Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420483/57/SR/Ri

Linz, 28.12.2007

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des Y K N, vertreten durch Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, Rechtsanwälte in L, Mstraße, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 28. Juni 2006 durch dem Sicherheitsdirektor von Oberösterreich zurechenbare Organe, nach der am 6. Dezember 2007 durchgeführten öffentlich mündlichen Verhandlung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

I.                    Jener Teil der Beschwerde, mit der die Feststellung beantragt wurde, dass "der Beschwerdeführer am 28. Juni 2006 durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz durch das Versetzen von Schlägen und Fußtritten in seinem verfassungesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt worden ist" wird  für gegenstandslos erklärt und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

 

II.                  Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III.                Der verbleibende Teil der Beschwerde, mit der die Feststellung begehrt wurde, dass "der Beschwerdeführer durch die Festnahme am 28. Juni 2006 gegen 20.20 Uhr und die anschließende Anhaltung in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt" worden ist, wird als unbegründet abgewiesen.

 

IV.               Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 547,10 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 und § 67c AVG 1991; § 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. am 3. August 2006 eingebrachten Schriftsatz vom 27. Juli 2006 hat der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) vertreten durch Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, Rechtsanwälte in L, Mstraße (im Folgenden: Beschwerdevertreter), Beschwerde gemäß Artikel 129a Abs.1 Z. 2 B‑VG wegen Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz in Linz am 28. Juni 2006 erhoben und die Fällung folgenden Erkenntnisses beantragt:

 

"Der Beschwerdeführer ist dadurch, dass er bei einer Amtshandlung am 28. 6. 2006 im Bereich des Gebäudes Kstraße, durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz, gefesselt und durch Schläge und Fußtritte verletzt, sowie an der A7, etwa 100 m vor der Abfahrt Prinz Eugen Straße durch einen Beamten der Bundespolizeidirektion Linz geschlagen wurde, in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden (Artikel 3 EMRK) sowie in seinem Recht nicht entgegen der Bestimmungen der §§ 35 und 36 VStG und des § 84 SPG festgenommen und angehalten zu werden, verletzt worden."

 

Weiters wurden die verzeichneten Kosten begehrt.

 

Unter Punkt III der Beschwerdeschrift wurde die Amtshandlung aus der Sicht des Bf geschildert und schwerwiegende Misshandlungsvorwürfe geäußert. Kurz angesprochen wurden auch die Anhaltung des Bf in der Gruberstraße 35 und die Protokollaufnahme.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat die Beschwerde mit Schreiben vom 16. August 2006 an die belangte Behörde weitergeleitet und zur Aktenvorlage und zur Erstattung einer Gegenschrift aufgefordert.

 

2.2. Mit Schreiben vom 25. September 2006, AZ: 1-537/06, eingelangt am 2. Oktober 2006 beim Oö. Verwaltungssenat hat die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung beantragt.

 

Im Anhang an die Gegenschrift wurden Kopien folgender Schriftsätze vorgelegt:

 

 

2.3. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 wurde dem Beschwerdevertreter die Gegenschrift übermittelt und ihm die Möglichkeit zu einer Gegenäußerung eingeräumt. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass er die in Kopie übermittelten Aktenteile beim Oö. Verwaltungssenat einsehen könne.

 

2.4. In der Mitteilung vom 10. Oktober 2006 beantragte der Beschwerdevertreter einen weiteren Zeugen zum Beweis dafür, dass der Bf die Tat nicht begangen habe und sich die Polizeibeamten beim Niederringen des Bf nicht als solche ausgegeben haben.

 

2.5. In der Gegenäußerung vom 20. Oktober 2006 teilte der Beschwerdevertreter mit, dass auf Grund des Strafverfahrens zu 34 HV 91/06w des LG Linz nunmehr als erwiesen anzusehen sei, dass der Bf keinerlei Drogendelikt begangen habe. Nach umfassenden Ausführungen zur Person des Bf und seiner Kleidung kommt der Beschwerdevertreter zum Ergebnis, dass es sich beim Bf tatsächlich nicht um den Täter gehandelt habe und daher eine Anwendung des § 177 Abs.1 StPO iVm § 175 Abs.1 Z. 1 StPO nicht gegeben sei. § 175 Abs.1 Z. 1 StPO komme nur zum Tragen, wenn der Verdächtige auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt oder mit Waffen oder mit anderen Gegenständen betreten werde, die vom Verbrechen oder Vergehen herrühren oder sonst auf seine Beteiligung daran hinweisen würden. Tatsächlich sei der Bf nicht auf frischer Tat betreten sondern eine völlig andere Person beobachtet worden. Zum Zeitpunkt der Festnahme um 20.18 Uhr sei darüber hinaus nicht mehr die erforderliche zeitliche und örtliche Nähe der Überwachung der anderen Person vorgelegen. Unter Berücksichtigung der speziellen Umstände hätte das Verhalten der einschreitenden Beamten bei der Anhaltung und der späteren Festnahme entsprechend vorsichtig und schonend ausfallen müssen. Es sei aber offenbar von vornherein davon ausgegangen worden, dass der Bf der tatsächliche Täter wäre. Nach weiteren Beweisanträgen wird die Fällung des Erkenntnisses, wie in der Maßnahmenbeschwerde vom 27. Juli 2006 angeführt, beantragt.

 

2.6. Mit Beschluss des Oö. Verwaltungssenates vom 8. November 2006, VwSen-420483/12/SR/Ri, wurde das Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Strafverfahren gegen den Bf vor dem Landesgerichts Linz zur Zahl 34Hv 91/06w ausgesetzt.

 

2.7. Mit Schreiben vom 28. November 2006 teilte die belangte Behörde mit, dass der Bf vom Landesgericht Linz auf der Rechtsgrundlage der §§ 269 und 297 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 2 Euro und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden wäre. Am 25. Jänner 2007 langte eine Ausfertigung des Urteils des LG Linz vom 24. November 2006, Zl. 34 Hv91/06w, beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

2.8. Über Ersuchen teilte die belangte Behörde am 24. Mai 2007 mit, dass die am  16. März 2007 durchgeführte Verhandlung gegen den Bf wegen § 27 Abs.1 SMG, Zl. 34Hv25/07s, auf unbestimmte Zeit vertagt worden sei. Weiters wurde mitgeteilt, dass der Bf gegen das Urteil des LG Linz ein Rechtsmittel ergriffen habe und dieses Verfahren nunmehr beim OLG Linz anhängig sei.

 

2.9. Mit Schreiben vom 19. Juli 2007 übermittelte die belangte Behörde das Urteil des OLG Linz vom 19. März 2007, Zl. 10Ps 34/07g. Im angesprochenen Urteil hat das OLG Linz der Berufung des Angeklagten teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil - das in seinen Punkten A und B1 (Punkt A – Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1     3. Fall StGB; Punkt B 1 – Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 1. Fall StGB) unberührt blieb – im Faktum B2 und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben.

 

2.10. In der Äußerung vom 24. Juli 2007 brachte der Beschwerdevertreter ergänzend vor, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer vom OLG Linz zur Zahl 34Hv 91/06w, rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Der Bf sei rechtskräftig wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt worden, weil er am 28. Juni 2006 ausgewiesene Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht habe, indem er sich seiner Festnahme, die mehrmals wiederholt ausgesprochen worden war, widersetzt hatte.

