung des aufhebenden VwGH-Erkenntnisses eingeräumt; siehe die in Walter-Thienel, aaO, E 252, E 253 und E 254 zu § 51 VStG (Seite 1004f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

 

Das Erkenntnis des VwGH vom 15.4.2005, Zl. 2003/02/0029 wurde dem UVS am 2.5.2005 zugestellt. Die Frist des § 51 Abs.7 VStG wurde daher ebenfalls gewahrt.

Der Bw hat - wie bereits dargelegt - mit Äußerung vom 20.6.2002 die Berufung hinsichtlich des Schuldspruchs zurückgezogen und auf das Strafausmaß eingeschränkt.

Der Schuldspruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ist somit in Rechtskraft erwachsen; VwGH vom 24.4.2003, 2002/09/0177.

Am 22.11.2005 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt, obwohl der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigen von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kommt nur in Frage, wenn die Schuld des Beschuldigten geringfügig ist. Davon kann aber nur die Rede sein, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt; siehe die in Walter-Thienel, aaO, E 5 und E 6 zu § 21 VStG (Seite 388) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen.

Der Bw hat zur Tatzeit und am Tatort mit einem Alkoholisierungsgrad von 0,85 mg/l einen Pkw gelenkt. Das tatbildmäßige Verhalten des Bw ist als "typisch" zu bezeichnen und hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt nicht erheblich zurückgeblieben.

Weiters ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 4.6.2004, 2004/02/0177 zu verweisen:

Der dortige Beschwerdeführer hat einen Lkw ohne Einsatz von Motorkraft lediglich bergab rollen lassen und zwar von einer ungünstigen Abstellposition zu einem Gasthausparkplatz. Die zurückgelegte Strecke hat ca. 100 bis 150 m und die Geschwindigkeit ca. 10 bis 20 km/h betragen. Der VwGH hat u.a. ausgeführt, dass die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nicht in Betracht kommt.

Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kommt nicht einmal dann in Betracht, wenn jemand in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

vom 17.12.2004, Zl.2004/02/0298

oder

vom 20.4.2001, Zl. 2000/02/0232

Im vorliegenden Fall ist daher die Anwendung des § 21 VStG rechtlich nicht möglich.

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Seit der Tat (März 1999) ist ein Zeitraum von mehr als. 6,5 Jahren vergangen.

Als Milderungsgrund ist u.a. anzusehen, wenn das gegen den Bw geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Rechtsvertreter zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat; siehe dazu ausführlich VfGH vom 5.12.2001, B 4/01 = VfSlg. Nr. 16385, wo die vom VfGH zu beurteilende Verfahrensdauer ca. 6 Jahre und 5 Monate betragen hat.

Im gegenständlichen Fall ist die Verfahrensdauer nahezu identisch mit jener im zitierten VfGH-Erkenntnis zu beurteilenden Verfahrensdauer.

Der Bw war zum Zeitpunkt der Tat - siehe das erstinstanzliche Straferkenntnis - verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.

Für den UVS ist es daher in Berücksichtigung des Nichtvorliegens von Erschwernisgründen gerechtfertigt und vertretbar, § 20 VStG anzuwenden und die in § 99 Abs.1 lit.a StVO iVm § 20 VStG festgelegte Mindest-Geldstrafe: 581 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage, festzusetzen.

Der Bw hat mit Äußerung vom 9.8.2005 beantragt, diese in Anwendung des § 20 VStG mögliche Mindeststrafe zu unterschreiten und eine Geldstrafe von 400 Euro festzusetzen.

Eine Unterschreitung der in § 99 Abs.1 lit.a StVO iVm § 20 VStG festgesetzten Mindest-Geldstrafe bzw. -Ersatzfreiheitsstrafe ( 581 Euro bzw. 7 Tage) ist jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht möglich. Auch unter dem Gesichtspunkt der zweifelsohne vorliegenden überlangen Verfahrensdauer, welche als Milderungsgrund gewertet wurde, bietet Art. 6 Abs. 1 EMRK nach Ansicht des UVS keine verfassungsrechtliche Grundlage für eine über den Anwendungsfall des § 20 VStG hinausgehende Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe.

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren in I. Instanz 10% der neu festgesetzten Geldstrafe. Für das Verfahren vor dem UVS ist gemäß § 65 VStG kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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