Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251825/2/Py/Jo

Linz, 27.06.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn Dipl. Ing. R F, vertreten durch Rechtsanwälte H, F, S & R, R, W, gegen die mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29.04.2008, BZ-Pol-76014-2008, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ausgesprochene Ermahnung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 1 Abs.2, 45 Abs.2 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29.04.2008, BZ-Pol-76014-2008, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Ermahnung ausgesprochen, da er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als im Sinn des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma Bauunternehmung R G, K, W, bezüglich der Baustelle in S, U, Baustelle S, zu verantworten habe, dass

  1. der b Staatsangehörige A Y M, geb. , entsendet als Mitarbeiter der Firma B, R, G, 1,5 Wochen bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 18.10.2007 als Eisenbieger und
  2. der b Staatsangehörige S S I, geb. , entsendet als Mitarbeiter der Firma B, R, G, 1 Woche bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 18.10.2007 als Eisenbieger auf oa. Baustelle beschäftigt wurde,

wodurch die Arbeitsleistung von Ausländern, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedsstaat der EU entsendet wurden in Anspruch genommen wurde, obwohl für diese Ausländer nur eine für den örtlichen Geltungsbereich Linz geltende Entsendebestätigung vorlag und somit keine für den Bereich der oa. Baustelle (Erbringung der Arbeitsleistung im Sprengel des AMS Wels) gültige EU-Entsendebestätigung ausgestellt war.

 

Als verletzte Rechtsvorschrift wird § 28 Abs.1 Z5 lit.b iVm § 18 Abs.12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 99/2006 angeführt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Kontrollzeitpunkt 18.10.2007 ab ca. 8.00 Uhr sowie des Fax der Firma B vom 18.10.2007, 11.08 Uhr an die Zentrale Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen (ZKO) als erwiesen anzusehen sei. Eine Glaubhaftmachung, dass dem Bw an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, sei ihm durch die Rechtfertigung vom 29.02.2008 nicht gelungen, weshalb auch die subjektive Tatseite als gegeben angenommen wird. Aufgrund des geringen Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Übertretung würden jedoch die Voraussetzungen des § 21 VStG als gegeben erachtet, aus spezialpräventiven Gründen wird jedoch der Ausspruch einer Ermahnung für erforderlich angesehen.

 

2. Dagegen richtet sich die am 16.05.2008 und somit rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung. Darin wird vorgebracht, dass den Bw aufgrund einer mit dem Subunternehmer getroffenen Vereinbarung keine Verpflichtung zur Einholung allenfalls notwendiger Entsendebestätigungen getroffen habe. Die dazu angeführten Zeugen seien von der belangten Behörde jedoch nicht einvernommen worden. Für beide betroffenen Arbeiter seien Entsendebestätigungen des AMS Linz vorgelegen, aufgrund deren auch zeitweises Arbeiten in Wels, ohne die Einholung gesonderter Entsendebestätigungen des AMS Wels, zulässig waren. Dem Berufungswerber treffe am Nichtvorliegen der Entsendebestätigung des AMS Wels aufgrund der mit dem Subunternehmer getroffenen Vereinbarung kein Verschulden, er sei seinen angemessenen Kontrollpflichten hinsichtlich des Vorliegens von Entsendebestätigungen nachgekommen. Auch sei eine Strafbarkeit aus dem Grund nicht gegeben, weil die Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 Z1 und 2 AuslBG selbst in der geltenden Fassung vorliegen würden und die Berufungsbehörde ihre Entscheidung aufgrund der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltenden Rechtslage zu treffen habe. Weiters sei zu berücksichtigen, dass nach § 18 Abs.12 letzter Satz AuslBG unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden darf. Jedenfalls ist aufgrund des dargestellten Sachverhaltes ein allfälliges Verschulden des Bw als gering zu beurteilen und sind auch keine negativen Folgen des Fehlens der Entsendebestätigung des AMS Wels eingetreten, weshalb von einer Bestrafung gemäß § 21 VStG abzusehen sei.

