Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521883/12/Zo/Da

Linz, 27.05.2008

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H G, geb. , P, vom 18.2.2008, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 8.2.2008, Zl. VerkR21-30-2008, wegen Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

 

I.   Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E und F aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Berufungswerber unter folgenden Einschränkungen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der oben angeführten Klassen sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist:

Befristung auf 1 Jahr

Vorlage der Leberfunktionswerte CDT, MCV, GGT, GOT, GPT-Wert und Cholinesterasen alle 3 Monate an die Führerscheinbehörde, erstmalig 3 Monate nach Ausfolgung der Führerscheins.

 

II.  Hinsichtlich der Lenkberechtigung für die Klassen C1, C, C1+E, C+E wird die      Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: §§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.1, 8 Abs.3 FSG und § 14 Abs.5 FSG‑GV.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für alle Klassen wegen gesundheitlicher Nichteignung, gerechnet ab 13.2.2008, entzogen. Weiters wurde dem Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen bis zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung verboten und es wurde ihm das Recht aberkannt, von einer etwaigen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber im Wesentlichen geltend, dass er die Nachschulung und die verkehrspsychologische Untersuchung absolviert habe, wobei es dabei zu einem Zeitdruck gekommen sei. In der verkehrspsychologischen Stellungnahme sei seine kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit als ausreichend beurteilt, während die psychologische Verkehrsanpassungsbereitschaft als "derzeit nicht ausreichend" beurteilt worden sei. Dies sei seiner Meinung deshalb so gewesen, weil seine Abstinenz zum Zeitpunkt der VPU Ende November 2007 noch zu kurz gewesen sei. 2 Monate später habe er einen Facharzt für Psychiatrie und Neurologie aufgesucht, welcher aus psychiatrischer Sicht eine Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bestätigt habe.

 

Die Amtsärztin habe sich bei ihrer Untersuchung am 8.1.2008 ausschließlich auf die VPU gestützt und den vorgelegten CDT-Test zur Kenntnis genommen. Aus seiner Sicht sei eine neuerliche VPU nicht notwendig, weil ihm bereits der Facharzt Dr. D seine Eignung aus psychiatrischer Sicht bestätigt habe. Die Behörde habe ihm auch zur Kenntnis gebracht, dass sie auf Grund der positiven fachärztlichen Stellungnahme überlege, ihm die Lenkberechtigung für die Gruppe 1 befristet wieder zu erteilen.

 

Bei seinem Alkoholdelikt habe es sich um einen schweren Fehler gehandelt, welchen er auch sehr bereue. Es sei allerdings ein erstmaliges Vergehen gewesen und es habe keinen Verkehrsunfall gegeben. Er sei seit 1997 als selbständiger Verkäufer auf Messen unterwegs, weshalb er die Lenkberechtigung aus beruflichen Gründen unbedingt benötige. Er halte die empfohlene absolute Abstinenz seit November strikt ein und werde auch einen neuerlichen CDT-Wert nachreichen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer weiteren VPU vom 19.3.2008 und eines amtsärztlichen Gutachtens vom 21.5.2008.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde die Lenkberechtigung wegen eines (erstmaligen) Alkoholdeliktes am 12.10.2007 für die Dauer von 4 Monaten entzogen. Der Alkoholisierungsgrad betrug damals mehr als 2 Promille, weshalb auch eine verkehrspsychologische Untersuchung angeordnet wurde. Diese Untersuchung vom 29.11.2007 ergab vorerst, dass die psychologische Verkehrsanpassungsbereitschaft nicht ausreichend gegeben ist, wobei der Berufungswerber zwar um eine Alkoholabstinenz bemüht sei, eine dauerhafte Einstellungs- und Verhaltensänderung zum Thema Alkohol aber nicht aufzeigen könne. Wegen der psychometrisch ausgewiesenen Rückfallsgefährdung, der erhöhten Alkoholtoleranz, der zu Grunde liegenden Alkoholabhängigkeit und der fehlenden stabilen und dauerhaften Alkoholabstinenz sei eben die Eignung nicht gegeben.

 

In der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme vom 22.1.2008 führte Dr. D aus, dass ein Alkoholabusus, gegenwärtig abstinent, vorliege. Es bestehe ein Alkoholabhängigkeitssyndrom mit einer psychischen Abhängigkeit. Bei Einhaltung einer absoluten Abstinenz und dreimonatigen CDT-Kontrollen sei der Berufungswerber befristet auf 1 Jahr geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu lenken. Für Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 sei derzeit die Eignung nicht gegeben.

