Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162197/19/Bi/Se

Linz, 29.04.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Mag. Dr. G R, W, vom 24. April 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land  vom 5. Dezember 2006, VerkR96-21008-205-Ps/Pi, wegen Übertretung der StVO 1960 (zugestellt am 17. April 2007), aufgrund des Ergebnisses der am 13. März 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 72,80 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 364 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er am 26. Juni 2005, 9.04 Uhr, in der Gemeinde St. Florian, A1 Westautobahn bei km 163.400, FR Salzburg, mit dem Pkw  die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 52 km/h überschritten habe – die in Betracht kommende Messtoleranz sei zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 36,40 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich (UVS) vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. März 2008 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Zeugen Meldungsleger BI W F (Ml) und des technischen Amts­sach­ver­ständigen Dipl-HTL.Ing. R H durchgeführt. Der Bw war ebenso entschuldigt wie die Vertreterin der Erstinstanz.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe ihm keine Ge­legen­heit gegeben, die Ergebnisse des Beweisverfahren zu erörtern. Auf seine Fragen in der Stellungnahme vom 11.9.2006 sei nicht eingegangen worden. Der zugrundegelegte Sachverhalt und das Ergebnis der Auswertung der VKS3.0-Anlage seien nicht nachvollziehbar. Es könne nicht ausreichen, bloß darauf zu verweisen, ohne wenigstens im Ansatz darzulegen, wie die Erstinstanz zu ihren Schlüssen gelangt sei. Die Erstinstanz habe sich auch nicht mit seiner Stellung­nahme vom 8.3.2006 auseinandergesetzt.

Im Übrigen sei eine Feststellung der Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h bei km 163.4 denkunmöglich, weil eine Geschwindigkeit nur über eine gewisse Distanz gemessen werden könne – die Behörde habe selbst eingeräumt, dass auf einer Strecke, welche den genannten Strkm umschließe, die Geschwindigkeit im Schnitt wesentlich niedriger gewesen sei. Die Sachverhaltsfeststellung sei daher mangelhaft. Bei richtiger Beweiswürdigung, insbesondere Erörterung der von ihm aufgeworfenen Zwei­fel an den Messmethoden, hätte die Behörde feststellen müssen, dass seine Geschwindigkeit nicht mit der erforderlichen Genauigkeit messbar und daher ein Vorwurf einer Überschreitung um 52 km/h nicht möglich sei. Diese sei wesentlich geringer gewesen. Beantragt wurde eine mündliche Berufungsverhandlung, Ergänzung des Beweisverfahrens zu den Messmethoden und Einvernahme geeigneter Zeugen, im Übrigen Bescheidaufhebung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der beide Parteien zunächst für 29. Jänner 2008 geladen wurden. Der Bw hat sich telefonisch wegen "Grippe", allerdings ohne ärztliche Bestätigung, entschuldigt, worauf nach seiner ausdrücklichen Erklärung, er sei nur in der Osterwoche auf Urlaub, die Verhandlung verlegt wurde auf 13. März 2008. Der Bw hat dazu telefonisch eingewendet, er habe in Innsbruck genau an diesem Tag einen beruflichen Termin, und hat dazu eine Flug-Buchungsbestätigung für eine Frau J aus den Niederlanden vorgelegt, allerdings ohne irgendeinen erkennbaren Bezug zum Bw, und neuerlich um Terminver­legung ersucht. Telefonisch wurde mit dem Bw geklärt, dass einerseits wegen der Schwierigkeiten, beim SV einen Termin zu bekommen, andererseits wegen seiner damaligen Erklärung, er sei nur in der Osterwoche abwesend, die Verhandlung stattfindet, seine Argumente in der Verhandlung Berücksichtigung finden und anschließend Parteien­gehör gewahrt bzw das Verfahren schriftlich geführt werden wird. Damit war der Bw einverstanden. Aus diesem Grund fand die Verhandlung in Abwe­sen­heit beider Parteien statt – die Vertreterin der Erstinstanz war ebenfalls entschul­digt – und wurde der Meldungsleger unter Hinweis auf § 289 StGB unter Einsichtnahme in die vorgelegte ProViDa-Aufnahme zeugenschaftlich einvernommen und die gutachterlichen Aus­führ­ungen des Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing. R H anhand dieser Aufnahme erörtert.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass dem Bw seitens der Erstinstanz mit Schreiben vom 17. Februar 2006 die Videoaufzeichnung übermittelt wurde mit dem Ersuchen, diese nach Einsichtnahme zu retournieren. Mit Stellungnahme vom 8. März 2006 erklärte der  Bw, er streite eine wesentliche Geschwindigkeits­über­schreitung durch ihn gar nicht ab, aber da sich der Abstand zwischen seinem und dem Polizeifahrzeug dauernd geändert habe, halte er die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges nicht für ermittelbar; es sei denn, sie sei auf andere Art gemessen worden, die aus dem Video nicht hervorgehe.

