Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281039/16/Py/Ps

Linz, 07.10.2008

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn B T, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. T R, M, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. August 2007, Zl. BZ-Pol-09012-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17. September 2008 zu Recht erkannt:

 

 

 

I.            Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als das verhängte Strafausmaß zu Faktum 1 und Faktum 2 auf je 500 Euro und zu Faktum 3 auf 250 Euro herabgesetzt wird.

 

 

II.        Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Erstbehörde verringert sich zu Faktum 1 und Faktum 2 auf je 50 Euro, zu Faktum 3 auf 25 Euro. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 


Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28. August 2007, Zl. BZ-Pol-09012-2007, wurden dem Berufungswerber (in der Folge: Bw) folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma H Handelsgesellschaft mbH, W, B, der persönlich haftenden Gesellschafterin der H Handelsgesellschaft mbH & Co KG, W, B (Arbeitgeberin), zu verantworten, dass in der Betriebsstätte in P, R am 06.06.2007 durch den Arbeitsinspektor Ing. K des Arbeitsinspektorates G folgende Verwaltungsübertretungen festgestellt wurden:

 

1.     Der ausschließlich natürlich be- und entlüftete Verkaufsraum mit einer Fußbodenfläche von 254m2 weist eine direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung (automatische Schiebetür) mit einem wirksamen Lüftungsquerschnitt von lediglich 3,45 m2 auf, obwohl Arbeitsräume, die ausschließlich natürlich be- und entlüftet werden, direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen aufweisen müssen, die in Summe einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von mindestens 2 % der Bodenfläche des Raumes aufweisen müssen, diesfalls wären das mindestens 5,08 m2.

 

2.     Der ausschließlich natürlich be- und entlüftete Verkaufsraum mit einer Raumtiefe von 23 m weist als einzige direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung die automatische Schiebetüre auf, sodass keine Querlüftung möglich ist, obwohl Arbeitsräume, die ausschließlich natürlich be- und entlüftet werden, bei einer Raumtiefe von mehr als 10m Lüftungsöffnungen aufweisen müssen, die so angelegt sind, dass eine Querlüftung möglich ist.

 

3.     Der innenliegende WC-Vorraum, welcher das WC vom Aufenthaltsraum, Umkleideraum bzw. Lagerraum trennt, ist nicht natürlich oder mechanisch direkt ins Freie lüftbar, obwohl Toiletten so anzulegen sind, dass sie mit Arbeitsräumen, mit Aufenthalts- und Bereitschaftsräumen oder mit Umkleideräumen nicht unmittelbar in Verbindung stehen und Toiletten von solchen Räumen durch natürlich oder mechanisch direkt ins Freie ausreichend lüftbare Vorräume getrennt sein müssen."

 

Über den Bw wurde im angefochtenen Straferkenntnis zu Faktum 1 wegen Übertretung des § 130 Abs.1 Z15 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm § 26 Abs.2 Z1 Arbeitsstättenverordnung (AStV) , BGBl. II Nr. 368/1998 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, zu Faktum 2 wegen Übertretung des § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 26 Abs.2 Z2 AStV eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, und zu Faktum 3 wegen Übertretung des § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 33 Abs.5 AStV eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 23 Stunden, verhängt.

 

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 250 Euro vorgeschrieben.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage im Wesentlichen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretungen aufgrund der Angaben in der Anzeige des Arbeitsinspektorates und der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates vom 7. August 2007 zur Rechtfertigung des Beschuldigten vom 25. Juli 2007 als erwiesen angenommen werde. Eine Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe, sei dem Beschuldigten durch seine Rechtfertigung nicht gelungen und sei somit auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

 

