Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231055/2/BP/Eg

Linz, 10.09.2009

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 12. August 2009, GZ. Sich96-636-2007, wegen Übertretung des  Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafausmaß auf eine Geldstrafe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und der Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz auf 5 Euro herabgesetzt werden; im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. 

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allge­meines Ver­wal­tungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 65 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 12. August 2009, GZ Sich96-636-2007, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er die öffentliche Ordnung in besonders rücksichtsloser Weise ungerechtfertigt gestört habe, indem er am 21. Juli 2007 gegen 14:25 Uhr im Pizza-Kebap-Lokal "x" in x, das Personal beschimpft und mit dem Lokalbetreiber x eine verbale Auseinandersetzung ausgetragen habe.

 

Als verletzte Rechtsgrundlage wird § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, i.d.F. BGBl. I Nr. 158/2005 genannt.

 

Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde aus, dass der Bw von der Polizeiinspektion x am 21. Juli 2007 wegen des Verdachts der Übertretung des § 81 Abs. 1 SPG zur Anzeige gebracht worden sei. Nach dieser Anzeige habe der Bw mit dem Lokalbetreiber eine verbale Auseinandersetzung ausgetragen. Auslöser für das Verhalten des Bw sei gewesen, dass ihm der Kellner x ein offenes Bier serviert habe, obwohl der Bw ein sg. "Postlerbier" bestellt habe und er der Meinung gewesen sei, der Kellner hätte wissen müssen, dass ein Postlerbier kühl und in der Flasche serviert werden müsse. Daher habe der Bw den Kellner in Anwesenheit von mehreren Lokalgästen als "Rotzbua" und mit anderen Verbalinjurien beschimpft.

 

In weiterer Folge habe der Bw im Lokal herumgeschrien und die Familie des Lokalinhabers beschimpft und Letzteren provoziert, sodass er letztlich vom Lokal verwiesen worden sei, wobei der Lokalinhaber dieser Aufforderung noch mit einer tätlichen Attacke Nachdruck verliehen habe. x sei wegen des Verdachts der Körperverletzung nach §83 StGB bei der Staatsanwaltschaft Wels zur Strafanzeige gebracht worden.

 

Mit Strafverfügung vom 26. September 2007 sei der Bw wegen der Übertretung nach § 81 Abs. 1 SPG mit einer Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) bestraft worden. Dagegen habe er in offener Frist Einspruch erhoben und bekannt gegeben, dass er nunmehr rechtsfreundlich vertreten werde.

 

In einer Stellungnahme vom 29. Oktober 2007 sei entsprechend der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Oktober 2007 angeführt worden, dass der Bw nach Bestellung des "Postlerbiers" die Toilette aufgesucht habe. Nach Rückkehr habe er ein offenes Bier auf dem Tisch vorgefunden und höflich mitgeteilt, dass er das offene Bier nicht bezahlen werde, da er ein "Postlerbier" bestellt habe. Daraufhin habe sich der Wirt erzürnt und auf den Bw eingeschlagen. Um einer weiteren, intensiveren Auseinandersetzung aus dem Wege zu gehen, habe der Bw das Lokal verlassen.

 

Am 5. Februar 2008 sei x zeugenschaftlich einvernommen worden und habe dabei seine am 24. Juli 2007 bei der Polizei getätigte Aussage aufrecht erhalten. Er habe weiters angeführt, dass der Bw nach Erhalt des offenen Biers mit seiner Gattin und mit seinem Sohn x zu schimpfen und schreien begonnen habe. Um anderen Kunden eine weitere Auseinandersetzung zu ersparen, sei der Bw vom Lokalinhaber höflich aufgefordert worden, das Bier zu bezahlen und das Lokal zu verlassen. Nachdem er den Bw aus dem Lokal "geschoben" habe, sei dieser wieder zurückgekommen, weshalb der Lokalinhaber dem Bw eine Ohrfeige verpasst habe. Der Lokalbetreiber habe den Eindruck gehabt, als ob der Bw Streit suchen würde.

 

Am 22. Jänner 2009 seien schließlich x und x zeugenschaftlich einvernommen worden. Sie hätten angegeben, dass der Bw, nachdem ihm ein offenes Bier und kein Flaschenbier serviert worden sei, sogleich zu schimpfen begonnen habe. Den Aufforderungen von x, das Verhalten einzustellen, habe der Bw keine Folge geleistet. Sein Verhalten habe auch dazu geführt, dass einige Besucher das Lokal verlassen hätten und die öffentliche Ordnung empfindlich gestört worden sei.

 

Mit Schreiben vom 22. Jänner 2009 sei der Bw vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

 

In einer Stellungnahme vom 9. Februar 2009 sei angeführt worden, dass der Bw an seinen bisherigen Ausführungen festhalte. Zusätzlich sei festgestellt worden, dass der Bw vom Lokalinhaber als "Penner" beschimpft worden sei. Die monatlichen Einkünfte seien mit 420 Euro (Notstandshilfe), die Verbindlichkeiten mit 38.000 Euro beziffert worden.

 

Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsvorschriften führt die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Würdigung aus, dass es für sie aufgrund der Zeugenaussagen als erwiesen anzusehen sei, dass der Bw zunächst den Kellner x, dann auch andere Familienmitglieder und insbesondere x beschimpft und mit Letzterem eine wörtliche Auseinandersetzung ausgetragen habe. Auslöser für die Entrüstung des Bw sei die Tatsache gewesen, dass er ein "Postlerbier" bestellt, aber lediglich ein offenes Bier vom Fass serviert bekommen habe.

 

Dieses Missverständnis rechtfertige das vom Bw gesetzte Verhalten jedoch keineswegs. Vielmehr scheine es kleinlich, sich wegen eines im Glas anstatt in der Flasche servierten Biers derartig unbeherrscht zu verhalten. Freilich möge es auch dem Kontrahenten an der nötigen Zurückhaltung gefehlt haben, was aber die Unrechtmäßigkeit des Verhaltens des Bw nicht mindere.

 

Die Angaben der Zeugen, wonach die Auseinandersetzung von den anwesenden Lokalgästen habe wahrgenommen werden können und dass sogar aufgrund des Verhaltens des Bw Gäste das Lokal verlassen hätten, ließen auf ein besonders rücksichtsloses Verhalten schließen. Da es sich beim Tatort um ein öffentliches Lokal gehandelt habe, sei die in § 81 Abs. 1 SPG geforderte Öffentlichkeit jedenfalls gegeben.

 

Trotz Berücksichtigung der geringen Notstandshilfe sowie der Verbindlichkeiten des Bw sei aus general- und spezialpräventiven Gründen die Festsetzung einer Geldstrafe im angeführten Ausmaß aufgrund zahlreicher Verwaltungsvorstrafen notwendig, um den Bw von weiteren Übertretungen abzuhalten.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche – rechtzeitige – Berufung vom 24. August 2009.

 

Der Bw führt durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter u.a. aus, dass – wie von der belangten Behörde richtig festgestellt – es eine Auseinandersetzung zwischen dem Bw und dem Personal des Lokals "x" gegeben habe. Diese sei von Seiten des Bw ausschließlich verbal erfolgt; dagegen vom Kontrahenten auch mittels körperlicher Gewalt. Der Bw habe ein "Postlerbier" verlangt, jedoch ein Bier im Glas erhalten. Dass sich der Bw über die falsche Bearbeitung seiner Bestellung beschwerte, könne nicht zu seinen Lasten ausgelegt werden. Hinsichtlich der Art und Weise der Beschwerde würden die Ergebnisse des Beweisverfahrens divergieren. Der Bw schildere, sich höflich und angemessen beschwert zu haben; dagegen gebe der Zeuge x an, der Bw hätte herum geschrien. Nachdem hier Aussage gegen Aussage stehe, hätte zumindest im Zweifel zugunsten des Bw entschieden werden müssen. Jedenfalls hätte aber auch berücksichtigt werden müssen, dass es der Bw im ggst. Fall mit einer Person zu tun gehabt habe, welche auch Handgreiflichkeiten nicht ablehne. In solchen Debatten sei ein rauer Ton keineswegs unüblich, sondern vielmehr als milieubedingt anzusehen.

 

Die belangte Behörde hätte somit das Strafverfahren einstellen müssen, unabhängig davon, ob nun Worte wie "Rotzbua" gefallen seien.

 

Weiters werde auch eingewendet, dass die verhängte Strafe von 100 Euro angesichts eines Strafrahmens von 218 Euro zu hoch bemessen sei. Insbesondere wegen des für die Beschwerde des Bw vorhandenen Grundes, wäre allenfalls eine im untersten Bereich angesiedelte Strafe zulässig.