 

Neben dem Beschwerdepunkt der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung habe sich die Beschwerde vom 27. Juli 2006 auch unmittelbar gegen die Festnahme und Anhaltung gerichtet, die von Anfang an als unzulässig zu betrachten gewesen sei. Diesbezüglich werde auf die Gegenäußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde verwiesen. Auch wenn der Bf mittlerweile rechtskräftig wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt worden wäre, verbleibe die von den Beamten der Bundespolizeidirektion Linz aus eigener Macht vollzogene Verhaftung des Bf am 28. Juni 2006 gegen 20.20 Uhr rechtswidrig.

 

Dazu führte der Beschwerdevertreter aus, dass das Urteil des LG Linz zu 34Hv 91/06w keine Präjudizialität entfalte und auch bei einer Verurteilung gemäß § 269 Abs.1 StGB noch Raum dafür verbleibe, dass die Amtshandlung gesetzwidrig war, zumal eben gemäß dem § 269 Abs.4 StGB nur zu prüfen sei, ob die Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen habe.

 

Im Anschluss daran legte der Beschwerdevertreter dar, dass die Voraussetzungen des § 175 Abs.1 Z. 1 StPO nicht erfüllt seien, da weder eine Betretung auf frischer Tat noch eine glaubwürdige Beschuldigung der Täterschaft vorgelegen sei. U.a. führte der Beschwerdevertreter in der umfassenden Begründung aus, dass die Anhaltung des Bf wegen des Verdachtes gemäß § 27 Abs.2 SMG viel zu lange aufrecht erhalten worden sei. Der Bf sei nach den polizeilichen Akten von 20.20 Uhr bis 22.20 Uhr angehalten worden, obwohl den einschreitenden Beamten offenbar selbst nach kürzester Zeit bewusst geworden wäre, dass ihnen eine Verwechslung unterlaufen ist und dies sei auch dem beigezogenen Arzt Dr. H B fernmündlich mitgeteilt worden. Dem genannten Arzt sei gesagt worden, dass eine peinliche Sache passiert sei, weil "die Beamten jemanden wegen Rauschgift festgenommen" hätten und es sich dabei um die falsche Person gehandelt habe. Im Nachhinein sei von den Beamten bestritten worden, gegenüber dem genannten Arzt geäußert zu haben, dass der Falsche erwischt worden sei. Auch stelle sich grundsätzlich die Frage, warum sich die Beamten der Bundespolizeidirektion Linz im gegenständlichen Fall von Vornherein dazu entschlossen hatten, den Bf festzunehmen. Es hätte wenigstens versucht werden können, den Bf ohne Anwendung körperlicher Gewalt nach dessen Identität zu befragen und diesen zu ersuchen, zur Befragung auf die Polizeiinspektion mitzukommen.

 

Ergänzend beantragte der Beschwerdevertreter die zeugenschaftliche Befragung des Dr. H B. Abschließend wurde "der begehrte Spruch wie folgt modifiziert bzw. präzisiert und begehrt", das nachstehende Erkenntnis zu erlassen:

 

"Die Festnahme des Beschwerdeführers am 28. 6. 2006 gegen 20.20 Uhr in 4020 Linz, Kstraße, sowie seine daran anschließende Anhaltung waren rechtswidrig. Der Beschwerdeführer wurde in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt. Die Bundespolizeidirektion Linz (Bund) hat dem Beschwerdeführer den zu bestimmenden Kostenaufwand bei sonstigen Zwangsfolgen zu ersetzen".

 

2.11. Die Äußerung des Beschwerdeführers vom 24. Juli 2007 wurde der belangten Behörde mit Schreiben vom 30. Juli 2007 zur Kenntnis gebracht.

 

2.12. Über Ersuchen übermittelte das OLG Linz mit Schreiben vom 12. September 2007 das Protokoll der Gerichtsverhandlung vom 24. November 2006 zu Akt 34Hv 91/06w.

 

2.13. In der Äußerung vom 21. September 2007 beantragte der Beschwerdevertreter die Beischaffung des gesamten Aktes 34Hv25/07s und die Beischaffung des Aktes 85.700/552-BIA/06. Ergänzend wurde ausdrücklich auf die Angaben des Arztes     Dr. H B vor dem LG Linz  hingewiesen.

 

2.14. Am 12. November 2007 langte der Gerichtsakt 34Hv25/07s beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

2.15. Auf Grund der Abwesenheit der Zeugen BezInsp. T P und Dr. H B wurde die für 13. November 2007 anberaumte Ladung auf den 6. Dezember 2007 vertagt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat am 6. Dezember 2007  eine öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Bf und des Beschwerdevertreters Rechtsanwalt Mag. L sowie des Behördenvertreters Mag. Dr. S durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch die Darstellung des bisherigen Verfahrensganges, Verlesung der wesentlichen Aktenteile und der vorgelegter Urkunden, auszugsweise Wiedergabe des Gerichtsaktes 34Hv 25/07s, der Urteile des LG Linz und des OLG Linz, sowie der Einvernahme der Zeugen Dr. H B, BezInsp. T P und GrInsp. Ch P.

 

Das Tonbandprotokoll wurde am 17. Dezember 2007 schriftlich ausgefertigt.

 

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung, des durchgeführten Beweisverfahrens und der Akten, die der mündlichen Verhandlung zugrunde lagen, steht folgender wesentlicher Sachverhalt fest:

 

3.2.1. Am 28. Juni 2006, gegen 18.00 Uhr, beobachteten die Polizeibeamten in Zivil RevInsp. T K, RevInsp. D W, BezInsp. T P und BezInsp. T H im Bereich der Kstraße, L, einen Suchtmittelverkauf. R a A und M M kauften zwei  Klemmsäckchen Marihuana zum Preis von gesamt 40 Euro von einem Schwarzafrikaner. Von der Drogenübergabe wurden von den Polizeibeamten Lichtbilder angefertigt. Die beiden Jugendlichen wurden in der Folge von den Polizisten angehalten. Bei R a A wurden zwei Klemmsäckchen sichergestellt, welche insgesamt ca. 2,5 g Marihuana enthielten. Die beiden Jugendlichen identifizierten auf den Lichtbildern jenen Mann, von dem sie die Drogen gekauft hatten. Bei dem Suchtmittelverkäufer hatte es sich um einen Schwarzafrikaner gehandelt, der mit einer hellen Baseballkappe, blauem ärmellosen T-Shirt, Jeans und Sandalen bekleidet war und eine goldene Halskette getragen hatte.

 

Auf Grund der Beobachtungen durch die Polizeibeamten und der Schilderung der beiden angehaltenen Jugendlichen observierten mehrere Polizeibeamte erneut den Übergabebereich (Kstraße, L), um den unbekannten Suchtmittelverkäufer auszuforschen.

 

An diesem Polizeieinsatz beteiligten sich RevInsp. T K, GrInsp. T F, RevInsp. M A, GrInsp. Ch P, BezInsp. T H und BezInsp. T P. Sämtliche Polizeibeamte traten in Zivilkleidung auf und kannten die Personenbeschreibung des Verdächtigen bzw. die bei der Beobachtung der Suchtmittelübergabe angefertigten Lichtbilder.  

 

Kurz nach 20 Uhr befand sich im Bereich der Kstraße, nahe dem Eingang des Lokal "L A", eine Gruppe von ca. 20 bis 30 Personen, darunter auch der Bf. Dieser war zu diesem Zeitpunkt mit einer Baseballkappe, einem blauen, ärmellosen T-Shirt, Jeans und Sandalen bekleidet und trug eine goldene Halskette.

