Linz, 27.08.2009
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Werner Reichenberger, Berichter: Dr. Ewald Langeder, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) nach der am 27. Mai 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des M F, P, S, vertreten durch Rechtsanwälte H, H, H, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Braunau am Inn vom 13. November 2007, Zl. SV96-68-2007-Di, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: §§ 64 ff VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber vier Geldstrafen in Höhe von je 4.000 Euro bzw. vier Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 72 Stunden verhängt, weil der im ehemaligen Gasthaus "R", R, S, die bulgarischen Staatsangehörigen T S, S S und V G vom 16.2. bis 19.2.2007 und den tschechischen Staatsangehörigen B Z vom 17.2. bis 19.2.2007 beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.
Begründend führt das angefochtene Straferkenntnis aus:
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
Der Berufung beigelegt ist die Kopie eines Pachtvertrages vom 15.12.2006, abgeschlossen zwischen dem Berufungswerber als Verpächter (unter seiner S Adresse!) und den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten bulgarischen Staatsangehörigen. Darin ist im Wesentlichen festgehalten, dass das gegenständliche Objekt (Restaurant) verpachtet wird. Der Mietzins beträgt ab 1. Januar 2007 ohne MWSt. Euro 1.100. Für die Zahlung der Betriebskosten ist eine vierteljährliche Akontozahlung vereinbart. Die Pacht ist im Vorhinein in jedem Monat so an den Verpächter zu entrichten, dass sie spätestens am 10. des Monats bei ihm einlangt. Das Pachtverhältnis wird auf zwei Jahre abgeschlossen und kann weiter verlängert werden. Ferner sind unter anderem Bestimmungen für den Fall des Verzugs bei der Bezahlung der Pacht sowie über die Kündigung des Pachtverhältnisses getroffen.
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Dem Akt liegt die Anzeige des Finanzamtes B R S vom 23.2.2007 bei. Dort wird folgender Sachverhalt dargestellt:
"Am 19.02.2007 gegen 08.30 Uhr wurde von Beamten der PI F (Abtlnsp. R, Grplnsp. S) die ausl. Staatsbürger (S T, S S, Z B, G V) bei Hausrenovierungsarbeiten (Innenverputzarbeiten) im ehemaligen Gasthaus 'R', R, S, angetroffen. Daraufhin wurde das FA B-R-S, Abtl. KIAB, FOI W, telefonisch verständigt. Anschließend fuhren die Beamten der KIAB zur PI F, wo sie über die amtlichen Wahrnehmungen der o.a. Beamten informiert wurden. Kopien der Ausweise sowie Fotos über die Tätigkeiten der angetroffenen Ausländer wurden von den Beamten der PI F an die Beamten des Finanzamtes übergeben.
In Begleitung der Beamten Abtlnsp. R und Grplnsp. S von der PI F fuhren die Beamten des FA B-R-S (FOI W, FOI B, VB F, VB H) zum ehemaligen Gasthaus 'R' und führten eine Kontrolle nach dem AuslBG durch.
Mit den drei bulgarischen StA (S T, S S, G V) und dem tschechischen StA (Z B), welche von der Polizei F bei der Arbeit betreten wurden, wurden mehrsprachige Personenblätter ausgefüllt (siehe Beilagen). Beginn der Arbeiten für die drei bulgarischen Personen am 16.02.2007, täglich 2 bis 4 Stunden, über Entlohnung wollten sie keine Angaben machen.
Es wurde der Eindruck vermittelt, dass S T für den organisatorischen Ablauf der Arbeiten zuständig ist, da von den anderen immer wieder der Name T genannt, wurde.
Der tschechische Sta. Z B begann am 17.02.2007 mit der Arbeit (Einheizen u. Holz machen), jeweils 2 Stunden am Tag. Über Entlohnung wollte er ebenfalls keine Angaben machen. Für Essen u. Trinken kamen alle vier Personen selber auf. Die Schlafstätte wurde von F kostenlos zur Verfügung gestellt.
Alle vier Personen waren nicht im Besitz einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung.
