Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522457/2/Bi/Th

Linz, 19.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 10. Dezember 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. November 2009, VerkR21-212-2009/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid im Anfechtungsumfang bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 3 Abs.2 FSG die von der BPD Wels am 23. April 2008, Zl.08106733, für die Klassen B, C, E und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 16 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, dh ab 5. Juni 2009, somit bis einschließlich 5. Oktober 2010, entzogen und gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig eingebrachten Berufung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. November 2009.

 

2. Ausdrücklich nur gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei richtig, dass er mit Urteil des Landesgerichtes Wels 15 Hv 69/09 d wegen des Verbrechens nach § 28a SMG zu einer 18monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, wobei 12 Monate bedingt nachgesehen worden seien. Er sei an diesem Delikt, wie auch aus dem Urteil ersichtlich, in absolut untergeordneter Rolle beteiligt gewesen, zumal er lediglich von seinem Schwiegervater dazu bestimmt worden sei, den Lkw zu lenken. Er sei nicht wirklich in die Angelegenheit eingeweiht gewesen, sondern habe erst unmittelbar vor seiner Verhaftung erfahren, dass er offensichtlich Suchtgift transportiert habe. Das Gericht sei davon ausgegangen, dass er den Tatbeitrag nicht freiwillig gemacht habe. Sein Schwiegervater sei vom LG Wels als typisch türkisches Familienoberhaupt gesehen worden, mit umfassender Macht und Befehlsgewalt ausgestattet, und seine Tat sei nur in diesem Licht zu sehen. Das Gericht habe aufgrund des umfassenden Tatgeständnisses und seiner Unbescholtenheit wie auch der positiven Zukunftsprognose eine unbedingte Strafe von nur sechs Monaten für erforderlich erachtet. Im Hinblick darauf erscheine die Entzugsdauer von 16 Monaten absolut überhöht. Beantragt wird die Beischaffung des Gerichtsaktes und Herabsetzung der Entzugsdauer auf 6 Monate.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

 

Mit rechtskräftigem Urteil des Landes­gerichtes Wels vom 11. September 2009, 15 Hv 69/09d, wurde der Bw wegen des versuchten Verbrechens des Sucht­gifthandels nach den §§ 15 Abs.1 StGB, 28a Abs.1 5. Fall und Abs.4 Z3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wobei 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, sodass der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe 6 Monate betrug. Er wurde schuldig erkannt, in Traun vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen zu haben, indem er als Mittäter im bewussten und gewollten Zusammen­wirken mit Z.Ö. und H.Ö., am 21.2.2009 974,7 g Heroin (netto) mit einer Reinsubstanz von 230 +/- 15 g Heroin Base und 4,2 +/- 0,35 g Monoacethylmorphin Base um den Betrag von 26.000 Euro an einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes verkaufte, wobei die Tat infolge Betretung und Festnahme beim Versuch blieb. Mildernd wurde beim Bw die groß­teils geständige Verantwortung, die bisherige Unbe­scholtenheit, der Umstand, dass es beim Versuch blieb und die Sicher­stellung des tatverfangenen Suchtgiftes gewertet; erschwerend war nichts.  

Im Urteil wurde die Dominanz von X; des Schwiegervaters des Bw, hervorgehoben und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, wenn auch der Bw und X; der Schwager des Bw, bemüht gewesen seien, ihre Rolle im Tatge­schehen herunterzuspielen, dieses Ansinnen im abgeführten Beweisverfahren widerlegt worden sei. Insbesondere kam der erkennende Schöffensenat ange­sichts des Tatablaufs und der Angaben sämtlicher Angeklagter zur Über­zeugung, dass der Bw wie auch X in die kriminellen Machenschaften von X ein­geweiht und am geplanten Inverkehrsetzen beteiligt war bzw aktiv mitwirkte, wobei ihm aufgrund der kulturellen Zwänge  - X wies dem Bw wie auch X ihre diversen Aufgaben im Zuge der geplanten Kaufabwicklung zu, die beide aufgrund des in der türkischen Kultur teilweise noch vorherrschenden Patriachats nicht "ablehnen" konnten – auch nichts anderes übrigblieb. Dem Bw war nach den Ausführungen im Urteil klar, dass er eine das 25fache der Grenzmenge über­steigende Suchtgiftmenge, nämlich Heroin, an einen Dritten, nämlich einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes, übergab bzw dies versuchte, fand sich mit diesem Umstand jedoch billigend ab und handelte trotzdem.

  

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 SMG, BGBl.I Nr.112/1997, begangen hat.

Die Bestimmung nach § 28a SMG wurde durch die Suchtmittelgesetz-Novelle 2007 ab 1. Jänner 2008 in Kraft gesetzt und beinhaltet wie zuvor § 28 SMG den Suchtgifthandel. Eine entsprechende Novellierung hinsichtlich § 7 Abs.3 Z11 FSG ist jedoch (noch) nicht erfolgt. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine strafbare Handlung nach § 28a SMG (weiterhin) eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 FSG bildet; dies insbesondere auch deshalb, weil die dort aufgelisteten Tatsachen nur demons­trativ aufscheinen. Eine andere Betrachtungsweise würde zum Ergebnis führen, dass zwar die Vorbereitung zum Suchtgifthandel (nunmehr § 28 SMG) eine bestimmte Tatsache wäre, der eigent­liche Handel (nunmehr § 28a SMG) aber nicht. In Anbetracht dessen ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass eine strafbare Handlung nach § 28a SMG weiterhin unter Ziffer 11 des § 7 Abs.3 FSG zu subsumieren ist.

