Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521898/9/Br/Ga

Linz, 17.04.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. R K, vertreten durch die RAe Dr. G K & Partner, G, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, vom 14. Februar 2008, AZ:VerkR21-54-2007, nach der am 2. April 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und ergänzender Beweisaufnahme im Rahmen einer weiteren Beobachtungsfahrt am 7. April 2008, zu Recht:

 

  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG, BGBl. I Nr. 5/2008  iVm § 8 Abs.2 FSG iVm § 24 Abs.1 Z2 idF BGBl. I Nr. 31/2008

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C1, F u. G für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung - gerechnet ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides am 15.2.2008 - entzogen.  Gleichzeitig wurde der Berufungswerber aufgefordert seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern. Ebenfalls wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Berufungsfalle ausgesprochen.

 

 

1.1. Inhaltlich wurde diese Entscheidung auf das amtsärztliche Gutachten vom 14.1.2008 gestützt.  Darin wurde wiederum auf das negative  Ergebnis der Beobachtungsfahrt vom 17.12.2007 Bezug genommen, dessen Ergebnis wiederum mit jenem der VPU in Einklang stehe. Aus der Sicht des Amtsarztes wurde eine ausreichende Kompensationsmöglichkeit der festgestellten kraftfahrspezifischen Leistungsdefizite als nicht mehr gegeben erachtet.

Rechtlich wurde der Bescheid mit §§ 8, 24 Abs.1 Z1 u. Z4, § 25 Abs.2 und § 29 FSG iVm § 64 Abs.2 AVG -  hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - begründet.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Darin wird Folgendes ausgeführt:

"In der umseits näher bezeichneten Verwaltungssache erhebt Herr Ing. R K gegen den Bescheid der BH Urfahr-Umgebung zu VerkR21-54-2007 die

 

B E R U F U N G

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes und führt diese aus wie folgt:

 

Als Berufungsgrund wird eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung bzw. Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht und beantragt der Einschreiter bereits eingangs, den Bescheid der BH Urfahr-Umgebung vom 14.02.2008 ersatzlos zu beheben.

 

Zu den Berufungsgründen wird ausgeführt wie folgt:

 

a)        unrichtige Sachverhaltsfeststellung:

 

Von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wurde festgestellt, dass der Berufungswerber gesundheitlich nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge und 4-rädrige Leichtkraftfahrzeuge zu lenken. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf ein eingeholtes amtsärztliches Gutachten verwiesen. Diese Feststellung wird ausdrücklich bestritten.

 

Festzuhalten ist, dass zum einen die amtsärztliche Stellungnahme sich bezieht auf die zuvor durchgeführte verkehrspsychologische Untersuchung des Einschreiters sowie eine im Anschluss erfolgte Beobachtungsfahrt durch den Sachverständigen Ing. M A.

 

Hinsichtlich der durchgeführten verkehrspsychologischen Untersuchung ist festzuhalten, dass das Ergebnis dieser verkehrspsychologischen Untersuchung nicht zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Berufungswerbers herangezogen werden kann. Dies deswegen, da die verkehrspsychologische Untersuchung im Rahmen eines langwierigen Testverfahrens vor dem Computer stattfand. Bereits eingangs dieses Tests hat der Berufungswerber darauf hingewiesen, dass er zum einen mit dem Umgang von Computern nicht geübt sei und zum anderen aufgrund seiner Sehschwäche Probleme habe, die Aufgaben am Computer zu erkennen. Dieser Umstand wurde jedoch im Rahmen der Untersuchung völlig negiert, sodass sich letztendlich der Einschreiter der Untersuchung unterziehen musste, um nicht sogleich als „Verweigerer“ der Untersuchung dazustehen. Wie sich im Zuge des Tests in der Folge herausstellte, war der Einschreiter tatsächlich nicht in der Lage, die Aufgaben entsprechend deutlich zu erkennen, was dazu geführt hat, dass das Testergebnis äußerst schlecht ausfiel. Dieses schlechte Testergebnis ist jedoch ausschließlich auf die Sehschwäche des Einschreiters zurückzuführen, wobei festzuhalten ist, dass diese Sehschwäche nur die Fähigkeiten des Einschreiters einschränkt am Computerbildschirm zu arbeiten, wogegen aufgrund des Tragens einer Britte für die Ferne und sohin beim Autofahren keine Beeinträchtigung besteht.