Nach weiteren Ermittlungen samt Parteiengehör wurde der Bw mit Schreiben der Erstinstanz vom 3. Oktober 2006 aufgefordert, das Video binnen 14 Tagen rück­zu­übermitteln, worauf er zunächst erklärte, er habe das Video mit dem Schreiben vom 12. September 2006 retourniert – hier ist im Akt nur ein Mail des Bw vom 11. September 2006 zu finden - und am 13. Oktober 2006 der Bear­beiterin der Erstinstanz telefonisch mitteilte, das sei Pech der Behörde, wenn die Post so schlampig sei. Er habe es nicht eingeschrieben aufgegeben, da so etwas von ihm nie verlangt worden sei. 

Die selbstverständlich vom Original rekonstruierten Aufzeichnungen wurden in der Beru­fungs­­verhandlung am 13. März 2008 eingesehen und vom Ml zeugen­schaft­lich erörtert.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Ml lenkte damals das Polizeifahrzeug BG 4157 auf der A1, Bereich Asten zunächst auf dem äußerst rechten der drei Fahrstreifen in Richtung Linz und wurde vom augenscheinlich zu schnell fahren­den Pkw  auf der äußerst linken Spur überholt, worauf er diesem Pkw nachfuhr. Diese aufgezeichnete Nachfahrt erstreckte sich vom Bereich der Ausfahrt/Auffahrt Asten bis auf den Ebelsbergerberg, wo der vom Bw gelenkte Pkw im Bereich der dortigen Betriebs­­aus­fahrt ange­halten wurde. Der Bw verantwortete sich gegen­über dem Ml damit, er habe nicht auf den Tacho gesehen. 

 

Das Polizeifahrzeug  , ein Peugeot laut Eichschein mit der Typenbezeich­nung 8*XFX/B/A, laut Ml ein Peugeot 406 mit 150 kw oder 204 PS, der inzwi­schen nach neuerlicher Eichung im Jahr 2006 ausgeschieden wurde, besaß einen vom Bundesamt für Eich- und Vermessungs­wesen zuletzt vor dem Vorfalls­tag (26.6.2005) am 18.9.2002 mit Nacheichfrist bis 31.12.2005 geeichten Geschwin­digkeits­­messer der Bauart Multavision, IdentifikationsNr., Hersteller Jaivision A.S., Dänemark, mit einem Messbereich von 10 bis 250 km/h. Der Ml bestätigte, dass die der Anzeige zugrundegelegten Aufzeichnungen mit Sicherheit von diesem Gerät stammten, obwohl die IdentifikationsNr. damals noch nicht in den Auf­zeich­nungen einge­blendet gewesen sei.

Die Multavisionsanlage sei nicht ident mit dem VKS3.0-System, mit dem die Auswertung und Nachrechnung des Geschwindigkeitswertes, der Grundlage für die Anzeige sei, erfolgt sei; die Systeme seien völlig unabhängig voneinander. Er habe den für den Bw günstigsten Wert herangezogen und 5% Toleranz, wie in der Zulassung vorgeschrieben, abgezogen. Abgesehen von der vom Messgerät aufgezeichneten Geschwindigkeit wurde eine Durchschnittsmessung von km 162.800 am Fuß des Ebelsberger Berges bis km 163.8, direkt vor dem ASFINAG-Mautportal, ausgelöst. Die Geschwindigkeitsanzeige auf dieser Durchschnitts­strecke beginnt knapp bei 09:03:50 Uhr bei 184 km/h und endet um 09:04:15 Uhr mit 194 km/h. Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Polizeifahrzeuges auf dieser Wegstrecke von 1000 m in 18,89 Sekunden betrug laut ProViDa 190,57 km/h.

