Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230455/2/Br

Linz, 03.08.1995

VwSen-230455/2/Br Linz, am 3. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung S M, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dres. F, G, , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz - Land, vom 6. Juli 1995, Zl. Sich96-212-1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 666/1993 VStG.

II. Es entfallen daher sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz - Land hat mit dem Straferkenntnis vom 6. Juli 1995, Zl.: Sich96-212-1995, wider die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 15 Abs. 1 Z2 iVm § 82 Abs.1 Z4 FrG eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich in der Zeit vom 6.5.1994 bis zum 16.3.1995 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet und zwar in P, S, aufgehalten habe, da sie während dieser Zeit nicht im Besitz einer Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes gewesen sei.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde aus:

"Mit Schreiben der hiesigen Fremdenpolizei vom 16.3.1995 wurde angezeigt, daß Sie seit 6.5.1994 ohne gültige Bewilligung in Österreich aufhältig sind.

Sie wurden deswegen mit Strafverfügung vom 13.4.1995, umseitige Aktenzahl, wegen Übertretung nach § 15 Abs.1 Z.2 i.V.m. § 5 des Fremdengesetzes mit S 1000.-- bestraft.

Gegen diese Strafverfügung, welche Sie am 20.4.1995 übernommen haben, haben Sie am 4.5.1995 in offener Frist einen Einspruch gegen die Schuld eingebracht und diesen damit begründet, daß Sie bosnische Staatsangehörige sind und mit Herrn H M, welcher eine gültige Aufenthaltsbewilligung für Österreich besitzt, verheiratet sind. Es ist Ihnen daher auch im Hinblick auf Ihr gemeinsames Kind nicht zumutbar, getrennt von Ihrem Mann zu leben, sodaß nach Ihrer Ansicht eine Strafbarkeit Ihres Verhaltens nicht gegeben ist.

Abschließend führen Sie nochmals an, daß Sie aus Bosnien stammen und Ihnen eine Rückkehr dorthin auf Grund der Kampfhandlungen nicht zumutbar ist, sodaß aus diesem Grund auch für den Fall der Unrechtmäßigkeit Ihres Aufenthaltes eine Strafbarkeit nicht vorliegt, da die Voraussetzungen des § 6 Verwaltungsstrafgesetz gegeben sind. Auf Grund dieses Einspruches wurden Sie zur Vervollständigung der Beweisaufnahme vorgeladen.

Anläßlich Ihres Erscheinens am 22.5.1995 wurde mit Ihnen eine Niederschrift aufgenommen, worin Sie auf die von Ihnen im Einspruch gemachten Angaben verweisen. Außerdem haben Sie angegeben, daß Sie im Mai 1994 über die Grenzkontrollstelle Spielfeld legal eingereist sind, jedoch durchgewunken wurden und daher keinen Grenzkontrollstempel in Ihrem Reisepaß eingetragen haben. Ihre Einreise erfolgte über Kroatien und Slowenien. Sie sind damals auf Grund einer von Ihrem Gatten für Sie abgegebenen Verpflichtungserklärung, daß er für sämtliche Kosten aufkommt, die durch Ihren Aufenthalt in Österreich entstehen, nach Österreich gekommen. Ihr Gatte hält sich bereits seit 1992 legal in Österreich auf.

Ferner geben Sie an, daß Sie aus V K stammen und dort zum Zeitpunkt Ihrer Ausreise Kampfhandlungen waren und auch dzt.

noch solche sind.

Sie beantragen daher die Einstellung des Verfahrens.

Hinsichtlich Ihrer Einkommens-, Vermögens- u.

Familienverhältnisse haben Sie angegeben, daß Sie über kein eigenes Einkommen verfügen und Ihren Lebensunterhalt vom Einkommen Ihres Gatten fristen, welcher monatlich S 13.200.-netto verdient. Außer für Sie hat Ihr Gatte noch für ein minderjähriges Kind zu sorgen. Weiters haben Sie S 3.500.-- monatlich für Miete und Betriebskosten für Ihre Wohnung zu bezahlen. An vermögen besitzen Sie nichts.

Zu diesem Sachverhalt wird seitens der Behörde wie folgt Stellung genommen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z.2 des Fremdengesetzes halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn Ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde.

Aus den fremdenpolizeilichen Unterlagen ist ersichtlich, daß Sie seit 6.5.1994 in P polizeilich gemeldet sind und Ihren ordentlichen Wohnsitz dort begründen. weiters ist aus der Aktenlage zu ersehen, daß Sie am 24.6.1994 bei der Österreichischen Botschaft in L einen Erstantrag auf Erteilung einer Bewilligung nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes eingebracht haben.