 

Die Polizeibeamten näherten sich der Personengruppe aus verschiedenen Richtungen. RevInsp. K identifizierte den Bf als jenen Verdächtigen, der gegen 18.00 Uhr von den Polizeibeamten beim Suchtmittelverkauf an die Jugendlichen beobachtet worden war und gab das Kommando zum "Einsickern", worunter ein unauffälliges Annähern an die Zielperson verstanden wird.

 

RevInsp. K und GrInsp. F erreichten den Bf zuerst. Beide zeigten diesem ihren Dienstausweis und sagten "Polizei"  und "Police". RevInsp. K nahm den Bf an der Hand, zog ihn von der Personengruppe weg und übergab ihn an RevInsp. A und GrInsp. P. RevInsp. A ergriff den Bf am linken Handgelenk und an der linken Schulter, GrInsp. P am rechten Handgelenk und an der rechten Schulter, um den Bf aus der Gruppe weg zu bringen. Sie wollten einen gesicherten Rückzug mit dem Bf aus der Menge vornehmen, um im Hinblick auf die große Menschenmenge eine mögliche Eskalation bereits im Vorfeld hintanzuhalten.

 

Der Bf reagierte aggressiv, schlug um sich, versuchte sich loszureißen und schrie, er sei unschuldig und habe nichts getan. In der Folge sprach RevInsp. A die Festnahme aus und teilte dem Bf den Grund der Festnahme mit. Der Bf setzte seinen Widerstand fort, wehrte sich gegen die Festnahme, indem er mit Händen und Füßen um sich schlug und versuchte, sich loszureißen. RevInsp. A und GrInsp. P brachten den Bf mittels Arm-Streck-Hebel zu Boden und fixierten ihn mittels einer Armhebeltechnik am Boden. Auch GrInsp. F sprach gegenüber dem Bf die Festnahme aus. Während der Bf am Boden lag, versuchte er sich der Festnahme dadurch zu entziehen, dass er seine rechte Hand unter den Körper hielt. Mit Hilfe von GrInsp. F gelang es GrInsp. P dennoch, dem Bf Armfessel anzulegen, wobei GrInsp. P und RevInsp. A den Bf jeweils mit einem Knie auf der Schulter am Boden fixierten. Während der Festnahme schirmten RevInsp. K, BesInsp. H und BezInsp. P ihre Kollegen von der Menge ab. Alle Beamten riefen wiederholt "Polizei" oder "Police".

 

BezInsp. P trug die Ausweistasche geöffnet um den Hals, wodurch sowohl der Dienstausweis als auch die Kokarde sichtbar waren. Gegenüber dem Bf wurde von den Polizeibeamten keine über die geschilderten Festnahmegriffe im Zuge der Festnahme hinausgehende Gewalt geübt. Insbesondere erfolgten gegenüber dem Bf keine Schläge oder Fußtritte, nicht einmal Irritationsschläge durch die Polizeibeamten. Infolge des Zubodenbringens durch die Polizeibeamten bei der Festnahme, Schließung der Hände am Rücken und der Gegenwehr durch den Bf wurde dieser während der Festnahme in Form einer oberflächlichen Hautabschürfung an der rechten Schläfe und Wange und an der linken Schläfe und Rötungen an den Handgelenken sowie Prellungen des Thorax, der linken Schulter und des Kopfes sowie einer Stauchung der Halswirbelsäule leicht verletzt.

 

Bei der Festnahme hielt es der Bf zumindest ernstlich für möglich, sich der Amtshandlung der Beamten, nämlich seiner Festnahme gewaltsam zu widersetzen. Dabei wusste er, dass es sich bei den einschreitenden Personen um Polizeibeamte gehandelt hat, trotzdem fand er sich damit ab.

 

Nach der Festnahme wurde der Bf in das Landespolizeikommando in der Gruberstraße gebracht. In den dortigen Büroräumlichkeiten wurde der Bf von BezInsp. T P niederschriftlich befragt.

 

Der Niederschrift vom 28. Juni 2006, GZ B1/25663/2006, ist zu entnehmen, dass in der Zeit von 20.20 Uhr bis 21.10 Uhr ein Vorgespräch geführt, die niederschriftliche Aufnahme der Angaben des Bf um 20.53 Uhr begonnen und um 22.23 Uhr beendet  wurde. Während der Untersuchung des Bf durch den Polizeiarzt Dr. B wurde die niederschriftliche Befragung in der Zeit von 21.10 Uhr bis 21.30 Uhr unterbrochen. 

 

Der Polizeiarzt Dr. B wurde von GrInsp. P am 8. Juni 2006, vor 21.10 Uhr, angerufen. Dabei wurde dem Zeugen mitgeteilt, dass er auf die Dienststelle (Landespolizeikommando in der Gruberstraße) kommen soll, da ein Schwarzafrikaner wegen des Verdachtes auf Suchtmittelhandel festgenommen worden ist und seine Verletzungen begutachtet werden sollten. Das Telefonat dauerte ca. 30 Sekunden. Der Polizeiarzt wurde vom Zeugen GrInsp. P mit einem Dienstfahrzeug abgeholt, ihm auf der Fahrt eine kurze Sachverhaltsdarstellung gemacht, dabei mitgeteilt, dass der Bf behaupte, der Falsche zu sein und zum Büro gebracht, in dem sich der Bf befunden hat.  

 

Nach einer kurzen Sachverhaltsschilderung (Grund der Festnahme) durch BezInsp. P wurde die aä. Untersuchung durchgeführt. Während der Untersuchung hat der Bf immer wieder seine Unschuld beteuert und ausgeführt, dass die Tat eine andere Person begangen habe.

 

Der Polizeiarzt hat auf dem Verletzungsdokublatt unter Punkt 1)a) Angabe des festnehmenden Beamten handschriftlich angemerkt:

"..... Festnahme durch Tatverdacht, Schuld noch nicht sicher".

Unter Punkt 1)b) Angabe des Untersuchten dem Arzt gegenüber:

"Wie oben, hat sich gewehrt gegen Festnahme, da er sich unschuldig fühlt. ....."

 

Im Anschluss an die aä. Untersuchung wurde die niederschriftliche Befragung fortgesetzt und nach deren Beendigung der Bf am 28. Juni 2006, um 22.20 Uhr (siehe Haftbericht) entlassen.

 

3.2.2.1. Aufgrund der kriminalpolizeilichen Erhebungen hat das Landeskriminalamt des Landespolizeikommandos von Oberösterreich am 30. Juni 2006 die Strafanzeige gegen den Bf wegen "Verdacht auf: Suchtmittelgesetz § 27 Abs. 2" an die StA Linz erstattet.

 

Die Staatsanwaltschaft Linz hat mit Schreiben vom 10. August 2006, 7 St 157/06a, an den Einzelrichter des LG Linz gegen den Bf u.a. folgenden Strafantrag gestellt:

 

Der Bf "habe in Linz

A) am 28.06.2006

            1.) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift einem anderen entgeltlich        überlassen, wobei er durch die Tat einem Minderjährigen den Gebrauch eines

            Suchtgiftes ermöglichte und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als         der Minderjährige war, indem er im Bereich Kstraße ca. 2,5 Gramm         Cannabiskraut um E 40,-- an den am 24.08.1990 geborenen R A A und          dessen Freund, den am geborenen M M, verkaufte;

            2.) ......."

