Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163970/2/Bi/Se

Linz, 30.03.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn E R, B A, vertreten durch Herrn RA Dr. B H, I, vom 3. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 13. Jänner 2009, VerkR96-10422-2008, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochten Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. 

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 43,60 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 42 Abs.2 iVm 99 Abs.2a StVO 1960 eine Geldstrafe von 218 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am Sonn­tag, dem 2. November 2008 um 15.50 Uhr im Gemeindegebiet von Aistersheim, Bezirk Grieskirchen, , auf der Innkreisautobahn A8 auf Höhe km 33.670 (Auto­bahn­parkplatz Aistersheim) in Fahrtrichtung Suben das Sattelzugfahrzeug Kz BT-SZ29 (NL) mit dem Sattelanhänger Kz    (B) mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5t gelenkt bzw verwendet habe, obwohl an Samstagen von 15.00 bis 24.00 Uhr und an Sonntagen und gesetz­lichen Feiertagen von 00.00 bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Last­kraft­wagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5t verboten und das ver­wen­dete Fahrzeug bzw die durchgeführte Beförderung nicht unter eine gesetz­liche Ausnahme gefallen sei, zumal der Transport von 25.000 Liter österreich­isch­em roten Tafelwein nicht unter "leicht verderbliche Lebensmittel" falle, zumal Wein überhaupt kein leicht verderbliches Lebensmittel sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 21,80 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, leicht verderbliche Lebensmittel fielen unter die Ausnahme des § 42 Abs.3 StVO und im Kommentar zur StVO, Pürstl-Somereder, StVO (2003), § 42 Anm.7 werde ausgeführt, dass leicht verderbliche Lebensmittel solche Lebensmittel seien, deren Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Austrocknen udgl beeinträchtigt werden könnten – zB Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Fleisch, Wild, frische Schlachtnebenprodukte, Brot- und Back­waren, Milcherzeugnisse, Butter, tiefgefrorene Lebensmittel, WEIN, Most und Sturm in Gebinden oder TANKFAHRZEUGEN. Er habe somit ein leicht verderb­liches Lebensmittel befördert – dazu wird auf den CMR-Frachtbrief und den Transport­auf­trag verwiesen.

Wein erleide beim Transport einen "Transportschock", dh durch noch nicht genau bekannte physikalisch-chemische Vorgänge erfolge eine kurzzeitige Veränderung im Wein, die sich in einer Geschmacksverschlechterung äußere.

Die Erstinstanz habe erklärt, es sei Kontakt mit der Lebensmittelaufsicht im Hause aufgenommen worden, wo mitgeteilt worden sei, dass Wein kein leicht verderb­liches Lebensmittel sei. Diesbezüglich sei kein Parteiengehör erfolgt und daher sei die Entscheidung mit einem Verfahrensmangel behaftet, zumal ihm die Möglichkeit vorenthalten worden sei, dazu binnen einer ausreichenden Frist Stellung zu nehmen. Damit seien Grundsätze eines rechtstaatlichen Verfahrens verletzt worden, sodass Bescheidaufhebung und Verfahrenseinstellung beantragt werde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass das oben genannte Sattelkraftfahrzeug am Sonntag, dem 2. November 2008, um 15.50 Uhr auf der A8 bei km 33.670, dem Parkplatz Aistersheim, FR Suben, vom  Meldungsleger G S, API W, zur Kontrolle angehalten wurde, wobei sich ergab, dass die Ladung aus 25.000 l österreichischem roten Tafelwein bestand. Der Bw als Lenker bestand darauf, er habe von der Firma mitgeteilt bekommen, dass er ein leicht verderb­liches Lebensmittel befördere und er am Wochenende fahren dürfe.

Aus dem bei der Erstinstanz vorgelegten CMR-Frachtbrief und dem Transport­auftrag lässt sich ersehen, dass der Transport von der Fa. M. B E-G, S (N), nach L (V) zur Fa P unter­wegs war. Der Frachtbrief wurde am 31. Oktober 2008 in S ausge­fertigt und die Beladung erfolgte laut Transportauftrag ebenfalls dort am 31. Oktober 2008. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 42 Abs.1, 2 und 3 StVO 1960 ist an Samstagen von 15 bis 24 Uhr und an Sonn­tagen und gesetzlichen Feiertagen von 00 bis 22 Uhr das Befahren von Straßen ua mit Lastkraftwagen und Sattelkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5t verboten; davon ausgenommen sind Fahrten, die ausschließlich der Beförderung von Schlacht- und Stechvieh, Milch oder anderen leicht verderblichen Lebensmitteln, ... dienen.