 

Das Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung und insbesondere die Problematik mit dem Arbeiten am Computer, wurde in der Folge vom Einschreiter mit dem Amtsarzt erörtert, wobei der Amtsarzt durchaus Verständnis für den Einschreiter zeigte und von sich aus vorschlug, dass ein praktischer Fahrtest erfolgen solle. Diesbezüglich erklärte der Amtsarzt zunächst, dass er persönlich an der Testfahrt teilnehmen werde. Vorgeschlagen wurde im Zuge dieser Besprechung mit dem Amtsarzt von diesem sogleich, dass der Einschreiter eine Lenkberechtigung mit einer örtlichen Einschränkung erhalten solle. Diesbezüglich erklärte der Einschreiter gegenüber dem Amtsarzt, dass ihm eine derartige Lenkberechtigung völlig ausreichen würde, da der Berufungswerber die Lenkberechtigung ausschließlich für Fahrten im unmittelbaren Nahbereich seines Wohnortes benötigt, wogegen Fahrten zur Behandlung seiner Beschwerden nach Linz über die Rettung durchgeführt werden können.

In der Folge kam es tatsächlich zu einer Beobachtungsfahrt unter Teilnahme des Sachverständigen Ing. M A, wobei festzuhalten ist, dass bei dieser Fahrt der Amtsarzt nicht teilnahm. Hinsichtlich der Beobachtungsfahrt ist festzuhalten, dass zunächst eingangs eine angenehme Atmosphäre herrschte. Herr Ing. M A äußerte gegenüber dem Einschreiter, dass es wohl ohnedies lediglich um eine Lenkberechtigung mit einer örtlichen Einschränkung gehe. Der Einschreiter bejahte diese Vermutung zwar, doch dürfte die Antwort des Berufungswerbers von Herrn Ing. M A missverstanden worden sein, da dessen Stimmung aufgrund der Antwort des Einschreiters völlig umkippte und dieser brüsk gegenüber dem Einschreiter erklärte, dass er dann eben nach Linz fahren solle. Dass die Antwort des Einschreiters von Herrn Ing. M A tatsächlich missverstanden wurde, zeigt sich bereits deutlich aus dessen Befund, in welchem dieser anführte, dass der Einschreiter angegeben habe, dass dieser unbedingt nach Linz fahren müsse. Eine derartige Aussage wurde jedoch vom Einschreiter zu keiner Zeit getätigt.

 

Tatsache ist, dass in der Folge während der gesamten Beobachtungsfahrt eine äußert angespannte Atmosphäre im vom Einschreiter gelenkten Fahrzeug herrschte und dieser ständig kritisiert wurde. Tatsache ist jedoch auch, dass der Berufungswerber vor der Durchführung der gegenständlichen Beobachtungsfahrt über die Fahrschule N 2 Perfektionsfahrten durchführte und dem Einschreiter im Zuge dieser Perfektionsfahrten attestiert wurde, dass sein Fahrverhalten völlig in Ordnung sei.

Festzuhalten ist weiters, dass alleine der Umstand, dass der Einschreiter nunmehr seit Jahrzehnten unfallsfrei und ohne jegliche Vormerkung sein Fahrzeug lenkt, deutlich zeigt, dass die Angaben hinsichtlich seiner Nichteignung ein Fahrzeug zu lenken, schlichtweg nicht nachvollziehbar sind. Tatsächlich fährt der Einschreiter äußert umsichtig und vorsichtig und nimmt insbesondere Rücksicht auf sämtliche andere Verkehrsteilnehmer. Insbesondere der Vorhalt, der Einschreiter habe einen Radfahrer unter Einhaltung eines zu geringen Seitenabstandes überholt, ist schlichtweg falsch. Tatsache ist jedenfalls, dass jener Vorfall, welcher zur Anzeige des Einschreiters führte und letztendlich zum Verfahren hinsichtlich des Entzuges der Lenkberechtigung des Einschreitens führte, nicht vom Einschreiter begangen worden sein konnte. Aus diesem Grund wurde das entsprechende Verfahren gegen den Einschreiter auch eingestellt.

 

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass von Seiten der belangten Behörde festgestellt hätte werden müssen, dass der Einschreiter sehr wohl in der Lage ist, Kraftfahrzeuge und 4-rädrige Leichtkraftfahrzeuge zu lenken und insbesondere aufgrund der Erkrankung des Herzens des Einschreiters keine Nichteignung des Berufungswerbers zum Lenken eines Kraftfahrzeuges anzunehmen ist. Demzufolge wäre dem Einschreiter die Lenkberechtigung nicht zu entziehen gewesen.

