Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100337/15/Sch/Rd

Linz, 11.06.1992

VwSen - 100337/15/Sch/Rd Linz, am 11.Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch die 3. Kammer unter dem Vorsitz von Dr.Johann Fragner sowie durch den Berichter Dr. Gustav Schön und die Beisitzerin Dr. Ilse Klempt als Stimmführer über die Berufung des J R vom 13. Dezember 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 27. November 1991, VerkR96/565/1991/B (Faktum 1.), zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Tage herabgesetzt werden. Im übrigen wird die Berufung abgewiesen.

II. Der Kostenbeitrag für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.000 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 27. November 1991, VerkR96/565/1991/B, über Herrn J R, M, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen verhängt, weil er am 4. Februar 1991 um 17.15 Uhr den PKW, Marke und Type Ford Taunus, auf der Oberinnviertler Landesstraße in M in Richtung W bis zu seiner Anhaltung auf der n A.straße in M nächst dem Haus X gelenkt und sich am 4. Februar 1991 um 17.25 Uhr am Ort der Anhaltung (auf der A.straße nächst dem Haus x in M) gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigen Organ der Straßenaufsicht geweigert hat, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat (Faktum 1.). Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.300 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden. Am 23. März 1992 und am 26. April 1992 wurden öffentliche mündliche Berufungsverhandlungen abgeführt. Hinsichtlich des weiteren in Berufung gezogenen Faktums erging zuständigkeitshalber eine gesonderte Entscheidung (VwSen-100338/13/Sch/Rd vom 1. Juni 1992).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Im konkreten Berufungsverfahren geht es im wesentlichen um die Frage, ob ein Fahrzeuglenker aufgrund einer entsprechenden Aufforderung eines Gendarmeriebeamten verpflichtet ist, mit einem Gendarmeriefahrzeug auf den Gendarmerieposten zum Zwecke der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mitzufahren oder ob es dem Lenker freisteht, sich später auf eine andere Weise zum Gendarmerieposten zu begeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25.9.1991, Zl.91/02/0028, folgendes ausgesprochen: Weigert sich jemand, demgegenüber die Vermutung besteht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, im Streifenwagen des Organs der Straßenaufsicht zum nahegelegenen Wachzimmer zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mitzufahren, so begeht er auch dann eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, wenn er danach zu Fuß zum Wachzimmer geht, um sich dort der Untersuchung zu unterziehen. Es ist Sinn und Zweck der Regelung, den Betreffenden so rasch wie möglich der Untersuchung zuführen zu können, um die Möglichkeit der Verschleierung des Zustandes zu verhindern. Das Gesetz räumt ihm daher nicht das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, sich untersuchen zu lassen. Den Anordnungen der Straßenaufsicht ist, soweit diese zumutbar sind, unverzüglich Folge zu leisten, widrigenfalls eine Verweigerung der Pflicht, sich untersuchen zu lassen, vorliegt. Die Beförderung mit einem Streifenwagen kann grundsätzlich nicht als unzumutbar angesehen werden. Überdies wird auf ein Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 6.11.1991, VwSen-100080/7/Kl/Ka, verwiesen, welches mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich vom 30.4.1992, Zl.91/02/0157, vollinhaltlich bestätigt wurde. Auch in diesem Erkenntnis brachte der Verwaltungsgerichtshof eindeutig zum Ausdruck, daß es einem im Sinne des § 5 Abs.2 StVO 1960 aufgeforderten Fahrzeuglenker nicht freisteht, zu entscheiden, ob er mit dem Gendarmeriefahrzeug zur Alkomatuntersuchung mitfahren oder ob er sich von seiner Gattin zum Gendarmerieposten bringen lassen will.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt daher dies Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes. Aufgrund des Regelungszweckes des § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 kann es nicht angehen, daß einem Fahrzeuglenker überlassen bleibt, auf welche Weise er sich zum Ort der Alkomatuntersuchung begibt. Hiebei kann es im rechtlichen Sinne keine Rolle spielen, wenn der Zeitraum, der zwischen dem Zeitpunkt der Aufforderung zum Mitfahren im Gendarmeriefahrzeug und dem tatsächlichen Erscheinen eines Fahrzeuglenkers auf dem Gendarmerieposten verstrichen ist, im Minutenbereich gelegen ist. Auch in einem solchen Falle muß die Möglichkeit der Verschleierung des Zustandes (durch Nachtrunk) angenommen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beförderung mit einem Streifenwagen grundsätzlich als nicht unzumutbar angesehen. Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich kann auch dann nicht von Unzumutbarkeit gesprochen werden, wenn das Einsteigen in den Streifenwagen allenfalls von Nachbarn der aufgeforderten Person beobachtet werden kann. Das Mitfahren in einem Streifenwagen stellt noch keinen Vorgang dar, der eine Person im Ansehen gegenüber seinen Nachbarn herabzusetzen vermag. Jedenfalls ist, auch wenn das Mitfahren einer Person in einem Streifenwagen dieser unangenehm sein kann, nicht von einer Unzumutbarkeit auszugehen. Im konkreten Fall kommt noch dazu, daß sich der Berufungswerber vor der Durchführung der Alkomatuntersuchung rechtsfreundlich beraten lassen wollte. Ein derartiges Ansinnen ist aber gleichfalls als Verweigerung zu werten, da einer Aufforderung zur Alkomatuntersuchung sofort zu entsprechen ist.

Zur Strafzumessung ist folgendes zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Übertretungen des § 5 StVO 1960, also die sogenannten "Alkoholdelikte", gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Den hohen Unrechtsgehalt solcher Taten hat der Gesetzgeber durch einen entsprechenden Strafrahmen (von 8.000 S bis 50.000 S) zum Ausdruck gebracht. Erschwerungsgründe lagen im konkreten Fall nicht vor, der Milderungsgründe, wie etwa jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, konnten dem Berufungswerber aber auch nicht zugutegehalten werden.

Die Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geldund damit auch der Ersatzfreiheitsstrafe konnte aber dennoch erfolgen, da nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich das Verhalten des Berufungswerbers, nämlich daß er sich letztlich doch zum Gendarmerieposten zum Zwecke der Alkomatuntersuchung begeben hat, zu seinen Gunsten zu werten war. Diesbezüglich ist der Berufungswerber offensichtlich von einer falschen Rechtslage ausgegangen, was ihm bis zu einem gewissen Grade zugutezuhalten war, da die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung, die entsprechender Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bedarf, einem Staatsbürger wohl nur im eingeschränkten Ausmaß zugemutet werden kann, jedenfalls kann ein solcher Umstand bei der Strafbemessung berücksichtigt werden.

Die Bezahlung der verhängten Geldstrafe muß vom Berufungswerber bei seinen aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen, allenfalls im Ratenwege, verlangt werden.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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