Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310368/5/Kü/La

Linz, 12.11.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, vom 28. November 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 4. November 2008, UR96-41-2007, wegen Übertretungen des Abfall­wirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Faktum 1. des Straferkenntnisses behoben wird und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: §§  65 und 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom
4. November 2008, UR96-41-2007, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z7, § 80 Abs.1 iVm § 25 Abs.1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), eine Geldstrafe von 730 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, sowie einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.3 Z8 iVm § 19 Abs.1 Z2 AWG 2002, sowie Artikel 3 Abs.1, Artikel 4 und 5 Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (EG- Verbringungsverordnung) eine Ermahnung ausgesprochen.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zu Grunde:

1. Sie haben, ohne über eine Sammelerlaubnis des Landeshauptmannes für die nachstehenden gefährlichen Abfälle gemäß § 25 Abs.1 AWG 2002 zu verfügen, am 04. Dezember 2007, gegen 09.45 Uhr, bei der Firma X. X, X, und am selben Tag anschließend, gegen 09.55 Uhr, bei der Firma X, X, X, nach Bleiakkumulatoren ("Starterbatterien"), wobei Bleiakkumulatoren, Schlüssel Nr. 35322 der QNÖRM S 2100, gemäß § 3 Abs.1 i.V.m. Anlage 1 der Festsetzungsverordnung 1997 als gefährliche Abfälle gelten, gefragt um diese zu sammeln, wobei Sie es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden haben, die Tätigkeit eines Abfallsammlers, ohne über die erforderliche Erlaubnis für die genannten gefährlichen Abfälle (§25 Abs. 1 AWG 2002) zu verfügen, auszuüben.

 

In der Folge haben Sie jedoch von keinem Unternehmen Bleiakkumulatoren erhalten und haben Sie daher durch Ihr Verhalten versucht, die Tätigkeit eines Abfallsammlers unbefugt, weil ohne über eine Sammelerlaubnis des Landeshauptmannes für die genannten gefährlichen Abfälle gemäß §25 Abs. 1 AWG 2002 zu verfügen, auszuüben.

 

2.  Sie haben am 04. Dezember 2007, gegen 10.00 Uhr, in X, X, am Parkplatz der Tankstelle X, im Zuge einer notifizierungspflichtigen Verbringung von Abfällen, die erforderlichen Abschriften des Notifizierungs- und des Begleitformulars für die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen und Abschriften der erforderlichen Bewilligung nicht mitgeführt. Eine notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen lag vor, da sich 14 Stück aus Deutschland stammende und für die Verwertung in Deutschland bestimmte Blei­akkumulatoren ("Starterbatterien"), Nr. A1160, iSd. in Art.3 Abs.1 lit.b) lit.i) angeführten Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (EG VerbringungsV), mit einem Gewicht von 320 kg, in dem von Ihnen gelenkten PKW der Marke Audi, mit dem Kennzeichen X, befanden und Sie diese Bleiakkumulatoren von Deutschland nach Österreich verbracht haben.“

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter, des Berufungswerbers, eingebrachte Berufung mit der beantragt wird, dass Straferkenntnis aufzuheben.

 

Begründet wird das damit, dass Fahrlässigkeit nicht gegeben sei, da der Bw nicht fahrlässig gehandelt habe. Ein Schaden sei nicht eingetreten. Die Verwaltungsvorschrift sei eben nicht bekannt gewesen. Diese Unkenntnis sei nicht schuldhaft und vorwerfbar. Der Bw habe in der Bundesrepublik die Tätigkeit erlaubtermaßen ausüben können. Er habe eingesammelte Bleibatterien ordnungsgemäß entsorgt mit entsprechendem Nachweis. Da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch Österreich Mitglieder der EU seien, habe er ohne Vorwurf davon ausgehen können, dass in beiden Ländern die gleichen Bestimmungen gelten würden. Zum Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung von Bleibatterien durch den Bw sei als Beispiel eine Kopie eines entsprechenden Übernahmescheines beigelegt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Schreiben vom
15. Dezember 2008 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da der Sachverhalt vom Bw grundsätzlich nicht bestritten wurde und vom Vertreter des Berufungswerbers auch nach Rechtsbelehrung keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt stellt fest:

Der Bw war am 14.12.2007 mit seinem PKW mit der Marke Audi, Kennzeichen X im Gemeindegebiet von X unterwegs. Im KFZ transportierte der Bw 14 Stück alte Starterbatterien, welche in Deutschland angefallen sind.