 

Der Berufungswerber legte weiters einen CDT-Wert vom 5.3.2008 vor (0,92 %). Er wurde vom UVS aufgefordert, eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung durchzuführen, die entsprechende Stellungnahme stammt vom 19.3.2008. Dementsprechend sei der Berufungswerber vom Standpunkt der verkehrspsychologischen Persönlichkeitsbegutachtung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 bedingt geeignet, zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 derzeit jedoch nicht. Dies wurde damit begründet, dass die Alkoholkarenz noch relativ kurz sei und noch fraglich sei, ob es nicht bei Belastungen zu einem Rückfall in das frühere Konsumverhalten kommen könne. Es sei eine Befristung auf 1 Jahr mit regelmäßiger Vorlage der alkoholsensitiven Leberfunktionsparameter zur Verlaufskontrolle notwendig. Bei Hinweisen auf einen neuerlichen Alkoholkonsum wurde von der Wiedererteilung der Lenkberechtigung abgeraten und die Inanspruchnahme einer professionellen Hilfe zur Erlangung der Alkoholkarenz empfohlen.

 

Der Berufungswerber legte mit Schreiben vom 5.5.2008 noch eine Bestätigung der Alkoholberatung des Landes Oberösterreich vor, wonach er seit 11.3.2008 an einer entsprechenden Beratung teilnehme.

 

Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen kam die Amtsärztin der Abteilung Gesundheit zusammengefasst zum Ergebnis, dass bei Herrn G ein Alkoholabusus vorliege, wobei ein Alkoholabhängigkeitssyndrom und eine psychische Abhängigkeit nicht eindeutig ausgeschlossen werden können. Da aus fachärztlicher Sicht eine befristete Eignung auf 1 Jahr mit regelmäßiger Kontrolle der alkoholspezifischen Laborparameter vorgeschlagen wurde und sowohl eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit als auch eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung angenommen wurden, besteht beim Berufungswerber eine befristete Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 für 1 Jahr, wobei folgende Leberfunktionswerte in regelmäßigen Abständen von 3 Monaten an die Behörde vorzulegen seien: CDT, MCV, GGT, GOT, GPT-Wert und Cholinesterasen. Zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 sei der Berufungswerber wegen der erhöhten Lenkverantwortung derzeit nicht geeignet.

 

Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber am 26.5.2008 telefonisch zur Kenntnis gebracht und er erklärte sich mit den vorgeschlagenen Einschränkungen einverstanden.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, sucht- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Das Gutachten der Abteilung Gesundheit vom 21.5.2008 berücksichtigt die Vorgeschichte sowie die fachärztliche Stellungnahme vom 22.1.2008 und die verkehrspsychologischen Untersuchungen vom 29.11.2007 sowie 19.3.2008. Das Gutachten erscheint in sich schlüssig und nachvollziehbar, die vorgeschlagenen Einschränkungen ergeben sich aus den Forderungen des Facharztes und der verkehrspsychologischen Stellungnahme, der Berufungswerber erklärte sich mit diesen auch einverstanden.

 

Entsprechend den fachärztlichen Stellungnahmen liegt ein Zustand nach einem gehäuften Alkoholmissbrauch vor, sodass die Einschränkungen in § 14 Abs.5 FSG-GV begründet sind. Auch aus Sicht des zuständigen Mitgliedes des UVS wird dem Berufungswerber dringend empfohlen, in Zukunft eine Alkoholkarenz einzuhalten. Sollte er dies nicht machen, wäre die Führerscheinbehörde verpflichtet, unverzüglich ein neuerliches Verfahren zur Überprüfung seiner gesundheitlichen Eignung durchzuführen.

 

Im Berufungsverfahren ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung zu beurteilen, weshalb das aktuelle Gutachten der Abteilung Gesundheit für die Entscheidung heranzuziehen ist. Eine abschließende Beurteilung der Frage, ob der angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt seiner Ausstellung rechtmäßig war oder nicht, ist daher nicht erforderlich. Die Wiederausfolgung bzw. Neuerteilung der Lenkberechtigung ist zweckmäßigerweise von der Erstinstanz durchzuführen, wobei dabei auch die sonstigen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen sind (z.B. Absolvierung der angeordneten Nachschulung, Verkehrszuverlässigkeit) und die erforderlichen Einschränkungen einzutragen sind bzw. ein Führerschein neu auszustellen ist.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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