 

Beweis:     PV; Zeuge H P, pA Fahrschule N, S, R,

                   Durchführung einer weiteren Beobachtungsfahrt; Kfz-SV; Bericht des OA Doz.       Dr. P H des A,

                   vom 21.09.2007; Attest von Dr. W T vom 24.01.2008

 

Aus den angeführten Gründen stellt daher der Einschreiter nochmals

 

d i e   B e r u f u n g s a n t r ä g e

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes möge

 

1.

den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu VerkR21-54-2007 vom 14.02.2008 ersatzlos beheben.

 

2.

Gleichzeitig wird die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt.

 

Ing. R K"

 

 

3. Der Berufungsakt wurde dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Dieser ist demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier mit Blick auf § 67d Abs.1 AVG in Wahrung der durch Art. 6 Abs. 1 EMRK intendierten Rechte geboten. 

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung des Verfahrensaktes der Behörde erster Instanz im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, ferner durch Anhörung des Berufungswerbers zur Sache, sowie der Erörterung des Gutachtens über das Ergebnis der ersten Beobachtungsfahrt, die im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung am 28.11.2007 im Beisein des Ing. A als gutachtender Fahrprüfer mit dem Berufungswerber durchgeführt wurde. 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde der Beschluss über die Vornahme einer weiteren Beobachtungsfahrt in der Wohnumgebung des Berufungswerbers  vorgenommen. Dies mit Blick auf eine allenfalls vertretbare Streckenein­schränkung iS einer Ermöglichung der erwünschten individuellen Mobilität des Berufungswerbers.

Das daraufhin erstellte Gutachten wurde dem Rechtsvertreter ebenfalls mit der Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen übermittelt.

 

 

4. Zum Sachverhalt:

 

Dieses Entzugsverfahren nahm seinen Beginn in einer Anzeige gegen den Berufungswerber am 27. Mai  2007 über einen Vorfall vom 25. und 26. Mai 2007, wonach der Berufungswerber beim Überholen in einen zu geringen Seitenab­stand wobei jeweils die idente  radfahrende Familie gefährdet worden sein soll,  einmal sogar der Lenker gestreift worden sein soll.  Diesbezüglich findet sich eine Niederschrift des Radfahrers vom 26.5.2007 im Akt.

In der von der Polizeiinspektion Aschach am 27. Mai 2007 an die Bezirks­hauptmannschaft Eferding erstatteten Anzeige wird auf den körperlich eher schlecht wirkenden Zustand des Berufungswerbers hingewiesen.

Diese Anzeige wurde von der Bezirkshauptmannschaft Eferding am 31. Mai 2007 an die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unter Hinweis auf eine Veranlassung iSd § 7 u. § 8 FSG weitergeleitet.

Die Behörde erster Instanz reagierte darauf mit einem Aufforderungsbescheid v. 7.9.2007 an den Berufungswerber  zu einer amtsärztlichen Untersuchung. Dieser Bescheid konnte dem Berufungswerber erst am 8.10.2007 zugestellt werden. Der Berufungswerber hat jedoch offenbar bereits am 7.8.2007 den für die Behörde erster Instanz tätigen Amtsarzt aufgesucht, wobei die Beibringung einer VPU angeordnet wurde. Diese wurde vom Berufungswerber am 15.10.2007 mit bedingt negativem Ergebnis absolviert.

Anzumerken ist, dass dem Testergebnis als Vergleichsbasis der Maßstab der  Ergebnisse der altersunabhängigen Gesamtnorm von insgesamt 47.000 untersuchten Personen angelegt worden sein dürfte.

Ob der  altersspezifische Abbau der Leistung  in das Kalkül eingeflossen ist lässt sich der VPU nicht ableiten, weil nicht erkennbar ist ob der beim Berufungs­werber festgestellte Leistungsabbau von jenem Umfang abweicht, als er bei jedem alternden Menschen typischer Weise einhergeht.

Vom Verkehrspsychologen wird jedoch auf die ausreichend gegebene Bereitschaft zur Verkehrsanpassung hingewiesen, was wenig plausibel "als nur mit Einschränkung ausreichend  ableitbar" umschrieben wird.