 

Der Amtssachverständige führte in der Verhandlung gutachterlich aus:

"Zum Zeitpunkt der Messung wurde ein geeichtes Multavision-System verwendet und die gegenständliche Videodokumentation wurde auf einem von der Polizei unabhängigen amtseigenen System ausgewertet. Die Auswertung erfolgte für das Polizeifahrzeug mit dem Kennzeichen BG-4157. Die Kalibrierungsdaten, die für die fotogrammetrische Auswertung erforderlich sind, liegen für dieses Fahr­zeug beim Amt der Oö. Landesregierung auf. Unter Zugrundelegung bzw Verwendung des Auswertesystems "Videomass" wurde die gegenständliche Nachfahrt ausgewertet und zum in der Anzeige angeführten Zeitpunkt 09.04 Uhr ist festzustellen, dass in diesem Zeitbereich das Polizeifahrzeug mit einer Geschwin­digkeit von 192 km/h nachfuhr.

Die fotogrammetrische Auswertung ergibt in diesem Zeitbereich ein leichtes Entfernen des gemessenen Fahrzeuges, sodass das Fahrzeug des Bw mit einer noch etwas höheren Geschwindigkeit unterwegs gewesen ist. Geht man aber im Sinne des Bw von der Geschwindigkeit des Polizeifahrzeuges aus, so ergibt sich abzüglich der eichtechnischen Toleranzen von 5% eine vorwerfbare Geschwin­digkeit im Sinne des Bw von zumindest 182 km/h.

Weiters ist festzustellen, dass der Videofilm auch zeigt, dass, wenn man vor der gegenständlichen Messsequenz auswertet, nämlich bei einer Zeit von 09.03 Uhr, die ebenfalls am gegenständlichen Videoband dokumentiert ist, sich im Sinne des Bw eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 189 km/h ergibt. Aus der Videodoku­mentation ist daher zu schließen, dass die Polizei für ihre gegenständliche Auswertung nicht den Spitzenwert der Geschwindigkeit genommen hat, der auf dem vorliegenden Videoband dokumentiert ist.

Zusammenfassend ist aus technischer Sicht zu sagen, dass im angegebenen Zeitpunkt 09.04 Uhr sich das Fahrzeug des Bw vom Polizeiauto entfernt hat und der vorgeworfene Wert im Sinne des Bw 182 km/h beträgt."

 

Der Bw hat im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben von 8. April 2008 weder die Zeugenangeben des Ml noch die Ausführungen des AmtsSV für nach­vollziehbar befunden und gerügt, man könne daraus wohl nicht auf die Geschwin­digkeit seines Fahrzeuges schließen. Er zweifelt die Kalibrierdaten des damaligen unzureichend klar definierten ("8*XFX/B/A") Polizeifahrzeuges ebenso an wie die errechnete Geschwindigkeit, weil diese nur das Ergebnis einer Strecke und nicht eines bestimmten Punktes zu einem bestimmten Zeitpunkt sein könne. Beantragt wurden nochmalige Zeugeneinvernahmen zu den Fragen, was denn überhaupt mit welcher Methode ausgewertet werde, ob dafür die Bildqualität überhaupt reiche, welche Messtoleranzen laut Herstellerangaben des Gerätes denn zu berücksichtigen seien und ob, wenn es sich um die Auswertung der in der Aufzeichnung eingeblendeten Werte handle, die Werte und die Berechnungs­methode, abgesehen von den Messintervallen, bekannt sei.

 

Aus der Sicht des UVS sind diese vom Bw, dem die Videoaufzeichnung samt Bildqualität bestens bekannt ist, insofern geradezu mutwillig, als sich am Ende der Nachfahrt beim Überholen des vom Bw gelenkten Pkw durch die Polizei das Kennzeichen dieses Pkw sogar einwandfrei ablesen lässt. Der Ml hat in der Verhandlung auch keinen Zweifel daran gelassen, dass der genannte Pkw vom Bw gelenkt wurde, was dieser bislang auch nicht bestritten hat.