Im Zuge der weiteren Befragung gab Z gegenüber VB H (Teamleiter FA S-Land, KIAB) an, dass die Bulgaren einen Vertrag mit M F (Eigentümer der Liegenschaft R) hätten, aus dem hervorgeht, dass sie das Gebäude gepachtet werden, sobald sie es renoviert hätten. Ein diesbezüglicher Vertrag konnte den Beamten jedoch nicht vorgelegt werden.
Weiters waren noch die beiden slowakischen StA C M und J P im Gebäude anwesend; sie wurden jedoch nicht bei der Arbeit angetroffen. Der Hausbesitzer M F konnte telefonisch nicht erreicht werden; seine Schwägerin J F reiste mit ihrem eigenen PKW aus S an, weil sie ihren Vater, Z B, besuchen wollte.
Mit F wurde anschließend eine Niederschrift aufgenommen (siehe Beilage). Die Aussagen bezüglich Beginn der Beschäftigung der drei Bulgaren in den Personenblättern, deckt sich nicht mit den Angaben der Frau F in der Niederschrift. Die von den Ausländern durchgeführten Umbauarbeiten erfolgten an einem zuvor gewerblich genutzten Objekt (Gaststätte) welches in der Folge offensichtlich wieder gewerblich genutzt wird (VwGH 04.09.2006, 2006/09/0074) - pachten der Gaststätte durch die drei Bulgaren. Es liegt somit ein Verstoß nach dem AuslBG vor und es wird die Durchführung eines entsprechenden Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.
Beweismittel:
amtliche Wahrnehmungen durch die kontrollierenden Beamten der PI F (Grplnsp. S und Abtlnsp. R)
10 Fotos"
Der Anzeige liegen Personenblätter bzw. Personenblatt-Niederschriften bei, welche in tschechischer bzw. bulgarischer Sprache ausgefüllt sind.
Ferner liegt dem Akt die mit J F, Schwägerin des Berufungswerbers, am 19.2.2007 am Finanzamt B R S aufgenommene Niederschrift bei:
Dabei wurden 6, (sechs) ausl. StA, nämlich
B Z, geb. 17.01.1940, StA CS
P J, geb., StA SLO
S S, geb., StA BG
S T, geb, StA BG
M C, geb., StA SLO
G V, geb., StA BG angetroffen.
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Ferner liegen dem Akt diverse Gewerberegisterauszüge bei.
Ferner liegt dem Akt die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.4.2007 bei.
Mit Schreiben vom 3.7.2007 äußerte sich der Berufungswerber wie folgt:
Mein Nettoeinkommen ist 1.150 Euro monatlich."
Mit Schreiben vom 6.8.2007 äußerte sich das Finanzamt B R S wie folgt:
"Z
4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Berufungswerber dar, J F sei die Frau seines Bruders und die Tochter von B Z.
