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VwSen-130583/2/Gf/Mu/Se

Linz, 25.02.2008

des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. Jänner 2008, Zl. 933/10-500565, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. Jänner 2008, Zl. 933/10-500565, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 25 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 381/2 Stunden) verhängt, weil er ein mehrspuriges KFZ am 8. August 2007 von 9.06 bis 9.21 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Linz ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetzes, LGBl.Nr. 28/1988, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 126/2005 (im Folgenden: OöParkGebG), i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz 1989 (im Folgenden: ParkGebV Linz) begangen, weshalb er nach § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG zu bestrafen gewesen sei.
Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die dem Beschwerdeführer angelastete Tat im Wege des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei und von ihm im Grunde auch nicht bestritten werde.
Im Zuge der Strafbemessung sei das Fehlen von Vormerkungen als besonderer Milderungsgrund hervorgekommen. Die vom Rechtsmittelwerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 17. Jänner 2008 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 30. Jänner 2008 – und damit rechtzeitig – mittels Telefax eingebrachte Berufung.
Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass gegen ihn zuerst eine Strafverfügung erlassen und er erst später zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers aufgefordert worden sei, weshalb die Vorgehensweise der belangten Behörde gegen den Art. 6 MRK verstoße. Die Erstbehörde habe nämlich übersehen, dass dadurch im gegenständlichen Fall das nach der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Verfassungsrang gewährleistete Recht, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, verletzt worden sei. Darüber hinaus sei die über ihn verhängte Strafe überhöht, weil er unbescholten und überdies schuldeinsichtig gewesen sei. Zudem verfüge er momentan über ein äußerst geringes Einkommen und er sei nicht nur für zwei Kinder, sondern auch für seine Ehefrau, die sich derzeit in Karenz befinde, sorgepflichtig. Außerdem sei der Unrechtsgehalt der Tat äußerst gering, da üblicherweise ein Überschreiten der Parkdauer von zehn Minuten noch straflos toleriert werde und er lediglich eine Viertelstunde überzogen habe.
Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe oder die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 933/10-500565; da mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines mehrspurigen KFZ die fällige Parkgebühr nicht entrichtet.

3.2. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass der Berufungswerber zwar zunächst einen Parkschein für eine halbe Stunde gelöst, dann jedoch die Parkzeit um 15 Minuten überschritten hat.
Es liegt somit objektiv gesehen ein tatbestandsmäßiges Handeln i.S.d. § 6 Abs. 1 lit. a OöParkGebG i.V.m. den §§ 1, 2, 3, 5 und 6 der ParkGebV Linz vor.

3.3. Als essentiellen Verfahrensfehler rügt der Rechtsmittelwerber jedoch, dass das Vorgehen der belangten Behörde gegen Art. 6 MRK verstoße, weil gegen ihn zuerst eine Strafverfügung erlassen und er erst im Nachhinein aufgefordert worden ist, den Fahrzeuglenker bekannt zu geben.

3.3.1. Aus dem gegenständlichen Akt geht hervor, dass der Beschwerdeführer gegen die im Strafverfahren erlassene (im Akt nicht vorfindliche) Strafverfügung vom 15. Oktober 2007, Zl. 933/10-500565, fristgerecht Einspruch erhoben und einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt hat. Daraufhin wurde dem Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 19. Oktober 2007, Zl. 933/10-500565, ein Ausdruck des Organmandates mit dem Bemerken übermittelt, dass bis dato noch keine weiteren Aktenbestandteile aufliegen. Gleichzeitig wurde ihm eine Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers zur Beantwortung übermittelt und ihm dadurch Gelegenheit gegeben, mitzuteilen, ob er das Fahrzeug einer anderen Person überlassen habe.