 

Der Bw wollte bei Firmen in der Gemeinde X weitere Autobatterien sammeln, da er diese um 5 Euro in Deutschland verkaufen konnte. Aus diesem Grund hat der Bw am 4.12.2007 gegen 09:55 Uhr bei der Firma X, X, X und anschließend bei der benachbarten Firma X, X, nach alten Bleiakkumulatoren gefragt. Von beiden Firmen hat der Bw keine Bleiakkumulatoren erhalten.

 

Um ca. 10:00 Uhr wurde der Bw vom Beamten der Polizeiinspektion Ottensheim am Parkplatz der Tankstelle X kontrolliert. Die Beamten stellten fest, dass der Bw 14 Stück alte KFZ/Starterbatterien in seinem Fahrzeug transportierte. Der Bw gab dazu an, dass er diese bereits von Deutschland aus nach Österreich transportiert hat.

 

Die vom Bw transportierten Altbatterien wurden in der Folge bei der Firma X in X ordnungsgemäß entsorgt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion Ottensheim, in der auch die Angaben des Bw zum Sachverhalt enthalten sind.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Wer gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, bedarf gemäß § 25 Abs.1 AWG 2002 einer Erlaubnis des Landeshauptmannes.

 

Gemäß § 79 Abs.1 Z7 AWG 2002 begeht eine Verwaltungsübertretung wer die Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers für gefährliche Abfälle ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 25 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein.

 

Gemäß § 80 Abs.1 AWG 2002 ist in den Fällen des § 79 Abs.1 Z7 der Versuch strafbar. Voraussetzung für die Strafbarkeit des Versuches ist im Sinne des § 8 Abs.1 VStG eine vorsätzliche zur wirklichen Ausführung führende Handlung. Die Schuldformen des Vorsatzes werden im VStG nicht definiert. Sie sind nach herrschender Auffassung besonders in dem von § 5 Strafgesetzbuch (StGB) umschriebenen Sinn zu verstehen (VwGH 15.5.1991, 90/10/0152).

 

Für den Vorsatz ist das Bewusstsein aller Tatumstände ausschlaggebend, die das Gesetz als für die Straftat wesentlich erklärt (VwGH 23.3.1970, Slg. 7766A). Bedingter Vorsatz, dh der für das Sich-Abfinden mit der Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbildes erforderliche positive Willensentschluss des Täters iSd § 5 Abs 1 StGB, muss in der Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde stets durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen untermauert werden. Allgemeine Formulierungen, wie der Täter "hätte wissen müssen" oder "ihm hätte bewusst sein müssen" Vermögen die Annahme bedingten Vorsatzes weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht zu tragen (VwGH 20.4.1998, 97/17/0179).

 

Der Bw verantwortet sich damit, dass Fahrlässigkeit nicht gegeben ist und er in der Bundesrepublik Deutschland die Tätigkeit erlaubtermaßen ausüben kann. Außerdem verweist er darauf, dass auf Grund des Umstandes, dass die Bundesrepublik Deutschland und auch Österreich Mitglieder der EU sind, er davon ausgehen konnte, dass in beiden Länden die gleichen Bestimmungen gelten würden. Im Rahmen des über den Rechtsvertreter des Bw gewährten Parteiengehörs wurde von diesem mitgeteilt, dass der Bw des Lesen und Schreibens nur unzureichend fähig ist und er deshalb schriftliche Anfragen nicht beantworten kann und mit ihm daher Besprechungen zu führen sind.

