Linz, 03.07.2007
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der Frau D N, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 18.6.2007, Fe-1486/2006, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage:
§ 39 Abs.2 AVG
Entscheidungsgründe:
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) hat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Am 14.11.2006 um 11.21 Uhr hat der Lenker des PKW SV- .... auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr im Bezirk Judenburg die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 42 km/h überschritten.
Diese Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mittels Laser festgestellt, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde.
In der Anzeige ist ausdrücklich ausgeführt:
"Das Fahrzeug wurde von einem Mann gelenkt."
Der Zulassungsbesitzer hat in der Lenkerauskunft nach § 103 Abs.2 KFG angegeben, dass der auf ihn zugelassene PKW zur Tatzeit und am Tatort von der nunmehrigen Berufungswerberin (im folgenden: Bw) gelenkt worden sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Judenburg hat daraufhin mit Strafverfügung vom 7.3.2007 über die Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2c Z9 StVO eine Geldstrafe verhängt.
Diese Strafverfügung ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Die belangte Behörde hat daraufhin mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der/die Bw gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 2 Wochen – gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides – entzogen und
- verpflichtet, den Führerschein unverzüglich nach Vollstreckbarkeit des Bescheides bei der Behörde abzuliefern.
Gegen diesen Bescheid hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 24.6.2007 eingebracht und im Ergebnis ausgeführt, dass sie zur Tatzeit und am Tatort den bezughabenden PKW nicht gelenkt habe.
Gemäß § 38 AVG besteht Bindungswirkung an diese rechtskräftige Strafverfügung; siehe z.B. die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E 48 ff zu § 38 AVG (Seite 512 ff) zitierten zahlreichen höchstgerichtlichen Entscheidungen.
Lenkerin war – rein formalrechtlich gesehen – die Bw!
Allerdings normiert § 39 Abs.2 AVG den
- "Grundsatz (der Erforschung) der materiellen Wahrheit" bzw.
- "Grundsatz (der amtswegigen Ermittlung) der materiellen Wahrheit".
VwGH vom 16.10.2001, 2001/09/0071; vom 31.8.2006, 2004/21/0139 uva.
Als "Besonderheit des Einzelfalles" ist zu berücksichtigen, dass – wie bereits erwähnt – in der Anzeige wörtlich ausgeführt ist:
"Das Fahrzeug wurde von einem Mann gelenkt."
Somit stand von vorneherein fest, dass der Lenker nur ein Mann, nicht jedoch eine Frau – klarerweise auch nicht die Bw – gewesen sein kann.
Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro angefallen
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
§ 39 Abs.2 AVG – Grundsatz der materiellen Wahrheit