Linz, 20.01.2010
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 6. Dezember 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 24. November 2009, VerkR21-413-2009, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung durch Auflagen und Befristung, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Befristung aufgehoben und festgestellt wird, dass die Berufungswerberin gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B unter der Auflage geeignet ist, dass sie sich für die Dauer eines Jahres im Abstand von jeweils drei Monaten einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und zu diesem Zweck der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck unaufgefordert und auf ihre Kosten jeweils ihren aktuellen CDT-Wert vorzulegen hat.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1 Z2 FSG iVm §§ 14 Abs.5 und 2 Abs.3 FSG-GV die von der BH Vöcklabruck am 11. Dezember 1980, VerkR16.683/80, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung auf ein Jahr, gerechnet ab 14.8.2009, befristet und als Auflage eine dreimonatige Kontrolluntersuchung des CD-Tect vorgeschrieben wurde.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 27. November 2009.
2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe nach einer schweren Krankheit im Oktober 2008 im Juni 2009 bei der Erstinstanz einen Ausweis nach § 29b StVO beantragt und dazu ihren Befund des KH Vöcklabruck vorgelegt. Ihr sei nach Prüfung ihres Ganges mitgeteilt worden, dass ihr kein solcher Ausweis zustehe, weil sich ihre Beschwerden wieder bessern würden; allerdings sei sie aufgefordert worden, ihre Leberwerte vorzulegen. Da sie seit ihrer Krankheit keinen Schluck mehr trinke, seien ihre Werte in Ordnung gewesen. Sie besitze seit 1980 einen Führerschein und habe nie ein Fahrzeug alkoholisiert gelenkt. Nun habe sie einen Bescheid bekommen mit Befristung, Neuausstellung des Führerscheins und einer Vorschreibung vierteljährlicher Blutabnahmen, was insgesamt 286 Euro kosten würde. Da sie seit ihrer Krankheit aus Sicherheitsgründen nicht mehr Auto fahre, würde ihr das zu teuer kommen. Mit einer Blutabnahme auf ihre Kosten sei sie nicht einverstanden; sie fühle sich zu Unrecht wie ein Alkolenker behandelt. Ihr sei bewusst, dass sie alkoholisiert kein Fahrzeug lenken dürfe. Falls sie sich dazu gesundheitlich wieder imstande fühle, ein Fahrzeug zu lenken, stimme sie einer kostenlosen Untersuchung jederzeit zu.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass die Bw, die seit Erwerb ihrer Lenkberechtigung 1980 noch nie in diesem Zusammenhang auffällig geworden ist und auch aus den letzten fünf Jahren keine Vormerkungen bei der Erstinstanz aufweist, am 18. Juni 2009 einen Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen gemäß § 29b StVO beantragte und folglich amtsärztlich untersucht wurde. Die Amtsärztin der Erstinstanz hat nach Vorlage des neurologischen Schlussberichtes der Klinik Wilhering, Rehabilitationszentrum für Neurologie, Orthopädie und Kinderrehabilitation, vom 21. Juli 2009 ua mit der Diagnose "Alkoholabhängigkeit (gegenwärtig abstinent)" und Untersuchung der Bw in ihrem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 14. August 2009 ausgeführt, bei der Bw bestehe ein "Alkoholabhängigkeitssyndrom (dzt abstinente Phase)" und "wegen der hohen Recidivgefahr seien eine Befristung ihrer Lenkberechtigung auf ein Jahr und Kontrolluntersuchungen alle drei Monate mit CDT erforderlich". Auf dieser Grundlage erging der nunmehr angefochtene Bescheid.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.
Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen.
Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel an der bedingten gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens. Laut Facharzt-Schlussbericht besteht bei der Bw Alkoholabhängigkeit, wobei an der Abstinenz der Bw seit ihrer Erkrankung im Oktober 2008 nicht gezweifelt wird.
Zunächst ist aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, dass bei der Bw kein Hinweis auf das Vorliegen einer fortschreitenden Erkrankung im Sinne des § 3 Abs.5 FSG-GV besteht, sondern es geht lediglich darum, die Bw als Inhaberin einer Lenkberechtigung im Hinblick auf Alkohol zu "beobachten". Die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begründete Empfehlung einer zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung durch die Amtsärztin auf der Grundlage des (nicht zur Frage der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ergangenen) Schlussberichtes der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie im Klinikum Wilhering ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates auch in diesem gesundheitsbezogenen Licht zu sehen. Die kritiklose Übernahme des Begriffs "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde im ggst Fall jedoch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eklatant widersprechen. Laut Fachärztin besteht die Diagnose "Alkoholabhängigkeit, gegenwärtig abstinent", aber bei der Bw wurde keine Krankheit diagnostiziert, deren Verschlechterung nach Ablauf eines Jahres "geradezu zu erwarten" wäre. Die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine Krankheit festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss, was hieße, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).
Bei der Bw besteht kein Zweifel an der seit Herbst 2008 eingehaltenen Abstinenz. Dennoch ist die Vorschreibung von Kontrolluntersuchungen im Sinne einer Vorlage – hier im Gegensatz zu "Alkolenkern" ohnehin nur eines Leberlaborwertes, nämlich – des aktuellen CDT-Wertes gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV nicht verzichtbar, wobei mit der viermaligen Vorschreibung das Auslangen zu finden ist. Da die Bw im Sommer 2009 den Ausweis nach § 29b StVO beantragt hat, ist davon auszugehen, dass sie gemäß ihrem aktuellen Befinden auch beabsichtigt, ein Kraftfahrzeug tatsächlich zu lenken.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Alkoholabhängigkeit, seit Herbst 2008 abstinent, keine Auffälligkeiten, keine Vormerkung – Befristung behoben, für 1 Jahr 4x CDT-Vorlage – bestätigt.