Bezüglich des Erstantrages ist zu bemerken, daß Sie diesen zwar im Sinne des § 6 Abs.2 des Aufenthaltsgesetzes im Ausland, nämlich bei der österr. Botschaft in Slowenien eingebracht haben, Sie jedoch bereits vorher, wie bereits oben erwähnt, nämlich seit 6.5.1994 ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung oder eines Sichtvermerkes zu sein, in P aufhältig waren. Im Anschluß an die Einreichung Ihres Erstantrages sind Sie auch sofort wieder nach Österreich zurückgekehrt. Während Ihres kurzfristigen Aufenthaltes in Slowenien waren Sie in P nicht polizeilich abgemeldet. Sie sind in P während des gesamten Tatzeitraumes polizeilich gemeldet und ohne nennenswerten Unterbrechungen aufhältig gewesen.

Dazu ist festzustellen, daß sich gem. Art 1 Abs.1 des für Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina anzuwendenden Abkommens zwischen Österreich und Jugoslawien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.Nr. 365/1965 i.d.F.

BGLBl.Nr. 117/1983, Staatsbürger von Bosnien und Herzogowina 3 Monate sichtvermerksfrei in Österreich aufhalten dürfen.

Da Ihre polizeiliche Anmeldung in P am 6.5.1994 erfolgte, hätte daher Ihr sichtvermerksfreier Aufenthalt bereits am 6.8.1994 geendet. Im Hinblick darauf, daß Sie jedoch einen Erstantrag auf Erteilung einer Bewilligung nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes eingebracht haben, haben Sie damit kundgetan, daß Sie länger als 3 Monate in Österreich Aufenthalt nehmen wollen und es ist daher ein unerlaubter Aufenthalt Ihrerseits zumindest seit Ihrer polizeilichen Anmeldung gegeben zumal Sie sich hinsichtlich des genauen Zeitpunktes der Einreist nach Österreich nicht mehr erinnern können. Nach der geltenden Rechtslage hätten Sie jedoch für Ihren länger als 3 Monate in Österreich andauernden Aufenthalt bereits vor Ihrer Einreise eine Aufenthaltsbewilligung oder einen Sichtvermerk in Ihren Reisepaß eintragen lassen müssen.

Ihrem Begehren bezüglich Einstellung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens konnte daher nicht entsprochen werden, zumal Ihnen das Abwarten der Erledigung Ihres Erstantrages in Slowenien bzw. die Ausreise zumindest nach Slowenien nach Beendigung eines dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthaltes in Österreich zugemutet werden kann.

Die Strafhöhe wurde entsprechend Ihrer finanziellen Verhältnisse bemessen, wobei als strafmildernd bewertet wurde, daß Sie keine Verwaltungsvorstrafen haben. Als erschwerend wurde Ihr relativ langer unerlaubter Aufenthalt in Österreich gewertet.

Hinsichtlich des Ausmaßes des Verschuldens Ist festzuhalten, daß Sie dies zur Gänze selbst trifft, da Sie strafmündig und für sich voll handlungsfähig sind.

Bezugnehmend auf die Folgen dieser Verwaltungsübertretung ist ferner festzustellen, daß durch die Begehung dieser Verwaltungsübertretung einerseits ein illegaler Aufenthalt Ihrerseits in Österreich gegeben ist, andererseits auch dadurch ein vermeidbar gewesener Verwaltungsaufwand entstanden ist.

Im Hinblick auf diesen Sachverhalt konnten die von Ihnen beantragten Begehren nicht berücksichtigt werden und es mußte spruchgemäß entschieden werden." 2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht durch ihre ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung.

2.1. Sie führt darin folgendes aus:

"Gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von LinzLand, Sich96-212-1995, vom 6.7.1995, meinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt am 11.7.1995, erhebe ich innerhalb offener Frist B e r u f u n g an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Ich fechte den Bescheid seinem gesamten Inhalte nach an.

Der Bezirkshauptmann von Linz-Land geht davon aus, daß ich mich unrechtmäßig in Österreich aufhalte.

Dies ist nicht der Fall.

Mir kommt eine Aufenthaltsberechtigung nach § 12 Aufenthaltsgesetz und auf Grund der Verordnungen der Bundesregierung BGBl. 1995, 389, 1038/94, 368/94 und 402/93 zu.

