Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222259/7/Re/La

Linz, 09.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Werner Reichenberger, Beisitzer: Dr. Andrea Panny) über die Berufung des Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29. Jänner 2009, Ge96-4/1-2009, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29. Jänner 2009, Ge96-4/1-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 3.600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 9 Tagen verhängt.

 

 

 

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

Sie haben als Verantwortlicher der ehemaligen Bäckerei "x zu verantworten, dass die genannte Firma am Standort x in den ehemaligen Räumlichkeiten des x der Firma x eine gem. § 74 Abs.1 und 2 GewO 1994 genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage, nämlich einen Bäckereibetrieb (ehemalige Bäckerei "x) errichtet bzw. die an diesem Standort bestehende Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung geändert und diese Betriebsanlage in der Folge zumindest im Zeitraum vom 21. April 2008 bis zum 28. Jänner 2009 betrieben, ohne im Besitz einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein.

 

Die Genehmigungspflicht der genannten Betriebsanlage ergibt sich aus § 74 Abs.1 iVm Abs.2 GewO 1994, da sowohl durch die Errichtung als auch durch den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSv § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können.

 

Der Betrieb wurde im Zeitraum zwischen der Errichtung der Auffanggesellschaft des insolventen Familienbetriebes "x", in x, FN x, als Bäckerei "x, in x, jedenfalls aber vor dem 21. April 2008 ohne gewerbebehördliche Genehmigung errichtet und an folgenden Tagen nachweislich betrieben:

         21. April 2008 von 8.45 - 9.00 Uhr (nachgewiesen durch einen Lokalaugenschein der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land)

         17. Juni 2008 (Erhebung durch das Arbeitsinspektorat Linz in der Bäckerei "x an der Adresse x und anschließend Anzeige des konsenslosen Betreibens einer Betriebsanlage)

         22. Juli 2008 von 13.00 -16.30 Uhr (Verhandlung zur Erteilung der beantragten Betriebsanlagengenehmigung mit erfolgtem Lokalaugenschein an der Adresse x - Verhandlung wurde wegen fehlender Projektsunterlagen vertagt; Feststellung, dass der Betrieb ohne Genehmigung betrieben wurde)

         17. Oktober 2008 (nachgewiesen durch mehrere Messungen der Mehlstaubbelastung und Probenahmen durch das Arbeitsinspektorat Linz im Zeitraum zwischen 1.00 und 8.54 Uhr bei laufendem Produktionsbetrieb - It. Messprotokollen)

         28. Jänner 2009, 11.00 -11.30 Uhr (gewerbebehördliche Betriebsschließung gem. § 360 Abs. 1 GewO 1994 vor Ort; Feststellung, dass der Betrieb auch an diesem Tag ohne gewerbebehördliche Genehmigung betrieben worden ist)

 

 

Sie haben somit nachweislich im Zeitraum vom 21. April 2008 bis 28. Jänner 2009 an der Adresse x, Grundstück Nr. x, KG x, einen genehmigungspflichtigen Bäckerei-Produktionsbetrieb, nämlich die Bäckerei "x, betrieben und dadurch § 74 Abs. 2 GewO 1994 verletzt.

 

Wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist
(§ 366 Abs.1 Z 2 GewO 1994).

Wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81 ff) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist."

 

Begründend wird ausgeführt, der Berufungswerber sei handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der ehemaligen Bäckerei x welche mit Gerichtsbeschluss am 29. Dezember 2008 untergegangen sei. Er habe daher zu verantworten, dass der angeführte Betrieb, dessen Errichtung und Betreiben gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedurft hätte, im Zeitraum 21. April 2008 bis 28. Jänner 2009 ohne behördliche Genehmigung betrieben worden sei. Laut Ermittlungsverfahren wurde festgehalten, dass nachweislich im Zeitraum 21. April 2008 bis 28. Jänner 2009 ein aufrechter Produktionsbetrieb in der Bäckerei x, am Standort x, stattgefunden habe. Laut Firmenbuchauszug vom 29. Jänner 2009 sei die Bäckerei schon am 29. Oktober 2005 errichtet worden und sei am 21. April 2008 bereits Normalbetrieb gewesen, der faktische Betrieb sei jedoch bereits viel früher aufgenommen worden, weshalb es sich um ein Dauerdelikt handle. Der Betrieb der Anlage sei auf Grund der Feststellung eines Ortsaugenscheines vom 21. April 2009 von 8:45 Uhr bis 09:00 Uhr, der Erhebungen des Arbeitsinspektorat Linz vom 17. Juni 2008, der Verhandlung mit Lokalaugenschein zur Erteilung der Anlagengenehmigung vom 22. Juni 2008, der Messung eines Arbeitsinspektorates vom 17. Oktober 2008 sowie der erfolgten Betriebsschließung am 29. Jänner 2009, nicht zuletzt auch auf Grund der eigenen Aussagen des Berufungswerbers als erwiesen fest, dass die Betriebsanlage zumindest im angeführten Zeitraum vom 21. April 2008 bis 28. Jänner 2009 ohne behördliche Genehmigung errichtet bzw. die vorherige und angemietete Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung geändert und regelmäßig betrieben worden sei.