 

3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 02.06.2008 die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt, der zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen ist (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Einvernahme der vom Bw in der Berufung beantragten Zeugen konnte gemäß § 51e Abs.2 Z1 entfallen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Firma Bauunternehmung R G, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter der Bw ist, hat die d Firma P B GmbH, G, P mit der Durchführung von Arbeiten auf Baustellen in Linz und Wels im Zeitraum Oktober 2007 bis Dezember 2007 beauftragt. In der Folge wurde von der Firma P die d Firma B, R, G als Subunternehmer beauftragt.

 

Am 18.10.2007 wurden anlässlich einer Kontrolle durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels, Team KIAB auf der Baustelle "S" in S, U die beiden b Staatsangehörigen und Arbeitnehmer der Firma B,

  1. A Y M, geb. und
  2. S S I, geb.,

bei Eisenverlegearbeiten angetroffen.

 

Für die beiden b Staatsangehörigen wurden am 13. April 2007 vom Arbeitsmarktservice Linz gemäß § 18 Abs.12 AuslBG EU-Entsendebestätigungen für die berufliche Tätigkeit als Eisenbieger für den örtlichen Geltungsbereich Linz ausgestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und wird von den Parteien des Verwaltungsverfahrens in dieser Forma auch nicht bestritten.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Der mit 1. Jänner 2008 in Kraft getretene § 18 Abs.12 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 78/2007, lautet:

 

"Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

  1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim Entsenden den Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und
  2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs.1 Z1 bis 3 und Abs.2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs.3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden."

 

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (215 BlgNR XXIII GP) ist zu entnehmen, dass die bestehenden Regelungen für die Entsendung ausländischer Arbeitskräfte durch Unternehmen aus EWR-Mitgliedstaaten durch die Novelle vollständig an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst werden sollen. Gleichzeitig sollen auch die Strafbestimmungen an die geänderte Regelung angepasst und dahin abgeändert werden, dass sowohl der ausländische Arbeitgeber als auch der inländische Auftraggeber nur dann bestraft werden, wenn die gemeinschaftsrechtlich zulässigen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Sofern die materiellen Voraussetzungen jedoch vorliegen, soll das bloße Nichtvorliegen der EU-Entsendebestätigung nicht mehr bestraft werden. Da die Prüfung der materiellen Voraussetzungen dem Arbeitsmarktservice obliegt, kommt eine Bestrafung jedenfalls nicht mehr in Betracht, wenn das Arbeitsmarktservice die EU-Konformität der Entsendung bestätigt hat. Um parallele Prüfungen zu vermeiden, soll die verpflichtende Anzeige der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte an des Arbeitsmarktservice entfallen. Die Prüfung der gemeinschaftsrechtskonformen Entsendung beinhaltet insbesondere, ob die entsandten Arbeitskräfte ordnungsgemäß und dauerhaft im Sitzstaat des Arbeitgebers beschäftigt sind. Die Entsendung darf bei Vorliegen der Voraussetzungen zunächst auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

 

5.2. Am 13. April 2007 wurde seitens des Arbeitsmarktservice Linz für die beiden b Staatsangehörigen gemäß § 18 Abs.12 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 99/2006 eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt und damit auch die EU-Konformität der Entsendung der beiden ausländischen Arbeitnehmer bestätigt.

 

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Zeigt die spätere Gesetzgebung, dass das Unwerturteil über das zur Zeit der Begehung strafbare Verhalten nachträglich milder geworden ist, so ist das günstigere Recht anzuwenden (vgl. VwGH vom 19.10.1988, 88/03/0083). Ein Günstigkeitsvergleich ist auf den Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses abzustellen (VwGH 22.03.1991, 86/18/0232). Da zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 29. April 2008 die nunmehr geltende Rechtslage, die eine Arbeitsaufnahme bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung ermöglicht, für den Berufungswerber jedenfalls als günstiger anzusehen ist als zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung am 18. Oktober 2007, war der gegenständliche Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 [ab 1. Juli 2008: 220] Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum