Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163624/2/Br/RSt

Linz, 10.11.2008

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch dessen Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau Mag. V K, K, 11 W, betreffend das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 9. Oktober 2008, AZ. S 30.219/08-1 wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

I.       Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 290,50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 84 Stunden ermäßigt wird.

 

II.     Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 29,05 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 20, § 24,   § 51 Abs.1 und § 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008 – VStG.

zu II.: § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 582 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen ausgesprochen, weil sie am 12.08.2008, 02.55 Uhr, in Linz, Pfarrgasse Krzg. Hauptplatz, Ri. stadteinwärts, stadtauswärts ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt habe; bei der Messung ihrer Atemluft mit dem Atemluftalkoholmessgerät wurde ein Atemluftalkoholgehalt von 0,41 mg/l festgestellt worden.

 

 

1.1.         Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

"Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Feststellung der einschreitenden Organe, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 12.08.2008, das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren sowie durch die Atemalkoholuntersuchung einwandfrei erwiesen.

 

Demnach steht fest, dass Sie die im Spruch detailliert angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Sie wurden mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.08.2008 aufgefordert, sich binnen zwei Wochen ab Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung hinsichtlich der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Gleichzeitig wurden Sie in diesem Bescheid ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass das Verwaltungsstrafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie die Ihnen eingeräumte Frist zur Abgabe einer Rechtfertigung unentschuldigt ungenützt verstreichen lassen sollten. Der Bescheid über die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde Ihnen laut Rückschein am 25.08.2008 zu eignen Händen zugestellt.

 

In Ihrer Rechtfertigung haben Sie die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in keiner Weise bestritten, sondern um eine milde Bestrafung ersucht.

 

Durch Ihr volles Geständnis zusammen mit der eigenen dienstlichen Feststellung der einschreitenden Organe und der Alkomatuntersuchung scheint ein weiteres Beweisverfahren nicht geboten und waren die Übertretungen als erwiesen anzunehmen.

 

Zur rechtlichen Lage wird von der entscheidenden Behörde folgendes festgehalten:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand' befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 99 Abs. 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von € 581,00 bis € 3.633,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Festgehalten muss von der Behörde werden, dass es sich gerade bei den Übertretungen der Alkoholbestimmungen überhaupt um die schwersten Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung handelt, welche auch erfahrungsgemäß immer wieder zu Unfällen im Straßenverkehr mit katastrophalen Folgen führen. Es muss daher alleine schon im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer und darüber hinaus aus general- und spezialpräventiven Grunde mit einer strengen Bestrafung vorgegangen werden.

 

Bei der Strafbemessung konnte Ihr jugendliches Alter, Ihr volles Geständnis bzw. Ihre Einsichtigkeit und Ihre völlige Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet werden.

 

Erschwerende Umstände wurden keine bekannt.

 

Ihre persönlichen  Einkommens-, Vermögens- und  Familienverhältnisse wurden  bei der Strafbemessung berücksichtigt.

 

Die verhängte Strafe ist daher im Hinblick auf die Schwere der Übertretung und den dafür vorgesehenen Strafrahmen äußerst milde bemessen, demnach durchaus schuldangemessen, dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst und scheint der entscheidenden Behörde gerade noch geeignet, Sie in Hinkunft von der Begehung weiterer gleicher oder ähnlicher Übertretungen abzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe bleibt es Ihnen unbenommen, bei der hiesigen Behörde um Gewährung einer Ratenzahlung anzusuchen."

 

 

2. In der gegen das Strafausmaß fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerberin dem Strafausspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist V K, ich bin 24 Jahre alt und habe am 12. 8. 2008 in Linz die Verkehrsvorschriften überschritten, da ich unter Alkoholeinfluss (0,42mg/l) ein Fahrrad gelenkt habe. Ich habe nun meinen Strafbescheid über 582€ (inklusive der Kosten des Strafverfahrens 640€) erhalten und möchte gegen die Höhe dieses Betrags Berufung einlegen.

Mir ist klar, dass die Strafe von vornherein mit nur einem Euro über der Mindeststrafe äußerst milde bemessen wurde, dennoch ist der Betrag für meine finanziellen Verhältnisse extrem hoch und darum möchte ich zumindest versuchen, Ihnen meine Argumente zu schildern, um eine mögliche Senkung der Höhe zu erwirken. Ich habe in meinem Leben noch nie eine Straftat begangen und bin generell ein sehr rücksichtsvoller und verantwortungsbewusster Mensch. In der Nacht vom 11. auf den 12.8.2008 habe ich einer Abschiedsfeier beigewohnt. Ich war dort gemeinsam mit meinem Kollegen J S, der an dem Abend die exakt selbe Menge Alkohol konsumiert hat, bei der Messung aber unter dem Grenzwert lag. Ich lag ja nur 0,01 mg/l darüber und habe mich selbst als fahrtüchtig erachtet, als ich auf das Fahrrad gestiegen bin, um den etwa 3-minütigen Heimweg vom Lentos Museum zum Hauptplatz anzutreten. Es war kein Mensch auf der Straße und ich habe somit niemand anderen gefährdet. Der Grund, warum ich und J S von der Polizei angehalten wurden, war nicht etwa Schlangenlinien Fahren mitten auf der Straße, sondern Ausweichen auf den Gehsteig in einer sehr engen Gasse, um das breite (nicht als solches gekennzeichnete) Polizeiauto vorbei zu lassen. Ich habe also meine Umwelt mit Klarheit wahrgenommen und geistesgegenwärtig und rational gehandelt.