Auf Grund der konsenslosen Errichtung und der langen Dauer des vorsätzlichen konsenslosen Betriebes und auf Grund der noch bestehenden zahlreichen Mängeln der Betriebsanlage, welche unter anderem zu ernsthaftlichen gesundheitlichen Gefährdungen von Personen hätten führen können, sei nach Interessensabwägung die verhängte Strafe von € 3.600,00 angemessen, auch um den Berufungswerber in Zukunft von gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei zwar richtig, dass er gewerbe- und handelrechtlicher Geschäftsführer der Bäckerei x mit Sitz in x war. Es sei bis zur Betriebsschließung produziert worden. Es sei jedoch nicht richtig, dass ohne Zustimmung der Behörde produziert worden sei. Die Genehmigung sei zumindest konkludent, wenn auch stillschweigend erteilt worden. Der Antrag sei schriftlich am 3. August 2007 bei der Behörde gestellt und sämtliche relevanten Unterlagen bis 30. September 2008, wie von der Behörde im Schreiben vom 10. September 2008 angefordert, eingereicht worden. Wegen der Absenz des Arbeitsinspektorates im Rahmen der behördlichen Begehung zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens sei eine vielwöchige Verzögerung eingetreten. Eine weitere Verzögerung brachte ein noch erforderliches Gutachten über Staubemissionen. Seit September 2008 habe er keine Mitteilungen mehr von der Behörde erhalten, weder positive noch negative Bescheide. Er sei vom August 2007 bis September 2008 ständig mit der Behörde in Kontakt gewesen, weshalb kein Verschulden seinerseits ableitbar sei. Die Höhe der Geldstrafe entspreche dem Dreifachen seines monatlichen Nettoeinkommens, er beantrage daher den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt zu Ge96-4-2009.

 

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG, da der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage  ohne die erforderliche Genehmigung  ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vergl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).

Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Vorliegend entspricht der Tatvorwurf weder hinsichtlich der Errichtung noch hinsichtlich einer Änderung einer Betriebsanlage diesem Konkretisierungsgebot im Sinne des § 44a Z1 VStG.

 

Laut dem Spruch des bekämpften Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber im 1. Absatz einerseits vorgeworfen, eine genehmigungspflichtige jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage, nämlich einen Bäckereibetrieb ohne gewerbebehördliche Genehmigung errichtet zu haben und andererseits bzw. gleichzeitig, diese Betriebsanlage geändert und in der Folge in einem bestimmten Zeitraum betrieben zu haben, ohne im Besitz einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein.

 

Ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z2 bzw. Z3 GewO 1994 muss, um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung dahingehend zulassen, ob die vorliegende Betriebsanlage die in § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet und daher genehmigungspflichtig ist (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199 bzw. 3.9.1996, 96/04/0093).

 

Eine solche konkretisierte Umschreibung derjenigen Interessen, die durch die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage – sei dies durch deren Errichtung oder durch deren Änderung – beeinträchtigt werden könnten, ist dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses jedenfalls nicht in der ausreichenden Konkretheit zu entnehmen, schon gar nicht unter Bezugnahme auf die zu unterscheidenden Tatbestände der Z3 bzw. der Z2 des § 366 Abs.1 GewO.

Der Tatvorwurf geht zwar dahin, dass durch die Errichtung und den Betrieb eines Bäckereiproduktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 GewO 1994 nicht ausgeschlossen werden können, allerdings handelt es sich hiebei um die Gesetzeszitierung und wird nicht konkret ausgeführt, welche der in § 74 Abs.2 genannten Schutzinteressen durch welche Vorgänge in der Betriebsanlage berührt werden. Diese ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich sowohl auf die Errichtung einer Betriebsanlage ohne vorliegender gewerbebehördlicher Genehmigung, welche der Strafnorm des § 366 Abs.1 Z2 unterliegt, als auch auf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung, verwaltungsstrafrechtlich relevant nach § 366 Abs.1 Z3 leg.cit.

Die entsprechende Beurteilung ist im gegenständlichen Fall auch mangels Angabe der Änderungstatbestände keinesfalls möglich.

 

Auf diese Rechtslage und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat auch die Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich bereits wiederholt verwiesen, nicht zuletzt auch im Rahmen einer Berufungsentscheidung betreffend ein Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf dieselbe Betriebsanlage, welche zu VwSen-222283/2, am 3. September 2009, erging.

 

 

Darüber hinausgehend ist dem vorliegenden Straferkenntnis zu unterstellen, dass im ersten Absatz dem Berufungswerber – wie bereits oben ausgeführt – auch vorgeworfen wird, eine genehmigungspflichtige jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage errichtet zu haben, dies jedoch ohne in Bezug auf diesen Tatbestand eine Tatzeit anzuführen, was ebenfalls dem § 44a Z1 VStG widerspricht.

 

All diese Ergänzungen wären im Lichte der oben zitierten VwGH-Judikatur erforderlich gewesen, um den Anforderung des § 44a Z1 VStG gerecht zu werden. Sämtliche Ergänzungen konnten aber auch im Zuge des Berufungsverfahrens nicht mehr vorgenommen werden, weshalb insgesamt auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezüglich anhängige Verwaltungsstrafen einzustellen war.

 

 

5.2. Auf Grund dieses Ergebnisses des Berufungsverfahrens war im Sinne der zitierten Gesetzesstelle ein Verfahrenskostenbeitrag nicht vorzuschreiben.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

 

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