Der SV hat in der Beru­fungs­verhandlung klar, unmissverständlich und schlüssig dargelegt, dass die damalige ProViDA-Aufzeichnung im Nachhinein von ihm mittels des davon unabhängigen Verfahrens "Videomass" ausgewer­tet wurde und sich ergeben hat, dass im Nachfahrbereich, in dem die Durch­schnitts­geschwindigkeit ermittelt wurde, sich das Fahrzeug des Bw vom Polizei­fahrzeug noch entfernt hat, dh dass die von Bw eingehaltene Geschwindigkeit geringfügig höher war als die des Polizeifahrzeuges. Damit war jedenfalls die Durchschnitts­geschwindigkeit abzüglich der vorgeschriebenen Toler­anzen von 5%, dh 182 km/h, dem Tatvor­wurf zugrunde zulegen.    

Die vom Bw aus welchen Überlegungen immer beantragte nochmalige Zeugen­einvernahme des Ml sowie Befragung des SV ist somit entbehrlich.

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, ... auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.2c Z9 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Orts­gebietes um mehr als 50 km/h überschreitet.

­

Die Geschwindigkeitsfeststellung erfolgte mittels eines elektronischen Geschwin­dig­keitsmessgerätes des Bauart ProViDa, dh der geeichte Tachometer des Poli­zei­­­fahr­zeuges ist mit einer Videokamera gekoppelt und ermittelt die Geschwin­­digkeit des Polizeifahrzeuges. Der Eichschein war dem Bw bereits mit Schreiben der Erstinstanz vom 5.1.2006 (Zustellung 18.1.2006) zur Kenntnis gebracht worden. Die verwendete ProViDa-Anlage bestand aus dem in das Polizeifahrzeug BG-4157 (Peugeot 406 mit 204 PS) eingebauten Tachometer mit der Identi­fikationsNr. 223316 und war zuletzt vor dem Vorfall am 18.9.2002 mit Nacheich­frist bis 31.12.2005 vom Bundes­amt für Eich- und Vermessungswesen geeicht worden.

Auf der Video­aufzeichnung sind Datum, Uhrzeit, Momentangeschwindigkeit "E" sowie Weg, Zeit und Durchschnittsgeschwindigkeit "G" einer entsprechend durch­ge­führ­ten Durchschnittsgeschwindigkeitsmessung ersichtlich – nicht aber die im Schreiben des Bw erwähnte Entfernung zwischen dem Polizeifahrzeug und dem von ihm gelenkten Pkw; diese kann nur durch fotogrammetrische Auswertung (VKS3.0 oder Videomass) ermittelt werden – vom  Durchschnittsgeschwindig­keits­wert sind laut Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungs­wesen, Zl. 41731/97, bei Geschwindig­keiten über 100 km/h 5% abzuziehen. Die Messung wird vom Bei­fahrer durch Knopfdruck ausgelöst und umfasst im ggst Fall 1000 m Nachfahr­strecke. Die Zuordnung dieser Nachfahrstrecke erfolgte laut Ml nach Uhrzeit und Kilome­trierung der A1, nämlich um 9.04 Uhr des 26. Juni 2005 von ca km 162.800 bis 163.800, FR Salzburg. Die Geschwindigkeits­feststellung erfolgte auf 1000 m Mess­strecke, die der Bw (so wie das Polizei­fahrzeug) in einer Zeit von 18,89 Sekunden durchfahren hat – daraus errechnet sich die Durchschnitts­geschwin­digkeit und nach Abzug von 5% dieses Wertes die dem Tatvorwurf zugrunde­gelegte Geschwin­dig­keit. Die innerhalb der Messstrecke befindliche Markierung bei km 163.400 ist auf dem Video sichtbar und daher als Bezugs­punkt geeignet.

Die Aufzeichnung wurde vom SV nach­träglich mit dem System "Videomass" ausgewertet und ergab eine für 9.04 Uhr vorwerfbare Geschwindigkeit von 192 km/h – vorwerfbar deshalb, weil sich der vom Bw gelenkte Pkw dabei vom Polizeifahrzeug entfernt hat. Abzüglich 5% Toleranz aufgerundet, ds 10 km/h, ergibt sich eine  vorwerfbare Geschwindigkeit von 182 km/h.

