Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252190/2/WEI/Mu/Ba

Linz, 09.03.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die mündliche Berufung des x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 13. Jänner 2009, GZ 0023089/2008, wegen einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl  Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 20/2009, i.V.m. §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl  I Nr. 20/2009

zu II.: § 66 Abs 1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1 Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landes­hauptstadt Linz vom 13. Jänner 2009, GZ 0023089/2008, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma x mit dem Sitz in x zu verantworten, dass von dieser Firma zumindest am 13.05.2008 beim Marktstand der Firma in x x Herr x, geboren x, indischer Staatsbürger als Verkäufer und Fahrer des Fahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen x beschäftigt wurde, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden war.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

..."

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung verhängte die belangte
Behörde über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 73 Euro (10% der Geld­strafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Grieskirchen Wels, KIAB, bei einer Kontrolle am 13. Mai 2008 festgestellt worden sei. Dieser Anzeige seien diverse Ausweiskopien und eine mit dem Arbeitnehmer angefertigte Niederschrift beigelegt worden, in der dieser angegeben habe, dass er mit dem Firmenfahrzeug der Firma x zum Kirtag gefahren sei und dieses Fahrzeug selbst gelenkt habe. Dies habe auch eine österreichische Staatsangehörige bestätigen können.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23. Mai 2008 sei gegen den Bw das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Anlässlich der Einvernahme am 4. Juni 2008 habe der Bw vorgebracht, dass er den Arbeitnehmer keinesfalls beschäftigt habe. Diese Person habe das Auto lediglich 10 Meter gefahren, weil es andere Fahrzeuge behindert habe. Zudem habe der Bw mitgeteilt, dass er monatlich lediglich 800 Euro verdiene und für zwei Kinder sorgepflichtig sei.

 

Zu diesen von dem Bw ausgeführten Rechtfertigungsgründen habe sich der Anzeigenleger dahingehend geäußert, dass die im Strafantrag angeführte Zeugin den Beamten gegenüber angegeben habe, dass der mutmaßlich unerlaubte ausländische Beschäftigte seit 06:30 Uhr am Kirtag anwesend gewesen sei.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Bw keine weitere Stellungnahme abgegeben.

 

Für die erkennende Behörde sei daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweis­verfahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwal­tungs­übertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Unter Hinweis auf § 5 Abs 1 VStG wird weiters hinsichtlich des Verschuldens ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe des Bw nicht ausgereicht hätten, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Erschwerungsgründe hervorgekommen, während die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien dementsprechend berücksichtigt worden.

 

1.3. Gegen dieses dem Bw am 27. Jänner 2009 hinterlegte Straferkenntnis, welches ihm letztendlich im Rahmen seiner Vorsprache am 4. März 2009 mit einer Berufungsfristverlängerung bis zum 18. März 2009 persönlich ausgehändigt wurde, richtet sich die mündliche Berufung, die am 10. März 2009 von der belangten Behörde niederschriftlich aufgenommen wurde.

 

Der Bw bringt vor, dass die namentlich genannte Person nicht beim Kirtag in Grieskirchen beschäftigt gewesen sei, sondern diese lediglich auf Besuch gewesen und dort nur spazieren gegangen sei. Zudem habe er eine beglaubigte Abschrift als Nachweis für seine Ortsabwesenheit vorgelegt.

 

Daher wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 21. Juli 2009 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 0023089/2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs 3 Z 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

"Zuständiger Krankenversicherungsträger" iSd § 33 Abs 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretun­gen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Über­tretungen des § 33 Abs 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde iSd § 27 Abs 1 VStG.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt (vgl Kundmachung für 2008 durch BGBl II Nr. 359/2007) ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,80 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 349,01 Euro gebührte oder für min­destens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und pro Kalendermonat kein höheres Entgelt als 349,01 Euro vereinbart war.

 

3.2. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als "Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger" bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie zB Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen würden, nämlich, dass

 

          1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-         mächtigten bestellt hat (vgl § 35 Abs 1 und 3 ASVG),

          2. einen Dienstnehmer

          3. in einem Verhältnis persönlicher und

              wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl § 4 Abs 2 (und 4) ASVG

          4. gegen Entgelt (vgl § 49 ASVG)

          5. beschäftigt hat,

          6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

              der

              a) vollversichert (vgl § 4 Abs 1 ASVG) oder

              b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                  grenze des § 5 Abs 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl § 7

                  Z 1 und § 8 Abs 1 Z 1 ASVG) und

              c) nicht gemäß § 5 ASVG ausgenommen ist und

          7. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

              in einem oder in zwei Schritten (vgl § 33 Abs 1a ASVG) – entweder

              a) nicht erstattet oder

              b) falsch erstattet oder

              c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl § 33 Abs 1 ASVG).

