Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164911/2/Ki/Gr

Linz, 22.03.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, X, X,, vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, vom 05. März 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Februar 2010, VerkR96-27212-2009-Rm, wegen einer Übertretung des KFG 1967 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der Straf- und Kostenausspruch wird behoben, an deren Stelle wird dem Rechtsmittelwerber in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt und das Wort "Straferkenntnis" durch den Begriff "Bescheid" ersetzt.

 

Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 15. Februar 2010, VerkR96-27212-2009-RM, dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 07. April 2009, 09:10 Uhr in der Gemeinde Vöcklamarkt, Landesstraße B1 bei KM 258.050, als Zulassungsbesitzer nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des Lastkraftwagens (X LKW, VW-Bus, weiß) den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprachen, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luft, Verunreinigungen oder vermeidbare Verschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es sei festgestellt worden, dass die Windschutzscheibe im oberen Bereich mit einer weißen undurchsichtigen Folie verklebt war. Er habe dadurch § 103 Abs.1 Z.1 KFG iVm § 4 Abs.2 verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und überdies gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber hat gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 5. März 2010 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag, das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzungen von Verfahrensbestimmungen aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu mit dem Ausspruch einer Ermahnung das Auslangen zu finden.

 

Weiters wurde ausgeführt, dass nach Aufnahme der beantragten ausständigen Beweise sowie nach Einräumung rechtlichen Gehörs zu dem daraus ermittelnden Beweisergebnis auch der Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem UVS in Aussicht gestellt werde.

 

In der Begründung führt der Berufungswerber zum Sachverhalt aus, er habe als Eigentümer, Halter und Zulassungsbesitzer des VW-Busses in einer Zeit jedenfalls vor 07. April 2009 in einem KFZ-Zubehörfachhandel zur Hintanhaltung von Blendwirkungen einen schmalen durchsichtigen Folienstreifen maßgeschneidert für das gegenständliche Fahrzeug erworben. Dieser durchsichtige Folienblendstreifen sei in weiterer Folge von einem gewerblich befugten Schriftenmaler, der sich mit der Beschriftung von Fahrzeugen befasst, im Zuge einer werbemäßigen Umgestaltung des VW-Busses auf der Windschutzscheibe angebracht worden. Bei diversen Verkehrskontrollen durch Organe der Verkehrsaufsicht vor dem 07. April 2009 sei der so geschaffene Fahrzeugzustand, vor allem auch in Bezug auf der Oberseite der Windschutzscheibe angebrachten schmalen Blendfolienstreifen völlig unbeanstandet geblieben.

 

Bemängelt wird, es fehle an Feststellungen und Rückschlüssen, in welcher Form und inwieweit das Aufkleben eines von innen durchsichtigen Folienstreifens Gefahr für den Lenker, beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer bedeuten könnte und inwieweit das Aufkleben eines solchen Aufklebers einem sonstigen unter § 4 Abs.2 KFG 1967 zu subsumierenden Tatbestand entsprechen könnte.

 

Implizit ergebe sich, dass ihm kein wie immer gearteter Schuldvorwurf unterbreitet werden könne, zumal die Folienanbringung von ihm nicht als Verstoß gegen eine Vorschrift des KFG bzw. des Durchführungsrechts erkannt werden konnte.

 

Er müsse als durchschnittlicher KFZ-Lenker nicht davon ausgehen, dass im Handel gesetzwidriges Autozubehör verkauft und vertrieben werde.

Es treffe ihn kein wie immer gearteter Schuldvorwurf.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenates Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 11. März 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das laut Geschäftverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der 2-wöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, da im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung wurde der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck von der Polizeiinspektion Lenzing mit Anzeige vom 09. April 2009 zur Kenntnis gebracht. Anlässlich einer Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG 1967 wurde durch einen Sachverständigen der Abteilung Verkehr des Amtes der Oö. Landesregierung am 07. April 2009 unter anderem festgestellt, dass erkennbar für den Lenker die Windschutzscheibe im oberen Bereich mit einer weißen undurchsichtigen Folie (Höhe 12 cm über die ganze Breite der Windschutzscheibe) verklebt war. Es wurde dies als Vorschriftsmangel klassifiziert.