 

Gleichzeitig brachte die StA Linz dem Einzelrichter des LG Linz zur Kenntnis, dass die Anzeigen gegen die Beamten GrInsp. T F, RevInsp. M A und RevInsp. T K, je wegen §§ 83, 3003 und 313 StGB, sowie gegen GrInsp. Ch P zusätzlich wegen § 105 Abs. 1 StGB und Oberstleutnant E M und BezInsp T P, je wegen § 302 Abs. 1 StGB, teils nach § 12 3. Fall StGB, im Verfahren 7 St 160/06t gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt wurden.

 

3.2.2.2. Am 26. September  und am 24. November  2006 wurde vom LG Linz gegen den Bf u.a. wegen § 27 Abs. 1 6. Fall und Abs. 2 Z. 1 SMG eine Hauptverhandlung durchgeführt.

 

In der Hauptverhandlung am 24. November 2006 wurde Dr. H B als Zeuge befragt. Nach Wahrheitserinnerung gab der Zeuge über Befragen wie folgt an:

 

"An jenem Tag wurde ich glaublich von RevInsp. P von der Gruberstraße angerufen. Dieser sagte mir, dass eine `peinliche´ Sache passiert sei, weil sie jemanden wegen Rauschgift festgenommen haben, nämlich einen Schwarzafrikaner und diese die falsche Person sei. RevInsp. P gab weiter an, dass er ihn festgenommen, zu Boden geworfen und dieser deswegen über Schmerzen klage".

 

Auf die Frage der Richterin, ob RevInsp. P ihm damals gesagt hat, dass sie einen falschen Mann festgenommen hätten, führte der Zeuge aus:

"Ein Beamter hat mir am Telefon gesagt, dass sie den falschen erwischt haben".

 

Im Anschluss an die Hauptverhandlung am 24. November 2006 verkündete die zuständige Richterin den Beschluss, dass das Verfahren gegen den Bf im Umfang des Punktes A)1.) des Strafantrages gemäß § 57 StPO zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen im Hinblick auf weitere Beweisanträge und Entscheidungsreife der Punkte A)2.) und B)1.) & 2.) des Strafantrages ausgeschieden wird.

 

In der Hauptverhandlung am 16. März 2007 wurden BezInsp P und GrInsp P zeugenschaftlich einvernommen.

 

Über Befragen der Richterin gab der Zeuge BezInsp P an, dass er sich nicht gedacht hatte, den Falschen erwischt zu haben; er hatte auch keine Zweifel.

Auf Vorhalt des Verteidigers, dass der Zeuge am 26.09.2006 ausgesagt habe: "Er war es nicht" brachte der Zeuge vor, dass die Fragestellung war, ob er den Bf wiedererkenne und wie dieser mit Anzug und Brille dagestanden sei, habe er ihn nicht wiedererkannt. Den Bf habe er aufgrund seiner Kleidung, Statur, Größe und Aussehen identifiziert.

 

Auch der Zeuge GrInsp P führte gegenüber der Richterin aus, dass er nicht geglaubt habe, den Falschen erwischt zu haben. Dr. B habe er beim Telefonat gesagt, dass er auf die Dienststelle kommen solle. Er habe ihm die Sache kurz inhaltlich erklärt, nämlich die Dokumentation der Verletzungen und dass ein Schwarzafrikaner festgenommen worden sei. Näheres habe er sicher nicht mit ihm besprochen. Das Telefonat habe ca. 30 Sekunden gedauert.

 

Auf die Frage des Verteidigers, ob Dr. B zu Erfindungen neige, sagte der Zeuge aus, dass er diesbezüglich nichts wisse. Er habe das erste und bis jetzt das einzige Mal mit ihm zu tun gehabe.

 

Mit Beschluss des LG Linz vom 5. Juni 2007, 34Hv25/07s, wurde das Verfahren gegen den Bf wegen § 27 Abs. 1 6. Fall, Abs. 2 Z. 1 SMG (Punkt des Strafantrages der Staatsanwaltschaft Linz vom 10.08.2006) gemäß § 227 Abs. 1 StPO nach Rücktritt der Staatsanwaltschaft Linz vom Punkt A des Strafantrages vom 10.08.2006 aus dem Grunde des § 34 Abs. 2 Z. 1 StPO im Hinblick auf das seit 19.03.2007 rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes Linz zu 34Hv91/06w, eingestellt.

 

3.2.3.1. Aufgrund des Strafantrages der StA Linz gegen den Bf wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 15 Abs.1,  § 269 Abs.1 3. Fall StGB und des Vergehens und Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 1. und 2. Fall StGB und der durchgeführten Hauptverhandlung am 24. November 2006 wurde der Bf mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 24. November 2006, Zl. 34HV 91/06w, schuldig erkannt, dass er am 28. Juni 2006 Beamte, nämlich den zivilamtshandelnden  Polizisten, GrInsp. F, RevInsp. A, GrInsp. P und RevInsp. K, wonach sich RevInsp. K und GrInsp. K als Polizisiten zu erkennen gaben und sich auswiesen, mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht, indem er sich seiner Festnahme, die von GrInsp. F ausgesprochen und mehrmals wiederholt worden war dadurch widersetzte, dass er sich von RevInsp. A und GrInsp. P, die ihn an den Schultern und an den Handgelenken erfasst hatten, losriss und mit aktivem Widerstand (Herumschlagen mit Armen und Beinen) widersetzte. Wegen diesem Verhalten wurde der Bf zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 2 Euro, insgesamt 360 Euro und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten verurteilt, wobei der Vollzug der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Weiters wurde der Bf für schuldig erkannt, dass er am 4. Juli 2006 anlässlich seiner Niederschrift vor Beamten des Bundesministeriums für Inneres, Büro für Interne Angelegenheiten, Polizeibeamte dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt hatte, dass er diese einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtige, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch war.  

 

In der Beweiswürdigung führte die erkennende Richterin aus, dass sich der Schuldspruch im Wesentlichen auf die Angaben der vernommenen Polizeibeamten, auf die teilweise (tatsachen-)geständige Verantwortung des Bf sowie auf die angefertigten Lichtbilder gegründet hat. Die Feststellungen zum Drogenkauf ergaben sich aus den Aussagen der beiden Zeugen, sowie jener der Polizeibeamten RevInsp, K, RevInsp. W, RevInsp. P und BezInsp. H und aus den angefertigten Lichtbildern. Die Feststellung zu der vom Bf am 28. Juni 2006 getragenen Kleidung beruhte auf seinen eigenen Angaben, die in diesem Punkt mit jenen der einschreitenden Polizeibeamten übereinstimmten. Unstrittig war, dass der Bf bei der Festnahme am 28. Juni 2006 Widerstand leistete. Dies räumte er selbst an mehreren Stellen ein.

 

In rechtlicher Hinsicht ging die erkennende Richterin davon aus, dass der Bf das Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs.1, 269 Abs. 1 3. Fall StGB und das Vergehen und das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs.1 1. und 2. Fall StGB sowie in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht hat.

 

3.2.3.2. Auf Grund der Berufung des Beschwerdevertreters hat das Oberlandesgericht Linz nach der am 19. März 2007 durchgeführten Berufungsverhandlung mit Urteil vom 19. März 2007, Zl 10 Bs34/07g, der Berufung des Bf teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil - das in seinen Punkten A sowie B1 unberührt blieb – im Faktum B2 und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu Recht erkannt, dass der Bf vom Vorwurf des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 2. Fall StGB gemäß    § 259 Z3 StPO freigesprochen wird.