 

Diese Umstände zeigen für den Unabhängigen Verwaltungssenat, dass dem Bw die Tragweite seines Handelns nicht bewusst gewesen ist und er davon ausgegangen ist, die Tätigkeit der Sammlung von Bleiakkumulatoren, welche er in Deutschland ausübt, auch in Österreich ohne weitere Voraussetzung durchführen zu können. Dem Bw kann daher nicht unterstellt werden, dass er sich über die Rechtslage in Österreich bewusst gewesen ist und trotzdem den Versuch gestartet hat, bei diversen Firmen Bleiakkumulatoren und somit gefährliche Abfälle zu sammeln. Von der Erstinstanz wird begründend zu Spruchpunkt 1. lediglich ausgeführt, dass es Tatsache ist und nicht bestritten wird, dass hinsichtlich des Versuchs die objektive und subjektive Tatseite erfüllt ist, da der Bw es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, die Tätigkeit eines Abfallsammlers, ohne über die erforderliche Erlaubnis für die Sammlung von Altbatterien zu verfügen, auszuüben. Auf Grund der persönlichen Situation des Bw kann allerdings – wie erwähnt – nicht davon ausgegangen werden, dass es der Bw ernstlich für möglich gehalten hat, einen Tatbestand des AWG 2002 durch seine Anfragen bei 2 KFZ- Betrieben in X zu verwirklichen. Der Bw ist von der irrtümlichen Annahme ausgegangen, dass in Österreich auf Grund der EU-Mitgliedschaft bei der Sammlung von Bleiakkumulatoren dieselben Voraussetzungen wie in Deutschland gelten. Dem Bw kann daher gegenständlich nur vorgehalten werden, dass er sich vor Entfaltung seiner Tätigkeit in Österreich nicht über die gültigen Vorschriften erkundigt hat. Mithin geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass dem Bw im gegenständlichen Fall nur fahrlässiges Verhalten angelastet werden kann. Da der Bw in Österreich nachweislich keine Bleiakkumulatoren gesammelt hat, dies ist belegt durch die Angaben der angefragten Firmen gegenüber den Organen der Polizeiinspektion, kann dem Bw der Versuch der Ausübung der Tätigkeit des Abfallsammlers in vorsätzlicher Begehungsweise nicht angelastet werden. Aus diesen Gründen war daher der Berufung in Bezug auf Faktum 1. Folge zu geben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.2. Zum Spruchpunkt 2. ist festzuhalten, dass vom Bw seinen Angaben zufolge 14 Stück Bleiakkumulatoren von Deutschland nach Österreich verbracht wurden. Diese 14 Stück Bleiakkumulatoren wurden auch von den Organen der Polizeiinspektion im Wagen des Bw festgestellt.

 

Bleiakkumulatoren unterliegen als gefährliche Abfälle den Bestimmungen über die grenzüberschreitenden Verbringungen von Abfällen gemäß der EG-Verbringungsverordnung. Bleiakkumulatoren sind in der gelben Liste der EG-Verbringungsverordnung genannt. Unbestritten ist im gegenständlichen Fall, dass der Bw über keine Notfizierungsunterlagen verfügt hat. Bereits von der Erstinstanz wurde zutreffend auf § 19 AWG verwiesen, wonach während der Beförderung von gefährlichen Abfällen im Falle einer notifizierungspflichtigen Verbringung dieser Abfälle Abschriften des Notifizierungs- und Begleitformulars für die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen und Abschriften der erforderlichen Bewilligungen mitzuführen sind. Der Bw konnte nachweislich keine derartigen Unterlagen im Zuge der Kontrolle durch die Polizeiinspektion Ottensheim vorlegen, weshalb der angelastete Tatbestand in objektiver Hinsicht als erfüllt zu werten ist.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Der Bw bringt im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Argumente vor, die seiner Entlastung dienlich wären. Die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens ist ihm daher nicht gelungen, weshalb ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen ist.

 

5.4. Von der Erstinstanz wurde bereits in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und gleichzeitig eine Ermahnung ausgesprochen. Da somit von der Erstinstanz das gelinderste Mittel zur Ahndung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung bereits angewendet wurde, erübrigen sich weitere begründete Ausführungen zur Strafbemessung.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass Faktum 1. des gegenständlichen Straferkenntnisses aufgehoben wurde und diesbezüglich das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 VStG auch die von der Erstinstanz vorgeschriebenen Verfahrenskosten. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte und im Spruchpunkt 2. keine Geldstrafe ausgesprochen wurde, hat der Berufungswerber gemäß § 65 VStG auch keinen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Anlage: Akt

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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