Der Amtsarzt setzt sich in seinem Gutachten mit diesen Ausführungen und darüber hinaus mit vorgelegten Befunden wohl knapp aber durchaus gut nachvollziehbar auseinander. Er ordnet – ohne dies zu benennen -  offenbar mit Blick auf die langjährige unfallfreie Fahrpraxis des Berufungswerbers eine Beobachtungsfahrt an.

Dessen Ergebnis fiel schließlich negativ aus, was letztlich das Kalkül des Amtsarztes nachvollziehbar bestätigte, worauf der angefochtene Bescheid gestützt wurde. Es ergaben sich die Leistungsdefizite der VPU als nicht mehr ausreichend kompensierbar. Daher wurde die sich aus den Vorgaben der führerscheinrechtlichen Vorschriften abzuleitenden Parameter, nämlich die gebotene Rücksichtnahmemöglichkeit auf andere Verkehrsteilnehmer und ein verkehrsangepasstes Fahrverhalten, nicht mehr gewährleistet erachtet.

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte Ing. A den Verlauf der Beobachtungsfahrt mit dem Berufungswerber im Dezember 2007 unter Hinweis auf das  schriftlich erstattete Gutachten.

Darin wird der Fahrverlauf im Ergebnis mit zahlreichen Wahrnehmungsmängel und kleineren Missachtungen straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, insbe­sondere aber Spurhalteprobleme und mit fortschreitender Fahrtdauer Ermüdungs- u. Überforderungserscheinungen mit erhöhter Fehlerneigung, dargestellt.

Der Gutachter gelangte zum klaren Ergebnis einer nicht mehr gegebenen Kompensierbarkeit dieser Leistungsdefizite in einer für die Verkehrsteilnahme erforderlichen umsichtigen Fahrweise.

 

 

4.1. Da sich im Rahmen der Berufungsverhandlung zuletzt die Frage auf eine vorher nicht den Gegenstand des Verfahrens bildende Streckenbeschränkung aufgeworfen wurde, wurde der Beschluss zur Durchführung einer weiteren Beobachtungsfahrt in der Wohnumgebung des Berufungswerbers gefasst (konkret die Wegstrecke vom Wohnort des Berufungswerbers  bis Eferding). Diese wurde am 7. April in unmittelbarer Teilnahme auch des zur Entscheidung berufenen Organs der Berufungsbehörde  idZ von 14.05 bis 14.45 Uhr und im Beisein von Ing. A als Sachverständigen durchgeführt.

 

4.1.1. Das erstattete Gutachten hat folgenden Inhalt:

"Aufgrund des dortigen Auftrages im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde am 7.4.2008 mit Ausgangsort Oberlandshaag eine Beobachtungsfahrt nach den Bestimmungen des § 9 FSG 1997 in Verbindung mit § 1 FSG-GV 1997 durch den gem. § 125 KFG 1967 bestellten technischen Sachverständigen Ing. M A gemeinsam mit Herrn Dr. Hermann Bleier durchgeführt.

 

Zur gestellten Frage der Fahreignung im Hinblick auf die Kompensation der in der verkehrspsychologischen Untersuchung festgestellten Einschränkungen bei engerer örtlicher Einschränkung der Lenkberechtigung ergeht nachstehend Befund und Gutachten.

 

 

B E F U N D:

 

Im Rahmen der Berufungsverhandlung gibt der Berufungswerber unter anderem an, dass die Grundlagen der Beobachtungsfahrt vom 17.12.2007 nicht heranzuziehen sind, da er auch damals beabsichtigte, eine örtlich eingeschränkte Lenkberechtigung zu erwerben. Er beabsichtige nicht mehr nach Linz zu fahren, sondern möchte in etwa die Umkreisbeschränkung in der Form festgelegt haben, dass er nach Eferding bzw. Ottensheim fahren darf.

 

Die Beobachtungsfahrt wurde mit dem Fahrschul-PKW der Fahrschule N, Type Opel Corsa, Kennzeichen durchgeführt, wobei Herr A N die Fahrt in der Funktion des Fahrlehrers begleitete.

Die Beobachtungsfahrt führte von Oberlandshaag nach Hartkirchen, Eferding und über Aschach an der Donau wieder zurück nach Oberlandshaag. Die Fahrt dauerte ca. von 14.05 Uhr – 14.45 Uhr.