 

Es werde daher beantragt, das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde aufzuheben. 

 

 

2. Mit Schreiben vom 26. August 2009 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Verwaltungsakt vor.

 

2.1.Mit E-Mail vom 9. September 2009 verzichtete der rechtsfreundliche Vertreter des Bw auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis darauf, dass eine solche nicht beantragt worden sei und auch weiterhin nicht für notwendig erachtet werde.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da aufgrund der Aktenlage der maßgebliche Sachverhalt bereits fest steht und keine Partei die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragte, konnte von deren Durchführung gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1. angeführten Sachverhalt aus. Darüber hinaus ist aus dem Akt ersichtlich, dass das gerichtliche Strafverfahren wegen § 83 StGB gegen x eingestellt wurde.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geld­strafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 81 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 158/2005 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Widerholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.  

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist nach dem festgestellten Sachverhalt offensichtlich, dass sich der Bw zu einer Beschwerde berechtigt sah, weil ihm nicht das von ihm gewünschte "Postlerbier", dessen Beschaffenheit und Servierweise er als allgemein bekannt voraussetzt, sondern lediglich ein gemeines Bier im Glas serviert bekam. Sich darüber zu empören bzw. zu alterieren, scheint dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht in dem vom Bw vorgebrachten Maß nachvollziehbar und geht für sich gesehen über das natürliche Anstandsempfinden hinaus, wenn diese Empörung auch nur verbal vehement oder lautstark vorgebracht wird.

 

Wenn dieser Empörung dann auch dadurch Ausdruck verliehen wird, dass ein Kellner mit "Rotzbua" lautstark beschimpft wird und in der Folge das gesamte Bedienungspersonal mit unflätigen Ausdrücken bedacht wird, ist fraglos die Qualität eines besonders rücksichtslosen Verhaltens erreicht, die vom Tatbild des § 81 Abs. 1 SPG angesprochen wird. Ein milieubezogen gebräuchlicher rauer Ton mag allenfalls bei einer nachvollziehbaren und gerechtfertigten Erregung Berücksichtigung finden können, nicht aber im vorliegenden Fall. Weiters ist - der belangten Behörde im Übrigen folgend – festzuhalten, dass das Verhalten des Kontrahenten des Bw, das fraglos auch nicht angebracht war, nicht das des Bw mildern und rechtfertigen kann.

 

Weiters ist klargestellt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Lokal um einen öffentlich zugänglichen Ort handelt, an dem sich mehrere Personen (Gäste und Personal) aufhielten. Als gegeben kann auch angesehen werden, dass durch das Verhalten des Bw mehrere Gäste das Lokal verließen, was wiederum Aufschluss über dessen Intensität an Rücksichtslosigkeit ermöglicht.

 

Nachdem alle Tatbestandsmerkmale des § 81 Abs. 1 SPG vorliegen ist die objektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

3.3. Das SPG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaub­haft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Für eine derartige Annahme liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. Der Bw nahm in Kauf, dass sein Verhalten nicht den gesetzlich normierten Rücksichtspflichten entsprach und scheint auch jetzt noch das Unrecht seiner Handlungsweise nicht einsehen zu wollen. Ein derartiges Verhalten kann ohne Zweifel als fahrlässig eingestuft werden, weshalb auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen ist.

 

3.4. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine überlange Verfahrensdauer als besonderer Milderungsgrund zu werten (vgl zB. VfGH-Erk vom 9.06.2006, Zl. B 3585/05).

 

Das Strafverfahren dauert mittlerweile nunmehr schon über zwei Jahre und damit vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK zu lange, weil weder der von der belangten Behörde betriebene Verfahrensaufwand, noch besondere rechtliche Schwierigkeiten eine solche Dauer rechtfertigen. Deshalb war die überlange Verfahrensdauer mildernd zu berücksichtigen. Darüber hinaus waren die von der belangten Behörde als Erschwerungsgründe gewerteten verwaltungs-strafrechtlichen Vorstrafen mangels Einschlägigkeit nicht in dem vorgenommenen Ausmaß zu berücksichtigen. 

In diesem Sinne wurde die verhängte Strafe auf die Hälfte herabgesetzt.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gem. § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

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