Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251610/7/Kü/Hu

Linz, 19.12.2007

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn Ing. H V, vertreten durch Dr. M S, Wirtschaftskammer Oberösterreich, Bezirksstelle Wels, Dr. Koss-Straße 4, 4600 Wels, vom 31. August 2007 gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. August 2007, Zl. BZ-Pol-76041-2007, wegen Übertretung des Ausländer­beschäftigungs­gesetzes zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung gegen das Strafausmaß wird insofern Folge gegeben, als in Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 25 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.                  Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Erstbehörde wird auf 600 Euro herabgesetzt; für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 20, 51 und 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 17. August 2007, Zl. BZ-Pol-76041-2007,  wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in vier Fällen Geldstrafen von jeweils 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma H H GmbH, W, M (Arbeitgeberin) zu verantworten hat, dass durch diese Firma

1. S P, geb. …, Staatsangehörigkeit: Tschechische Republik, im Zeitraum vom 26.2.2007 bis 5.6.2007

2. S J, geb. …, Staatsangehörigkeit: Tschechische Republik, im Zeitraum vom 26.2.2007 bis 5.6.2007

3. S P, geb. …, Staatsangehörigkeit: Tschechische Republik, im Zeitraum vom 5.2.2007 bis 5.6.2007

4. T J, geb. …, Staatsangehörigkeit: Tschechische Republik, im Zeitraum vom 26.2.2007 bis 5.6.2007

als Fleischereiarbeiter in L, L, bei der Firma "S I GmbH" beschäftigt wurden, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde.

 

Zur Strafbemessung wurde festgehalten, dass als strafmildernd die korrekte sozialversicherungsrechtliche Erfassung und als straferschwerend die lange Beschäftigungsdauer zu bewerten gewesen sei. Die verhängte Strafe erscheine auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse – wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung geschätzt – als angemessen.

 

2. Dagegen richtet sich die vom Vertreter des Bw eingebrachte Berufung gegen das Strafausmaß, mit der eine größtmögliche Reduzierung des Strafausmaßes beantragt wird. Begründend wurde ausgeführt, dass die Firmengruppe H mit Betriebsstätten in W, L, P sowie L zu den größten Schlacht- und Fleischvermarktungsbetrieben in Österreich gehöre. Im konkreten Fall handle es sich um die zur Firmengruppe zählende S I GmbH. Die gesamte Gruppe beschäftige insgesamt 350 Mitarbeiter.

 

Trotz guten Geschäftsganges und großen Exporterfolgen gestalte sich die Akquirierung von Mitarbeitern, die auf dem Schlachtband eingesetzt würden, aufgrund der schweren und unattraktiven Tätigkeit immer schwieriger. Diese Arbeiten würden zu 99 % nur mehr von ausländischen Arbeitskräften bewerkstelligt. Alle AMS-Dienststellen der jeweiligen Betriebsstandorte der Firma H würden mit "Daueraufträgen" zur Akquirierung derartiger Arbeitskräfte mit großem Nachdruck versorgt. Trotz größter Bemühungen aller Beteiligten könne der Bedarf nur in den seltensten Fällen gedeckt werden.

Im konkreten Fall sei eine echte Notsituation im Betrieb L entstanden. Zur Aufrechterhaltung des Betriebes habe man sich entschlossen, die betroffenen Mitarbeiter (tschechische Staatsangehörige) von der Betriebsstätte L in die Betriebsstätte L zu schicken, um die Einstellung des Betriebes zu verhindern.

 

Unter dem Lichte eines konkreten und objektivierbaren Unrechtsbewusstseins seien sich alle Beteiligten in dieser Situation nicht klar gewesen, dass diese Vorgangsweise die einschlägigen Rechtsvorschriften des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes verletzen würde. Die erwähnten Arbeitnehmer seien ordnungsgemäß sozialversicherungsrechtlich gemeldet und hätten allesamt eine Beschäftigungsbewilligung für den Betrieb L besessen. Somit sei zwar formell gegen die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verstoßen worden, es sei jedoch in keiner Weise ein Schaden, auch nicht volkswirtschaftlich, entstanden.

