Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281029/13/Kl/RSt

Linz, 09.09.2008

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn S H, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W L, S, 52 B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. Juli 2007, Ge96-52-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 3. September 2008, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

         - der Tatvorwurf nach dem Ausdruck "Z GmbH"       um die Wort        folge  "L, 49 W" zu ergänzen ist,

         - die verletzte Rechtsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG zu lau=    ten hat "§§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnen=         schutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007        iVm § 7 Abs.1 und Abs.2 Z4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV,    BGBl Nr. 340/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007" und

         - die Strafnorm im Sinn des § 44a Z3 VStG zu lauten hat: "§ 130       Abs.5 Einleitungssatz ASchG".

II.              Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. Juli 2007, Ge96-52-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 130 Abs.5 Z1 und 118 Abs.2 ASchG iVm §§ 7 bis 10 BauV verhängt und es wurde folgende Tat zur Last gelegt: "Bei einer am 05.04.2007 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates St. Pölten durchgeführten Kontrolle auf der Baustelle des S 'R' in 33 W, wurde festgestellt, dass der von der Z GmbH beschäftigte Arbeitnehmer, Herr M F, mit Bauarbeiten und zwar mit Vorarbeitungsarbeiten – Aufnahme des Bauwerkes bzw. Schaffung eines Überblickes – für die Montage der Blitzschutzanlage auf der Zinnenoberkante des Turmes gänzlich ohne Sicherungsmaßnahme gegen Absturz beschäftigt war, obwohl eine Absturzhöhe von mehr als 2 Metern bestand. Die Z GmbH hat dadurch als Arbeitgeber den nach den 9. Abschnitt des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) weiter geltenden Bestimmungen und zwar der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) zuwieder gehandelt, in dem bei dieser Baustelle, bei welcher Absturzgefahr bestand, weder Absturzsicherungen noch Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht worden sind.

 

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Z GmbH und somit als das nach außen vertretungsbefugte Organ sind Sie für diese Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten. Es seien die Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes sowie der Bauarbeiterschutzverordnung unrichtig angewendet worden. Der Vorwurf sei unberechtigt. Der Arbeitnehmer M F sei im S R nur anwesend gewesen um sich einen Überblick über die künftigen erforderlichen Arbeiten zu verschaffen, wobei noch keine Baustelle vorhanden gewesen sei und auch noch keine Bauarbeiten ausgeführt worden wären. Bei Ausführung der Arbeiten im Zuge der Anbringung der Blitzschutzanlage bestünde in diesem Bereich natürlich Absturzgefahr, wenn man direkt an der Zinnenkante arbeite, der Arbeitnehmer M F habe sich allerdings nicht unmittelbar an der Zinnenkante befunden sondern deutlich hinter den Zinnen. Er habe sich sohin in keinem Gefahrenbereich befunden. Es wurde nicht geltend gemacht, dass den Bw an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, weil die Verletzung der Verwaltungsvorschrift aus den dargelegten Gründen eben bestritten werde. Es sei daher auch die ausgesprochene Strafe nicht gerechtfertigt und hätte § 21 VStG Anwendung finden müssen. Es werde die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige samt dem beiliegenden Foto und die Stellungnahmen der Parteien. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 3. September 2008 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. Es haben der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates teilgenommen. Weiters wurde der Arbeitnehmer M F als Zeuge geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere aber aufgrund des im Akt beiliegenden Fotos steht als erwiesen fest, dass am 5.4.2007 der Arbeitnehmer M F der Z GmbH mit dem Sitz in W, L, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bw ist, auf der Zinnenoberkante des Turmes des S R in W Arbeiten für die Blitzschutzanlage durchgeführt hat, obwohl keine Sicherungsmaßnahmen gegen Absturz vorhanden waren und der Arbeitnehmer auch nicht angeseilt war. Die Absturzhöhe betrug mehr als zwei Meter.

 

4.2. Dies ist erwiesen aus der Zeugenaussage, die glaubwürdig ist, sowie aus dem Foto, von welchem auch vergrößerte Detailausschnitte vom Oö. Verwaltungssenat für die mündliche Verhandlung angefertigt wurden. Das Originalfoto (Datei) war beim Arbeitsinspektorat nicht mehr vorhanden. Daraus ist eindeutig ersichtlich, dass eine Person auf der Zinne des Turmes steht. Der Zeuge gibt selbst an, dass er oben war und sonst keine Person gesehen hat. Es ist auch erwiesen, dass keine technischen oder persönlichen Schutzvorrichtungen vorhanden waren. Die Zinne war bis zur Oberkante ca. 1 m hoch, die Mauerhöhe zwischen den Zinnen betrug ca. 50 cm. Diese Angaben des Zeugen sind anhand des Fotos glaubwürdig und nachvollziehbar.

 

4.3. Der Arbeitnehmer ist zwar generell zu Sicherheitsmaßnahmen gegen Absturz vom Bw angewiesen, eine konkrete Anweisung für den Turm gab es vom Bw nicht. Auch hat der Arbeitnehmer keine genauen Kenntnisse, in welcher Situation welche Sicherheitsvorkehrungen zu verwenden sind. Auch dies steht auf Grund der Aussage des Zeugen und des Bw fest.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl Nr. 450/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/In den nach dem neunten Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV, BGBl Nr. 340/1994 idF BGBl II Nr. 13/2007 gilt diese Verordnung für die Beschäftigung von Arbeitnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten aller Art (Abs.1). Bauarbeiten sind Arbeiten zur Herstellung, Instandhaltung, Sanierung, Reparatur, Änderung und Beseitigung von baulichen Anlagen aller Art, einschließlich der hiefür erforderlichen Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten (Abs.2 Satz 1).

