Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281045/15/Wim/Ps

Linz, 14.10.2008

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung der Frau M B, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J B, Mag. M M, Mag. K F. L, LL.M., K, L, vom 9. Oktober 2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. September 2007, Zl. Ge96-69-2007/Ew/Ep, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnen­schutzgesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6. Oktober 2008, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über die Berufungswerberin wegen Übertretungen des § 130 Abs.1 Z15 Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 26 Abs.2 Z1 und Z2 Arbeitsstättenverordnung (AStV) insgesamt eine Geldstrafe von 800 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 48 Stunden sowie ein 10%iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen:

"Sie haben als vom zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit strafrechtlich Verantwortlichen gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Arbeitgeberin A S Gesellschaft m.b.H mit Sitz in P, A, Herrn A S, gem. § 9 Abs. 2 VStG bestellte verantwortliche Beauftragte für die Einhaltung der Arbeitnehmer­schutzvorschriften in der Filiale in D, A, in der Arbeitnehmer beschäftigt werden, zu vertreten, dass, wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Wien anlässlich einer Überprüfung der oa. Filiale am 26.03.2007 festgestellt wurde, die genannte Gesellschaft als Arbeitgeberin die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten verletzt hat, indem

 

1)    am 26.03.2007 im Verkaufsraum in der Filiale der A S Gesellschaft m.b.H. in D, A, mit einer Fläche von 221 m2, welcher einen Arbeitsraum darstellt, der wirksame Lüftungsquerschnitt weniger als 2 % der Fußbodenfläche betrug. Es waren lediglich die zwei Kippfenster im Windfang mit einem wirksamen Lüftungsquerschnitt von 0,6 m2 benutzbar.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 26 Abs. 2 Z. 1 der Arbeitsstättenverordnung (AStV) dar, wonach Arbeitsräume, die ausschließlich natürlich be- und entlüftet werden, direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen aufweisen müssen. Diese Lüftungsöffnungen müssen in Summe einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von mindestens 2 % der Bodenfläche des Raumes aufweisen.

 

2)    am 26.03.2007 im Verkaufsraum in der Filiale der A S Gesellschaft m.b.H. in D, A, mit einer Raumtiefe von 12,46 m, welcher einen Arbeitsraum darstellt, die Lüftungsöffnungen so angeordnet waren, dass keinerlei Querdurchlüftung möglich war. Es waren lediglich die zwei Kippfenster im Windfang mit einem wirksamen Lüftungsquerschnitt von 0,6 m2 benutzbar.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 26 Abs. 2 Z. 2 der AStV dar, wonach Arbeitsräume, die ausschließlich be- und entlüftet werden, direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen aufweisen müssen. Diese Lüftungsöffnungen müssen, sofern die Raumtiefe mehr als 10 m beträgt, so angeordnet sein, dass eine Querlüftung möglich ist."

 

 

2.      Dagegen hat die Berufungswerberin rechtzeitig Berufung erhoben, das Straferkenntnis in seinem ganzen Umfang angefochten und als Berufungsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung angeführt.

 

Im Einzelnen wurde vorgebracht, dass es sich bei den Tatvorwürfen des § 26 Abs.2 Z1 und Z2 AStV nicht um zwei gesondert strafbare Handlungen handle, sondern, wenn überhaupt, nur eine strafbare Handlung vorliege. Überdies würde in der Filiale eine mechanische Belüftung installiert sein, sodass hier von keiner ausschließlichen natürlichen Be- und Entlüftung gemäß § 26 Abs.2 AStV auszugehen sei. Diese Lüftung sei auch bereits in dem von der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf zu Zl. GFW2-BA-0415/001 am 19. Mai 2007 erlassenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid erwähnt worden und auch ordnungsgemäß ausgeführt worden.

 

Es wurde der Beweisantrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines in der S Filiale unter Beiziehung der Verfahrensparteien sowie auf die Beischaffung und Verlesung des Betriebsanlagengenehmigungsaktes gestellt.

 

 

3.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt, Beischaffung des gewerblichen Betriebsanlagenaktes der gegenständlichen S Filiale sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verbunden mit einem Lokalaugenschein an Ort und Stelle und Einvernahme der Zeugen Arbeitsinspektor Amtsdirektor U S und des gewerberechtlichen Geschäftsführers M S.

 

Bei diesem Lokalaugenschein hat sich ergeben, dass sehr wohl ein mechanischer Lüfter, wie er auch der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung zugrunde gelegt wurde, vorhanden und betriebsbereit war.

 

 

4.      Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

§ 26 AStV regelt unter der Überschrift "Natürliche Lüftung" in seinem Abs.2:

Arbeitsräume, die ausschließlich natürlich be- und entlüftet werden, müssen direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen aufweisen. Diese Lüftungsöffnungen müssen

1.     in Summe einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von mindestens 2 % der Bodenfläche des Raumes aufweisen und

2.     sofern die Raumtiefe mehr als 10 m beträgt, so angeordnet sein, dass eine Querlüftung möglich ist.

 

§ 27 AStV regelt unter der Überschrift "Mechanische Be- und Entlüftung" in seinem Abs.2:

Arbeitsräume sind mechanisch zu be- und entlüften, wenn die natürliche Entlüftung nicht ausreicht, insbesondere wenn

1.     die nach § 26 Abs.2 Z1 erforderlichen Lüftungsquerschnitte nicht erreicht werden oder

2.     dem § 26 Abs.2 Z2 nicht entsprochen ist oder

3.     trotz Einhaltung der erforderlichen Lüftungsquerschnitte

a)    eine ausreichende gute Luftqualität nicht gewährleistet werden kann (zum Beispiel bei erschwerenden Bedingungen wie erhöhter Wärme-, Rauch- oder Dampfeinwirkung, Belastung der Raumluft durch gefährliche Stoffe) oder

b)    die natürliche Belüftung mit einer unzulässigen Lärmbelästigung der ArbeitnehmerInnen verbunden wäre.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Beim durchgeführten Lokalaugenschein hat sich gezeigt, dass in der gegenständlichen S Filiale sehr wohl die vorgebrachte mechanische Be- bzw. Entlüftung existiert. Aus diesem Grund ist daher der gegenständliche Tatvorwurf, der sich auf § 26 AStV stützt und somit auf eine ausschließlich natürliche Be- und Entlüftung, nicht gegeben und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

5.      Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

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