 

In Neubemessung der Strafe für den verbleibenden Schuldspruch wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs.1, 269 Abs.1 3. Fall StGB und des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs.1 1. Fall StGB wird der Bf nach § 269 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt, welche gemäß § 43 Abs.1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Im Urteil ist das OLG Linz davon ausgegangen, dass der Bf am 28. Juni 2006 Beamte, nämlich den zivilamtshandelnden Polizisten, GrInsp. F, RevInsp. A, GrInsp. P und RevInsp. K, wovon sich RevInsp. K und GrInsp. F als Polizisten zu erkennen gaben und sich auswiesen, mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versuchte, indem er sich der Festnahme, die von GrInsp. F ausgesprochen und mehrmals wiederholt worden war, dadurch widersetzte, dass sich von RevInsp. A und GrInsp. P, die ihn an den Schultern und an den Handgelenken erfasst hatten, losriss und mit aktivem Widerstand (Herumschlagen mit Armen und Beinen bis er zu Boden gebracht und fixiert werden konnte) widersetzte.

 

Weiters hat der Bf anlässlich seiner Niederschrift am 4. Juli 2006 vor Beamten des BIA Polizeibeamte dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er diese einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung falsch verdächtigte, obwohl er wusste, dass die Verdächtigung falsch war.

 

In der Folge stellte der Berufungssenat fest, dass sich die Erstrichterin ausreichend mit den Aussagen der Zeugen und der Verantwortung des Bf auseinandergesetzt hat. Der Berufungssenat hegte daher keine erheblichen Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Erstrichterin und die darauf gegründeten Feststellungen und die Schlussfolgerungen. Die Erstrichterin hat im Zuge eines gewissenhaft durchgeführten Beweisverfahrens die für die entscheidungswesentlichen Feststellungen erforderlichen Beweise aufgenommen und in ihrer Urteilsbegründung auch schlüssig erwogen, warum sie die relevanten Feststellungen getroffen hat. Insbesondere hat sie auch dargelegt, wie sie über die ihren Feststellungen entgegenstehende leugnende Verantwortung des Bf hinweggekommen ist.

 

Zu den Ausführungen des Polizeiarztes Dr. B, die in Widerspruch zu den Schilderungen der Polizeibeamten stehen, führte der Berufungssenat aus, dass es sein mag – wie in der Berufung vorgetragen – dass sich aus der Aussage des Polizeiarztes Dr. B ergibt, dass den Polizeibeamten bereits im Zuge der Ermittlungen bekannt gewesen ist, dass sie einen Falschen verfolgen. Daraus könne aber nicht zwanglos abgeleitet werden, dass die Beamten in Kenntnis dieses Umstandes falsche Angaben gemacht hätten und nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit den Beamten Glauben geschenkt werden dürfe.

 

Das pauschale Vorbringen in der Berufung, dass Zeugen, die aus ihrem Erinnerungsvermögen berichten, Aussagen machen, die teilweise vom Gehörten, Erzählten oder Gesehenem abweichen, kann nicht dazu beitragen, um die vom Erstgericht im Detail vorgenommene Beweiswürdigung als bedenklich erscheinen zu lassen. Im Übrigen war der Bf zum Faktum A des Schuldspruches (Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt) faktisch geständig. Er räumte ja selbst bei seinen Einvernahmen ein, dass er bei der Festnahme am 28. Juni 2006 Widerstand leistete. Weiters hat die Erstrichterin zu Recht zum Einen darauf hingewiesen, dass zwischen dem polizeilichen Gewahrsam ab 20.20 Uhr bis zur Einvernahme im Landespolizeikommando in der Gruberstraße um 20.53 Uhr die Misshandlungsvorwürfe schon aus rein zeitlichem Aspekt als unrealistisch erscheinen und zum Anderen wäre – würde man den Beamten derartige Misshandlungen unterstellen – die vom Angeklagten angegebene Parkbucht nahe der Abfahrt Prinz Eugenstraße sehr ungünstig gewesen, zumal es sich hier auch in den Abendstunden um eine relativ stark befahrene Straße handelt. Im Übrigen konnte die Erstrichterin zu diesem Punkt des Schuldspruches darauf hinweisen, dass der Angeklagte selbst mehrfach widersprüchliche Angaben gemacht hat.

 

Insgesamt war die Schuldberufung somit zu den Fakten A und B 1 nicht geeignet substantielle Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Erstrichterin und die darauf gegründeten Feststellungen und Schlussfolgerungen zu erwecken. Unter dem Eindruck der Gesamtheit der unmittelbar durchgeführten Beweise kam die Erstrichterin bei Prüfung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft zu der Überzeugung, dass die leugnende Verantwortung des Angeklagten widerlegt ist. Am Schuldspruch zu den Fakten A und B1 war somit festzuhalten.

 

3.3. Wie unten unter Punkt 4.2.4. dargestellt ist im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Bf von einer rechtmäßigen Festnahme gemäß § 177 Abs. 1 iVm      § 175 Abs. 1 Z. 1 StPO auszugehen. Eine eigenständige Beurteilung der Vorgangsweise der einschreitenden Beamten hatte in diesem Punkt (Festnahme) durch das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates zu unterbleiben. 

 

Im Hinblick auf die effizient geführte Amtshandlung und die Anhaltedauer von ca. 2 Stunden ist unstrittig, dass der Bf nur die unbedingt notwendige Zeit in Haft verbracht hat. Erst seit Kenntnis der Aussage des Zeugen Dr. B geht der Bf davon aus, dass er über Gebühr angehalten wurde, da die einschreitenden Beamten bereits nach der Festnahme davon ausgegangen seien, dass er als Täter nicht in Frage komme.

 

Zu einem derartigen Ergebnis käme man aber nur dann, wenn man uneingeschränkt dem Zeugen Dr. B folgen und sämtliche sonstigen Ermittlungsergebnisse außer Acht lassen würde.

 

GrInsp P und BezInsp P haben glaubwürdig, überzeugend und schlüssig dargelegt, dass sie die vom Zeugen Dr. B behauptete Äußerung nicht gemacht haben. Darüber hinaus haben sie auch glaubwürdig dargelegt, dass generell den untersuchenden Ärzten nur die relevanten Sachverhaltselemente mitgeteilt werden und eine Unterhaltung mit dem Arzt über Schuld oder Unschuld eines Verdächtigen nicht geführt wird.

 

Im Wesentlichen sind die in der mündlichen Verhandlung befragten Zeugen bei den Aussagen geblieben, die sie bereits bei der gerichtlichen Befragung gemacht haben.

 

Lediglich Dr. B hat vor Gericht eine knappe Aussage gemacht und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Mitglied ausführlichere, aber auch teilweise unschärfere Angaben getätigt.

 

Erstmals war Dr. B am 7. Juli 2007 von einem Beamten der BIA telefonisch kontaktiert worden. Trotz der zeitlichen Nähe zur Untersuchung und obwohl er über die gegenständliche Untersuchung befragt wurde, hat er im Wesentlichen nur eine Aussage zu den Sprachkenntnissen des Bf gemacht. Jedenfalls hat er mit keinem Wort erwähnt, dass ihm ein Polizeibeamter vor oder während der Untersuchung mitgeteilt habe, dass der Falsche festgenommen worden sei. 