Zur Strafhöhe wird ausgeführt, dass weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe vorliegen würden und die verhängten Strafen unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten als im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegen für die Behörde angemessen erscheinen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw im Wege seiner (damaligen) rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und vorgebracht, dass die subjektive Tatseite im gegenständlichen Fall nicht vorliegen würde. Der Bw sei über die I Gesellschaft mbH in ständigem Kontakt mit der Bezirkshauptmannschaft H betreffend der Lüftungssituation der Filiale der H Handelsgesellschaft mbH & Co KG in P. Es sei mit der zuständigen Behörde aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine Einigung betreffend der Lüftung in den Räumen der Filiale vereinbart worden. Der Bw habe über den zuständigen Vermieter aktiv an einer Lösung der Lüftungsthematik gearbeitet und war sich, entsprechend dem Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft H vom 12. Oktober 2006, sicher, die arbeitschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten zu haben, zumal die geforderten Änderungen entsprechend diesem Aktenvermerk durchgeführt wurden und diese Arbeiten auch durch Fotos gegenüber der Behörde nachgewiesen wurden. Der Bw habe daher – der gebotenen Sorgfalt entsprechend – alles getan, um die auslegungsbedürftigen Arbeitnehmerschutzrechte einzuhalten. Zudem würde ein ausreichender Lüftungsquerschnitt vorliegen. Der Arbeitsraum der Filiale P weise ein Größe von 284 auf. Das Eingangstor weise eine Größe von 3,45 , das Lagertor + Oberlichte über dem Lagertor eine Größe von 4,79 und somit ein wirksamer Lüftungsquerschnitt von 8,24 auf, was im Prozent der Bodenfläche einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von 2,90 % ergebe.

 

Weiters wird vorgebracht, dass von der Firma I Gesellschaft mbH mit Eingabe vom 6. April 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft H der Antrag gestellt wurde, von der Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes betreffend der Querdurchlüftung im Bereich Textilmarkt Abstand zu nehmen. Obwohl das Ergebnis dieses Verfahrens noch ausständig war, habe die Behörde ein Straferkenntnis gegen den Beschuldigten erlassen, weshalb die Beischaffung des gewerbebehördlichen Aktes der Bezirkshauptmannschaft H beantragt werde. Die belangte Behörde habe rechtswidrig diesbezügliche Erhebungen unterlassen. Auch sei fälschlich eine Deliktshäufung angenommen worden, da keine dreimalige Verwirklichung der Verwaltungsübertretung vorliege, sondern das Vorliegen mehrere Mängel im Sinne der Arbeitsstättenverordnung lediglich bei der Strafbemessung zu berücksichtigen gewesen wäre. Jedenfalls würden Milderungsgründe, insbesondere ein Rechtsirrtum, vorliegen, die zu einer Strafmilderung hätte führen müssen.

 

3. Mit Schreiben vom 19. September 2007 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17. September 2008. An dieser haben der Rechtsvertreter des Bw und ein Vertreter der Organpartei teilgenommen. Als Zeuge wurde der Arbeitsinspektor, der die gegenständliche Überprüfung durchführte, Herr Ing. J K, einvernommen. Weiters wurde in den Akt betreffend das gewerberechtliche Anlageverfahren der gegenständlichen Betriebsstätte vor der Bezirkshauptmannschaft H zu Zl. 4.1-43/05 Einsicht genommen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H Handelsgesellschaft mbH, W, B, die persönlich haftende Gesellschafterin der H Handelsgesellschaft mbH & Co KG, W, B, ist. Die Firma H Handelsgesellschaft mbH & Co KG betreibt in der Gemeinde P, R ein Textilhandelsgesellschaft in dem drei Arbeitnehmerinnen tätig sind.

 

Am 6. Juni 2007 stellte sich die Be- und Entlüftungssituation in der Betriebsstätte der Firma H Handelsgesellschaft mbH & Co KG in P, R, wie folgt dar:

 

1.     der ausschließlich natürlich be- und entlüftete Verkaufsraum mit einer Fußbodenfläche von 254 wies als einzige direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung eine automatische Schiebetür (Größe von 1,5 m x 2,3 m) mit einem wirksamen Lüftungsquerschnitt von 3,45 auf;

 

2.     der ausschließlich natürlich be- und entlüftete Verkaufsraum mit einer Raumtiefe von 23 m wies als einzige direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung die automatische Schiebetüre auf, sodass keine Querlüftung möglich war;

 

3.     der innen liegende WC-Vorraum, welcher das WC vom Aufenthaltsraum, Umkleideraum bzw. Lagerraum trennt, war nicht natürlich oder mechanisch direkt ins Freie lüftbar.

