Linz, 15.10.2008
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn Dr. P K, geb. , W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.8.2008, Zl. VerkR96-13125-2007, zu Recht:
I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 120,00 Euro ermäßigt und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 96 Stunden bemessen wird.
II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich dem zur Folge auf 12,00 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.
zu II.: § 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 218,00 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer des PKWs mit dem Kennzeichen auf schriftliches Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11.12.2007 binnen Wochen (gemeint wohl zwei Wochen) ab Zustellung dieses Schreibens vom 14.12.2007, nämlich bis 28.12.2007, es unterlassen habe darüber Auskunft zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug am 02.10.2007 um 15.26 Uhr in Eberstalzell, auf der A 1 Westautobahn, km 200,636, Ri.Salzburg gelenkt habe.
1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird ausgeführt:
"Sehr geehrte Damen und Herren!
Gegen das im Betreff angeführte Straferkenntnis erhebe ich innerhalb offener Frist Berufung erlaube mir diese wie folgt zu begründen:
Bereits mit Schreiben vom 21.12.2007 habe ich der Behörde erster Instanz mitgeteilt, dass ich die gewünschte Lenkerauskunft nicht erteilen kann, da zwar ein Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen auf mich zugelassen ist, es sich allerdings nicht um einen Ml - ich kenne eine derartige Type nicht einmal - sondern um einen Volvo V70R handelt. Es müsse sich daher um einen Irrtum handeln. Ich habe weiters um Überprüfung der Unterlagen und gegebenenfalls um eine neue korrigierte Aufforderung gebeten. Reaktion war lediglich ein Schreiben der Behörde erster Instanz, dass die Lenkererhebung korrekt gewesen und der Begriff Ml entsprechend der 52. KDV Novelle die Abkürzung für Personenkraftwagen sei.
Wenn es schon erforderlich ist, den verwendeten Begriff näher zu erläutern, so ergibt sich zwangsläufig daraus, dass die erste Lenkererhebung mangelhaft und unklar gewesen ist. Eine undeutliche Aufforderung zur Lenkerauskunft muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem VwGH vom 28.5.2008, Zl 2007/04/0232) nicht beantwortet werden. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass es bei anderen Behörden sehr wohl üblich ist Marke und Type des Fahrzeuges anzugeben (siehe Beilage). Eine Verweigerung kann mir schon allein deshalb nicht zur Last gelegt werden, da ich klar und unmissverständlich meine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht habe, die Auskunft zu erteilen; ich habe lediglich um eine Ergänzung bzw. Richtigstellung ersucht. Diese ergänzende bzw. neuerliche Lenkererhebung hätte durchaus innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist erfolgen können, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt - vom Bürgerservicegedanken den Behörden auch im Verwaltungsstrafverfahren pflegen sollten abgesehen - keine Bedenken gegen eine neuerliche Lenkererhebung bestanden hätten. Ich habe daher die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.
Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass es mehr als seltsam anmutet, dass aus der ursprünglichen Strafhöhe von 120 Euro nunmehr 218 Euro wurden. Es handelt sich in meinen Augen gelinde gesagt um einen Ermessenmissbrauch und nicht um eine korrekte Strafbemessung gemäß § 19 VStG. Ich darf in diesem Zusammenhang nur daran erinnern, dass ich auch bereits vor Rechtskraft Exekutionsandrohungen seitens der Behörde erster Instanz bekommen habe. Weiters ist anzuführen, dass ich verwaltungsstrafrechtlich unbescholten bin und dies die Behörde bei der Strafbemessung von Amtswegen hätte berücksichtigen müssen. Die verhängte Geldstrafe beträgt immerhin nahezu 10% des angenommenen Monatsnettoeinkommens. Auch dies ist unangemessen hoch.
Ich ersuche um Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens.
Mit freundlichen Grüßen Dr. P K (e.h. Unterschrift)"
2.1. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber teilweise im Recht!
2.2. Nach vorausgehender telefonischer Ankündigung und dem nachfolgenden Schreiben des Berufungswerbers vom 14.10.2008, (Email eingelangt am 14.10.2008 um 19:12 Uhr) wurde die Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt. Auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit wurde darin hingewiesen und die Ermäßigung der Geldstrafe auf den Umfang des StVO-Deliktes angeregt.
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf die Strafberufung letztlich unterbleiben bzw. wurde die bereits anberaumt gewesene Verhandlung abgesetzt (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).
4. Folgender Sachverhalt ist verwaltungsstrafrechtlich zu beurteilen:
Gegenstand der Anzeige war eine am 2.10.2007 um 15:26 Uhr durch Radarmessung auf der A1, bei Strkm 200.636 in Fahrtrichtung Salzburg, festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung betreffend das auf den Berufungswerber zugelassenen und nach dem Kennzeichen bestimmten Fahrzeuges. Im Anzeigeausdruck findet sich als Fahrzeugbezeichnung Volvo V70 R/285.
Ohne vorherige Lenkererhebung wurde dem Zulassungsbesitzer (dem Berufungswerber) vorerst eine Strafverfügung über 120 Euro und im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden wegen dieser StVO-Übertretung zugestellt. Diese wurde vom Berufungswerber fristgerecht mit Schreiben vom 7.12.2007 beeinsprucht.