 

Auch das von Dr. B ausgefüllte Verletzungsdokublatt lässt nicht den Schluss zu, dass zu diesem Zeitpunkt bereits für die einschreitenden Polizeibeamten festgestanden wäre, dass sie den Falschen festgenommen haben. Gerade Gegenteiliges ist aus der Eintragung im Verletzungsdokublatt abzuleiten. Der handschriftliche Vermerk "Schuld noch nicht sicher" weist eindeutig in die Richtung, dass der Bf nach wie vor als Täter angesehen und nicht als unschuldig betrachtet wurde. 

 

Unstrittig ist, dass der Bf auch während der aä. Untersuchung ständig seine Unschuld beteuerte. Diese Äußerung fand auch Eingang in das Verletzungsdokublatt.       

 

Entgegen jeglicher Lebenserfahrung hat Dr. B immer mehr Einzelheiten vorgebracht, je länger die Untersuchung zurückgelegen ist. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat änderte der Zeuge seine Aussagen mehrmals ab (Tonbandprotokoll vom 17.12.2007: "wir haben den Falschen" – "wir haben wahrscheinlich den Falschen erwischt" – "es handelte sich um den Falschen"), baute sie in der Folge weiter aus ("Es handelt sich um einen Neger und alle sind schwarz") und schränkte  anschließend wieder ein ("...den Wortlaut weiß ich nicht mehr, aber sinngemäß wurde gesagt, dass alle die gleiche Hautfarbe haben und es daher für uns schwer einschätzbar gewesen ist, welcher der Richtige war"). Obwohl der Zeuge zu Beginn der Zeugenbefragung aufgefordert worden war, ausführlich und umfassend das Vorfeld der Untersuchung und die Gesprächsinhalte während der Untersuchung zu schildern, hat er erst nach dem Ende seiner Befragung im Gehen auf die nachträgliche Frage des Beschwerdevertreters ausgesagt, dass einer der Polizeibeamten gesagt habe, dass "der Richtige davongelaufen ist".

 

Diese "neue" Aussage bestätigt, dass der Zeuge laufend Sachverhalte vorbringt, die zuvor keinen Niederschlag in den Akten gefunden haben. Während des gesamten Verfahrens hat kein einziger Zeuge davon berichtet, dass der "Richtige" davongelaufen wäre. 

 

Offenkundig haben die ständigen Beteuerungen des Bf, unschuldig zu sein, dazu geführt, dass Dr. B mit Fortdauer des Verfahrens (erstmals bei der gerichtlichen Befragung am 24. November 2006) glaubte, sich zu erinnern, dass ihm die einschreitenden Polizeibeamten von der Unschuld des Bf berichtet haben.  

 

Betrachtet man das gesamte Umfeld der Amtshandlung (Observierung, Beobachtung des Suchtmittelverkaufes, die Festnahme, das Verhalten des Bf bei der Festnahme, die Erhebungen während der Anhaltung, das Protokoll der amtsärztlichen Untersuchung), die Anzeigeerstattung an das Gericht, der Strafantrag des zuständigen Staatsanwaltes und die Durchführung mehrerer Gerichtsverhandlungen, so kann alleine aufgrund der Aussage des Polizeiarztes nicht davon ausgegangen werden, dass die beteiligten Polizeibeamten bereits unmittelbar vor Untersuchungsbeginn davon überzeugt waren bzw davon ausgegangen sind, dass der Bf nicht jene Person ist, die beim Suchtmittelverkauf beobachtet worden ist.

 

Abgesehen von der Aussage des Polizeiarztes, mag er aus seiner Erinnerung heraus die Gespräche auch so wahrgenommen haben, hat sich weder aus der Aktenlage noch den sonstigen Ermittlungsergebnissen ein Hinweis ergeben, der dieses Vorbringen bestätigen würde.

 

Folgte man der Ansicht des Bf (die Aussage des Polizeiarztes ist zutreffend und die Polizeibeamten wussten, dass der "Falsche" erwischt worden ist), würde dies bedeuten, dass die Sicherheitsbehörden und ihre Organe, die Staatsanwaltschaft und das Gericht im Zusammenwirken Ermittlungen und Verfahren geführt haben, um eine kurzfristige Anhaltung, die noch dazu von den Polizeibeamten aus eigener Macht vorgenommen worden ist, zu rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, ist eine solche Vorgangsweise nicht einmal ansatzweise erkennbar. 

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Zu den Spruchpunkten I (Beschwerdepunkt: unmenschliche und erniedrigende Behandlung) und II:

4.1.1. In der Beschwerde vom 27. Juli 2006 hat der Bf u.a. ausgeführt, dass er "durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz gefesselt und durch Schläge und Fußtritte verletzt und dadurch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verletzt" worden sei.

 

Infolge der rechtskräftigen Verurteilung des Bf durch das OLG Linz (Urteil vom 19. März 2007, Zl. 10 Bs 34/07g) wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 3. Fall StGB sowie des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 1. Fall StGB hat der Bf die Beschwerde eingeschränkt und sich durch die beschriebene Amtshandlung nur mehr in seinem Recht auf persönliche Freiheit durch die rechtswidrige Festnahme und die anschließende Anhaltung verletzt erachtet.

 

Zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2007 hat der Bf die Einschränkung der Beschwerde bestätigt. Somit war spätestens zu diesem Zeitpunkt von der Zurückziehung dieses Beschwerdepunktes (Verletzung des Art. 3 EMRK) auszugehen.

 

4.1.2. Die Gegenstandsloserklärung hatte in der für das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem entscheidenden Regelform des Bescheides zu erfolgen, zumal es sich gegenständlich um ein Mehrparteienverfahren handelt. 

 

Eine Kostenentscheidung zu Gunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde, die gemäß § 79a Abs. 3 AVG auch im Fall der Zurückziehung einer Beschwerde als obsiegende Partei anzusehen ist, war spruchgemäß zu treffen, da der belangten Behörde der entsprechende Aufwand für den Schriftsatz entstanden und zum Entscheidungszeitpunkt ein Antrag auf Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes vorgelegen ist.

 

4.2. Zu den Spruchpunkten III (Beschwerdepunkt: rechtswidrige Festnahme und Anhaltung) und IV:

 

4.2.1. Gemäß Art. 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z 2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl mwN Walter/Mayer,Kucko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 10. A, 2007, Rz 1405).

 

Die Festnahme und Anhaltung des Bf stellt ohne Zweifel eine faktische Amtshandlung dar. Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

 

4.2.2. Nach Art 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art. 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl. Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls.

 

Nach Art. 1 Abs 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl. Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich, 1988, Rz 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt – hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt – wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

4.2.3. Nach § 175 Abs.1 Z1 StPO kann auch ohne vorangegangene Vorladung der Untersuchungsrichter die Vorführung oder vorläufige Verwahrung des eines Verbrechens oder Vergehens Verdächtigen anordnen, wenn der Verdächtige auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung eines Verbrechens  oder Vergehens glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt oder mit Waffen oder mit anderen Gegenständen betreten wird, die von Verbrechen oder Vergehen herrühren oder sonst auf seine Beteiligung daran hinweisen.

 

Gemäß Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG und Art. 5 Abs. 1 EMRK in Verbindung mit  § 177 Abs.1 StPO kann die vorläufige Verwahrung des eines Verbrechens oder Vergehens Verdächtigen zum Zwecke der Vorführung vor den Untersuchungsrichter auch durch Organe der Sicherheitsbehörden ohne schriftliche Anordnung vorgenommen werden. Es ist in den Fällen des § 175 Abs.1 Z1 StPO sowie in den Fällen des § 175 Abs.1 Z2 bis 4 und Abs. 2 zulässig, wenn die Einholung des richterlichen Befehls wegen Gefahr im Verzuge nicht tunlich ist.