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestands­merkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitum­schreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl zB VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

Wenn nun § 44a Z 1 und Z 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis – und zwar auch nicht in Verbindung mit der zu dessen Auslegung allenfalls heranziehbaren Begründung - schon deshalb nicht gerecht, weil insgesamt insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs 1 und 2 ASVG, § 33 Abs 1 ASVG, § 33a Abs 1 ASVG sowie in § 35 Abs 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

Allerdings ist festzuhalten, dass zwar wesentliche Tatbestandselemente vom Wortlaut des im vorliegenden Fall gewählten Spruchtextes, der sich lediglich an §  33 Abs 1 und § 111 ASVG orientiert, implizit umfasst sind; die obgenannten weiterführenden Gesetzesbestimmungen stellen teils eine Vertiefung der in § 33 Abs 1 und § 111 ASVG angeführten Tatbestandselemente dar. Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a Z 1 VStG kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im gegenständlichen Fall gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn die oa. Tatbestandselemente hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt werden.

Dies gilt aber wohl nicht für die u.a. in § 5 Abs 2 ASVG normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Denn dieses Tatbestandselement (vgl Punkt 6 in der obigen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs 1 ASVG nur mittels eines Umkehrschlusses abzuleiten und somit per se als fraglos konstitutives Tatbestandselement jedenfalls stets im Spruch anzuführen. Das Fehlen eines derartigen Tatbestandselementes im Spruch kann nicht durch bloße Feststellungen in der Begründung "geheilt" werden.

 

3.4. Im konkreten Fall wurde dem Bw als Gewerbeinhaber der gegenständlichen Firma allgemein angelastet, dass er zu verantworten habe, dass von dieser zumindest am 13. Mai 2008 die namentlich genannte Person am Marktstand dieser Firma in Grieskirchen als Verkäufer und Fahrer des Fahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen x beschäftigt worden sei, obwohl diese nicht vor
Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei.

 

Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht jedoch hervor, inwieweit dem Bw eine Dienstgeber­eigenschaft zukam; ob bzw. inwieweit tatsächlich eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorlag; ob die Meldung an den Sozialversicherungsträger überhaupt nicht oder bloß unvollständig oder bloß verspätet erfolgte; etc.

 

3.5. Insbesondere fehlt aber jedenfalls eine Konkretisierung dahin, ob bzw. dass die Höhe des Entgelts über der sog. "Geringfügigkeitsgrenze" des § 5 Abs 2 ASVG lag. Diese Feststellung ist jedoch deshalb unverzichtbar, weil die Tätigkeit andernfalls nach dieser Bestimmung grundsätzlich von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen wäre, es sei denn, es würde sich um eine der in den §§ 7 und 8 ASVG genannten Beschäftigungsverhältnisse handeln; doch selbst in diesem Fall wäre noch gesondert zu prüfen, ob die Tätigkeit konkret eine Teilpflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, weil nach § 33 Abs 1 ASVG ja nur die Nichtmeldung zu diesem Versicherungszweig als strafbar erklärt ist.

3.6. Da die Anlastung einer Übertretung des § 111 Abs 1 ASVG nur dann als rechtmäßig angesehen werden kann, wenn sämtliche der zuvor unter 3.2. angeführten Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind (wobei hiezu gegebenenfalls insbesondere auch eine dezidierte Anführung, dass Ausnahmen, die ex lege zu einer Nichterfüllung des Tatbildes führen würden, in concreto nicht vorliegen, erforderlich ist), der Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses jedoch im Grunde lediglich den Gesetzestext (teilweise) wiedergibt, wurde somit dem Rechtsmittelwerber im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

3.7. Bei diesem Ergebnis war der Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs 4 AVG Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer tauglichen Tatanlastung innerhalb der Verfolgungs­verjährungsfrist gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrenergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  W e i ß

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-252190/2/WEI/Mu/Ba vom 9. März 2010

wie VwSen-252281/2/Gf/Mu vom 11. November 2009

 

 

 

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