 

4.2. Diese Feststellungen stützen sich auf den vorliegenden Verwaltungsstrafakt sowie die nachvollziehbaren und schlüssigen Angaben des als Zeugen einvernommenen Arbeitsinspektors Ing. K über seine Feststellungen bei der am 6. Juni 2007 durchgeführten Kontrolle. Die baulichen Gegebenheiten in der gegenständlichen Filiale wurden vom Zeugen Ing. K auch anhand der von ihm bei der Verhandlung vorgelegten handschriftlichen Planskizze, die er anlässlich der Kontrolle anfertigte, erläutert. Im Übrigen stimmen seine Angaben auch mit dem Inhalt und den Feststellungen in dem Akt betreffend das Anlagenverfahren der gegenständlichen Betriebsstätte vor der Bezirkshauptmannschaft H zu Zl. 4.1-43/05 überein. Diesem Verfahrensakt ist weiters zu entnehmen, dass in der gegenständlichen Betriebsstätte – entgegen den eingereichten und der Bewilligung zugrunde gelegten Planausführungen – bereits am 25. Oktober 2005 vom maschinentechnischen Amtssachverständigen das Fehlen einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Be- und Entlüftungssituation festgestellt wurde (vgl. ON 20 des Aktes Zl. 4.1-43/05: Verhandlungsschrift vom 25.10.2005, S.2). In weiterer Folge wurde von der Anlagenbehörde in einem Aktenvermerk vom 12. Oktober 2006 festgehalten, dass zum Erreichen einer entsprechenden Querdurchlüftung in der gegenständlichen Betriebsstätte "anstelle der ursprünglich öffenbar gedachten Oberlichten einerseits die Eingangstüre, andererseits die Anlieferungstüre herangezogen werden, wobei bei der Zwischentüre, die Verkaufsraum und Lager voneinander trennen, eine ständige Öffnung bei einer Höhe von 2,80 m bis zur Untersicht der Dachkonstruktion errichtet werden". Gleichzeitig wurde vermerkt, dass die geänderten Ausführungsunterlagen über einen Antrag um Abstandnahme von der Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes eingereicht werden (vgl. ON 29). Mit Schreiben vom 6. April 2007 sucht die Fa. I Gesellschaft mbH als Bewilligungsinhaberin bei der Bezirkshauptmannschaft H um "Abstandnahme von der Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes betreffend Querdurchlüftung im Bereich Textilmarkt" an und führt aus, dass die Abänderung sinngemäß lt. Aktenvermerk vom 12.10.2006 ausgeführt wurde und in der Fotodokumentation ersichtlich ist (vgl. ON 36). Zu diesem Antrag nahm der bautechnische Amtssachverständige lt. Aktenvermerk vom 20.09.2007 Stellung und führte aus, dass die aus der Fotodokumentation ersichtlichen Öffnungen oberhalb der Verbindungstür zwischen Verkaufsraum und Lager nicht den Vereinbarungen des Aktenvermerks vom 12. Oktober 2006 entsprechen. Es wurde davon ausgegangen, dass über die gesamte Raumbreite eine durchgehende Öffnung von 2,80 m – Dachuntersicht geschaffen wird (vgl. ON 40). Darüber hinaus wird vom technischen Amtssachverständigen auch die praktische Durchführbarkeit einer Querlüftung durch Heranziehung der doppelflügeligen Anlieferungstür in Zweifel gezogen.

 

Für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates steht daher aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen in Verbindung mit dem Akteninhalt des gewerberechtlichen Verfahrensaktes zweifelsfrei fest, dass zum Zeitpunkt der gegenständlichen Kontrolle die Be- und Entlüftungssituation in der Betriebsstätte des vom Bw vertretenen Unternehmens dem im Sachverhalt festgestellten Ausmaßen entsprach.   

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Im Verfahren wurde nicht bestritten, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H Handelsgesellschaft mbH, W, B, die persönlich haftende Gesellschafterin der H Handelsgesellschaft mbH & Co KG, W, B, ist, für die Einhaltung der Bestimmungen des ASchG in der Betriebsstätte der H Handelsgesellschaft mbH & Co KG in P, R, einem Textilmarkt, verantwortlich ist.

 

Gemäß § 20 Abs.1 ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF, sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätten und Baustellen entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen und entsprechend den für sie geltenden behördlichen Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben.

 

Gemäß § 22 Abs.3 ASchG muss in Arbeitsräumen unter Berücksichtigung der Arbeitsvorgänge und der körperlichen Belastung der ArbeitnehmerInnen ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein und müssen raumklimatische Verhältnisse herrschen, die dem menschlichen Organismus angemessen sind.

 

Gemäß § 26 Abs.2 AStV, BGBl. II. Nr. 1998/368 idgF, müssen Arbeitsräume, die ausschließlich natürlich be- und entlüftet werden, direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen aufweisen. Diese Lüftungsöffnungen müssen

1.     in Summe einen wirksamen Lüftungsquerschnitt von mindestens 2 % der Bodenfläche des Raumes aufweisen und

2.     sofern die Raumtiefe mehr als 10 m beträgt, so angeordnet sein, dass eine Querlüftung möglich ist.