Bei der Abfahrt wurde bereits erörtert, dass Herr Ing. K in Eferding zum "Hofer-Markt" fahren soll, da er auch angibt, dort zum Einkaufen hinfahren zu wollen. Er hat letztlich die Strecke auch selbstständig gefunden.

Zum Umfeld der Fahrt ist anzuführen, dass sehr geringes Verkehrsaufkommen herrschte, gute Sichtverhältnisse vorlagen und die Fahrbahn weitgehend trocken war.

 

Bei der Abfahrt war festzustellen, dass sich Herr Ing. K die Rückblickspiegel nicht korrekt einstellte und ist anzuführen, dass Herr Ing. K während der gesamten Fahrt kaum in die Rückblickspiegel blickte.

Auf der Straße in Oberlandshaag entlang der Donau ergab sich durch eine abgestelltes Fahrzeug mit größeren Abmessungen eine unübersichtliche Stelle mit Fahrbahneinengung. Herr Ing. K befuhr die Stelle für die Situation deutlich zu schnell, d.h. dass das Gebot des Fahrens auf Gefahrensicht nicht beachtet wurde. Das gleiche Verhalten ergab sich auch bei der Rückfahrt. Herr Ing. K kam in der ersten Phase der Fahrt bzw. insbesondere bei der Fahrt von Oberlandshaag nach Eferding mit der Handhabung des Fahrzeuges relativ zurecht. Es zeigte sich jedoch dass Herr Ing. K zur Fahrbahnmitte tendiert, in Hartkirchen eine Sperrlinie überfuhr, beim Linkseinbiegen die Sperrlinie der Abbiegespur überfuhr und mehrfach bei Gegenverkehr über die Fahrbahnmitte bzw. Mittelleitlinie geriet. Eine Gefahrensituation ist durch die Eingreifbereitschaft des Fahrlehrers bzw. durch Ausweichen des Gegenverkehr auf den äußerst rechten Fahrbahnrand nicht entstanden. An den Kreuzungen blinkte Herr Ing. K eher sehr spät.

In zwei Fällen wurde unser Fahrzeug durch andere PKW überholt, wobei festzustellen war, dass Herr Ing. K dies erst bemerkte, wenn sich das überholende Fahrzeug vor unserem Fahrzeug befand und er in beiden Fällen jeweils entlang der Mittelleitlinie fuhr.

Die Verkehrslichtsignalanlagen in Eferding beachtete er bei der Hinfahrt korrekt, ebenso bewältigte er bei der Hinfahrt die Kreisverkehrsanlagen korrekt.

 

Am Parkplatz beim Hofer Markt zeigte sich eine unmotivierte Fahrspurwahl und stellte Herr Ing. K den PKW schräg auf einem, gehbehinderten Personen vorbehaltenen Parkplatz ab. Er sagte dass er hier zwar nicht parken dürfe da er keinen "Parkausweis" besitzt, man ihn aber beim Hofer Markt kennt und er sein Fahrzeug immer hier abgestellt hat.

Beim Ausparken überblickte der den Raum hinter dem Fahrzeug nahezu nicht. Er wendete nur kurz den Kopf zur Seite und fuhr anschließend zurück. Bei der Rückfahrt tendierte er wieder mehrfach zur Fahrbahnmitte.

 

In dieser Phase der Fahrt wurde auch die Handhabung des Fahrzeuges immer schlechter, was sich darin äußerte, dass beispielsweise Herr Ing. K nicht mehr wusste, wie er den Blinker ausschalten sollte und mehrfach bei Schaltvorgängen in der Fahrt einige Sekunden auf den Schalthebel blickte.

 

Bei der Rückfahrt erkannte er das Grünblinken der Verkehrslichtsignalanlage an einer Kreuzung nicht und fuhr vorerst obwohl die Verkehrslichtsignalanlage bereits auf Gelb umschaltete weiter. Erst im letzten Moment bremste er das Fahrzeug stark ab und hielt vor der Haltelinien an. Bei der Rückfahrt zeigten sich mehrere Spurunsicherheiten, wobei er wiederum bei Gegenverkehr nach links tendierte und auch unübersichtliche Linkskurven "schnitt".