 

Die Firma H hätte durch die Vorgangsweise keinen wie immer gearteten wirtschaftlichen Vorteil lukrieren, sondern lediglich eine Notsituation beseitigen können. Die betroffenen Arbeitnehmer hätten auch keine anderen Arbeitskräfte ersetzt oder vom Arbeitsmarkt verdrängt, da – wie bereits angeführt – keinerlei Arbeitskräfte auf diesem Standort verfügbar gewesen seien. Die Verantwortlichen seien sich bei der Beseitigung dieses Notstandes auch nicht bewusst gewesen, derartige Folgewirkungen zu erzeugen bzw. mit diesem hohen Strafausmaß konfrontiert zu werden.

 

Aus all diesen aufgezeigten Gründen dürfe davon ausgegangen werden, dass es sich im konkreten Fall um eine echte Notsituation gehandelt habe und somit sämtliche Gründe für eine außerordentliche Ermäßigung des Strafausmaßes vorhanden seien.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat mit Schreiben vom 12.9.2007, eingelangt am 17.9.2007, die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG abgesehen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der verhängten Strafen richtet und von keiner Verfahrenspartei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde das Finanzamt Braunau Ried Schärding am Verfahren beteiligt und wurde diesem Gelegenheit gegeben, zu den Ausführungen in der Berufung Stellung zu nehmen. Das Finanzamt Braunau Ried Schärding hat im Rahmen dieses Parteiengehörs zu den Berufungsausführungen mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 Stellung bezogen und sich gegen die beantragte Herabsetzung des Strafausmaßes ausgesprochen.

 

5. Der Unabhängige  Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1.  Da sich die Berufung ausschließlich gegen das Strafausmaß des Straferkenntnisses richtet, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

5.3. Gegenständlich ist davon auszugehen, dass für sämtliche beschäftigte Ausländer Beschäftigungsbewilligungen für den Betriebsstandort L bestanden haben, die Ausländer sozialversicherungsrechtlich ordnungsgemäß gemeldet waren und daher die entsprechenden Abgaben und Steuern bezahlt wurden. Ein typischer Fall der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, in welchem durch Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit es zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, ist daher gegenständlich nicht gegeben. Die Tatsache der sozialversicherungsrechtlichen Meldung ist als wesentlicher Milderungsgrund zu werten. Weiters ist zu berücksichtigen, dass vom Bw mit den AMS-Dienststellen am Standort Kontakt gehalten wurde, es allerdings aus nicht bekannten Gründen zu keiner Vermittlung von Arbeitskräften gekommen ist. Es kann damit nicht in Abrede gestellt werden, dass vom Bw danach getrachtet wurde, seinen Arbeitskräftebedarf für den Standort L durch Einschaltung des Arbeitsmarktservices abzudecken. Aus der Aktenlage und den Stellungnahmen ist nicht ableitbar, dass durch die Vorgangsweise des Bw ein Schaden entstanden ist bzw. Arbeitskräfte vom Arbeitsmarkt verdrängt worden sind. Insofern kann den Ausführungen in der Berufung nichts entgegengehalten werden. Dem Bw kann in Hinblick auf die bestehenden Beschäftigungsbewilligungen und die Anmeldung der Arbeitskräfte kein  schwerwiegender objektiver Unrechtsgehalt seiner Handlungsweise vorgeworfen werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Vorgehen des Bw nicht in der Absicht erfolgte einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und der Bw hinsichtlich der Erfüllung des objektiven Tatbestandes einsichtig ist. Somit ist bezogen auf die Gewichtung von bedeutenden Milderungsgründen auszugehen, die es rechtfertigen, von einer außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch zu machen. Der Wiederholungsfall ist bereits durch die zur Anwendung gelangende Strafdrohung abgedeckt ist. Allerdings steht nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Dauer der Beschäftigung einer Reduzierung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe im Höchstausmaß entgegen, weshalb eine Halbierung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe nicht in Betracht zu ziehen war.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafen mit 10 % der verhängten Strafen neu festzusetzen. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.  

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

 

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