Der Berufungswerber habe das Gasthaus vor einigen Jahren gekauft und dann stets verpachtet. Zunächst sei das Lokal ein Gasthaus gewesen, dann eine Diskothek, dann eine Pizzeria und schließlich wieder ein Gasthaus. Die Pächter seien unterschiedlicher nationaler Provenienz gewesen. Zuletzt sei ein Pärchen (ein Deutscher und eine Österreicherin) "drinnen" gewesen. Dieses Pachtverhältnis habe mit 31.12.2006 geendet. Das Lokal sei offenbar für dieses Milieu geeignet gewesen. Das Lokal sei letztlich renovierungsbedürftig gewesen, was die hier gegenständlichen Pächter in Angriff genommen hätten. Sie sollten diese Arbeit nach eigenem Wunsch und Arbeitstempo erledigen. Die Arbeitsmittel hätten die Ausländer selbst beigebracht. Der Berufungswerber habe ihnen gestattet, einen Kastenwagen, für den er in S ohnehin keinen Parkplatz gehabt habe, für den Materialeinkauf zu benutzen. Die Ausländer seien nur in unregelmäßigen Abständen anwesend gewesen. Je länger die Renovierungsarbeiten gedauert hätten, desto seltener seien sie erschienen. Schließlich dürfte ihnen das Geld ausgegangen sein. Es sei immer schwieriger geworden, die Miete einzukassieren. Die Miete sei unregelmäßig und in größeren Beträgen bezahlt worden. Die letzte Miete habe der Berufungswerber im Herbst 2008 erhalten. Der Berufungswerber könne die Zahlungseingänge betreffend die Miete belegen. (Dazu legte der Berufungswerber mit Schreiben vom 10.6.2009 zwei Kontoauszüge über die Zahlung von 22.10.2008 mit dem Titel "Restmiete S 2007" in Höhe von 6.000 Euro und vom 13.11.2008 mit dem Titel "Miete 2008 S" in Höhe von 12.000 Euro – beide Male durch S T und S S – vor.) Die Bulgaren hätten die Arbeiten nicht abgeschlossen. Das Lokal sei von ihnen nie in Betrieb genommen worden. Der Berufungswerber habe an sie nie Arbeitsaufträge erteilt und sie auch nicht für Arbeiten entlohnt. Den Pachtvertrag habe der Berufungswerber nach Aufforderung zur Rechtfertigung der Behörde im Postweg zugesandt und angenommen, dass damit der Fall erledigt sei. Der Vertrag sei jedoch offensichtlich nicht bei der Behörde angekommen.
Z habe das Gasthaus nur für Übernachtungszwecke genutzt. Er habe seine in S lebende Tochter besuchen wollen. Die Zimmer habe er mit auf Ersuchen des Berufungswerbers erteilter Erlaubnis der Bulgaren benutzt. Er habe dem Berufungswerber im Nachhinein mitgeteilt, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle Heizmaterial hergerichtet und den Multibrenner beheizt habe. Die angebliche Auskunft Zs, wonach die Übergabe des Gasthauses erst nach der Renovierung stattfinden sollte, sei inhaltlich falsch und im Hinblick auf ihr Zustandekommen unerklärlich.
Die Bezeichnung des Berufungswerbers als "Chef" durch die Bulgaren sei vermutlich auf sprachliche Unbeholfenheit zurückzuführen.
Zwei weitere, ebenfalls im Akt erwähnte Ausländer, hätten nach Information des Berufungswerbers glaublich infolge einer Autopanne im gegenständlichen Objekt übernachtet.
J F sagte aus, ihr Vater habe sie – zur Faschingszeit in S – besucht und das Gasthaus für Übernachtungszwecke benutzt. Mit ihm seien seine Freundin, deren Bruder und dessen Frau gekommen. Diese hätten ebenfalls ein leer stehendes Zimmer des Gasthauses benutzt. Sie seien während der Kontrolle spazieren gewesen. Während dessen habe sich Z um die Heizanlage gekümmert. Er habe in seiner aktiven Zeit als Techniker in einer Großheizanlage gearbeitet. Der Aufenthalt dieser Personen sei für die Dauer einiger Tage vorgesehen gewesen. Z habe die Zeugin von der Kontrolle telefonisch verständigt, woraufhin sie zum Gasthaus gefahren sei. Sie habe den Beamten mitgeteilt, dass das Haus an die Bulgaren vermietet sei.
Z sei mit Sicherheit nicht an den Renovierungsarbeiten beteiligt gewesen. Er habe auch im Personenblatt angegeben, einzuheizen. Falsch sei die Angabe im Personenblatt, er sei bereits 2 bis 3 Tage hier; dies sei die Dauer des geplanten Aufenthalts gewesen. Auch die Angabe, täglich 3 Tage zu arbeiten, sei offensichtlich auf ein Missverständnis zurückzuführen. Die Eintragung "Hilfe für Schwager" sei nicht richtig; Z sei ausschließlich für private Zwecke hier gewesen.