 

Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung wegen des (versuchten) Verbrechens nach den §§ 15 Abs.1 StGB, 28a Abs.1 5. Fall und Abs.4 Z3 SMG hat der Bw ohne jeden Zweifel eine die Ver­kehrs­unzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG verwirklicht.

Zweifels­ohne ist davon auszugehen, dass die Begehung der im Urteil genannten Tat typischerweise durch die Verwen­dung eines Kraftfahrzeuges erleichtert wird (vgl VwGH 1.12.1992, 92/11/0057).

 

Gemäß § 28a Abs.1 ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft. Gemäß Abs.4 Z3 unterliegt einer höheren Strafdrohung, wer die Straftat nach Abs.1 in Bezug auf Suchtgift in einer das 25fache der Grenzmenge übersteigenden Menge begeht.

Verbrechen nach § 28a Suchtmittelgesetz sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen verwerflich und gefährlich.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen man­gelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Im Hinblick auf die Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG, die für die der Festsetzung der Entziehungsdauer zugrundeliegende Prognose, wann der Bw die Verkehrszu­verlässigkeit wieder erlangen wird, maßgebend ist, war zu berücksichtigen, dass es sich bei der strafbaren Handlung nach § 28a Abs.1 SMG offenbar um den letztlich daneben gegangenen Versuch eines großangelegten Heroinverkaufs gehandelt hat, das strafbare Verhalten sich aber letztlich nur im Vorfall vom 21.2.2009 wiederspiegelte, wobei es sich bei Heroin allerdings um eine harte Droge handelt und der Umstand, dass der Bw samt seinen Mittätern an einen verdeckten Ermittler geriet, Zufall war. Dem Bw war auch unter Bedachtnahme darauf, dass sein Schwiegervater X als "Familienoberhaupt" und Organisator des geplanten Verkaufs von 975 g Heroin ihn in sein Vorhaben organisatorisch "einbaute", sehr wohl bewusst, dass es sich um Heroin handelte und er im Begriff war, im Zusammenwirken mit seinem Schwiegervater und seinem Schwager ein derart gefährliches Suchgift in einer das 25fache der Grenzmenge über­stei­genden Menge als Zwischenhändler zu verkaufen. Der Bw hat bereits bei seiner Verhaftung am 21.2.2009 bei der Polizei bestätigt, ihm sei beim Telefonanruf von "Baris" bewusst gewesen, dass es um den Erwerb von Heroin ging; glaubhaft ist seine Aussage, er habe nicht gewollt, dass es so ende.

Laut Personalblatt war der bis dahin unbescholtene Bw zum Zeitpunkt seiner Verhaftung als Kraftfahrer mit einem Nettoeinkommen von 1.500 Euro beschäftigt und hatte zwar Bank­verbindlichkeiten, befand sich jedoch offen­sichtlich keineswegs in einer solchen Notlage, dass er den "Anordnungen" seines Schwiegervaters bedingungslos und ohne selbst über sein weiteres Leben und das seiner Gattin nachzudenken, kritik- und bedenkenlos nachzukommen gehabt hätte. Abgesehen davon sind kulturelle Gepflogenheiten, wie sie in der Türkei teilweise noch bestehen mögen, in Österreich kein Argument. Noch dazu ist der Verkauf einer derartigen Menge Heroin vor allem im Hinblick auf die Schaffung und Aus­nutzung von Abhängigkeiten als besonders sozial­schädlich zu beurteilen, zumal es sich bei Heroin um eine harte und extrem gefährliche Droge handelt und die Abhängigkeit davon letztlich den Tod bedeutet. Die Zustimmung des Bw samt seiner Mitwirkung an diesem Verkauf am 21.2.2009, der letztlich, weil er dabei an einen verdeckten Ermittler des BKA geriet und er sich bei seiner Verhaftung noch in der Vorbereitungs­phase des Verkaufs befand, die Ver­urteilung wegen Versuchs zur Folge hatte, ist damit nicht einfach mit kulturellen Zwängen zu rechtfertigen, wie die Berufung dies versucht, zumal auch kein Zweifel besteht, dass der Bw, hätte X anders entschieden und zB den Verkauf mit einem anderen Vertrags­partner abge­wickelt, ebenso mitgewirkt hätte, obwohl 975g Heroin geeignet gewesen wären, einer für ihn nicht mehr überschaubaren Zahl von Menschen Abhängigkeit mit schlechtesten Entzugs­chancen bis zum qual­­vollen Tod zu bereiten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt zur Auffassung, dass mit einer Entziehungsdauer von (nunmehr ohnehin von 22 herabgesetzt) 16 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides am 5. Juni 2009, dh bis 5. Oktober 2010, die einer knapp 18mo­natigen Dauer der Verkehrsunzu­verlässig­keit, gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens am 21. Februar 2009, gleichkommt, das Auslangen im Sinne einer Prognose, dass der Bw bis dahin seine menschenverachtende Lebens­ein­stellung überwunden und die Verkehrs­zuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, gerade noch gefunden werden kann (vgl VwGH 21.2.1997, 96/11/0327; 10.11.1998, 97/11/0107).

 

Den vom Bw in der Berufung konkret beantragten 6 Monaten Entziehungsdauer vermag der Unabhängige Ver­­waltungs­senat schon aufgrund des Charakters der Entziehung der Lenk­berechtigung als Sicherungs­maßnahme zur Vermeidung zukünftigen Missbrauchs durch den Bw (vgl VwGH 6.7.2004, 2002/11/0171 mit Vorjudikatur) nichts abzugewinnen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Verurteilung wegen §§ 15 StGB, 28a Abs.1 5. Fall + Abs.4 Z3 SMG.

Mittäter bei versuchten Verkauf v. 975 g Heroin an verdeckten Ermittler -> 16 Monate FS-Entzug bestätigt.

 

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