Folglich wurde dem Berufungswerber eine Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG zugestellt, worin dezidiert als Fahrzeugbezeichnung ein Personenkraftwagen "M1" benannt wurde.
Diesen offenkundigen und aus unerfindlichen Gründen unterlaufenen Fehler versuchte der Berufungswerber mit seiner Mitteilung vom 21.12.2007 aufzuzeigen. In weiterer Folge erging an den Berufungswerber eine Zahlungsaufforderung, welche dieser mit einem weiteren Schreiben an die Behörde erster Instanz vom 13.2.2008 bekämpfte.
Dies in Reaktion auf ein ihm von der Behörde erster Instanz per 18.1.2008 zu einem Postfehlbericht und des darin zum Ausdruck gelangenden vermeintlich verspätet erhobenen Einspruches übermittelten Parteiengehörs.
In der Folge wurde dann gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG erlassen, weil er die Lenkerauskunft nicht fristgerecht erstattet habe, wobei sein Schreiben mit dem Hinweis auf die Fehlbezeichnung der Fahrzeugtype offenkundig nicht als Entschuldigung der unterbliebenen Auskunft gewertet wurde bzw. nicht gewertet werden durfte.
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass hier seitens der Behörde erster Instanz mehrere Mängel unterlaufen sind, welche nicht zuletzt die unterbliebene Auskunft zumindest begünstigt haben könnten. Es soll dem Berufungswerber nicht mit einer Verdoppelung der Bestrafung zur Last fallen, wenn er einen offenkundigen Fehler in der Fahrzeugbezeichnung aufzeigte, es in diesem Schreiben aber unterließ die letztlich auf das Kennzeichen zu reduzierende Anfrage zu beantworten.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
5.1. Obwohl es angesichts der Einschränkung auf das Strafausmaß auf sich bewenden könnte, darf in Klarstellung der offenbar zum Teil verkannten Rechtslage bemerkt werden, dass ein Nichtübereinstimmen der Angaben des KFZ Kennzeichens mit der Typenbezeichnung des Fahrzeuges in der Aufforderung zur Lenkerauskunft des KFZ der Eindeutigkeit der Anfrage nicht schadet. Dem Auskunftspflichtige Zulassungsbesitzer des nach dem Kennzeichen bestimmten KFZ ist auch damit der Anfragegegenstand hinreichend verdeutlicht (vgl. VwGH 22.3.1999, 98/17/0251).
Es kann in einem solchen Fall keinen vernünftigen Zweifel daran geben, dass die auf einen bestimmten Zeitpunkt und auf ein nach dem Kennzeichen (dem für die Beschreibung eines KFZ die entscheidende Bedeutung zukommt [vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0251]) bestimmten Kraftfahrzeuges bezogene Anfrage gemäß § 103 Abs. 2 KFG, den Zulassungsbesitzer in die Lage versetzt die geforderte Auskunft zu erteilen. Die vom Beschwerdeführer verlangten "weiteren Merkmale" zu nennen, ist weder gesetzlich gefordert noch aus sachlichen Gründen geboten (VwGH 23.11.2001, 2000/02/0256).
Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der vom Berufungswerber angezogene Judikaturhinweis (VwGH 28.5.2008, 2007/04/0232), welcher eine Zuschlagserteilung nach dem BVergG 2006 zum Gegenstand hat und der nur besagt, dass an rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen ein strenger Maßstab anzulegen sei, im gegenständlichen Zusammenhang als nicht stichhaltig.
Dennoch kann hier in der unterbliebenen Auskunft ein geringerer Grad des Verschuldens angenommen werden, weil durch die augenfällige Fehlbezeichnung der Fahrzeugtype der Berufungswerber durchaus einen Richtigstellungsbedarf erblickt haben mag. Das er damit bereits die Lenkerauskunft nicht mehr fristgerecht zu erfüllen vermochte kann zumindest als Folge dieses behördlichen Fehlers nachvollzogen werden.
Daher ist dem bisher unbescholtenen Berufungswerber in seinen Berufungsausführungen und deren Ergänzung im Zuge seiner Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß durchaus zu folgen gewesen.
6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass wohl grundsätzlich die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe in der Höhe von 218 Euro objektiv nicht entgegen zu treten wäre.
Immerhin reicht der Strafrahmen für dieses Delikt bis 5.000 Euro. Wenngleich ferner auch die Behörde nicht gebunden ist sich an den für das Grunddelikt vorgesehenen Strafsatz bzw. sich an der dafür intendiert gewesenen Bestrafung zu orientieren (VwGH 19.3.2001, 96/02/0075), scheint es hier aber sachlich sehr wohl begründet keine höhere Strafe als im Grunddelikt vorgesehen zu verhängen.
Es soll dem Berufungswerber der vermutlich gutgläubige Versuch einer Richtigstellung einer behördlichen Fehlleistung (der Fehlbezeichnung der Fahrzeugtype) jedenfalls nicht zum Nachteil einer um fast 100% höheren Strafe gereichen. Dagegen spricht nicht zuletzt auch der Gedanke der Gerechtigkeit.
Andererseits war aber auch die Anwendung des § 21 VStG ob der nicht bloß unbedeutenden Tatfolgen nicht in Betracht zu ziehen (vgl. VwGH 24.4.1991, 90/03/0231).
Demnach kam der Strafberufung im beantragten Umfang Berechtigung zu.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r