3.3.2. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die o.a. Strafverfügung durch den eingebrachten Einspruch ex lege außer Kraft getreten ist. Dies bewirkt jedoch nicht, dass damit das bereits zuvor eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren gleichsam "ungeschehen" gemacht worden wäre. Vielmehr war dieses durch die Einleitung des ordentlichen Ermittlungsverfahren weiter fortzuführen. Die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers stellt dem gegenüber ein Administrativverfahren dar. Unter dem Aspekt, dass ein Beschuldigter nach Art. 6 MRK in einem Strafverfahren nicht dazu gezwungen werden kann, Beweise gegen sich selbst beizubringen, ist die Behörde daher nur solange berechtigt, vom Zulassungsbesitzer eine sanktionsbewehrte Auskunft über den Fahrzeuglenker einzufordern, als sie sich noch im Bereich des Administrativverfahrens bewegt. Sobald hingegen das Strafverfahren bereits eingeleitet ist, gilt nach der Rechtssprechung des EGMR, dass die Behörde einen Beschuldigten nicht unter Zwang stellen darf, sodass er sich – wie im gegenständlichen Fall bei der Lenkererhebung – selbst beschuldigen muss (vgl. dazu Christoph Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, Beck-Verlag, München, 2008, RN 119). Würde er nämlich zum Ausdruck bringen, selbst das KFZ ordnungswidrig abgestellt zu haben – entweder dadurch, dass er explizit oder dadurch, dass er keinen Dritten benennt, angibt, selbst gefahren zu sein –, dann hätte die Anfragebeantwortung den Effekt, dass sich der Zulassungsbesitzer selbst als Täter bezeichnet.

3.3.3. In diesem Zusammenhang trifft es zwar zu, dass – worauf die belangte Behörde hingewiesen hat – der Verwaltungsgerichtshof auf dem Standpunkt steht, dass im Verwaltungsstrafverfahren auch rechtswidrigerweise erlangte Beweismittel verwendet werden dürfen. Dies gilt jedoch nicht allgemein bzw. kann aus der Judikatur insgesamt abgeleitet werden, dass eine derartige Vorgangsweise nur in jenen Fällen als Grundsatz herangezogen werden kann, wo es um gravierende Delikte geht oder dem gesetzlich festgelegte Beweiserlangungs- und Verwertungsregeln nicht entgegen stehen (vgl. zu letzterem z.B. VwSlg. 9975 A/1979 im Zusammenhang mit der Blutabnahme bei Alkoholdelikten im Straßenverkehr; s.a. Christoph Grabenwarter, a.a.O., RN 121). Ob daher ein rechtswidrigerweise erlangtes Beweismittel verwertet werden darf oder nicht, ist danach zu entscheiden, ob die Art seiner Erlangung noch im oder bereits außer Verhältnis zur Schwere der Tat, des Deliktes oder des Strafrahmens steht.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Bagatelldelikt. Schon von daher besehen ist es offenkundig nicht gerechtfertigt, dass die Erstbehörde ein Beweismittel verwerten konnte, das nur durch eine Umgehung des fundamentalen Grundsatzes des Verbotes der Selbstbezichtigung erlangt werden konnte. Denn der Beschwerdeführer gab hier auf die entsprechende Aufforderung um Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 19. Oktober 2007, Zl. 933/10-500565, am 23. Oktober 2007 an, das verfahrensgegenständliche KFZ niemandem überlassen zu haben. Damit hat er sich aber implizit selbst als Täter im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 2 Abs. 1 OöParkGebG bezeichnet.

3.4. Generell ist es daher in Angelegenheiten einer Verletzung des OöParkGebG erforderlich, dass die Behörde in einem ersten Schritt, und zwar noch bevor eine Strafverfügung erlassen wird, im Wege eines Administrativverfahrens ermittelt, wer das KFZ unmittelbar vor dem Abstellen gelenkt hat. Denn in diesem Stadium bewegt sich die Behörde noch nicht in einem konkreten Strafverfahren, sodass insoweit das Prinzip des Verbotes der Selbstbeschuldigung ("nemo  tenetur"; vgl. wiederum Christoph Grabenwarter, a.a.O., RN 119) noch nicht gilt.
Ist sodann der Fahrzeuglenker bekannt, kann daraufhin gegen diesen – für den Fall, dass ihm ein entsprechender Tatvorwurf angelastet werden kann – ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden. Ab diesem Zeitpunkt darf aber kein Zwang zur Selbstbeschuldigung mehr ausgeübt werden und in Entsprechung zum Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt weiters ein entsprechendes Beweisverwertungsverbot.

3.5. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG aus den genannten Gründen stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.
Eine Einstellung hätte hingegen im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist (vgl. § 31 Abs. 2 erste Alternative VStG) nicht zu erfolgen, weil  der Bürgermeister der Stadt Linz als ausschließlich zur Strafverfolgung berufene Behörde aus eigenem zu beurteilen hätte, ob bzw. in welchem Umfang das Strafverfahren fortzuführen ist. Im gegenständlichen Fall kommt jedoch eine Weiterführung des Strafverfahrens deshalb nicht in Betracht, weil hier ein ex post nicht mehr sanierbarer Verfahrensfehler vorliegt.
Deshalb war das Verwaltungsstrafverfahren auch nach § 45 Abs. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Grof

 

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