Bei der offensichtlich noch nicht vor sehr langer Zeit installierten Verkehrslichtsignalanlage in Aschach der Donau hielt der Ing. K das Fahrzeug bei Grünlicht an und wollte dem Querverkehr den Vorrang geben. Die Fahrzeuge im Querverkehr hielten jedoch aufgrund der Rotlicht zeigenden Verkehrslichtsignalanlage an. Er reagierte auf das Hupen des dahinter anhaltenden PKW-Lenkers nicht. Nach einiger Zeit fuhr er in die Kreuzung ein.

Bei der Fahrt in Oberlandhaag fuhr er bei der unübersichtlichen und schmalen Stelle wiederum deutlich zu schnell und fuhr auf der zwar verkehrsfreien Straße ohne irgend einen Grund auf der linken Fahrbahnseite. Beim Zufahren zu seinem Haus (Rechts­ein­biege­vorgang) scherte er links, wiederum ohne jegliche Blickzuwendung auf einen allenfalls nachkommenden Verkehr aus.

 

GUTACHTEN:

 

Auch bei der, bei optimalen Bedingungen und geringem Verkehrsaufkommen zu Stande gekommenen Beobachtungsfahrt zeigten sich Problemstellungen und Gefahrensituationen, die eine gleiche Beurteilung wie bei der Beobachtungsfahrt am 28.11.2007 ergeben.

 

Die Beobachtungsfahrt wäre unter sinngemäßer Anwendung der Richtlinien über die Abnahme von praktischen Fahrprüfungen unmissverständlich als negativ zu bewerten gewesen.

 

Es wird daher aus Sicht des technischen Sachverständigen und Fahrprüfers nach dem FSG in gleicher Weise wie bei der Beobachtungsfahrt am 28.11.2007 eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen auch im örtlich eingeschränkten Bereich gesehen."

 

4.2. Diesem Kalkül schließt sich die Berufungsbehörde an. Diese fachliche Sichtweise findet insbesondere auch Deckung in der fachlichen Würdigung des hier entscheidenden Organs der Berufungsbehörde aus dessen früheren Fahr­prüferpraxis.  Die unabhängig vom technischen Sachverständigen auf einem Fahrprüfungsprotokoll nach § 11 Abs.7 FSG gemachten Aufzeichnungen, haben immer wieder eine ausgeprägte Tendenz zur Fahrbahnmitte erkennen lassen. Dies insbesondere bei  Gegenverkehr, wobei beim Berufungswerber auch ein vermehrtes Zittern und eine hohe Anspannung feststellbar waren. Der Innenspiegel wurde nicht eingestellt, sodass dieser für den Lenker während der Fahrt nicht verwendbar war und ebenso war kein Blick in den Außenspiegel feststellbar. Die Weg-Zeitabläufe und die darauf basierenden Geschwindigkeitsanpassungen waren als nachhaltiges Defizit feststellbar. Insbesondere wurde gegen Ende der Beobachtungsfahrt das Grünlicht einer Ampel erst nach dem Hupen des Hinterfahrzeuges wahrgenommen, wobei das Linksabbiegen letztlich noch in der Gelbphase ausgeführt wurde.

Der Berufungswerber verzichtete letztlich auf eine Stellungnahme zu diesem Beweisergebnis durch Mitteilung seines Rechtsvertreters vom 16.4.2008.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Nach § 24 Abs.1 und Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder ……

 

Nach § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

   1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt, ….

 

5.1. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die verkehrspsychologischen Untersuchungen zur Feststellung (ua) der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn Zweifel an deren Vorliegen "im Hinblick auf sein Lebensalter" bestehen, wobei auch ein verhältnismäßig hohes Alter in Betracht kommt.  Das in realistischer Beurteilung insbesondere ältere Menschen mit der "verkehrspsychologischen Testumgebung" wohl an sich überfordert sein mögen, vermag ein kompensierbares Leistungsdefizit durch eine Beobachtungsfahrt empirisch dargestellt werden. Besser wäre wohl bei solchen Anlassfällen sogleich eine Beobachtungsfahrt anzuordnen und den älteren Menschen das oft als   unwürdig empfundene Scheitern am Testgerät zu ersparen. In diesem Punkt ist den Berufungsaus­führungen durchaus zu folgen.

Aus der Judikatur zum früheren § 31a KDV folgt, dass kraftfahrspezifische Leistungsdefizite "im Vergleich zur Altersnorm" - und nicht etwa im Vergleich zu jüngeren Probanden – zu setzen wären (VwGH 30.6.1992, 92/11/0056).  Hinsichtlich dieser Judikatur hat sich grundsätzlich auch durch das Führerscheingesetz keine Veränderung ergeben.