 

Gemäß § 26 Abs.4 AStV gelten Türen nur dann als Lüftungsöffnungen nach Abs.2, wenn sie

1.     direkt ins Freie führen und

2.     die Möglichkeit des Offenhaltens zu Lüftungszwecken im Vergleich zu Fenstern nicht eingeschränkt ist.

 

Gemäß § 33 Abs.5 AStV sind Toiletten so anzulegen, dass sie mit Arbeitsräumen, mit Aufenthalts- und Bereitschaftsräumen oder mit Umkleideräumen nicht unmittelbar in Verbindung stehen. Von solchen Räumen müssen Toiletten durch natürlich oder mechanisch direkt ins Freie ausreichend lüftbare Vorräume getrennt sein.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

5.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist es als erwiesen anzusehen, dass am Kontrolltag in der gegenständlichen Filiale des vom Bw vertretenen Unternehmens keine dem Gesetz entsprechende Lüftungssituation vorherrschte.

 

Der ausschließlich natürlich be- und entlüftete Verkaufsraum der Filiale mit einer Fußbodenfläche von ca. 254 m² müsste direkt ins freie führende Lüftungsöffnungen von 5,08 (2 % der Bodenfläche des Raumes) aufweisen.

Die als einzige direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung (automatische Schiebetür) wies hingegen einen Lüftungsquerschnitt von lediglich 3,45 auf (1,5 m x 2,3 m).

 

Der Verkaufsraum der Filiale weist eine Raumtiefe von ca. 23 m auf. Die einzig direkt ins Freie führende Lüftungsöffnung des Raumes ist die automatische Schiebetüre. Eine Querlüftung durch direkt ins Freie führende Lüftungsöffnungen war daher nicht gegeben.

 

Der innen liegende WC-Vorraum, welcher das WC vom Aufenthaltsraum-, Umkleide- bzw. Lagerraum trennt, war am Kontrolltag nicht natürlich oder mechanisch direkt ins Freie lüftbar.

 

Dies geht nicht nur aus den Aussagen des einvernommenen Kontrollorganes über  seine Wahrnehmungen und die von ihm dokumentierte bauliche Situation hervor, sondern auch aus der negativen Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom 20. September 2007 betreffend die inzwischen durchgeführten Änderungen. Die vom Bw vorgebrachten Berechungen, die auf genau diese Änderungen Bezug nehmen, sind daher nicht geeignet, das Vorliegen einer ausreichenden, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Be- und Entlüftungslösung glaubwürdig darzulegen.

 

Für das Nichtvorliegen einer entsprechenden Lüftungssituation spricht im Übrigen auch der Umstand, dass anlässlich der Kontrolle im Verkaufsraum eine Temperatur von 28 ° C gemessen wurde, obwohl die Außentemperatur zu diesem Zeitpunkt 21 ° C betrug und eine bewölkte und leicht windige Wetterlage vorherrschte.

 

Wenn der Bw weiter ausführt, dass zur Querlüftung auch die doppelflügelige Lieferungstür des Lagerraumes herangezogen werden kann, so ist dazu auszuführen, dass es sich dabei von ihrer Zweckbestimmung her um keine Belüftungsöffnung handelt sondern diese für An- und Ablieferungen vorgesehen ist und ein ausreichendes Offenhalten dieser auf eine allgemein zugängliche Freifläche führenden Tür schon aus Sicherheitsgründen nur eingeschränkt möglich ist. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass mit diesem Vorbringen das Vorliegen einer entsprechenden Querlüftung unter Beweis gestellt werden kann.

 

Der Umstand, dass der innen liegende WC-Vorraum nicht direkt ins Freie lüftbar ist, wird auch vom Bw in seiner Rechtfertigung vom 25. Juli 2007 über die Belüftungssituation des Vorraumes zum WC bestätigt.

 

Entgegen dem Vorbringen des Bw handelt es sich im gegenständlichen Fall um jeweils getrennte Tatbestände, deren Übertretung einen selbständigen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand erfüllen (vgl. VwGH vom 28. April 1998, Zl. 97/02/0529).

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist daher als erfüllt anzusehen.

 

5.3. Das AuslBG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes hat der Beschuldigte dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln und die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht.