Der Polizeibeamte bzw. die Kontrollorgane konnten sich an konkrete Details der Kontrollsituation kaum erinnern. Bestätigt wurde, dass ein Teil der Zimmer bewohnbar bzw. bewohnt war. Im 1. Stock, wo sich die Zimmer befanden, seien offenbar, wie aus der Feuchtigkeit der Wände erschließbar, Feinputzarbeiten durchgeführt worden. Angaben bezüglich eines Pachtvertrages seien nicht erinnerlich.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Das angefochtene Straferkenntnis (und im Übrigen auch der Schlussvortrag des Vertreters des Finanzamtes in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) stützt sich im Wesentlichen darauf, dass mangels Vorlage des Pachtvertrages im erstinstanzlichen Verfahren davon auszugehen sei, dass die Arbeit der gegenständlichen Ausländer nicht eigennützig (im Rahmen ihrer Rechte aus dem Pachtvertrag) sondern, in Konsequenz dessen, im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses durch den Berufungswerber erfolgte. Darin kommt die – vom Unabhängigen Verwaltungssenat geteilte – Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass Renovierungsarbeiten eines Pächters auf eigene Kosten zum Zweck des Betriebs eines Gasthauses nicht als Beschäftigung des Pächters durch den Verpächter anzusehen sind. Entscheidend ist also die Frage der Glaubwürdigkeit des Vorliegens (und des tatsächlichen Vollzugs) des Pachtverhältnisses. Dazu ist festzuhalten, dass der Pachtvertrag vom 15.12.2006 letztlich vorgelegt wurde (woran die Vorlage bereits im erstinstanzlichen Verfahren scheiterte, ist unerheblich) und dort der Laufzeitbeginn mit 1.1.2007 festgelegt ist. Dass ein späterer Wirksamkeitsbeginn vorgesehen war, ist nicht erweislich; die diesbezügliche Aussage Zs anlässlich der Kontrolle ist mit Unsicherheiten belastet (Informationsstand Zs, Sprachprobleme) und nicht geeignet, die Behauptungen des Berufungswerbers zu widerlegen. Auch die Behauptung des Berufungswerbers, die Ausländer hätten das Material auf eigene Rechnung besorgt und die Arbeitsmittel selbst beigestellt, konnte nicht widerlegt werden. Die Zurverfügungstellung eines vom Berufungswerber nicht benützten KFZ für Materialtransporte reicht für die Annahme des Gegenteils nicht aus. Daher ist davon auszugehen, dass die Ausländer die Renovierung auf eigene Kosten und eigenes Risiko vornahmen. Ferner konnte der Berufungswerber Zahlungen der Ausländer an ihn belegen, während Geldflüsse in umgekehrter Richtung nicht nachweisbar sind (bzw. die Ausländer, wie aus der Anzeige erschließbar, anlässlich der Kontrolle eine Entlohnung offenbar in Abrede stellten). Dazu kommt, dass das Vorliegen des Pachtvertrages durch die Zeugin F bestätigt wurde. Irgendwelche Anordnungen durch den Berufungswerber sind nicht erwiesen, während eine weitgehende Freiheit der Ausländer hinsichtlich der Art der Renovierung nicht lebensfremd erscheint.
Was den tschechischen Staatsangehörigen Z betrifft, so wurde die Darstellung, dass sich dieser zu privaten Zwecken im gegenständlichen Gasthaus aufhielt, durch seine Tochter in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubwürdig bestätigt. Eine Beschäftigung dieses Ausländers durch den Berufungswerber würde auch nicht mit der obigen Feststellung des Pachtvertrages mit den Bulgaren harmonieren. Dass, wie auch aus der Anzeige hervorgeht ("Einheizen und Holz machen") (allfällige) Tätigkeiten Zs im Zusammenhang mit der (für die Benützung notwendigen) Beheizung der Zimmer standen, erscheint plausibel, während ein Zusammenwirken mit den Bulgaren im Zuge der Renovierungsarbeiten nicht erwiesen ist.
Da aus diesen Gründen eine Beschäftigung der bulgarischen Staatsangehörigen einerseits und des tschechischen Staatsangehörigen andererseits nicht erwiesen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Reichenberger