Dass ich dann über dem Wert lag, hat mich selbst erschrocken. Es tut mir leid, dass ich mich falsch eingeschätzt habe und es war mir bestimmt eine Lehre für das nächste Mal. Ich möchte zu meiner Verteidigung sagen, dass ich davon überzeugt war, keine Gefährdung - weder für mich, noch für andere Verkehrsteilnehmer (die ja sowieso nicht vorhanden waren) - darzustellen. Mir ist bekannt, dass Alkohol am Steuer zu den schwersten Verkehrsdelikten gehört und deshalb die Mindeststrafe auch so hoch angesetzt wird. Ich finde es allerdings absurd, dass die gleiche Mindesthöhe für Fahrrad- und Autolenker besteht, da man mit einem Auto eine erheblich größere Gefahr darstellt. Ich wollte wirklich niemanden etwas Böses und bin nicht verantwortungslos. Ich sehe ein, dass ich einen Fehler begangen habe und bin auch gerne bereit, dafür eine Strafe zu zahlen. Aber bei einem Monatseinkommen von 400 €, von dem 280 € für Miete wegfallen, kommt mir die Strafhöhe von 582 € ungerecht vor. Deshalb möchte ich Ihnen ein Strafausmaß von 300 € vorschlagen. Das ist für meine Verhältnisse immer noch sehr viel Geld und erscheint mir in Relation zu meinem Vergehen angemessener. Ich hoffe aufrichtig, dass Sie sich meine Argumente zu Herzen nehmen und versuchen, sich in meine Lage und Peron hineinzuversetzen. Ich wäre Ihnen unermesslich dankbar, wenn Sie mir eine Strafmilderung gewähren würden. "

 

 

2.1. Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu!

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte mit Blick auf die bloße Strafberufung unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, woraus sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt.

 

4. Der Unabhängigen Verwaltungssenat hat zur Strafzumessung erwogen:

 

Der Sachverhalt muss zusammenfassend dahingehend gewertet werden, dass hier der objektive Tatunwert deutlich hinter einer Alkofahrt, wie er etwa von einem Kraftfahrzeug ausgeht, zurückgeblieben ist. Selbst der Grenzwert wurde nur um ein Hundertstel überschritten, wobei der sogenannte Verkehrsfehler auf der Beweisebene unbeachtlich zu bleiben hat (vgl. unter vielen VwGH 28.5.1993, 93/02/0092).

Das die Fahrt wirklich nur auf eine minimale Strecke und dies im Übrigen in der verkehrsärmsten Nachtzeit angelegt war, kann in der Bewertung des Fehlverhaltens mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot ebenfalls nicht unbeachtlich bleiben.

 

 

 

4.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

5.2. Für den Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann nach § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Im gegenständlichen Fall können ausschließlich mildernde Umstände erblickt werden, wobei hier zusätzlich die Berufungswerberin diese Alkofahrt zumindest auch nicht bewusst im Kauf genommen haben dürfte. Zusätzlich zeigt sie sich reumütig geständig und schuldbewusst. Dies mildert die subjektive Tatschuld zusätzlich. Die Berufungswerberin ist nicht zuletzt verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten und verfügt darüber hinaus nur über ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen.

Dem Lenken eines Fahrrades in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ist – wie oben schon festgestellt - bereits abstrakt besehen ein beträchtlich geringerer Tatunwert zuzuordnen als dies im Lenken eines Kraftfahrzeuges etwa der Fall ist. Dies trifft angesichts der frühen Morgenstunden insbesondere in diesem Fall in ganz besonderem Ausmaß zu (vgl. h. Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR). Die erstgenannte Entscheidung betraf übrigens einen angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz. Dieses Rechtsinstitut konnte demnach der Behörde erster Instanz nicht gänzlich fremd gewesen sein.

Die Bestimmung des § 20 VStG gelangt nach Aufhebung des § 100 Abs.5 StVO 1960  durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH 9. Oktober 1997, G 216/96) auch für sogenannte Alkoverfahren wieder zur Anwendung. Bei vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht  darauf ein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH vom 31. 1.1990, 89/03/0027, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015 und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

Angesichts der hier vorliegenden Tatumstände schien daher das Vorgehen mit dem außerordentlichen Strafmilderungsrechtes rechtlich geboten. Unter Bedachtnahme auf die Tatumstände und die völlig unbescholtene Berufungswerberin stehen auch keine präventiven Aspekte der vollen Ausschöpfung des außerordentlichen Milderungspotenzials entgegen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

außerordentliche Strafmilderung, Unwertgehalt, Tatschuld

 

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