Hier wurde offenbar der Berufungswerber vom Verkehrspsychologen an den Durchschnittsleistungen der 47.000 im Gesamtaltersdurchschnitt viel jüngeren Testpersonen gemessen.

Zum  Thema "ältere Verkehrsteilnehmer" gibt es eine umfassende einschlägige Literatur die sich schwerpunktmäßig mit gesundheitlichen Defiziten und deren Kompensationsmöglichkeiten bei der Inanspruchnahme, Art und Häufigkeit der Nutzung eines Kraftfahrzeuges und der Rolle  älterer Menschen im zukünftigen Sicherheitssystem Straße/Fahrzeug/Mensch etc. befasst (Ellinghaus et al.,1990; Schubert et al., 1991; Tränkle,1994; Weinand, 1997; ebenso. W Schubert/Thomas Wagner, Die psychologische Fahrverhaltensbeobachtung Grundlagen, Methodik und Anwendungsmöglichkeiten).

Was den Aspekt der ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit anlangt, wurde in der Judikatur ferner die Auffassung vertreten, dass im Einzelfall etwa nachvollziehbar sein muss, warum Testergebnisse eines Probanden nach Auffassung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle außerhalb der Norm liegen (vgl. zB. VwGH 21. April 1998, Zl. 96/11/0190, u. VwGH 20. September 2001, Zl. 99/11/0162). In diesen Fällen waren Grundlage der Beurteilung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen des Beschwerde­führers offenbar die bei den einzelnen Tests erzielten Testwerte in den Teilbereichen "Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Beobachtungsfähigkeit", "Reaktionsverhalten" und "Sensomotorik". Die daraus abgeleiteten Beurteilungen der einzelnen Leistungsfunktionen waren allerdings mangels jegliche Bezug­nahme auf einen altersspezifischen Erkenntnisstand der Verkehrs­psycho­logie maßgebende Grenzwerte (noch) nicht nachvollziehbar. Hinzu tritt, dass den beiden Bewertungen wie "unterdurchschnittliche", "nicht normgerechte selektive Aufmerksamkeit", "nicht normgerechte Reaktionssicherheit und reaktive Belast­barkeit", "stark erhöhte Anzahl an verspäteten Reaktionen", "zusätzlich überdurchschnittlich viele falsche(n) Reaktionen und Reaktionsauslassungen" mangels Bezugnahme auf den jeweiligen Grenzwert nicht entnehmbar ist, ob (und in welchem Ausmaß) dieser erreicht oder verfehlt wurde.

Eine Kompensierbarkeit von alterbedingten Leistungsdefiziten wird – wie oben bereits dargestellt - auch durch die Judikatur  anerkannt. Das fortgeschrittene Lebensalter für sich allein stellt noch keinen hinreichenden Grund für eine Einschränkung der Lenkerberechtigung dar (VwGH 23.11.1993, 93/11/0056).

Es ist daher auf die am besten im Rahmen einer empirischen Beobachtungsfahrt oder Fahrprobe feststellbaren Kompensierbarkeit sogenannter "psychischer Leistungsschwächen" (insb. bei älteren Menschen) abzustellen. Durch eine langjährige Fahrpraxis vermögen vielfach solche Defizite noch sehr gut kompensiert werden, wobei laut einschlägiger Fachliteratur auch Personen mit schlechten Testwerten "im allgemeinen noch recht gute Verkehrsbewährung erreichen (Vgl. HIMMELREICH/JANKER, MPU - Begutachtung, 2. Auflage, Seite 40 Fn 106 mit Hinweis auf  Umdeutsch DVWG 81, mit Hinweis auf OVG Münster VRS 68, 395; A. Müller BA 83, 63 (64). Eine Fahrprobe wird in Falle solcher Mängel insbesondere in  einschlägiger deutscher Fachliteratur empfohlen.

All diese Aspekte in das rechtliche Kalkül mit einbeziehend vermochten in diesem Verfahren im Lichte des Ergebnisses zweier Beobachtungsfahrten (Fahrproben) zu keinem positiven Ergebnis der Sachentscheidung mehr führen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

Beschlagwortung:

Beobachtungsfahrt; Kompensationsmöglichkeit und Leistungsdefizite

 

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