Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280776/19/Wim/Pe/Be

Linz, 18.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn C S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. M E, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 20.10.2004, Ge96-130-3-2004-Brot, wegen einer Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.11.2006 zu Recht erkannt:

 

I.               Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.             Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, §§ 44a, 45 und 51c VStG.

zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber  (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 der EG-Verordnung Nr. 3820/85 sowie iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatz­freiheitsstrafe in der Dauer von 180 Stunden verhängt.

 

Ferner wurde der Bw gemäß § 64 VStG verpflichtet 100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie haben als verantwortlich Beauftragter der Firma T GmbH in G, B, und somit als strafrechtlich Verantwortlicher Folgendes zu vertreten:

Den Arbeitnehmern, Herrn Y R und Herrn D H, beschäftigt im obgenannten Güterbeförderungsbetrieb, die Lenker eines Kraftfahrzeuges im internationalen Straßenverkehr sind, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, wurde laut den bei der ha. Behörde in Kopie vorliegenden Arbeitszeitaufzeichnungen die vorgeschriebene Ruhezeit innerhalb eines 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitbeginn nicht gewährt:

 

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 17.2.2004 um 06.50 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 18.2.2004 um 12.50 Uhr, innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 0 Stunden 0 Minuten.

 

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 19.2.2004 um 05.20 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 20.2.2004 um 11.20 Uhr, innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 0 Stunden 0 Minuten.

 

Arbeitsbeginn bzw. Beginn des 24-Stunden-Zeitraumes am 26.2.2004 um 08.30 Uhr, Arbeitsende bzw. Ende des 24-Stunden-Zeitraumes am 27.2.2004 um 14.30 Uhr, innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ab Arbeitsbeginn ergibt sich somit eine Ruhezeit von 0 Stunden 0 Minuten.

 

Gemäß Art.8 Abs.2 der EG-Verordnung Nr. 3820/1985 ist innerhalb jedes Zeitraumes von 30 Stunden, in dem sich zwei Fahrer im Fahrzeug befinden, jeder von ihnen eine tägliche Ruhezeit von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden einlegen.

Durch die oben angeführten Zeiten

im Zeitraum vom 17.2.2004 um 06.50 Uhr bis zum 18.2.2004 um 12.50 Uhr,

im Zeitraum vom 19.2.2004 um 05.20 Uhr bis zum 20.2.2004 um 11.20 Uhr sowie

im Zeitraum vom 26.2.2004 um 08.30 Uhr bis zum 27.2.2004 um 14.30 Uhr

haben Sie den Lenkern die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit gemäß Art. 8 Abs.2 EG-VO 3820/85 von 8 zusammenhängenden Stunden nicht gewährt.

 

Herr Y R und Herr D H lenkten folgendes Kraftfahrzeug:

Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen: UU-.

Die Lenker legten folgende Fahrtstrecke zurück:

St. Valentin – Veteren – Birmingham.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Bw Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Begründend führt der Bw aus, dass ihm Herr D H völlig unbekannt sei und dieser nie bei der T GmbH beschäftigt gewesen sei. Der Bw habe erstmals im Zuge des gegenständlichen Verfahrens von dieser Person Kenntnis erlangt. Weiters sei es nicht richtig, dass im gegenständlichen Lkw zwei Fahrer anwesend waren. Ebenfalls wird darauf hingewiesen, dass Herr Y R gekündigt worden sei. Es sei zu keiner Zeit eine Überprüfung durchgeführt worden, ob Herr D H im Betrieb beschäftigt sei und könne der Bw nicht für ihm unbekannte Personen, welche allfällig im Lkw mitgenommen werden, bestraft werden. Wäre ihm dies bekannt gewesen, hätte er dies unterbunden.

Auch sei die Anwendung des Art.8 Abs.2 EG-VO 3820/85 rechtswidrig, da nur ein Lenker eingesetzt gewesen sei. Weiters sei festzuhalten, dass alle im Verantwortungsbereich des Bw stehenden Lkw-Fahrer über die Ruhezeiten und die EG-VO entsprechend informiert seien. Verlasse jedoch ein Lkw den Firmenstandort, könne der Bw nur hoffen, dass sich die Fahrer an die Einhaltung der Ruhezeiten halten. Es bestehe keine bzw. kaum eine Kontrollmöglichkeit über das Verhalten des jeweiligen Fahrers außerhalb des Firmensitzes. Im gegenständlichen Fall habe sich der Lenker nicht an die aufgetragenen Vorgaben zur Einhaltung der Ruhepausen gehalten und wird festgehalten, dass dieser Lenker die Einschulung zum Thema Ruhezeiten, Lenkpausen und Ruhezeiten sowie die angedrohten Konsequenzen nicht akzeptieren wollte. Der Bw habe das Dienstverhältnis zu Herrn Y R durch Kündigung beendet und könne nicht mehr Einflussnahme auf die Dienstnehmer von einem strafrechtlich Verantwortlichen erwartet werden, als die Mitarbeiter auf die notwendige Einhaltung der Ruhezeit  und die Sanktionierung der Verstöße hinzuweisen. Bei dem gegenständlichen Transport handle es sich um keine Eilfracht und wurde der Lenker vom Bw eingeschult und seither überwacht. Es sei dem Bw nicht möglich alle Fahrer ständig zu kontrollieren, er sei aber sehr bemüht soweit als möglich die Kontrolle über die Fahrer auszuüben.

Weiters wird ausgeführt, dass die Erstbehörde die Einkommensverhältnisse bei der Strafbemessung hätte berücksichtigen müssen. Der Bw verdiene monatlich ca. 2.000 Euro und erweise sich die Strafbemessung als unverhältnismäßig hoch. Weiters wurde die Anwendung des § 21 VStG angeregt, da – wenn überhaupt – nur geringes Verschulden vorliege.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.11.2006, an welcher der Bw, sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

3.2. Der Bw hat anlässlich der mündlichen Verhandlung sein Berufungsvorbringen aufrecht erhalten und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Für Verstöße gegen die im § 28 Abs.1a und 1b angeführten Rechtsvorschriften im internationalen Straßenverkehr beträgt die Verjährungsfrist abweichend von § 31 Abs.2 ein Jahr.

Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 


Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

 

Die belangte Behörde hat dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug von zwei Lenkern gelenkt wurde. In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 7.11.2006 wurde die vom Bw in der Berufungsschrift angeführte Verantwortung, nämlich dass ihm Herr D H völlig unbekannt und zu keiner Zeit Angestellter bzw. Arbeitnehmer der T GmbH gewesen sei, auch durchaus glaubwürdig weiterhin aufrecht erhalten. Zudem wurde Herr D H auch nicht unmittelbar beim Lenken des gegenständlichen Kraftfahrzeuges betreten. Auch eine Auskunft des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger hat ergeben, dass Herr H niemals bei der T GmbH angemeldet war.

Der "Zweilenker-Tatvorwurf" lässt sich daher nicht aufrecht erhalten und war darüber hinaus, wie schon in der Berufungsschrift bemängelt auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt. Da mangels Verfolgungsverjährung der zutreffende Strafvorwurf nicht mehr nachgeholt werden kann, musste das Erststraferkenntnis behoben werden.

 

Zu II:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Wimmer

 

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