Dieses Aufenthaltsrecht steht mir unabhängig von einer bescheidmäßigen Ausfertigung oder einer Ersichtlichmachung unmittelbar kraft den zitierten Verordnungen zu.

Die Rechtsansicht der Strafbehörde 1. Instanz, ich sei zum Aufenthalt in Österreich nicht berechtigt, ist daher nicht richtig.

Ich lege meine Berufung vom 26.6.1995 zu Sich-04/14416 der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vor und erhebe das Vorbringen in dieser Berufung im Aufenthaltsverfahren auch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit meines bisherigen Aufenthaltes zur Begründung dieser Berufung im Strafverfahren.

Selbst wenn der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht davon ausgehen sollte, daß ein derartiges Aufenthaltsrecht besteht, so verweise ich auf meine bisherige Verantwortung, auf die die Strafbehörde 1.

Instanz nicht hinreichend eingegangen ist.

Zumindest sind die Voraussetzungen des § 6 VStG gegeben oder liegt doch zumindest geringes Verschulden im Sinne des § 21 VStG vor.

Ich verweise nochmals auf den Kriegszustand in meiner Heimat und auf die Unmöglichkeit, dorthin zurückzukehren.

Es ist auch nicht möglich, mich in Slowenien aufzuhalten, da ich für Slowenien kein Aufenthaltsrecht habe und dorthin nicht ausreisen darf.

Ich bin faktisch auf Grund der Verhältnisse in meiner Heimat gezwungen, in Österreich zu verbleiben.

Auch in Hinblick darauf, daß mein Gatte und mein Kind in Österreich leben ist - dies insbesondere auch in Hinblick auf Art. 8 MRK - eine Ausreise aus Österreich nicht zumutbar.

Die Folgen der Verwaltungsübertretung sind deshalb bedeutungslos, als durch das Einkommen meines Gatten mein Aufenthalt und mein Lebensunterhalt in Österreich gesichert sind und daher keinerlei nachteilige Folgen vorliegen. Ich bin durch meinen Gatten auch sozialversichert.

Ich stelle daher den A n t r a g, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge dieser Berufung Folge geben und das gegen mich geführte Strafverfahren zur Einstellung bringen.

S M" 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Die Berufung richtet sich überwiegend gegen eine unrichtige rechtliche Beurteilung des an sich unbestrittenen Sachverhaltes und zuletzt auch gegen das Ausmaß der verhängten Strafe. Zumal sich aus dem Akt sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Beurteilungskriterien ergeben und ein diesbezüglicher gesonderter Antrag nicht vorliegt, konnte hier von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl.

Sich96-212-1995.

5. Nachfolgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. Wie alleine durch die Berichterstattung der Medien notorisch bekannt ist, sodaß daran eben nicht gezweifelt werden kann, herrscht in der Heimat der Berufungswerberin Krieg. Ferner ist genauso evident, daß es bei diesem Krieg zu unmenschlichen, menschenverachtenden Aggressionshandlungen auch gegenüber der Zivilbevölkerung auf sämtlichen Seiten der kriegsführenden Parteien und unter dieser auch gegenüber Frauen und Kinder kommt. Der Berufungswerberin wird somit auch darin gefolgt, daß von ihr nicht erwartet werden könnte, sich in "ihre alte Heimat" zu begeben. Darüber hinaus hält sich ihre Familie (Mann und Kind) offenbar legal in Österreich auf.

5.1.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich neben dem Vorbringen der Berufungswerberin und auch, wie oben bereits gesagt, auf die notorisch bekannten Tatsachen.

5.2. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.2.1. Fremde (§ 1 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.

Nr.838/1992) brauchen zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes (§ 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl.

Nr.311) in Österreich eine besondere Bewilligung (im folgenden "Bewilligung" genannt). Die auf Grund anderer Rechtsvorschriften für Fremde vorgesehenen besonderen Regelungen bleiben unberührt (§ 1 Aufenthaltsgesetz).

5.2.2. Gemäß den Verordnungen der Bundesregierung, BGBl. Nr.

402/93, 368/94 u. 1038/94, hinsichtlich des Aufenthaltsrechtes von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, wird vorübergehendes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet eingeräumt. Dieses besteht auch für solche Personen, die nach dem 1. Juli 1993 einreisten, sofern die Einreise über eine Grenzkontrollstelle erfolgte, bei der sich der Fremde der Grenzkontrollstelle stellte und ihm entsprechend internationaler Gepflogenheiten die Einreise gestattet wurde. Einer solchen Einreise tut auch ein bloßes Durchwinken keinen Abbruch. Diesen jeweils immer wieder das vorläufige Aufenthaltsrecht verlängernden Verordnungen für diese Volksgruppe, lassen nicht entnehmen, daß diesfalls für einen Betroffenen eine Frist von drei Monaten relevant wäre.