 

Eine zunächst in der gegenständlichen Angelegenheit durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erlassene Strafverfügung vom 16. April 2009, VerkR96-27212-2009, wurde vom Einschreiter beeinsprucht und es hat in der Folge die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das Ermittlungsverfahren durchgeführt. In diesem Verfahren wurde unter anderem das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen eingeholt, welcher hinsichtlich der gegenständlichen Übertretung in seinem Gutachten vom 04. Dezember 2009, VerkR-210000/939-2009-2009-Hag, feststellte, dass für KFZ für Windschutzscheiben ein Sichtbereich definiert ist, in dem sich außer dem gesetzlich vorgeschriebenen Aufkleber (z.B. Prüfplakette) keine Aufkleber oder Folien befinden dürfen. Vom oberen Rand der Windschutzscheibe ist der  als erforderlich definierte Sichtbereich weniger als 50 mm entfernt. Eine Folie mit 120 mm Breite ragt daher in diesen definierten Sichtbereich hinein und ist daher nicht zulässig.

 

Letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zunächst fest, dass der zur Last gelegte Sachverhalt nicht bestritten wird. Der Berufungswerber gesteht selbst zu, dass eine entsprechende Folie angebracht war.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 103 Abs.1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung, unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder Bewilligungen, den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Gemäß § 4 Abs.2 KFG 1967 müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Gemäß § 10 Abs.1 KFG 1967 müssen Windschutzscheiben und Klarsichtscheiben von Kraftfahrzeugen aus einem unveränderlichen, vollkommen durchsichtigen Stoff bestehen. Sie dürfen Gegenstände nicht verzerrt erscheinen lassen und müssen auch bei Bruch soweit Sicht lassen, dass das Fahrzeug bis zum Anhalten sicher gelenkt werden kann.

 

Gemäß § 7a Abs.2 KDV 1967 ist das nachträgliche Anbringen von Folien auf der Windschutzscheibe von Kraftfahrzeugen nicht zulässig.

 

Zunächst wird festgestellt, dass der Berufungswerber selbst zugestanden hat, dass er die Folie, und zwar offensichtlich nachträglich, von einer gewerbsmäßig befugten Person hat anbringen lassen. Nachdem, wie in der zitierten Vorschrift der KDV 1967 angeordnet wurde, das nachträgliche Anbringen von Folien auf der Windschutzscheibe von Kraftfahrzeugen nicht zulässig ist, hat der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Was die subjektive Tatseite anbelangt, so mag es zutreffen, dass dem Rechtsmittelwerber die relevante Vorschrift nicht bekannt war. Grundsätzlich ist jedoch von einem zum Lenken von Kraftfahrzeugen fachlich befähigten Verkehrsteilnehmer zu erwarten, dass er die entsprechenden Vorschriften kennt bzw. dass er sie kennen müsste.

 

Daran mag auch der Umstand nichts zu ändern, dass bei diversen Verkehrskontrollen die gegenständliche Folie nicht beanstandet wurde.

 

Auch der Umstand, dass die Folie von einer gewerblich befugten Person am Fahrzeug angebracht wurde, vermag nicht zu entlasten, zumal einerseits grundsätzlich der Auftraggeber für die Durchführung von Ausstattungsarbeiten an seinem KFZ die Verantwortung zu tragen hat und andererseits von einem Schriftenmaler, jedenfalls in Zusammenhang mit dem von ihm ausgeübten Gewerbe, nicht erwartet werden muss, dass er die entsprechenden relevanten Vorschriften kennt. Ein allfälliger Rechtsirrtum vermag daher nicht zu entlasten und es sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche den Berufungswerber im Bereich der subjektiven Tatseite entlasten würden. Der Schuldspruch ist somit zu Recht erfolgt.

 

3.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutet sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf die Anwendung dieser Bestimmung besteht.

 

Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Wenn auch im vorliegenden Falle ein Verschulden des Berufungswerbers nicht ausgeschlossen werden kann, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass konkret das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten hinter dem in den betreffenden Strafdrohungen typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, weshalb von einem den Kriterien des § 21 VStG entsprechenden geringfügigen Verschulden ausgegangen werden kann. Darüber hinaus wurde die Verwaltungsübertretung im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle festgestellt, abgesehen von einer Übertretung der relevanten Bestimmung ist die Tat letztlich ohne Folgen geblieben, was insbesondere auch dadurch bestätigt wird, dass es sich laut Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen um einen lediglichen Vorschriftsmangel handelt.

 

Nachdem einerseits das Verschulden des Berufungswerbers gering ist und durch die Tat auch keine bedeutenden Folgen eingetreten sind, konnte im vorliegenden Falle von einer Bestrafung abgesehen werden, wobei jedoch, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen werden musste.

 

4. Da der Ausspruch einer Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat und der Rechtsmittelwerber im Berufungsverfahren einen Erfolg zu verbuchen hatte, trifft ihn keine Pflicht, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Alfred Kisch

Beschlagwortung:

§ 103(2) KFG 1967 – Das nachträgliche Anbringen von Folien an der Windschutzscheibe eines KFZ ist nicht zulässig (§ 7a Abs.2 KDV 1967)

 

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