Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110789/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 23.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des A G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23.4.2007, VerkGe96-5-2006-GRM, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.          

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23.4.2007, VerkGe96-5-2006-GRM, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.453 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG idgF iVm Art.6 Abs.4 der Verordnung 881/92 idgF verhängt, weil er als Inhaber der Firma G A mit Sitz in, in Ausübung des Gewerbes "Internationale Spedition und Transporte" sowie des Gewerbes "Verkauf von Wasch- und Reinigungsmittel und Zubehör" nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes eingehalten wurden.

Anlässlich einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Landesverkehrsabteilung am 5.1.2006 um 16.25 Uhr auf der Autobahn A 25 Richtung Wels, Gemeinde Weißkirchen an der Traun, Bezirk Wels-Land, Oberösterreich, wurde festgestellt, dass Hr. C K, wh, welcher als türkischer Staatsbürger Staatsangehöriger eines Drittstaates ist, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges, Sattelzugfahrzeug N3, Marke Daimler Chrysler, amt. Kennzeichen (D), Anhänger O4, Marke Sommer, KZ:, eine gewerbsmäßige Beförderung von Gütern von einem Orte, welcher außerhalb des Bundesgebietes liegt, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von einem außerhalb des Bundesgebietes liegenden Ort in das Ausland durchführte, obwohl dies nur Unternehmern gestattet ist, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind: Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 oder einer Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14. Juni 1973, oder einer Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich, oder aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Lenkt ein Fahrer aus einem Drittstaat das Fahrzeug, so hat dieser eine Fahrerbescheinigung mitzuführen. Das KFZ war auf der Fahrt von Karabük/Türkei nach Badhoevedorp/Niederlande und hatte Folgendes geladen: Textilien. Sie haben dem Lenker keine Fahrerbescheinigung nach dem Muster der Verordnung EG 484/2002 ausgefolgt.   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt, da es nicht richtig sei, dass der Bw dem Fahrer C K keine Fahrerbescheinigung mitgegeben habe. Das gegenständliche Fahrzeug sei in Rumänien aufgebrochen worden und seien dabei neben  persönlichen Dingen auch die Fahrerbescheinigung gestohlen worden. Aus diesem Grund sei beim Landratsamt G eine neue beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung beantragt und am 29.3.2006 ausgestellt worden. Aus der der belangten Behörde vorgelegten beglaubigten Abschrift der Fahrerbescheinigung mit der Nr., ausgestellt am 10.3.2003, sei zu ersehen, dass der Fahrer bereits seit 2003 über eine Fahrerbescheinigung verfügt habe und diese auch beim gegenständlichen Transport mitgeführt worden sei. Der Diebstahl der Fahrerbescheinigung könne daher dem Bw nicht zur Last gelegt werden.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung – wie vom Bw gefordert – konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Eingangs wird bemerkt, dass der Oö. Verwaltungssenat bei seiner Entscheidung das Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 32/2002 anzuwenden hat, da das Güterbeförderungsgesetz 1995 idF BGBl. I Nr. 23/2006 mit 17.2.2006 in Kraft getreten ist, der Tattag (5.1.2006) jedoch in den Zeitraum vor in Kraft treten der Novelle BGBl. I Nr. 23/2006 fällt und daher die Bestimmungen derselben nicht Anwendung finden können (§ 1 Abs.2 VStG).

 

5.2. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1.         Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2.         Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3.         Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4.         aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß Art.6 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26.3.1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 484/2002 vom 1.3.2002 ist die Fahrerbescheinigung Eigentum des Verkehrsunternehmers, der sie dem darin genannten Fahrer zur Verfügung stellt, wenn dieser Fahrer ein Fahrzeug im Verkehr mit einer dem Verkehrsunternehmer erteilten Gemeinschaftslizenz führt.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z9 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungs­übertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 23 Abs.3 GütbefG ist ein Unternehmer auch dann strafbar nach Abs.1 Z3, Z6, Z8 oder Z11, wenn er die in §§ 7 bis 9 genannten Verpflichtungen oder die in der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 normierten Gebote oder Verbote im Ausland verletzt. Örtlich zuständig ist diesfalls jene Behörde, in deren Sprengel der Lenker im Zuge einer Straßenkontrolle betreten wird, sonst jene Behörde, in deren Sprengel der Grenzübertritt in das Bundesgebiet erfolgte.