 

Der Bw bringt vor, er habe sich im gegenständlichen Fall in einem Rechtsirrtum befunden, da er aufgrund des im gewerberechtlichen Verfahren angefertigten Aktenvermerkes vom 12. Oktober 2006 davon ausgehen konnte, dass die Lüftungssituation nunmehr den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Eine solche Aussage ist jedoch dem Wortlaut des zitierten Aktenvermerks nicht zu entnehmen. Vielmehr wird darin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein diesbezüglicher Antrag um Abstandnahme von der Herstellung des bescheidgemäßen Zustandes einzureichen ist. Dem Bw musste zudem bewusst sein, dass ein diesbezügliches Genehmigungsverfahren erforderlich ist. Bis zum Vorliegen einer entsprechenden bescheidmäßigen Absprache durch die zuständige Gewerbebehörde über diesen Antrag konnte daher der Bw nicht davon ausgehen, dass die inzwischen durchgeführten Abänderungen – die darüber hinaus nicht der ursprünglichen Vereinbarung entsprachen – eine dem Gesetz entsprechende Lüftungssituation bewirken. Sein mangelndes Verschulden vermag der Bw daher mit diesem Vorbringen nicht darzulegen (vgl. VwGH vom 27.09.1988, Zl. 88/08/0113).

 

Auch der Umstand, dass der Nichteinbau einer entsprechenden Be- und Entlüftung durch die Anlagenbetreiberin, die Firma I Gesellschaft mbH bewirkt wurde, vermag den Bw nicht zu entlasten.

 

Der Arbeitgeber hat in Ansehung seiner Arbeitnehmer für die Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen zu sorgen (vgl. VwGH vom 15.04.1991, Zl. 90/19/0501). Ein vertragliches Verhältnis zwischen dem Bw und dem Vermieter des gegenständlichen Verkaufslokales kann den Bw von seiner gesetzlichen Pflicht, als Arbeitgeber für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz seiner ArbeitnehmerInnen in Bezug auf alle Aspekte, die die Arbeit betreffen, zu sorgen, nicht entbinden. Für die Einhaltung der ArbeitnehmerInnenschutz­vorschriften in der Betriebsstätte des Textilmarktes in P hat der Bw als Arbeitgeber der drei in der Filiale beschäftigten ArbeitnehmerInnen Sorge zu tragen. Dem Bw musste zudem aufgrund der zahlreichen Beanstandungen, die vom Arbeitsinspektorat vor der gegenständlichen Strafanzeige an ihn herangetragen wurden (vgl. dazu die Aussagen des Zeugen Ing. K sowie die von ihm vorgelegten Schreiben an das vom Bw vertretene Unternehmen vom 14. Februar 2006, 20. September 2006 und 15. Februar 2007), die Lüftungsproblematik in der gegenständlichen Betriebsstätte bewusst sein. Im Verfahren konnte er jedoch einen Entlastungsbeweis für sein mangelndes Verschulden an den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen nicht erbringen. Alleine der Aktenvermerk über eine noch zu beantragende Änderung vermag dies ebenso nicht zu erbringen wie allgemein gehaltene Einwendungen, wonach die Situation durch ein Fehlverhalten des Objekteigentümers hervorgerufen wurde. Vielmehr konnte der Bw nicht darlegen, inwiefern er entsprechende gerichtliche Schritte unternommen hat, um von der Firma I Gesellschaft mbH die Einhaltung von vertraglichen Verpflichtungen zu erwirken (vgl. dazu auch VwGH vom 19.05.1988, Zl. 87/08/02).

 

Die im Spruch der belangten Behörde angeführten Verwaltungsübertretungen sind daher dem Bw sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Die Erstbehörde ist bei ihrer Strafbemessung vom Nichtvorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen ausgegangen. Auch wenn aufgrund des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen ist, dass die unzureichende Lüftungssituation in dem gegenständlichen (und immerhin als Neubau errichteten) Gebäude bereits über längere Zeit bestanden, so erscheint die von der Erstbehörde verhängte Strafe im Hinblick auf die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers doch überhöht. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Bw sich grundsätzlich um die Herstellung einer gesetzeskonformen Lüftungssituation zum Schutz der Arbeitnehmerinnen bemühte, wenn auch nicht mit den ausreichenden und gebotenen Mitteln. Dieses grundsätzliche Bemühen kann im Hinblick auf den Umstand, dass dem Bw vom Gebäudeinhaber eine gesetzeskonforme Lösung in Aussicht gestellt wurde, als mildernd gewertet werden. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die nunmehr verhängten Strafen sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen angemessen und geeignet, den Bw in Hinkunft zu einem gesetzkonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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