 

Nach § 177 Abs.2 StPO ist der Festgenommene unverzüglich zur Sache sowie zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft zu vernehmen und, wenn sich dabei ergibt, dass kein Grund zur weiteren Anhaltung vorhanden ist, sogleich freizulassen. Ist jedoch die weitere Anhaltung des Festgenommenen erforderlich, so ist er ohne unnötigen Aufschub, längstens aber binnen 48 Stunden nach der Festnahme dem zuständigen Gericht einzuliefern. In diesem Fall ist rechtzeitig der Staatsanwalt zu verständigen; erklärt dieser, dass er keinen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft stellen werde, so ist der Festgenommene sogleich freizulassen.

 

Gemäß § 269 Abs.1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren, im Falle einer schweren Nötigung jedoch mit Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen, wer eine Behörde mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt oder wer einen Beamten mit Gewalt  oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert.

 

Gemäß § 269 Abs.4 StGB ist der Täter nach Abs.1 nicht zu bestrafen, wenn die Behörde oder der Beamte zu der Amtshandlung ihrer Art nach nicht berechtigt ist oder die Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt.

 

4.2.4. Das Oberlandesgericht Linz hat mit Urteil vom 19. März 2007, Zl. 10 Bs 34/07g festgestellt, dass der Bf mehrere Polizeibeamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versucht hat, indem er sich seiner Festnahme, die von GrInsp. F ausgesprochen und mehrmals wiederholt worden war, dadurch widersetzte, dass er sich von RevInsp. A und GrInsp. P, die ihn an den Schultern und an den Handgelenken erfasst hatten, losriss und der Anlegung von Handfesseln mit aktivem Widerstand (Herumschlagen mit Armen und Beinen) bis er zu Boden gebracht und fixiert werden konnte, widersetzte.

 

Wie sich den Sachverhaltsfeststellungen des nunmehr rechtskräftig gewordenen Urteils entnehmen lässt, ist der Bf von RevInsp. K als jener Verdächtige identifiziert worden, der am 28. Juni 2006 gegen 18 Uhr beim Suchtmittelverkauf an Jugendliche beobachtet worden ist.

 

Die zuständige Richterin des LG Linz ist bei der rechtlichen Beurteilung des relevanten Sachverhaltes davon ausgegangen, dass der Bf unmittelbar nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens (§ 27 Suchtmittelgesetz) glaubwürdig der Täterschaft beschuldigt und gemäß § 177 Abs.1 Z1 StPO von Organen der Sicherheitsbehörde aus eigener Macht vorläufig in Verwahrung genommen worden ist.

 

Für die erkennende Richterin war die subjektive Tatseite jeweils schon durch das objektive Tatgeschehen indiziert. Zu Faktum A (Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt gemäß §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 3. Fall StGB) war der Bf ohnehin tatsachengeständig. Er habe lediglich geleugnet, dass er gewusst habe, dass es sich bei den einschreitenden Personen um Polizeibeamte gehandelt habe. Diese Verantwortung hätte durch das Beweisverfahren widerlegt werden können und sei als Schutzbehauptung des Bf zu qualifizieren gewesen. Ausgehend davon, dass sich die Beamten als Polizeibeamten bereits beim Ansprechen des Bf zu erkennen gegeben hatten, musste daher dem Bf die Vorsatzform der Wissentlichkeit in Bezug auf das Vorliegen einer Amtshandlung unterstellt werden. Wer während einer Amtshandlung um sich schlägt, damit aktiv Widerstand leistet, der nehme zumindest in Kauf und finde sich damit ab, dass er eine Amtshandlung hindert. Davon ausgehend hat die zuständige Richterin dem Bf die Vorsatzform des bedingten Vorsatzes angelastet.

 

Der Berufungssenat des OLG Linz hat das angefochtene Urteil in den hier relevanten Punkten (A – Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 3. Fall StGB; B 1 – Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 1. Fall StGB) unberührt gelassen und wie folgt ausgeführt:

"Insgesamt ist die Schuldberufung zu den Fakten A und B 1 nicht geeignet substantielle Bedenken gegen die Beweiswürdigung der Erstrichterin und die darauf gegründeten Feststellungen und Schlussfolgerungen zu erwecken. Unter dem Eindruck der Gesamtheit der unmittelbar durchgeführten Beweise kommt die Erstrichterin bei Prüfung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft zu der Überzeugung, dass die leugnende Verantwortung des Angeklagten widerlegt ist. Am Schuldspruch zu den Fakten A und B1 war somit festzuhalten."

 

Die rechtskräftige Verurteilung (Punkt A) hat die Klärung der Frage vorausgesetzt, ob die polizeiliche Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat. Nur dann, wenn kein Verstoß gegen strafgesetzliche Vorschriften vorliegt, konnte überhaupt eine Verurteilung des Bf angedacht werden.

 

Da weder der Erstrichterin noch dem Berufungssenat unterstellt werden kann, dass die nunmehr rechtskräftige Verurteilung des Bf ohne Klärung dieser zentralen Frage erfolgt sein sollte, ist aus dem vorliegenden Urteil abzuleiten, dass die einschreitenden Polizeibeamten zu der Amtshandlung ihrer Art nach berechtigt und die Amtshandlung nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat. 

 

Wäre ein derartiger Verstoß der einschreitenden Polizeibeamten vorgelegen, dann wäre der Bf gemäß § 269 Abs.4 StGB nicht zu bestrafen gewesen und auch nicht verurteilt worden.

 

4.2.5. Der Ansicht des Bf, wonach das erkennende Gericht die Frage eines Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften bei der Verurteilung wegen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nicht beachtet bzw ein derartiger Verstoß die vorliegende Verurteilung nicht ausschließen würde, ist ebenso wenig wie der Annahme, dass der Oö. Verwaltungssenat bei der Beurteilung der Festnahme nicht an das rechtskräftige Urteil gebunden sei, zu folgen.

 

Der Bf räumt zwar in der Äußerung vom 24. Juli 2007 ein, dass "im gegenständlichen Fall die grundsätzliche Berechtigung der Organe der Bundespolizeidirektion Linz, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Festnahme auszusprechen, nicht strittig" sei. "Dass die gesetzte Amtshandlung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte, ist nicht nahe liegend und wurde vom LG Linz zu 34 Hv 91/06w auch nicht geprüft". Zusammenfassend kommt der Bf zum Ergebnis, dass die Festnahme auch dann rechtswidrig bleibe, wenn die Amtshandlung zwar nicht gegen strafgesetzliche aber gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen habe.  Eine allfällige Verurteilung sei daher für das Beschwerdeverfahren nicht präjudiziell.

 

Aus § 269 Abs. 4 StGB ist abzuleiten, dass Widerstand gegen eine Amtshandlung legitim ist, wenn diese gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt.

 

Im vorliegenden Fall stellt sich daher die Frage, ob die Festnahme des Bf rechtmäßig war und kein Verstoß gegen eine strafgesetzliche Vorschrift vorgelegen ist oder ob der Bf durch die Zwangsmaßnahme der einschreitenden Beamten in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit verletzt worden ist.  