 

Im Bereich der Messstrecke bei km 163.400, FR Salzburg, bestand am 26.4.2005 keine Geschwindigkeitsbeschränkung, dh die erlaubte Höchstgeschwindigkeit betrug die auf Autobahnen übliche von 130 km/h. Der Bw gab laut Ml bei der Anhaltung auf dem Parkplatz am Ebelsbergerberg an, er habe nicht auf den Tacho gesehen; er hat daher die bei der Anhaltung vorgeworfenen Geschwindig­keit nicht bestritten.

 

Nach der Judikatur des VwGH (vgl E 24.2.2000, 99/02/0276; ua) ist es zwar richtig, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung begrifflich niemals (ausschließ­lich) an einem bestimmten Punkt begangen werden kann, doch bedeutet es - wie der Verwaltungsgerichtshof im E 13.9.1989, 89/18/0068, ausgesprochen hat - keinen den Beschwerdeführer belastenden Verstoß gegen die Bestimmung des § 44a Z1 VStG, wenn die belangte Behörde aus der gesamten Strecke, auf der der Be­schwerdeführer eine Geschwindigkeitsüberschreitung beging, lediglich eine kur­ze Strecke als Tatort der Bestrafung zugrundelegte (vgl E 10.10.1990, 89/03/0272). Die Angabe "bei Strkm 91.000" in der Tatortumschreibung ist nicht auf einen Punkt, sondern auf eine in diesem Straßenkilometerbereich gelegene Strecke zu beziehen. Eine derartige Tatortumschreibung entspricht dem Gebot des § 44a Z1 VStG (vgl E 26.1.2000, 98/03/0089, mit weiteren Nachweisen).

 

Im ggst Fall ist der dem Tatvorwurf zugrundegelegte Übertretungsort "km 163.400" der A1, FR Salzburg, im Sinne des § 44a Z1 VStG auf den diese Kilo­metrierung umfassenden Bereich zu beziehen. Ebenso nicht punktgenau ist die Uhrzeit 9.04 Uhr zu sehen, die im Sinne des § 44a Z1 VStG laut Aufzeichnungen immer noch 15 Sekunden umfasst.

Wie bereits der SV in seinen Ausführungen bemerkt hat, wurde vom Ml die Geschwindigkeit innerhalb der Durchschnittsgeschwindigkeitsfeststellung heran­gezogen, obwohl der Bw vor der Messstrecke bereits eine noch höhere Geschwindigkeit eingehalten hat, die aus technischer Sicht als Grundlage für einen derartigen Tatvorwurf ohne Provida-Messung sondern durch Auswertung unter Zugrundelegung der Daten des Polizeifahrzeuges und Prüfung, ob sich der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nicht zum Nachteil des Bw (zB durch Schnellerwerden des Polizeifahrzeuges) verändert hat, ausgereicht hätte. Der ggst Tatvorwurf wurde demnach sicher nicht zum Nachteil des Bw gewählt, dessen Bestreben es ganz offensichtlich ist, das Verfahren bis zum Eintritt der Verjährung zu verzögern.     

 

Aus all diesen Überlegungen geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten hat, zumal von einer Glaubhaft­machung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbring­lich­keit von 24 Stunden bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

 

Die Unbescholtenheit des Bw wurde laut Begründung des angefochtenen Straf­erkenntnisses – zutreffend – als mildernd berücksichtigt. Nach Auffassung des UVS ist die Höhe der Überschreitung zwar nicht als erschwerend zu sehen, aber der mit der Geschwindigkeit steigende Unrechts­gehalt der Übertretung rechtfertigt im Ergebnis die Strafhöhe, wobei sich die vom Bw mit Schreiben vom 3. Februar 2006 bekannt gegebenen finanziellen Verhältnisse auf das Jahr 2005 beziehen (25.000 Euro netto, keine Sorgepflichten) und es ihm offen steht, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen anzusuchen. Dass seine Sorge um den kranken Vater in Bad Goisern die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit letztlich nicht zu rechtfertigen vermochte, hat der Bw selbst erkannt.

Der UVS kann nicht finden, dass die Erstinstanz bei der Strafbemessung im ggst Fall den ihr zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen. Es fand sich auch im Sinne des § 34 StGB kein Ansatz für eine Strafherabsetzung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (ab 1. Juli 2008 220 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

§ 20/2 StVO

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 26. September 2008, Zl.: 2008/02/0225-6

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