Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400918/2/Gf/Ga

Linz, 13.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des G K, vertreten durch RA Dr. W, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Polizeidirektor von Linz zu Recht erkannt:

 

 

            Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittel­werbers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein georgischer Staatsangehöriger, ist am 17. August 2005 illegal ins Bundesgebiet eingereist und hat am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Jänner 2006 abgewiesen; gleichzeitig wurde die Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt. In gleicher Weise wurde die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates mit Wirkung vom 17. August 2007 abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde zwar vom Verwaltungsgerichtshof zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt; in der Folge wurde jedoch deren Behandlung mit Beschluss vom 15. Oktober 2007 abgelehnt, sodass das Asylverfahren mit diesem Tag als rechtskräftig negativ abgeschlossen anzusehen ist.

 

1.2. Mit Bescheid der BPD Wien vom 31. Mai 2007 wurde gegen den Rechtsmittelwerber auf Grund zweier strafgerichtlicher Verurteilungen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Seit dem 9. Jänner 2007 befand sich der Beschwerdeführer zwecks Verbüßung seiner Haftstrafe in der JA Linz, aus der er am 7. November 2007 bedingt entlassen wurde.

 

1.3. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Stadt Linz vom 31. Oktober 2007, Zl. 1056240/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Über­stellung in das PAZ Linz sofort vollzogen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er nach eigenen Angaben einerseits weder über Vermögen noch über einen Wohnsitz verfüge noch einer Beschäftigung nachgehe und es ihm zudem an jeglicher sozialer Integration ermangle, was sich insbesondere an den strafgerichtlichen Verurteilungen wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen zeige. Auch eine Wohnmöglichkeit bei seiner in Wien gemeldeten Gattin bestehe nicht, da deren Asylverfahren am selben Tag ebenfalls rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei. Auf Grund dieser Umstände sei die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der sofortige Abschiebung notwendig. Im Hinblick auf das Wissen um die bevorstehende Abschiebung sei die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht gekommen, weil die Gefahr bestanden habe, dass er in die Illegalität abtauchen würde.

 

1.4. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

 

Darin wird unter Vorlage einer entsprechenden Absichtserklärung vorgebracht, dass der Rechtsmittelwerber bei einer Bekannten in Linz wohnen könnte und von ihr unterstützt würde.

 

Im Übrigen hätte er einen Anspruch auf die Anwendung gelinderer Mittel, insbesondere die Vorschreibung der täglichen Meldung bei einer Polizeidienststelle.

 

Daher wird die Aufhebung der Schubhaft beantragt.

 

1.5. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Außerdem wurde mitgeteilt, dass der Rechtsmittelwerber am 10. November 2007 zwecks Abklärung einer eventuellen Lebererkrankung in das AKH Linz verbracht und daher die Schubhaft aus diesem Grund am selben Tag aufgehoben worden sei.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. 1056240/FRB; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 157/205, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, u.a. das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

 

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde u.a. zu dem Zweck festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, um die Abschiebung zu sichern.

 

Nach § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt gemäß § 77 Abs. 3 FPG insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

3.2. In seinem zuletzt ergangenen Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2004/21/0003, hat der Verwaltungs­gerichtshof einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Recht­sprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeenden­den Maßnahme, von strafgerichtliche Verur­teilungen und eine fehlende Ausreise­willigkeit für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattge­geben: Vielmehr muss bei einer darauf abzielenden Behauptung seitens der Behörde konkret auch dessen soziale Verankerung in Österreich geprüft werden.

 

In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft bei einer Bekannten in Linz wohnen zu dürfen und von ihr unterstützt zu werden.

 

Die Frage seiner sozialen Integration hat die belangte Behörde de facto nicht geprüft; sie hat sich diesbezüglich vielmehr ausschließlich auf zwei strafgerichtliche Verurteilungen bezogen und allein daraus das Nichtbestehen jeglicher sozialer Integration abgeleitet.

 

Dies vermag jedoch ebenso wie die übrige Faktenlage (illegale Einreise, fehlende Dokumente, Mittellosigkeit) eine Schubhaftverhängung einerseits deshalb nicht zu rechtfertigen, weil der Fremde einen Rechtsanspruch auf die vorhergehende Anwendung gelinderer Mittel hat und andererseits alle diese Umstände keinen gesetzlich anerkannten Schubhaftgrund bilden.

 

Daher hätte die belangte Behörde sohin in einem ersten Schritt die Vorschreibung gelinderer Mittel, zB. insbesondere der periodischen Meldung gemäß § 77 Abs. 3 FPG, zur Anwendung bringen müssen. Erst wenn sich diese de facto als unzweckmäßig herausgestellt hätten, hätte allenfalls in einem nächsten Schritt zur Verhängung der Schubhaft übergegangen werden können.

 

3.3. Der gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft festzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 16,80 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 17.03.2009, Zl.: 2007/21/0542-6

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