 

5.3. Wie nunmehr aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde hervorgeht, konnte der Fahrer C K im Zuge der Anhaltung keine Fahrerbescheinigung vorlegen. Als Begründung für die Nichtvorlage wurde vom Bw vorgebracht, dass in den gegenständlichen Lkw in Rumänien eingebrochen und neben persönlichen Gegenständen des Lenkers auch die Fahrerbescheinigung entwendet worden sei. Vom Bw wurde eine beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung mit der Nr., lautend auf K C, gültig vom 29.3.2006 bis zum 30.11.2008, mit dem besonderen Vermerk, dass, sollte zwischenzeitlich eine anders lautende höchstrichterliche Entscheidung fallen, der Antragsteller (Bw) verpflichtet ist, die Fahrerbescheinigung ggf. vorzeitig zurückzugeben, der belangten Behörde vorgelegt.

 

Die Rechtfertigung des Bw, dass er dem Lenker eine Fahrerbescheinigung zur Verfügung gestellt hatte, im Zuge eines Einbruchs dem Lenker diese aber gestohlen worden ist, ist nicht geeignet, den Bw von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien. Daran vermag auch der Umstand, dass der Bw im Verwaltungsstrafverfahren eine Fahrerbescheinigung für den Lenker vorlegen konnte, nichts daran ändern, zumal die Gültigkeit dieser vorgelegten Fahrerbescheinigung erst am 29.3.2006 zu laufen begonnen hat, der Tattag jedoch am 5.1.2006 war. Da der Unternehmer den gesetzlichen Bestimmungen zufolge in den Geschäftsräumen die beglaubigte Abschrift der Fahrerbescheinigung aufzubewahren hat, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die beglaubigte Abschrift der vermeintlich gestohlenen Fahrerbescheinigung vorzulegen. Auch erscheint dem Oö. Verwaltungssenat nicht glaubwürdig, dass kein Bericht über die polizeiliche Meldung des Einbruchs bzw Diebstahl vorgelegt wurde. Es war daher vielmehr davon auszugehen, dass der Bw zum Tatzeitpunkt dem Lenker keine Fahrerbescheinigung zur Verfügung gestellt hat.

 

Unbeschadet dessen war aber der Berufung dennoch Folge zu geben:

 

Gemäß § 2 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

Von der belangten Behörde wurde der Tatvorwurf "... dem Lenker keine Fahrerbescheinigung ... ausgefolgt (richtig wohl: zur Verfügung gestellt)" rechtsrichtig unter die Bestimmung des § 23 Abs.1 Z9 GütbefG iVm Art.6 Abs.4 der obzit. Verordnung subsumiert; dort gilt aber, wie bei Unterlassungsdelikten generell, der Ort als Tatort, wo der Täter handeln hätte müssen, also am Sitz des Unternehmens, welches im gegenständlichen Fall in Deutschland etabliert ist. Eine örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde war somit nicht gegeben (§ 2 Abs.1 VStG). Es liegt sohin kein Anwendungsfall der lex specialis des § 23 Abs.3 GütbefG (Strafbarkeit auch bei Unternehmenssitz im Ausland) vor, da dieser nicht für § 23 Abs.1 Z9 GütbefG gilt (vgl. diesbezüglich auch VwSen-110549/2/Kl/Pe und VwSen-110576/2/Kl/Rd/Wü).    

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatort im Ausland, keine Sonderbestimmung

 

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