 

Gemäß § 2 Abs.1 BauV sind Baustellen im Sinne dieser Verordnung jene Bereiche, in denen Arbeitnehmer Arbeiten nach § 1 Abs.2 durchführen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsplätzen, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 Meter Absturzhöhe.

 

Gemäß § 7 Abs.4 BauV kann die Anbringung von Absturzsicherungen (§ 8) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) entfallen, wenn der hiefür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig hoch gegenüber dem Aufwand für die durchzuführende Arbeit ist.  In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer entsprechend § 30 sicher angeseilt sein.

 

5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist daher unter Zugrundelegung der Definition der BauV eine Baustelle gegeben, weil Bauarbeiten, nämlich zumindest Vorbereitungsarbeiten für die Montage der Blitzschutzanlage durchgeführt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25.11.2005, Zl. 2004/02/0118 ein Koordinierungsgespräch mit einem anderen Unternehmen (Dachdeckereibetrieb mit Spenglerei) als Vorbereitungsarbeiten gewertet. In diesem Sinne ist auch das Ausloten der erforderlichen Arbeiten und Erkunden von Montagehaken wohl eindeutig für weitere Arbeiten erforderlich und daher als Vorbereitungsarbeit iSd. § 1 Abs.2 BauV zu sehen. Die Absturzhöhe von mehr als 2,00 Meter wurde zu keiner Zeit bestritten und liegt erwiesenermaßen vor. Der Arbeitnehmer stand aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes auf der Zinnenoberkante und bestand daher akute Absturzgefahr. (Aber auch ein Standplatz hinter den Zinnen ist absturzgefährdet, beträgt doch die Höhe der Zwischenmauer zwischen den Zinnen nur 50 cm – also nicht Parapethöhe – und war sonst keine Absturzsicherung – wie zB ein Geländer – gegeben.) Es waren keine technischen Sicherheitsmaßnahmen vorhanden und der Arbeitnehmer war auch nicht angeseilt. Es war daher der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt.

 

Die Ergänzung des Spruches mit den Unternehmenssitz als Tatort war erforderlich und möglich, zumal das Straferkenntnis noch innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist und in der Begründung den Unternehmenssitz aufweist.

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu treffen gewesen wären (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1426, E. 11 b. und c. m.N.).

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Dieser Pflicht ist der Berufungswerber nicht ausreichend nachgekommen. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftslegen notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt.

 

Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten den verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war".

 

Ein konkretes Vorbringen zur Entlastung fehlt der Berufung und war daher im Sinn des § 5 Abs.1 VStG zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen. Es hat nämlich auch die Verhandlung gezeigt, dass der Arbeitnehmer keine Anweisung des Bw hinsichtlich der Arbeiten auf dem Turm erhielt und auch tatsächlich keine ausreichende Kenntnis über Schutzvorschriften gegen Absturz hatte. Anordnungen für diese Tätigkeit auf dem Turm hat es vielmehr gar nicht gegeben.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung zurecht den besonderen Unrechtsgehalt der Tat gewertet und auf die Verletzung des Schutzzweckes der Norm hingewiesen. Sie hat auf die massive Gefährdung des Arbeitnehmers hingewiesen. Das geschützte Rechtsgut von Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers wurde in erheblichem Maße einer Gefährdung ausgesetzt. Dies musste daher bei der Strafbemessung berücksichtigt werden. Milderungsgründe lagen nicht vor und wurden auch nicht in der Berufung geltend gemacht. Im Verfahren erster Instanz wurden dem Bw die geschätzten persönlichen Verhältnisse von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro, Vermögen von 20.000 Euro und keine Sorgepflichten vorgeworfen. Diesen Angaben wurde nichts entgegengesetzt und kamen keine anderen Umstände hervor, sodass diese auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. In Anbetracht der Absturzhöhe und des wesentlichen Gefährdungspotentiales sowie der Uneinsichtigkeit des Bws war die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bws angepasst. Sie war jedenfalls auch erforderlich um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten und ihn zu gesetzeskonformem Verhalten zu bewegen. Es war daher die verhängte Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen. Sie liegt im Übrigen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist sicherlich nicht überhöht.

 

Milderungsgründe lagen nicht vor, sodass kein erhebliches Überwiegen der Milderungsgründe festzustellen war und daher eine wesentliche Voraussetzung für eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG fehlt. Auch war nicht vom Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG Gebrauch zu machen, weil es schon an der Voraussetzung der Geringfügigkeit des Verschuldens mangelt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt geringfügiges Verschulden dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Nach dem Tatvorwurf hat der Bw aber genau jenes Verhalten gesetzt, das nach der BauV unter Strafe gestellt wurde.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, aufzuerlegen (§ 64 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

Beschlagwortung:

Absturzgefahr, Kontrollsystem

 

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