 

Der Bf vertritt die Ansicht, dass seine Festnahme mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht auf § 177 Abs. 1 iVm. § 175 Abs. 1 Z. 1 StPO gestützt werden konnte, diese daher schlicht gesetzwidrig war, die Festnahme aber nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat.

 

Dabei verkennt der Bf aber, dass jede rechtswidrige Festnahme nicht nur "schlicht" gesetzeswidrig ist sondern gleichzeitig auch einen Verstoß gegen § 303 StGB darstellt. Hätten die einschreitenden Polizeibeamten eine Festnahme entgegen § 177 StPO vorgenommen, wäre der Bf zumindest fahrlässig im Recht auf Schutz seiner persönlichen Freiheit verletzt worden. Diese fahrlässige Freiheitsverletzung hätte den Bf gemäß § 269 Abs. 4 StGB berechtigt, Widerstand gegen die Amtshandlung zu leisten und in der Folge dazu geführt, dass der Bf nicht wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt werden hätte können (ausführlich dazu: Helmreich, Recht auf Widerstand? Zur Reichweite und Rechtsnatur des Widerstandsrechts (§ 269 Abs. 4 StGB), ÖJZ 2006, 13ff).

 

Weder der Aktenlage noch dem Beschwerdeverfahren kann entnommen werden, dass die einschreitenden Polizeibeamten wegen fahrlässiger Verletzung der Freiheit des Bf oder wegen eines sonstigen Verstoßes gegen strafgesetzliche Vorschriften verurteilt worden sind. Die gegen die einschreitenden Polizeibeamten erstatteten Anzeigen wurden von der Staatsanwaltschaft Linz gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt (siehe Schreiben vom 10. August 2006, 7 St 157/06a).

 

Im Hinblick auf das Nichtvorliegen einer einschlägigen Verurteilung der Polizeibeamten, der rechtskräftigen Verurteilung des Bf wegen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und der daraus erschließbaren fehlenden Berechtigung des Bf legitim Widerstand gegen die Amtshandlung der einschreitenden Polizeibeamten leisten zu dürfen ist davon auszugehen, dass sowohl die Erstrichterin als auch der erkennende Berufungssenat die Festnahme des Bf als rechtmäßig angesehen und darauf aufbauend den Schuldspruch gegen den Bf gefällt haben.  

 

4.2.6. Aufgrund der vorliegenden rechtskräftigen Verurteilung des Bf ist es dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates verwehrt, über die Rechtmäßigkeit der Festnahme, die bereits einer Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte unterzogen worden ist,  erneut abzusprechen.

 

4.2.7. Davon ausgehend steht dem Oö. Verwaltungssenat ausschließlich die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung zu. Der zu beurteilende Zeitraum erstreckt sich vom Zeitpunkt der Festnahme (28. Juni 2006, gegen 20.20 Uhr) bis zum Entlassungszeitpunkt (28. Juni 2006, 22.20 Uhr).

 

4.2.7.1. Nach § 177 Abs. 2 StPO ist jeder durch die Sicherheitsbehörde gemäß § 177 Abs. 1 leg. cit. in Verwahrung Genommene unverzüglich zur Sache und zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft zu vernehmen.  Wenn sich dabei ergibt, dass kein Grund zu seiner weiteren Verwahrung vorhanden sei, ist er sogleich, also vor Ablauf der 48stündigen Frist, freizulassen. Nur dann, wenn die weitere Anhaltung des Festgenommenen erforderlich ist, muss er ohne unnötigen Aufschub, längstens aber binnen 48 Stunden nach der Festnahme dem zuständigen Gericht eingeliefert werden. Der Festgenommene ist auch dann in seinem Recht auf persönliche Freiheit verletzt, wenn die Festnahme rechtmäßig war, die Anhaltung aber unnötig lange angedauert hat.

 

4.2.7.2. Die Verwahrung des Bf betrug lediglich knapp über 2 Stunden. In der mündlichen Verhandlung hat der Zeuge BezInsp P ausführlich und anschaulich den Ablauf der Amtshandlung während der Anhaltung geschildert und nachvollziehbar aufgezeigt, dass die Anhaltezeit so kurz wie möglich gehalten wurde. In der angeführten Zeitspanne haben beispielsweise die Verbringung des Bf nach der Festnahme in die Räumlichkeiten des Landespolizeikommandos in der Gruberstraße, Vernehmung zur Sache und zu den Voraussetzungen der Verwahrungshaft, niederschriftliche Aufnahme dieser Angaben und die amtsärztliche Untersuchung stattgefunden. Während seiner Vernehmung wurden gleichzeitig Erhebungen zur Verifizierung der Verantwortung des Bf vorgenommen und veranlasst, dass die ärztliche Untersuchung in den Räumlichkeiten der Gruberstraße (Ort der niederschriftlichen Befragung) durchgeführt wird. Wäre der Bf zur ärztlichen Untersuchung in das ärztliche Untersuchungszimmer im Gebäude der Bundespolizeidirektion Linz verbracht worden, dann hätte sich der Entlassungszeitpunkt wesentlich verzögert.  Der Zeuge BezInsp P hat ausgesagt, dass er bei seinen Vernehmungen immer diese Vorgangsweise wählt. Damit hat er aufgezeigt, dass sein Handeln generell darauf gerichtet ist, die Anhaltezeit eines Festgenommen so kurz wie nur möglich zu halten.   

 

Stellt man auf das ursprüngliche Beschwerdevorbringen und das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ab, ist die Anhaltedauer bezogen auf die erforderlichen polizeilichen Tätigkeiten im Umfeld der niederschriftlichen Einvernahme nicht als unnötig lang und somit auch nicht als rechtswidrig zu qualifizieren. 

 

Da aber im gerichtlichen Strafverfahren gegen den Bf widersprüchliche Aussagen zwischen dem Zeugen Dr. B und den Zeugen BezInsp P und GrInsp P hervorgekommen sind, der Bf seinen Vorwurf dahingehend konkretisiert hat, dass die weitere Anhaltung jedenfalls ab dem Zeitpunkt rechtswidrig war, zu dem die Polizeibeamten erkannten, dass sie den "Falschen" erwischt haben, war auch dieser Einwand in der Beurteilung über die Anhaltedauer einzubeziehen.

 

Wie in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, konnte zwar auch in der mündlichen Verhandlung der Widerspruch in den Aussagen zwischen dem Polizeiarzt und den amtshandelnden Polizeibeamten nicht aufgeklärt werden, aber entsprechend der Beweiswürdigung ist jedoch nachvollziehbar davon auszugehen, dass die agierenden Polizeibeamten jedenfalls bis zur Entlassung davon ausgegangen sind, dass es sich beim Bf um den Tatverdächtigen handelt. 

 

Zusammenfassend ist im Hinblick auf die Anhaltedauer von 2 Stunden und das bedachtsame und zielorientierte Vorgehen der einschreitenden Polizeibeamten davon auszugehen, dass die Anhaltung nicht unnötig lange angedauert hat. Die Anhaltung von 2 Stunden ist somit nicht als rechtswidrig zu qualifizieren.

 

4.2.8. Im Ergebnis war die vorliegende Maßnahmenbeschwerde (eingeschränkt auf die Festnahme und Anhaltung) spruchgemäß abzuweisen. 

 

5. Gemäß § 79a AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand (51,50 Euro, 220,30 Euro und 275,30 Euro) nach den Pauschalbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 547,10 Euro zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von
13,-- Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGh vom 22.02.2008, Zl.: 2008/17/0030-4

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