 

Richtig ist, dass im der StVO-Ausgabe Pürstl-Somereder, Anmerkung 7 zu § 42 StVO "Wein, Most und Sturm in Gebinden oder Tankfahrzeugen" als leicht ver­derb­liches Lebensmittel bezeichnet wird; allerdings ist abgesehen von der Frage, ob Wein überhaupt als "Lebensmittel" gilt, diese Anmerkung als bloße private Rechtsmeinung von Pürstl-Somereder zu sehen und ist für den Unabhän­gi­gen Verwaltungssenat in keiner Weise erkenn- oder nachvollziehbar, inwieweit beim transportierten Tafelwein die "Genießbarkeit durch Verfaulen, Frieren, Aus­trock­nen und der­gleichen beeinträchtigt werden" könnte. Es mag sein, dass, wie der Bw in der Berufung meint, durch den Transport über längere Strecken durch "noch nicht genau bekannte physi­kalisch-chemische Vorgänge eine kurzfristige Veränderung im Wein erfolgt, die sich in einer Geschmacks­ver­schlechterung äußert". Wenn dem aber so ist, dürfte Wein schon aus Qualitätssicherungs­über­legungen überhaupt nicht transportiert werden und bliebe damit dem aus­schließ­lichen Konsum am Ort des Entstehens vorbehalten. Damit vermag der Bw aber auch kein Argument für eine Qualifikation als "leicht verderblich" zu liefern.

 

Da aber sogar der Bw im Rechtsmittel die Kurz­fristig­keit dieser – möglicherweise auch rein subjektiv zu sehenden – Geschmacks­verschlechterung eingeräumt hat, Tafelwein aber ohnehin kein Prädikats- oder Qualitätswein im Sinne des Wein­gesetzes ist und sich nach landläufiger Ansicht Wein durch einfaches Lagern wieder so weit beruhigt, dass er offensichtlich auch nach dem Transport von Niederösterreich nach Vorarlberg verkauft werden kann, sind die Argumente des Bw relativ zu sehen. Wäre Rotwein tatsächlich leicht verderblich, hätte der Bw nach dem Beladen des Tankfahrzeuges am 31. Oktober 2008, einem Freitag, die Fahrt mit Sicherheit sofort angetreten, um nicht am Feiertag in Schwierigkeiten zu geraten. Er hat jedoch erst zwei Tage später am Sonntag die Fahrt angetreten und war um kurz vor 16.00 Uhr erst in Aisters­heim, dh er hat sich so weit Zeit gelassen, dass er offenbar selbst nicht an eine "leichte Verderblich­keit" seiner Ladung geglaubt hat. Damit hat er aber auch die Auskunft der Lebensmittel­aufsicht der Erstinstanz nicht schlüssig zu widerlegen vermocht.  

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht daher ohne jeden Zweifel davon aus, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat. 

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis sechs Wochen zu bestrafen ist, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer auf Grund des § 42 erlassenen Fahrverbotsverordnung verstößt.

Der Bw hat um 15.50 Uhr, also weit länger als zwei Stunden ab Beginn des Fahrverbots am Sonntag, ein Sattelzugfahrzeug im Sinne des § 42 StVO gelenkt. Die Erstinstanz hat die Unbescholtenheit als Milderungsgrund und das Fehlen von straferschwerenden Umständen gewertet und ein Einkommen von 1.200 Euro bei Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten zugrunde gelegt – dieser Schätzung hat der Bw nicht widersprochen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgend­einer Weise überschritten hätte, wenn sie die gesetzliche Mindeststrafe verhängt hat. Die Voraussetzungen der §§ 20 oder 21 VStG lagen nicht vor, weil vor­sätzliche Tatbegehung zugrunde zu legen war, sonst berücksichtigungswürdige Umstän­de nicht einmal behauptet wurden und schon gar nicht "beträchtlich überwiegen" und der 1946 geborene Bw kein Jugendlicher ist.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Roter Tafelwein im Tankfahrzeug ist kein leicht verderbliches Lebensmittel, das unter die Ausnahme des § 42 Abs.3 StVO fallen könnte -> Bestätigung

 

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