Eine solche Sicht würde wohl diese Verordnungen ihres Sinnes entleeren, nämlich den Schutz eines Angehörigen dieser Volksgruppe vor Kriegsereignissen. Aus dieser Sicht vermag die Begründung der Erstbehörde, insbesondere auch nicht die von ihr zitierte Verordnung, "BGBl.Nr. 365/1965 idF BGBl.Nr.117/83", nicht nachvollzogen werden. Wenn in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dargelegt wird, daß die Berufungswerberin mit der Stellung ihres Erstantrages zum Ausdruck gebracht hätte, daß sie länger als drei Monate in Österreich verweilen zu wollen kundgetan habe, so ist damit für die an sich sehr schwer nachvollziehbaren Schlußfolgerungen der Erstbehörde nichts zu gewinnen gewesen. Auch der Verordnungsgeber hat schließlich durch seine jeweilige Verlängerung(en) der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für die hier betroffene Volksgruppe, deren "Aufenthaltswunsch im Bundesgebiet" auf legale Basis zu stellen, beabsichtigt.

Somit kann in der Absicht, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten zu wollen, nicht ein Rechtswidrigkeit begründendes Element gesehen werden. Die Antragstellung um Erteilung einer Bewilligung im Heimatland wäre hier somit nicht notwendig gewesen, sodaß auch das Nichtabwarten der Erteilung objektiv nicht vorzuwerfen ist. Daher ist hier der von der Berufungswerberin vertretenen Rechtsansicht zu Folgen, nämlich, daß ihr ein Aufenthaltsrecht "exlege" zukommt.

5.2.3. Entgegen der Sicht der Erstbehörde wird ferner der Berufungswerberin im Ergebnis auch dahingehend gefolgt, daß es ihr angesichts der bekannten politischen Situation im ehemaligen Jugoslawien nicht zuzumuten wäre, in ihre ehemalige Heimat zurückzukehren, um von dort ihre Einreiseformalitäten zu besorgen. Jede andere Sicht würde eine Verkennung oder Verleugnung der dortigen politischen Zustände bedeuten.

5.2.4. Die Erstbehörde trifft nämlich keinerlei Angaben zur Frage der Schuld.

5.2.5. Nach § 6 VStG wäre (ist) eine Tat dann nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist. Auch im Verwaltungsstrafrecht ist nur ein schuldhaftes Verhalten strafbar (VwGH 13.5.1987, 85/18/0067; SCHULDAUSSCHLIESZUNGSGRÜNDE (vgl Leukauf - Steininger 4 StGB RN 6), daß die tatbestandsmäßige und rechtswidrige Handlung im konkreten Fall im Rahmen des Strafverfahrens nicht vorwerfbar ist; es würde hier daher auch an der (strafbegründenden) Schuld mangeln. Aus h. Sicht begründet die Befürchtung von kriegerischen Ereignissen, deren Dimension in der Auswirkung auf Menschen hier nicht näher erörtert zu werden braucht, in Verbindung mit der Trennung von der Familie einen Zustand, welcher eine tatsächlich illegale Einreise oder allfällige Formalfehler bei der Einreise, in der für nicht rechtskundige Personen ohnedies schwer nachvollziehbaren diesbezüglichen Rechtslage, nicht als Schuld vorzuwerfen wäre.

5.3. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, daß der von der Erstbehörde erhobene Tatvorwurf nicht sämtliche Tatbestandselemente im Sinne des § 44a VStG erfaßt. Der aus § 1 des Aufenthaltsgesetz resultierende Tatvorwurf wäre darin begründet gewesen, daß der Fremde "für die Begründung eines Wohnsitzes" einer entsprechenden Bewilligung bedarf.

Dies wurde mit dem im angefochtenen Straferkenntnis formulierten Tatvorwuf jedoch nicht umschrieben. In der Begründung darauf hinzuweisen genügt nicht. Hier wurde lediglich dargetan, daß der Aufenthalt in einem bestimmten Zeitraum nicht rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Mangel wäre hier wohl noch innerhalb der offenen Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 44a VStG berichtigbar gewesen, sodaß eine Einstellung nach § 45 Abs.1 Z3 aus diesem Grunde (noch) nicht platzgreifen hätte können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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